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Kapitel 1 – Eine neue Welt
ОглавлениеEs war ein warmer Nachmittag im August. Marcel Gerber ging seiner Lieblingsbeschäftigung nach, dem Geocaching. Am Fuße der Ronneburg in Hessen suchte er mittels Smartphone Geocaches. Er war sehr erfolgreich darin. Gerne löste er die Rätsel entweder vor Ort oder daheim am Computer, suchte beharrlich die Verstecke und hob die Behältnisse, ehe er sich auf dem Logstreifen verewigte. Doch an diesem Cache tat er sich etwas schwerer. Leicht zweifelnd blickte er auf die Route, die sein GPS ihm auf dem Handy anzeigte. Der junge Mann war dabei so auf die rasch bewegende Nadel des Gerätes fixiert, dass er die Umwelt um sich herum vergaß. Noch einen Schritt geradeaus, dachte er bei sich, dann müsste sich das Versteck doch zeigen. Er trat vor und trat ins Leere. Der Sturz ging mehrere Meter den Hügel hinab. Ein Baum stoppte den Sturz und mit voller Wucht prallte Marcel dagegen. Ein kurzer Schmerzensschrei, dann schien es, als würden tausende von Sternen vor seinen Augen explodieren. Und dann wurde ihm schwarz vor Augen.
Es war einige Zeit vergangen als er aus seiner Ohnmacht erwachte. Schmerzhaft rieb er sich die wachsende Beule am Hinterkopf. „Oh man“, stöhnte er. „Das war echt heftig.“ Verwirrt blickte er sich um. Wie kam er hierher, fragte er sich. Der Hügel, den er herabgestürzt war, war mit ein paar wenigen Bäumen ausgestattet gewesen, aber nun befand er sich in einem dicht bewachsenen Laubwald. Die Bäume waren riesig und der Boden wirkte verwildert. Träumte er etwa? Er schloss die Augen, kniff sich kräftig in den Arm, öffnete die Augen erneut und er träumte nicht. Diese Welt war nicht die Welt, die er kannte. „Ganz ruhig“, flüsterte er sich zu. „Ich bin bestimmt in komatösem Zustand irgendwo hingelaufen und dann zu Boden gegangen.“ Er zückte sein Handy, um sich via GPS zu orientieren. Das Display wies einen Riss auf, aber schien ansonsten intakt. Marcel schaltete es ein. Kein Netz. „Ist ja großartig“, murmelte Marcel. „Diese moderne Technik. Wenn man sie mal braucht, dann streikt sie!“ Er schaltete das Gerät aus, packte das Handy in seine Hosentasche und lief auf eigene Faust los. Marcel erinnerte sich, dass er zur Südseite der Burg unterwegs gewesen war. Somit war die Richtung des Ausgangs für ihn klar. Er durchkämmte den engen Buchenwald.
„He da! Fremder! Was treibt Ihr hier?“, schrie eine sonderbare Stimme entgegen.
Marcel blickte sich um. Wo kam die Stimme her, dachte er sich.
„Seid Ihr blind oder taub? Achtet Ihr auf das, was zu Euren Füßen sich befindet?“
Marcel schaute herab. Und tatsächlich. Ein Mann, der von der Größe nicht einmal an sein Schienbein heranreichte fuchtelte und fluchte zornig in seine Richtung. Der junge Mann ging auf die Knie und hob beschwichtigend die Hände.
„Entschuldige“, sagte er rasch. „Ich habe dich nicht gesehen.“
Der Zwerg blickte ihn zornig an. „Das habe ich gemerkt, Ihr Riese. Na ja, immerhin konnte ich Euch aufhalten, ehe Ihr unser Dorf platt treten konntet!“
„Euer Dorf?“
„Na, das hier“, erwiderte der kleine Mann und deutete mit seiner Hand hinter sich. Eine kleine Siedlung in den Steinen und Baumstümpfen tat sich auf. Verängstigte kleine Menschen schauten zu Marcel auf. Er schluckte erschrocken. „Das tut mir so unendlich …, bitte entschuldigt. Aber ich glaube, ich gehöre nicht in deine Zeit.“
„Das merke ich“, entgegnete der Zwerg. „Ich bin Trojon, Magister des Zwergenvolkes. An Eurer Kleidung, werter Herr erkenne ich, dass Ihr nicht in unsere Ländereien gehört. Darf ich Euren Namen erfahren?“
„Mein Name ist Gerber, Marcel Gerber“, antwortete Marcel. „Wo bin ich? Hier ist doch die Ronneburg?“
Trojon blickte ihn verwirrt an, dann lachte er lauthals auf. „Ronneburg? Ihr beliebt zu scherzen, Marcel. Lauft Ihr den Hügel hinauf, dann wird Euch Burg Karamurg erwarten. Dort herrscht Aluanda, Königin der Elfen, Fürstin von Kuhlidorf, also unsere Siedlung hier und Wächterin von Alplanden. Vielleicht kann sie Euch weiterhelfen, Marcel.“
„Alplanden? Kuhlidorf? Aluanda? Welches Spiel spielst du mit mir? Das muss doch ein Traum sein oder ein böser Scherz.“
Trojon plusterte sich auf. „Sehe ich aus, als würde ich scherzen. Schaut keiner sieht so aus, wie Ihr!“
Marcel blickte sich um. Trojon sprach die Wahrheit. Sämtliche Zwerge seines Dorfes waren in Kleidungen, wie er sie aus Fantasy-Serien kannte, gekleidet. Er jedoch trug eine stark zerrissene Jeans, ein ziemlich dreckiges T-Shirt, Turnschuhe und ein nutzloses Smartphone mit sich rum.
„Du …, ähm … Ihr habt ja Recht Trojon“, warf Marcel schnell ein. „Ich bin nicht definitiv nicht von hier. Das ist nicht meine Zeit. Würdet Ihr mir die Ehre erweisen und mich zur Burg begleiten?“
Trojon lächelte. „Ich werde es nicht sein, aber ich werde Euch eine kleine Garde zur Verfügung stellen. Wartet.“
Der Zwerg verschwand im Unterholz und kam nach kurzer Zeit mit vier Zwergen wieder. „Das sind Pyrdrak, Merak, Terjon und Pneunik. Sie sind stolze Soldaten meiner Garde und werden Euch zur Burg von Königin Aluanda begleiten. Vielleicht wird man Euch auf der Burg in passende Gewänder kleiden.“
„Nun ja, eigentlich will ich ja nur wieder zurück in meine Zeit, aber für die Rückkehr wären ein paar neue Klamotten nicht das Verkehrteste.“
„Man wird sich schon gut um Euch kümmern“, versicherte Trojon. „Und nun meine getreuen Diener, begleitet den verwirrten Herrn zur Burg. Es wird bald dunkel werden und niemand soll sich in der Dunkelheit draußen herumtreiben müssen.“
„Ja, Magister!“, entgegneten die vier Zwerge aus einem Mund. „Kommt, Marcel. Wir bringen Euch zur Burg von Königin Aluanda.“
So folgte Marcel den kleinen Soldaten zur mächtigen Burg, die sich auf der Spitze des Berges auftat. Er musste sich kneifen. Das sah kein bisschen so aus, wie die Ronneburg, die er in Erinnerung hatte. Eine massive Mauer aus schwarzen Steinen umfasste die Burg. Zwei mächtige Türme hoben sich darüber empor. Wie es wohl im Inneren der Burg aussah, dachte Marcel bei sich. Gemeinsam mit seinen Begleitern erreichte er ein mächtiges Tor. Pyrdrak trat vor und klopfte an. Ein winziges Fenster öffnete sich und ein Auge musterte wachsam die fünf Gestalten.
„Was ist Euer Begehr, Pyrdrak?“, fragte die Stimme hinter dem Tor.
„Ein Mann aus anderer Zeit begehrt Vorsprache bei der Königin“, antwortete er, dann senkte er die Stimme: „Es geschah, wie im Buch des Schicksals beschrieben.“
Das Fenster wurde mit einem mächtigen Ruck zugezogen und das Burgtor geöffnet. Ein hünenhafter Elf in schwarzer Rüstung kam zum Vorschein.
„Tretet ein mit Eurem Gast, Pyrdrak“, sprach er und musterte Marcel.
„Oh ja“, meinte er mit etwas Widerwillen und Argwohn. „Er stammt aus anderer Zeit. Pasnic!“
Ein weiterer Elf in einer weißen Tunika gehüllt, über die ein schwarzes Wams gelegt wurde, dazu die passenden schwarzen Hosen und Stiefel, eilte herbei. „Ihr sollt mich doch nicht behandeln, wie einen einfachen Diener!“, fluchte Pasnic.
„Ach. Wäre es dir lieber, unserer Königin deine Abscheulichkeit zu gestehen und ein schlimmeres Schicksal zu befürchten, als mir zur Hand zu gehen?“
„Schon gut, Mylord Harbor“, erwiderte Pasnic hastig. „Was wünscht Ihr?“
„Kleidet unseren Gast hier, der aus einer anderen Welt zu uns kam ordentlich ein, ehe wir ihn der Königin vorstellen.“
Pasnic musterte Marcel eingehend. „Welch glückliche Fügung, dass Ihr hier seid. Die Kleidung Eurer Welt ist wohl nicht so robust. Folgt mir bitte zur königlichen Kleiderkammer.“
Schulterzuckend folgte Marcel dem Elfen, der etwas kleiner und runder von der Statur wirkte, als Harbor. Harbor blieb mit ernstem Gesicht zurück und wandte sich an Pyrdrak und seine drei Begleiter.
„Also schön, Pyrdrak. Wo kam er her?“, fragte er neugierig.
„Es gab einen kräftigen Schlag und auf einmal ist er gegen die Weissagungseiche geschlagen. Als er aus seiner Ohnmacht aufwachte, trampelte er fast auf unsere Siedlung, aber Trojon hat ihn davon abbringen können.“
„Und Ihr seid Euch sicher, dass …?“
Pyrdrak nickte. „Es geschah, wie im Schicksalsbuch geschrieben. Ein junger Mann wird kommen aus einer anderen Zeit. Fremd gekleidet. Er besitzt die Macht zu lenken des Drachen Feuers und zu verhindern den Aufstand jenseits der Mentfruberge.“
Harbor lachte höhnisch auf. „Ich hoffe, dass er das ist. Unsere Majestät wird nicht erfreut sein über einen Scharlatan. Octurian unser Magier wird ihn hoffentlich genau unter die Lupe nehmen. Ihr dürft nun gehen, Pyrdrak. Euer Auftrag ist erfüllt.“
„Sehr wohl, Mylord.“
Pyrdrak und die anderen drei Zwerge verbeugten sich und verließen den Burghof durch das mächtige Tor. Harbor, der Elf schloss es krachen und gab sich seinen Gedanken hin. Wenn Marcel wirklich eine Prophezeiung erfüllte, dann würde es nicht mehr lange dauern, bis der große Krieg ausbricht. Ein anderer Elf in schwarzer Rüstung gehüllt, trat von hinten an ihn heran. „Ich bin zurück, um Euch abzulösen, Mylord Harbor.“
Zornig blickte Harbor den Ritter an. „Dankt meiner Nettigkeit, dass Ihr Euch mit Wirtshausdirnen einlassen konntet, Grimphone.“
Der Bescholtene zuckte kurz zusammen. „Nun ja, es war die kleine Felina … Sie hatte heute … Dienst … und nach … ihrem Dienst … sind wir …“
„INTERESSIERT MICH NICHT! Kehre an deinen Posten Grimphone und lass mich in Ruhe!“
„Sehr wohl, Mylord.“
Lord Harbor lief im Eilschritt über den Burghof und begab sich zur Kleiderkammer. Dort fand er Pasnic und Marcel. Pasnic hatte Marcel eine schwarze kurzärmlige Tunika, ein rotes Wams, rote Hosen und schwarze kniehohe Lederstiefel herausgesucht. Sie schienen zu passen. Erschrocken blicke sich Pasnic zu Harbor herum.
„Eure Lordschaft …, Marcel … ist nun … fertig … für eine Audienz … bei Ihrer Majestät Königin Aluanda“, stotterte Pasnic.
„Wenigstens in dem Punkt ist mal auf dich Verlass, Pasnic. Lass mich mit unserem Gast einen Moment alleine. Ich werde ihn zur Königin bringen.“
Pasnic verbeugte sich und verließ unter dem strengen Blick Harbors die Kammer.
„Nun, Marcel. Ich bin sehr erfreut, dass Ihr zu uns gefunden habt. Stellt Euch mal vor, Ihr wäret in den Mentfrubergen gelandet. Dort wärt Ihr in großer Gefahr gewesen.“
„Wie meint Ihr das, Lord Harbor?“, fragte Marcel verwirrt.
„In den Mentfrubergen lauert das gemeine Volk der Orks und Trolle. Bisher waren beide Völker miteinander beschäftigt sich gegenseitig zu bekämpfen. Nun soll es aber einen gemeinsamen Fürsten geben und er drängt darauf sein Reich zu vergrößern und unsere Ländereien niederzubrennen. So einen wie Euch, verspeisen die zum Frühstück. Da hättet Ihr nicht nach dem Weg in Eure Zeit fragen können“, erläuterte Harbor ernst.
„Wieso erzählt Ihr mir das alles?“
Harbors Miene wurde starr. „Das soll Euch Königin Aluanda erläutern, Marcel. Folgt mir.“
Lord Harbor ging voran und ein skeptischer und immer noch unwissender Marcel Gerber folgte ihm. Sie traten auf den Burghof und gingen an zahlreichen Wachen und Soldaten vorbei. Ein prächtiges Tor mit goldenem Rahmen und zwei Portraits über dem Torbogen markierte den Weg in das Innere der Burg.
„Wer ist das auf den Bildern am Eingang?“, fragte Marcel neugierig.
„Das sind die Eltern von Königin Aluanda“, antwortete Harbor. „Sie verweilen nicht mehr unter uns. Heimtückisch sind sie einem Anschlag der Völker jenseits der Mentfruberge zum Opfer gefallen. Es gelang uns mit schweren Verteidigungsmaßnahmen die Orks und Trolle auf ihrer Seite des Berges zu drängen, doch sammelt sich dort mittlerweile so viel dunkles Blut und dunkle Seelen, dass es nicht mehr lange dauern dürfte, bis sie angreifen.“
„Ich hoffe, dass ich bis dahin wieder zurück in meiner Zeit bin“, meinte Marcel und er meinte ein höhnisches Grinsen auf Harbors Gesicht erblickt zu haben.
„Das sehen wir dann, wenn die beiden klügsten Menschen von Alplanden über Euch geurteilt haben.“
Lord Harbor klopfte an die Tür, die zum Thronsaal führte und trat ein. „Wartet kurz vor der Tür“, flüsterte er Marcel zu und verschloss die Tür hinter sich. Nervös und leicht unbehaglich wartete der junge Mann davor. Wie konnte das nur sein, fragte er sich. Eine junge Elfin schritt an ihm vorbei. Sie hatte lange braune Haare, die zu einem Zopf geflochten waren, sie trug ein bordeauxrotes Gewand und sie lächelte schüchtern, als sie Marcels Blick bemerkte. Er wollte etwas sagen, doch dann flog die Tür zum Thronsaal wieder auf.
„Ihre Majestät Königin Aluanda und der große Octurian sind bereit Euch zu empfangen, Marcel“, befahl Lord Harbor. Schüchtern gab Marcel der Frau mit seiner Hand einen Abschiedsgruß, ehe er in den prächtigen Thronsaal eintrat. Die goldene Decke wurde von mächtigen mit Edelsteinen besetzten Säulen gehalten. Die Wände glänzten in einem edlen Purpur und die weiß-goldenen Fliesen zierte ein langer roter Teppich, an deren Ende zwei Personen auf mächtigen Thronen saßen. Marcel trat näher. An einer kleinen Treppe vor den Thronen blieb er stehen, kniete nieder und senkte sein Haupt.
„Nun denn, holder Recke“, sprach die Königin mit einer zarten, aber doch einem sehr bestimmten Ton in ihrer Stimme, „dann tragt Euer Begehr vor.“
Marcel blickte auf. Die Königin war auf die vorletzte Stufe herabgetreten und eine wahre Schönheit. Sie hatte langes goldblondes Haar, grüne Augen und ein zierliches fast schon verletzlich wirkendes Gesicht. Unter einer goldenen Tunika trug sie offenbar ein Korsett, das ihre weiblichen Reize gut betonte, ein schwarzer Rock und ein purpurner Umhang rundeten das majestätische Aussehen ab. Trotz ihrer Schönheit erzählte man sich in Alplanden, dass Aluanda eine sehr gute Strategin war, die auch im Kampf zu gebrauchen war und gute Strategien entwickeln konnte.
„Eure Majestät. Ich komme von einer anderen Zeit. Irgendein Unglück hat mich aus dem Jahr 2016 und dem Ort Ronneburg in Eure Welt geschickt. Nun erbitte ich Euren Rat wieder in meine Welt zurückkehren zu können.“
Die Königin lächelte freundlich, blickte kurz zum Magier Octurian, der ihr bestimmt zunickte. „Das wird nicht so einfach sein, junger Mann. Es war kein Unglück, welches Euch nach Alplanden geschickt hat. Im Buch des Schicksals steht seit Ewigkeiten von einem jungen Mann geschrieben, der kommt aus anderer Zeit und fremd gekleidet ist. Ihm ist es bestimmt zu lenken des Drachen Feuer und zu verhindern den Aufstand jenseits der Mentfruberge, um zu wahren mein Königreich vor der Macht der Orks und Trolle. Wenn mir recht berichtet wurde, hat die Prophezeiung Euch erwählt. Ich bitte Euch, nehmt Euer Schicksal an und rettet Alplanden vor einem großen Krieg und bitteren Untergang. Danach dürft Ihr selbst wählen, ob Ihr zurückkehret in Eure Zeit oder ob Ihr wollt herrschen über Alplanden an meiner Seite.“
Marcel schluckte. Er soll ein Auserwählter sein? Es war ja nicht schwer. Er musste nur einen Krieg verhindern, ein aufständisches Volk besiegen und dann konnte er mit der Königin der Elfen, die eine echte Schönheit war, Seite an Seite regieren. Seine Gedanken schweiften zurück zur hübschen Elfe, die er vor dem Thronsaal hatte warten sehen. „Majestät“, sagte er schließlich. „Ich erbitte mir eine Nacht Gelegenheit zu überdenken mein Schicksal anzutreten.“
Plötzlich stand Octurian auf. Der alte Elf hatte eine leicht gebückte Haltung und stützte sich auf einen mächtigen Stab. Langsam trat er auf Königin Aluanda und Marcel zu. „Die Bedenkzeit sei dir gewährt, junger Kämpfer. Bedenke, dass dein Schicksal dich wieder und wieder heimsuchen wird, wenn du versuchst dich abzuwenden.“
„Lord Harbor wird Euch zu Eurem Gemach begleiten. Morgen früh, erwarte ich eine Entscheidung von Euch, Marcel. Seid kein Narr und entscheidet weise. Das Buch des Schicksals ist auf Eurer Seite.“
Mit einer einfachen Handbewegung erlaubte sie es ihm zu gehen und mit einem flüchtigen Knicks wendete sich Marcel ab und ging über den roten Teppich in Richtung der Tür. Lord Harbor erwartete ihn mit gehässigem Lächeln.
„Wahrlich“, sagte er, „Ihr seid kein Narr. Dennoch bitte ich Euch, enttäuscht uns nicht. Die Schlacht gegen die Völker jenseits der Mentfruberge werden wir dank Euch entscheiden können. Ich weiß es. Jahrelang bin ich in Schlachten und Kämpfe gezogen, aber bei keinem Kämpfer hatte ich ein so gutes Gefühl, wie bei Euch.“
Marcel überlegte, meinte es der raubeinige Elf ernst? Sie sprachen bis sie das Gemach erreichten kein Wort. „Ihr werdet hier alles finden, was Ihr braucht. Denkt gut und ausgiebig über Euren Entschluss nach. Schlaft gut“, verabschiedete sich Lord Harbor von dem Auserwählten.
Marcel betrat sein Gemach. Ein Bett mit Vorhängen, ein Schrank, ein Schreibtisch, auf dem ein Krug Bier und ein Becher, sowie Obst standen und ein mit Rubinen besetztes Schwert lag. Daneben ein Pergament. Marcel trat an den Tisch, nahm das Pergament und las dessen Inhalt:
Tapferer Krieger und Auserwählter des Buches des Schicksals, vor Euch liegt das Schwert von Konik, geschmiedet aus dem Erz der Feengrotten. Diese Waffe macht Euch zum Herrn über das Drachenvolk in den Bergen von Saran. Auch im Kampf wird Euch dieses Schwert treue und wertvolle Dienste leisten. Tretet Ihr Euer Amt nicht an, so wird Alplanden zerstört und in seiner Form nie wieder existieren können. Ihr habt das Schicksal selbst in der Hand. O.
Nachdenklich las Marcel mehrmals die Zeilen. Hatte Octurian dieses Pergament hinterlegt, um die Entscheidung zu beeinflussen? Er trat an das Fenster seines Zimmers und blickte heraus. Vorübergehend würde er hier festsitzen. Sollte er Morgen von seinem Schicksal zurücktreten? Oder sollte er den Kampf wagen? Was meinte Harbor mit seinem Satz: „Bei keinem Kämpfer hatte er ein so gutes Gefühl, wie bei mir“? Nachdenkend schaute er in die anbrechende Dunkelheit. Ein Reiter in schwarzer Gewandung ritt auf einem Rappen davon. Er wirkte sehr nervös bei seinem Aufbruch. Ein Klopfen an der Tür holte Marcel aus seinen Gedanken zurück. „Herein!“, rief er.
Die Tür wurde geöffnet. Vorsichtig schaute eine junge braunhaarige Elfe in das Zimmer: „Königin Aluanda schickt mich. Sie möchte wissen, ob Euch alles zur Verfügung steht oder ob Ihr noch etwas begehrt?“
„Habt Dank, doch ich habe soweit alles, was ich brauche.“
Sie lächelte zögerlich. „Sollte Euch noch etwas fehlen, dann lasst ruhig nach mir schicken.“
„Das ist sehr lieb“, antwortete Marcel dem die Verlegenheit ins Gesicht stieg. „Wenn ich nach Euch schicken soll, sagt mir Euren Namen?“
„Ezechia“, entgegnete die Elfe verlegen.
„Das ist ein schöner Name“, antwortete Marcel verträumt und sein Gesicht wurde immer röter.
„Dankeschön, edler Recke. Lasst einfach nach mir rufen, wenn Euch etwas fehlt.“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und schloss die Tür hinter sich. Wie zur Salzsäule erstarrt stand Marcel im Raum. Der unbeabsichtigte Zauber der jungen brünetten Elfe hatte ihn voll erwischt. Er half bei Marcels Entscheidung. Entschlossen packte sich der junge Mann das Schwert von Konik. „Im Kampf will ich dich nutzen und deine Kraft auskosten zu führen die Drachen von Saran“, flüsterte er. Dann nahm er sich den Krug, füllte ein wenig Bier in seinen Becher und nahm einen kräftigen Schluck. Es war ein starkes, aber wohlschmeckendes Getränk. Viel besser, wie das aus der Menschenwelt. „Königin Aluanda!“, rief er. „Für Euren Triumph werde ich mich dem Schicksal hingeben!“ Merkend, dass er gerade ziemlich peinlich aussah, legte Marcel das Schwert auf den Tisch und stellte den Bierbecher ab. Er zog sich aus, schlüpfte in das Nachthemd, das sich unter seiner Bettdecke befand und begab sich zu Bett. Einige Zeit grübelte er über seinen Entschluss nach, doch die Gefühle, die Ezechia in ihm ausgelöst hatten, ließen ihn bei seiner Entscheidung bleiben. Am nächsten Tag wollte er der Königin verkünden für sie in die Schlacht zu ziehen.