Читать книгу Radfahren im Triathlon und Einzelzeitfahren - Marcus Baranski - Страница 25
ОглавлениеAN DIESER STELLE HABE ICH GLEICH EINE SCHLECHTE NACHRICHT FÜR ALLE MATERIALFREAKS: DAS BESTE TUNING UND DAS TEUERSTE CARBON-LAYUP BRINGEN NICHTS, WENN OBENDRAUF MIT DEM FAHRER NICHT ALLES STIMMT. AUCH WENN GANZ VIELE DER DANN IM NÄCHSTEN KAPITEL AUFGEFÜHRTEN TUNING-MASSNAHMEN TOTAL SINNVOLL SEIN MÖGEN, IST DER ATHLET AUF DER MASCHINE DER WICHTIGSTE FAKTOR. WENN DER DANN NICHT NUR RICHTIG AUF DEM RAD SITZT INKLUSIVE DER RICHTIGEN KOPFHALTUNG, SONDERN AUCH NOCH DEN KOPF »RICHTIG HERUM AUFHAT«, UMSO BESSER. DAS KLING JETZT NICHT SO SEXY WIE EIN PAAR SCHNELLE LAUFRÄDER, ABER AM ANFANG GEHT ES JETZT ERST MAL UM DICH. DAS GUTE HIERAN IST, DASS DIE MEISTEN TIPPS AN DIESER STELLE WENIG BIS NICHTS KOSTEN. UND IM IDEALFALL BRINGT DIR DER EINE ODER ANDERE HACK BEZIEHUNGSWEISE DIESE EINSICHT AUCH ABSEITS VOM AERO-LENKER NOCH EIN BISSCHEN ETWAS.
Bevor es jetzt konkreter wird, kommt erst mal eine Einschätzung von mir, wer du bist und wo du herkommst. Ich tippe mal darauf, dass du schon eine ganze Reihe von Sportarten zumindest probiert hast. Ich habe noch niemanden getroffen, der sich direkt von der Couch auf den Aero-Lenker gewälzt hat und dann irgendwo bei einem Triathlon oder Zeitfahren an den Start gegangen ist. Eine gewisse Erfahrung sowie Kenntnisse hinsichtlich physiologischer Zusammenhänge und Auswirkung von Training ist also vorhanden. Und angekommen bist du jetzt bei einem Ausdauersport, egal, wie lang die Disziplin respektive Strecke ist. Das hat ganz konkret etwas damit zu tun, dass man immer gepaced an die Umsetzung geht und vorher ja weiß, wie lang die sein wird.
GUT DING BRAUCHT WEILE – DER FAKTOR AUSDAUER
Das ist insofern schon mal eine dankbare Erkenntnis, als der Ausdauersport im Vergleich zu anderen, etwa Schnellkraftsportarten, den Vorteil hat, dass man hier ruhigen Gewissens in alle Richtungen investieren kann und ein Fortschritt dauerhaft realistisch ist. Mit anderen Worten: Bis zu einem gewissen Punkt erzielst du mit mehr Aufwand auch eine Verbesserung, und zwar auch mit zunehmendem Alter. Runtergebrochen auf den Radsport sieht das dann so aus: Deine Sprintleistung sowie deine maximale Herzfrequenz werden ab einem gewissen Alter, oft spricht man hier von der Schwelle des 30. Lebensjahres, unweigerlich und spürbar nachlassen. Deine Kraftausdauer aber, worauf du etwa beim Triathlon und Zeitfahren Wert legen solltest, lässt sich durch das richtige Training viel länger erhalten und sogar noch steigern. Mehr noch, es gibt Studien, die besagen, dass regelmäßiges Ausdauertraining den Körper sogar effektiv vor dem Alterungsprozess schützt.
Warum ich so auf dem Alter rumreite? Wenn ich tippen müsste, dann bist du eher über als unter 30 Jahre alt. Auch ich habe vor 20 Jahren eine radsportliche Alternative zu dem gesucht, was ich vorher alles gemacht habe. Das waren BMX-Rennen in den 80er-Jahren und im Anschluss dann in erster Linie die abfahrtslastigen MTB-Spielarten Downhill und Dual Slalom. Erst danach und mit fast 30 bin ich dann aufs Rennrad gewechselt. Das Gute war: Man konnte es einfach nehmen, losfahren und es danach wieder bis zum nächsten Ritt in die Ecke stellen. Aufwendige Reparaturen entfielen, und das Verletzungsrisiko war auch nicht so hoch. Und gerade der Straßenradsport ist nämlich etwas, bei dem man mit viel Pensum und Trainingsfleiß eine Basis schaffen kann, auf die man dann immer wieder zurückgreift. Interessant: Um im Alter fit zu bleiben, helfen vor allem auch die intensiven Einheiten mit Blutgeschmack (gute Gesundheit natürlich vorausgesetzt!). Nur für den Fall, dass dir dann jemand den Tipp gibt, du solltest jetzt langsam mal ruhiger treten.
Tipp
Betrachte dein Ausdauertraining wie ein Konto, auf das du mit jeder Einheit einzahlst.
DU BIST TEIL DES GESAMTSYSTEMS
Wie oben bereits gesagt, geht es immer um das Gesamtpaket, bei dem die Summe aller Faktoren nachher deine Zeit bestimmt. Im Detail sind das deine Fitness, deine Position auf dem Rad, unweigerlich damit zusammenhängend auch solche Baustellen wie Rumpfstabilität und Flexibilität, dein Material und wie gut es in Schuss ist, deine Taktik beziehungsweise dein Herangehen an die jeweilige Strecke und deine psychische Einstellung und Motivation. Klingt auf den ersten Blick komplex, bietet dir aber auch die Möglichkeit der Feinjustierung. Beispiele: Deine Form mag schon mal besser gewesen sein, aber wenn du aerodynamisch auf dem Rad sitzt und dabei auch noch gut treten und für die Position dann gute Wattwerte aufbringen kannst, dann kannst du das zumindest zum Teil kompensieren. Oder: Du hast zwar nicht das Budget, um dir immer das teuerste Material ans Rad zu schrauben, dafür ist das Rad bei dir immer tipptopp in Schuss. Oder: Du bist für dein Saisonhighlight motiviert bis in die Haarspitzen und kitzelst dank strikter Vorbereitung das Maximum heraus. Du merkst, worauf ich hinauswill?
POWER-TO-WEIGHT RATIO ODER AERO BEATS EVERYTHING?
Seit die Wattmessung auch im Breitensport Einzug gehalten hat, ist die Power-to-weight ratio – erbrachte Leistung im Verhältnis zum Körpergewicht – ein gern diskutierter Wert. Je leichter man ist und je mehr Watt man über eine gewisse Dauer treten kann, umso besser. Wenn es dabei dann noch gegen die Schwerkraft geht, dann hat der kleine, zierliche Athlet deutliche Vorteile gegenüber dem Zweimetermann, egal wie viel Watt mehr der treten kann. Was bei bergigen Radmarathons und einer Vielzahl anderer Wettbewerbe ein Nachteil ist, kann sich bei schneller und flacher Strecke als großer und nicht so ausgemergelter Sportler auch schnell in einen Vorteil wandeln – vorausgesetzt, man sitzt gut, hat das für sich persönlich richtige Outfit an und den richtigen Helm auf.
Tipp
Bevor ihr auf Teufel komm raus versucht, Gewicht zu verlieren, achtet lieber auf eine möglichst gute Position. Was ihr hier gewinnt, ist durch keine Diät und kein Training rauszuholen!