Читать книгу SF Abenteuer-Paket 1006 - Raumkapitän am Schwarzen Loch: Science Fiction Sammelband 1006 - Margret Schwekendiek - Страница 19

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„Kommandant, wir treten aus dem Zwischenraum aus!“, meldete der Rudergänger. Auf einer Positionsübersicht war zu sehen, wie sich eine Formation von Qriid-Schiffen den gigantischen Feuerspuckern der Menschen entgegenstellte.

Ja, Feuerspucker nannten wir die riesigen Schiffe, für die man bei den Menschen die Bezeichnung Dreadnought verwendet – ein Wort, an dem ich mich lange vergeblich an der Aussprache versuchte. In den Gesichtern meiner Menschen-Offizierskollegen an Bord der STERNENKRIEGER sah ich oft das, was ich schon mal als ‚Lächeln’ beschrieben und erläutert habe. Wie schwierig diese Muskelzuckungen zu verstehen sind, zeigte sich gerade an diesem Beispiel. Zuerst glaubte ich, es sei – wie so häufig – einfach ein Zeichen der Freundlichkeit und der Anteilnahme an meinen Bemühungen, eine Sprache zu lernen, für die meine Schnabel-Physiognomie einfach nicht geeignet war. Allerdings ist mir später in der Rückschau klar geworden, dass es wohl in erster Linie Schadenfreude war, die mit diesem Lächeln ausgedrückt wurde. […] [Nirat-Sons Erläuterungen zum offenbar sehr menschlich geprägten Begriff ‚Schadenfreude’ wurden in der Fassung für das Datennetz der Humanen Welten ausgelassen, da man davon ausgehen kann, dass menschliche Downloader mit diesem Begriff ausreichend vertraut sind. – Der Übersetzer]

Die Riesenschlachtschiffe der Menschen Feuerspucker zu nennen war streng genommen nicht richtig, denn sie spuckten kein Feuer, sondern kleine, nicht einmal klauengroße Projektile, die mit einer so großen Wucht auf ihr Ziel trafen, dass sie es glatt durchschlugen. Allein die Wucht dieses Durchschlags löste im Inneren eines getroffenen Raumschiffs Explosionen aus. Wenn dann noch ein energieerzeugendes System, der Antrieb oder irgendein anderer sensibler Bereich getroffen wurden, blieb oft nicht einmal Zeit, um noch das Schiff zu verlassen.

Hunderttausende von Geschossen spuckten diese riesigen Tötungsmaschinen in jedem Augenblick aus Hunderten von Rohren. In dichter Formation positionierten sich die Menschenschiffe und ihr Feuer hatte etwas von einem der gefürchteten Hagelschauer, wie sie häufig zum Wintereinbruch auf der Nordhalbkugel von Qriidia eintreten.

Manchmal, bei meteorologisch äußerst ungünstigen Bedingungen, wenn starke Luftdruckunterschiede aufeinanderprallen, kann man dieses Phänomen sogar im heiligen Qatlanor erleben.

Die Feinde des Glaubens warten mit dem Beschuss immer so lange, bis ihre mit schlechter Zielerfassung ausgestatteten Geschützbatterien eine hinreichende Trefferwahrscheinlichkeit ausmachten.

So versuchten wir eine Annäherung so lange wie möglich zu vermeiden. Gleichzeitig zogen wir eine weit auseinander gespreizte Kampfformation vor, da dies das Trefferrisiko für die einzelne Schiffseinheit erheblich verringerte. Die Menschenschiffe verfolgten eine genau entgegengesetzte Taktik. Sie bevorzugten den kompakten Verband, der koordiniert das Feuer eröffnete und dann eine Feuerkraft entfaltete, mit der keiner unserer bisherigen Gegner aufzuwarten vermochte.

Schon wurden die ersten Schiffe im Dienst des Heiligen Imperiums von zum Teil gleich mehreren Projektilen zerschlagen. Ohne nennenswerten Widerstand drangen sie durch die Außenhülle. Innerhalb von wenigen Augenblicken platzten Teile der Außenverkleidung ab. Das getroffene Schiff wurde förmlich durch die Explosionen in seinem Inneren auseinander gerissen, nachdem der Treffer des Wuchtgeschosses seinen Durchschlagskanal quer durch das Raumschiff getrieben hatte.

Das Schiff – ebenfalls ein Kreuzer der Bal-Ten-Klasse, wie meine KAMPFKRALLE – verwandelte sich in einen Glutball.

Niemand von denen, die im Augenblick auf der Brücke der KAMPFKRALLE ihren Dienst taten, blieb davon unbeeindruckt. Es waren unsere Kameraden, unsere Brüder im Glaubenskampf, die da bei lebendigem Leib verbrannt waren. Nichts würde von ihnen bleiben. Nicht einmal sterbliche Überreste, die man dem Totenritual überantworten konnte. Ein paar Trümmerteile irrlichterten noch durch das All, glühten kurz auf, ehe sie für immer erloschen. Weltraumschrott, der irgendwann in den Atmosphären der New Hope-Planeten verglühen würde.

„Gott empfange ihre Seelen gnädig“, hörte ich den Tugendwächter sagen, der sich als einziger nicht schockiert zeigte. „Ihr Opfer war die Pflicht ihres Glaubens.“

Es herrschte für Augenblicke eine Stille auf der Brücke, die mir lebhafter in Erinnerung geblieben ist, als so manches Gespräch, das ich zuvor oder seitdem geführt habe.

Niemand wagte es, etwas zu sagen.

Aber jeder von uns – da bin ich mir sicher, dachte sich seinen Teil.

Unpassende Bemerkungen sind sicher nicht das Hauptproblem, dass Tanjaj mit den Tugendwächtern haben. Aber man sollte es auch nicht unterschätzen.

Die Verluste waren sehr schnell sehr hoch, was auch etwas damit zu tun hatte, dass der Befehlshaber unserer Angriffsflotte eine frontale Attacke befohlen hatte. Er hoffte, damit den Erfolg zu erzwingen und die Formation der Feuerspucker auseinander treiben zu können. Wenn das gelang, dann verringerte das die geballte Feuerkraft der anderen Seite erheblich und unsere Chancen, den Feinden des Glaubens endlich das Genick brechen zu können, wuchsen erheblich.

Rechts und links von der KAMPFKRALLE wurden Einheiten durch das geballte Wuchtkanonenfeuer der Menschen-Schiffe zerstört.

Mein Erster Offizier meldete die Verluste brav, so wie es der Dienstvorschrift entsprach. Aber der Tugendwächter hielt ihn an, das zu unterlassen. „Du beabsichtigst es vielleicht nicht, aber du untergräbst den Siegeswillen unserer Brückenmannschaft!“, war er überzeugt.

Die Waffenoffiziere ließen jedoch unverdrossen ihre Traser-Geschütze sprechen. Der Erste Waffenoffizier war erfahren und ein guter Schütze. Für die drei anderen war es die erste Mission in dieser Funktion. Das merkte man ihnen deutlich an. Sie schossen oft verfrüht oder wenn der Abstand zum Ziel noch zu groß war, um ihn mit den kleineren Geschützen überhaupt überwinden zu können.

Plötzlich leuchtete auf dem Panorama-Schirm der KAMPFKRALLE ein Punkt grell auf, der größer wurde und schließlich den gesamten Bildausschnitt des Schirms erfasste. Eine automatische Abblendfunktion sorgte dafür, dass niemand geblendet wurde.

„Treffer!“, meldete der Ortungsoffizier. Sein Name war Ret-Gon. Ich kannte ihn flüchtig seit meiner Ausbildung bei den Tanjaj. Er hatte eigentlich vorgehabt, sich zum Dienst bei den Seraif zu bewerben, war aber nicht angenommen worden, weshalb er nun im regulären Flottendienst seine Aufgabe erfüllte.

Ich hatte ihn nie danach gefragt und es gab in seiner Personaldatei – wie in solchen Fällen üblich – auch keinerlei Bemerkungen darüber. Stattdessen war vermerkt, dass Ret-Gon sich regelmäßig im Tempel habe sehen lassen und sich oft über Stunden der Meditation hingegeben habe. Deshalb sei er besonders für Beförderungen vorzumerken.

Als ob ein Tugendwächter diese Zeilen diktiert hatte, so war mein erster Gedanke gewesen.

Aber für den Dienst bei den Seraif schien er nicht die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt zu haben.

Der permanente Krieg sorgte natürlich dafür, dass in allen Kriegseinheiten Kämpfer fehlten. Die Verluste waren in den letzten Jahren hoch gewesen. Das ermöglichte es, auch in jungen Jahren bereits schnell Karriere zu machen und in relativ verantwortliche Positionen zu kommen, falls man sich nicht krass religionswidrig verhalten hatte.

Aber bei den Seraif schien noch immer ein so großer Andrang zu herrschen, dass es möglich war, Bewerber mit Qualifikationsdefiziten abzuweisen.

Offenbar hatte mein Ortungsoffizier einfach auch das Pech, keine Verwandten zu besitzen, die ihm in dieser Hinsicht vielleicht weiterhelfen konnten.

„Treffer!“, meldete der Ortungsoffizier. „Es ist zwar eine ihrer kleineren Einheiten, aber es dürfte nichts von ihr übrig geblieben sein!“

Ich ließ mir die Daten auf meinem Display anzeigen.

Sehr viel später, als wir mit den Menschen gegen die Etnord verbündet waren und ich als Austauschoffizier auf einem ihrer Schiffe diente, dachte ich oft an diesen Moment zurück - denn das Schiff, das wir getroffen hatten, entstammte der Klasse der sogenannten Leichten Kreuzer. Genau wie die STERNENKRIEGER, auf der ich später dienen sollte. Ich habe später oft darüber nachdenken müssen, durch welche Zufälle oder Fügungen es bedingt ist, dass man sich entweder auf dem einen oder dem anderen Raumschiff befindet, wenn es zur Explosion kommt. Entweder auf dem, das zerrissen wird und seine Besatzung in einer Flammenhölle verglühen lässt oder auf jener Einheit, von der aus geschossen wurde. Sie ähneln sich doch alle in erschreckender Weise. Es scheint Gesetze der Effektivität zu geben, die das scheinbar erzwingen. Die Brücke der KAMPFKRALLE wies mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zur Brücke der STERNENKRIEGER auf.

Nur das Sitzmobiliar war auf der KAMPFKRALLE eindeutig besser an die orthopädischen Bedürfnisse eines Qriid-Körpers angepasst. Allein die nach hinten geknickten Vogelbeine, die dem erwählten Volk nun einmal eigen sind, bedeuten da schon eine gewisse Schwierigkeit.

Meine Güte, wie hat mir manchmal das Gesäß wehgetan, während ich auf der STERNENKRIEGER diente!

[Allerdings wurde mir durch die schnabellosen Feinde des Glaubens keine schlimmere Folter zuteil, sodass in mir kein verzehrender Hass aus dieser Zeit geblieben ist.] [Diese Passage wurde in der qriidischen Fassung gelöscht. Während Nirat-Son selbst am Gebrauch von Ironie und Sarkasmus eine gewisse experimentelle Freude entwickelt zu haben scheint, traut er wohl den qriidischen Downloadern seiner Aufzeichnungen nicht zu, diese Passagen richtig zu verstehen. Umso erstaunlicher erscheint, dass manche der kritischen Passagen über die Tugendwächter stehen blieben. - Der Übersetzer]

SF Abenteuer-Paket 1006 - Raumkapitän am Schwarzen Loch: Science Fiction Sammelband 1006

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