Читать книгу HypnoBirthing. Der natürliche Weg zu einer sicheren, sanften und leichten Geburt - Marie F Mongan - Страница 12

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Die Geburt von HypnoBirthing


Im Juni 1954 war ich 21 Jahre alt und der festen Überzeugung, die Welt stünde mir offen. Am fünften Juni machte ich meinen

Abschluss an einem kleinen Lehrerkolleg in Plymouth, New Hampshire. Ich hatte schon einen Vertrag, um ab Herbst unterrichten zu können, und mit dem Abschlusszeugnis in meiner Hand erfüllte sich nun mein Kindheitstraum: Ich wurde Lehrerin.

Eine Woche später war ich mit meiner Highschool-Liebe verheiratet. Es war eine Märchenhochzeit. Auf einmal übernahm ich gleichzeitig zwei neue Aufgaben, die mein Leben komplett verändern würden. Aber warum nicht?

Im September begann ich zu unterrichten und wusste sofort, dass ich meine Lebensaufgabe gefunden hatte. Im Spätherbst desselben Jahres wurde mein Mann aus dem Militärdienst entlassen, und wir begannen unser gemeinsames Leben in einer kleinen Holzfällerstadt am Fuß der White Mountains in New Hampshire.

Im Januar blieb meine Periode aus. Ich war sicher, dass der Grund dafür die Bronchitis war, die ich im Dezember gehabt hatte. Ich konnte nicht schwanger sein. Da ich sicher sein wollte, dass die Sache wieder ganz in Ordnung kam, ging ich zu unserem Hausarzt. Als wir nach der Untersuchung in seinem Sprechzimmer saßen und er mir seine Diagnose mitteilte, erlitt ich beinahe einen Schock. Ich war schwanger.

Weder mein Mann noch ich hatten auch nur im Entferntesten in Erwägung gezogen, zu diesem Zeitpunkt ein Kind zu bekommen. Mein Mann hatte sich unter der GI-Bill 4 gerade am College eingeschrieben und ich war vollauf damit beschäftigt, Unterrichtspläne zu erstellen und mit Erfahrungen zurechtzukommen, die man als Lehrerin im ersten Jahr eben macht. Unsere Ehe war noch so frisch, dass die kleine Zweizimmerwohnung, die wir gemietet hatten, noch nicht einmal fertig eingerichtet war. Ich litt weder unter Schwangerschaftsübelkeit noch fühlte ich mich aufgeschwemmt, noch hatte mein

Appetit irgendwelche bizarren Formen angenommen. Wir konnten nur einfach gerade kein Kind bekommen. Nicht jetzt!

Ein paar Tage lang war ich versucht, noch einmal zu meinem Arzt zu gehen und darauf zu beharren, dass es schlicht die Bronchitis war, die immer noch in meinem Körper wütete, und ich gar nicht schwanger war.

Aber dann erwachte ich eines Morgens mit diesem seltsamen, freudigen Strahlen an mir. Eine Stimme in mir wiederholte ständig: „Ich bekomme ein Baby.“ Ich fühlte eine Heiterkeit, die anders als alles war, was ich je erlebt hatte, und es gefiel mir. Ich weiß nicht, wie es passierte, aber von da an war ich von den erstaunlichen Vorgängen in meinem Körper völlig eingenommen. Alle meine Gedanken richteten sich auf meine Schwangerschaft und unser Baby.

Ich beschloss, keine „normale“ Schwangerschaft zu haben, mit Rückenschmerzen, geschwollenen Füßen oder anderen der üblichen Schwangerschaftsbeschwerden. Bei der Geburt meines Kindes würde ich mich nicht betäubt irgendwelchen Ärzten und Schwestern ausliefern, um dann nicht einmal eine Erinnerung an diese Erfahrung zu haben. Auch fand ich den Gedanken, dass eine Geburt von Natur aus eine äußerst schmerzhafte Tortur sein sollte, völlig inakzeptabel. Ich konnte nicht glauben, dass ein Gott, der den menschlichen Körper so perfekt erschaffen hatte, so schlecht gearbeitet haben sollte, wenn es um die Fortpflanzung ging. Es gab so viele Fragen, die mich dieses Konzept der Verbindung von Schmerz und Geburt einfach nicht akzeptieren ließen. Warum waren die zwei Muskelschichten der Gebärmutter die einzigen, die unter normalen Bedingungen nicht richtig funktionierten? Warum waren weniger entwickelte Tiere mit problemlosen und leichten Geburten gesegnet, während wir, die Krönung der Schöpfung und das Abbild Gottes, leiden mussten? Und warum haben Frauen in manchen Kulturen sanfte und angenehme Geburten? Werden wir Frauen der westlichen Welt weniger geliebt? Werden wir härter herangenommen? Sind wir weniger gesegnet als sie? Für mich ergab das alles weder logisch noch physiologisch einen Sinn.

Was noch schwerer wog, war, dass ich einfach nicht glauben konnte, dass ein liebender Gott sich den grausamen Scherz erlauben würde, uns als sexuelle Wesen zu erschaffen, damit wir uns in Liebe vereinen und Kinder zeugen, nur um dann die Art, wie wir unsere Kinder gebären, so entsetzlich schmerzhaft zu machen.

Ich las, so viel ich konnte, um meine Meinung, dass Schmerz nicht zu einer normal verlaufenden Geburt gehört, bestätigt zu sehen. Den Großteil dessen, was ich las, lehnte ich schlichtweg ab. Die gesamte Literatur der damaligen Zeit war gespickt mit medizinischem „Aberwas-Wenns“. Man konzentrierte sich nur darauf, was während einer Geburt alles schiefgehen konnte. Ich war ziemlich entmutigt.

Dann erinnerte ich mich an einen Artikel in der Zeitschrift Life, den ich während meiner Highschool-Zeit gelesen hatte. Er handelte von einer Frau, die in der Grace-New-Haven-Klinik in Connecticut natürlich entbunden hatte. Dieser Artikel würde meine Überzeugungen stützen und ich würde den Namen des englischen Arztes herausfinden, mit dessen Methode der natürlichen Geburt die Klinik arbeitete. Ich fand die betreffende Zeitschrift in der örtlichen Bücherei und anschließend auch Dr. Grantly Dick-Reads Buch Mutterwerden ohne Schmerz. Ich wusste sofort, dass dieses Konzept die Antwort auf meine Suche nach der betäubungsmittelfreien, schmerzlosen und sicheren Geburt war, die ich für mich und vor allem für unser Baby wollte. Zur damaligen Zeit sprach man nicht viel über die Sicherheit oder das Wohlergehen des Kindes. Alles drehte sich darum, wie die Mutter die Geburt erlebte, aber keiner interessierte sich dafür, wie sie und ihr Partner diese Erfahrung sahen oder was sie sich für die Geburt erhofften und erträumten. Der familiäre Aspekt einer Geburt wurde überhaupt nicht in Betracht gezogen.

Ich warf die ganze negative Literatur in den Müll, die sich in Beschreibungen von gebärenden Müttern erging, die irgendwie versuchten, die „entsetzlichen Schmerzen einer Geburt“ zu ertragen und zu überleben, und konzentrierte mich ganz auf Dick-Reads Theorie der Beseitigung des Angst-Verkrampfungs-Schmerz-Syndroms. Ich war begeistert und freute mich auf meine gesunde, natürliche Geburt, wach und aufmerksam und frei von Angst und von den Schmerzen, die nur durch Angst verursacht werden. Genauso begeistert war ich zu erfahren, dass die Ärzte der Grace-Klinik ebenfalls der Ansicht waren, dass die Angst vor dem Schmerz zu tatsächlichen Schmerzen während der Geburt führen könnte. Sie akzeptierten völlig die Idee, dass „mentale Ängste in körperliche Verkrampfung umgesetzt werden, die unnötige Schmerzen verursacht.“ Sie waren generell der Ansicht, dass, wenn auch nicht alle, so doch die meisten Geburten unkompliziert verlaufen und mit einem Minimum an Betäubungs- und sonstigen Hilfsmitteln sowie minimaler Intervention von außen vonstattengehen können. Mir gefiel, was ich las.

Ich hatte mich auf eine natürliche Geburt vorbereitet, nicht jedoch auf die Reaktion meiner Mitmenschen, ob nun aus dem medizinischen Bereich oder nicht. Niemand nahm mein Vorhaben ernst, ein Kind ohne Zuhilfenahme von Betäubungsmitteln zur Welt zu bringen. In einer Zeit, in der alle Frauen mit Vollnarkose „außer Gefecht gesetzt wurden“, lachten Freunde mich aus, wenn ich die Meinung vertrat, es sei möglich, natürlich zu gebären. Ich wurde belächelt und beleidigt von Anästhesisten, die gerade die kaudale Anästhesie, eine Blockade des Rückenmarks, einführten. Bei dieser Methode musste die gebärende Mutter nach der Geburt stundenlang ruhig auf dem Rücken liegen, um periodisch wiederkehrende Kopfschmerzen zu vermeiden, die andernfalls jahrelang auftreten konnten. Zum Glück hatte ich wenigstens die skeptische Unterstützung meines Mannes und meiner Familie, die meinen Hang zu ungewöhnlichen Wegen kannten.

Als ich zur Entbindung in die Klinik kam, teilte ich dem Personal mit, dass ich eine natürliche Geburt haben würde. Die Krankenschwestern grinsten nur, und kurz nachdem man mich durch Schamrasur und Einlauf für die Entbindung „vorbereitet“ hatte, beruhigte mich eine Schwester freundlicherweise mit den Worten: „Wenn die Schmerzen unerträglich werden, können Sie eine Demerol-Spritze haben. Das hilft.“ Als ich dankend ablehnte, machte man sich über mich lustig und ließ mich in einem dunklen Geburtsraum alleine, wo nur das unerträgliche Ticken einer „Baby Ben“-Uhr zu hören war, die man mir ans Bett gestellt hatte, damit ich die Abstände des „Wehenschmerzes stoppen“ könnte. Die Schwestern ignorierten mich, weil sie nicht glaubten, dass sich die Geburt bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befand, und man sagte mir, wenn ich am Ende in den Kreißsaal käme, würde ich „schreien und brüllen, wie die anderen auch“.

Nur sehr wenig später informierte ich die Schwester, dass das Baby käme. Widerstrebend untersuchte sie mich schließlich und daraufhin fing das Schreien tatsächlich an – allerdings schrien die Schwestern, nicht ich.

Sie pressten mir die Beine zusammen und ich sollte keuchen. Ich bat darum, mein Baby an Ort und Stelle zur Welt bringen zu dürfen, aber sie hielten mir weiter die Beine zusammen und hetzten mit mir keuchend in den Kreißsaal. Dort angekommen, fixierte man meine Handgelenke mit Lederriemen seitlich am Geburtstisch und band meine Beine und Knie gut einen Meter darüber in den Beinhaltern fest. Man hielt meinen Kopf fest und zwang mir die Äthermaske aufs Gesicht. Das ist das Letzte, woran ich mich erinnere. Als ich einige Zeit später aufwachte, war mir vom Äther speiübel und man informierte mich, dass man mich von einem wunderhübschen kleinen Jungen „entbunden“ habe, den ich am nächsten Morgen sehen könne. Die Schwester sagte mir, ich solle nicht erschrecken, er habe ein paar rote Male im Gesicht von der Zange. „Das ist ganz normal.“ Mein Mann durfte mich für zehn Minuten besuchen. Keiner von uns beiden durfte unseren Sohn Wayne in jener Nacht im Arm halten oder auch nur sehen.

Als ich mein Baby endlich zu Gesicht bekam, war ich entsetzt, weil ich mir vorstellte, wie er sich wohl gefühlt hatte, als man ihn in diese Welt „zerrte“. Ich fühlte mich unglaublich enttäuscht und war schrecklich aufgebracht. Die natürliche Geburt, die ich für mein Baby geplant hatte, war mir geraubt worden und mein Kind hatte unnötig leiden müssen. Die folgenden fünf Tage sah mein Mann unseren Sohn nur durch die Scheibe der Säuglingsstation, da keine Besucher zugelassen waren, weil sich Babys auf der Station befanden. Wir hatten absolut keine Möglichkeit, eine Familienbindung einzugehen.

Als ich zwei Jahre später unseren zweiten Sohn Brian zur Welt brachte, war der Geburtsverlauf genauso friedlich und angenehm wie beim ersten Mal, aber die Geburt selbst verlief wie gehabt – ich erinnerte mich an nichts. Wieder waren rote Druckstellen von der Zange im Gesicht meines Kindes, als ich Brian zur „festgesetzten Zeit“ endlich sehen durfte. Fünf Tage später wurden wir aus der Klinik entlassen und mein Mann konnte seinen zweiten Sohn endlich zum ersten Mal im Arm halten. Ich kochte vor Wut. Ich hatte um nichts anderes gebeten, als in Ruhe und Frieden mein Kind zur Welt bringen zu dürfen. Ich wollte keine Sonderbehandlung. Man musste mich weder betäuben noch festbinden noch angreifen.

Zu Beginn meiner dritten Schwangerschaft suchte ich meinen Arzt auf und erklärte: „Wir müssen über etwas reden.“ Er lachte und antwortete mit einer Frage: „Über etwas reden? Über was denn, Mickey? Das ist Ihr drittes Kind, Sie wissen doch, wie man’s macht.“

Ich lächelte die ganze Zeit, während ich antwortete: „Stimmt, Doktor, aber Sie nicht.“ Mein Lächeln rettete mich. Es schockierte ihn offensichtlich, wie ein Laie so etwas behaupten konnte, Lächeln hin oder her. Aber er war auch ein Freund. Als er sich wieder gefangen hatte, fragte er mich, was ich damit meinte.

Das war meine Chance und ich ergriff sie. Ich erzähle ihm von meiner Enttäuschung über die Art und Weise, wie man meine beiden vorangegangenen Geburten abgewickelt hatte. Ich sagte, dass ich mich verraten fühlte, wenn er zum Zeitpunkt der Geburt nicht da war, um hinter mir zu stehen und für mich einzutreten, obwohl er doch meinen Wunsch nach einer natürlichen Geburt unterstützen wollte. Auf diese Weise würde mich das Klinikpersonal wie gewohnt mit Fesseln und Äther für die Entbindung „vorbereiten“, da niemand ihnen andere Anweisungen gab. Ich machte ihm noch einmal deutlich, wie wichtig es mir war, mein Baby sicher und ohne Betäubungsmittel zu bekommen. Ich sagte, dass ich absolut entschlossen war, dieses Mal natürlich zu gebären, auch falls dies bedeutete, dass ich mich auf die Suche nach einem anderen Arzt machen müsste, der meine Sorge um mein Kind verstehen und meine emotionalen Bedürfnisse als gebärende Mutter ernst nehmen würde.

Damals gab es nur ganz wenige Hausgeburten, also war klar, dass meine einzige Chance in der vorbehaltlosen Unterstützung des richtigen Arztes bestand – und ich hoffte, dass es mein Arzt sein würde. Er versicherte mir, dass er diese Aufgabe übernehmen wollte, und fragte, was er tun sollte.

Ich bat ihn, meine Wünsche auf meiner Patientenkarte festzuhalten, damit jeder wusste, dass ich keine Betäubungsmittel verabreicht bekommen wollte und man mich nicht am Geburtstisch festbinden durfte. Lächelnd machte er sich Notizen in meiner Akte und fragte, ob das alles wäre. Ich sah ihn von unten herauf an und sagte: „Ich bin noch nicht ganz fertig.“

Also nahm er seinen Stift wieder zur Hand und fragte: „Gut, was denn noch?“

Aus Angst, die folgenden Worte nicht aussprechen zu können, wenn ich zu lange zögerte, antwortete ich sehr schnell: „Ich möchte, dass mein Mann während der ganzen Geburt bei mir ist.“

Um nachvollziehen zu können, wie absolut haarsträubend mein Wunsch war, muss man sich bewusst machen, dass Ende der 50er Jahre ein Ehemann normalerweise nicht weiter als bis zum Eingangsbereich des Krankenhauses zugelassen wurde. Es gab keine Aufenthaltsräume in der Nähe der Entbindungsstationen, wo die Väter auf und ab gehen konnten. Meistens wurden sie einfach nach Hause geschickt, wo sie dann auf den Anruf warteten, dass „alles vorbei sei“.

Der Stift meines Arztes flog quer über seinen Schreibtisch. Er sprang in seinem Drehstuhl nach vorne und rief: „Für was soll ich denn noch alles den Kopf hinhalten? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!“

Ich erklärte ihm, dass ich nicht erwartete, dass er irgendetwas tue, womit er sich unwohl fühle. Wenn er damit Schwierigkeiten hätte, hätte ich völliges Verständnis dafür und würde mich nach einem anderen Arzt umsehen. Er dachte einen Augenblick nach, dann gab er mir die Antwort, die ich erhofft hatte: „Warum eigentlich nicht?“

Ich war außer mir vor Freude. Er unterstützte mich und hatte versprochen, offiziell festzuhalten, dass man mir erlauben müsse, das umzusetzen, was ich als den einzig wahren „Geburtsplan“ ansah. Ich vertraute darauf, dass er diesmal bei der Geburt für mich da sein würde, und das war er auch. Mein Mann war während der zweistündigen Eröffnungsphase bei mir, er begleitete mich in den Kreißsaal und war an meiner Seite, als unsere Tochter geboren wurde – eine Premiere für die Klinik und für die gesamte Region.

Meine Arme und Beine waren nicht festgebunden und mir wurden keinerlei Betäubungsmittel verabreicht. Ich war wach und voller Energie. Nie war ich so glücklich. Ich hatte die Eröffnungsphase zwar schon auf natürliche Weise erlebt, aber erst dieses Mal hatte ich auch eine völlig natürliche Geburt. Maura kam sicher und unbetäubt zur Welt. Der einzige Wermutstropfen war, dass keiner von uns beiden unser Kind sofort halten und eine Bindung aufbauen konnte. Ohne ersichtlichen Grund wurde sie uns sofort weggenommen und auf die Säuglingsstation gebracht.

Ein paar Minuten später stand ich am Fenster der Säuglingsstation und sah zu, wie meine Tochter gebadet wurde – und das, als Frauen zur damaligen Zeit für mindestens einen oder mehrere Tage nach der Geburt kaum das Bett verlassen durften. Ich fühlte mich, als könnte ich sie einfach in den Arm nehmen und nach Hause gehen. Aber so sollte es nicht sein. Eine Geburt hieß damals mindestens vier Tage Gefangenschaft im Krankenhaus.

Alle, die an jenem Abend bei mir waren, waren wie in Hochstimmung. Mein Arzt war so begeistert, dass er bis drei Uhr morgens wach blieb und alles las, was er über Dr. Grantly Dick-Reads Theorie zur natürlichen Geburt zur Hand hatte. Wie man mir erzählte, war Mauras Geburt das Krankenhausgespräch während der nächsten drei Schichten. Leider dauerten diese Faszination und Neugierde nicht lange an. Nach wenigen Tagen schon wurde die Geburt meiner Tochter als „Glücksfall“ abgetan. Manche Frauen hatten eben eine unglaublich hohe Schmerzgrenze, sagte man, und außerdem wog meine kleine Tochter ja auch nur gut 2,8 kg. Der Weg, den ich glaubte frei gemacht zu haben, wurde schnell wieder versperrt. Nichts änderte sich.

Meine vierte Geburt verlief genauso glatt wie die vorherige, obwohl unser Sohn Shawn gut 3,7 kg wog, also fast ein Kilo mehr als Maura. Ein paar Minuten, nachdem man mich in mein Zimmer zurückgebracht hatte, merkte ich, dass ich wieder zur Säuglingsstation wandern musste, um einen Blick auf mein Baby zu erhaschen. Als sie Shawn fertig gebadet, gewogen und angezogen hatten, rollten sie das kleine Bettchen zum Fenster. Er war auf der einen Seite der Scheibe, ich auf der anderen. Das war alles, was ich an Bindung zu meinem Baby aufbauen konnte.

Mein Arzt, der dem ganzen Geschehen zwar fasziniert, aber nach wie vor nicht überzeugt gegenüberstand, sagte mir, wie tief es ihn beeindruckte, dass jemand solche Schmerzen so ruhig und ganz ohne Betäubung ertragen konnte. Obwohl ich immer wieder stolz verkündet hatte, nur ein Ziehen zu spüren, gelang es mir nicht, ihm klarzumachen, was die natürliche Geburt für die Mütter nach mir bedeuten konnte. Lederriemen, Äthermasken, Rückenmarksanästhesien und Beinhalter dominierten auch über die nächsten Jahre hinweg die Welt gebärender Frauen.

Das erste HypnoBirthing

All die Jahre hindurch schauderte ich jedes Mal, wenn ich eine Frau von den fürchterlichen Schmerzen, die sie während der Geburt hatte, sprechen hörte. Es machte mich traurig, da ich wusste, dass der Schmerz in vielen Fällen hätte gelindert, wenn nicht sogar beseitigt werden können. Ich fühlte mich so hilflos. Immer wenn ich über eine leichtere Geburt sprach, sahen mich meine Zuhörer schockiert oder mit höflichem Unglauben an.

1987 erhielt ich meine Zulassung, Hypnotherapie in meiner Beratungspraxis anzuwenden, die ich während der Jahre als Dekanin eines Frauen-Colleges und später als Leiterin einer Wirtschaftsschule für Frauen weitergeführt hatte. Mein Engagement in der Hypnotherapie veranlasste mich, wieder an meine Geburten zu denken. Ich erkannte zum ersten Mal, dass ich tatsächlich Selbsthypnose angewendet hatte, um das Maß an Entspannung zu erreichen, das es mir ermöglichte, eine schmerzlose Geburt zu erleben. (Grantly Dick-Read bestritt nachdrücklich, dass seine Methode überhaupt mit Hypnose zu tun hatte. Er war der Ansicht, dass Hypnose Frauen in einen völlig losgelösten Zustand versetzen würde, der ihnen die Geburtserfahrung nahm. Durch ein besseres Verständnis der Hypnose heute wissen wir nun, dass eine Person im hypnotischen Zustand vollkommen bei Bewusstsein ist, sogar in einem gesteigerten Bewussteinszustand und sich völlig unter Kontrolle hat.) Ich befand mich tatsächlich im Zustand der Selbsthypnose, als ich meine Kinder zur Welt brachte.

Ungefähr ein Jahr nachdem ich Hypnotherapeutin geworden war, sagte mir meine Tochter Maura, dass sie ein Kind bekäme. Ich war entschlossen, ihr nur die allerbeste und erfüllenste Geburt zu ermöglichen. Aus meinem neu erwachten Interesse an Geburten entstand ein Geburtsvorbereitungsprogramm, das die Vorteile der Selbsthypnose mit dem Wissen um eine natürliche Geburt verband. Ich nannte diese Methode „HypnoBirthing“.

Ich begann Anfang 1989 Notizen aufgrund meiner eigenen persönlichen und beruflichen Erfahrungen zu machen. Ich freute mich auf die Aussicht, ein Programm zu entwickeln, das Maura, die das erste Kind in der Gegend war, das mit einer Selbsthypnosemethode geboren wurde, erlauben würde, ihr eigenes Kind mit HypnoBirthing zur Welt zu bringen. Es gab zwei andere Mütter, die sich auf die Geburt vorbereiteten, indem sie meine Methode verwendeten, und ich betete, dass Maura die Erste sein würde, die gebiert. Sie war es.

Maura konnte nicht den Vorteil von Videos oder von den Erfolgsgeschichten Tausender anderer Frauen nutzen, die mit Hilfe von Hypno-Birthing ihre Kinder geboren haben. Doch sie wusste, dass sie ihr Kind sicher gebären wollte, und tat das, was dafür notwendig war. Sie sprach mit ihrer Hebamme über die angestrebte Art der Geburt: sanft, natürlich und ohne Narkotika, die ihrem Kind schaden könnten. Sie gewann die Unterstützung und die Ermutigung ihrer Hebamme und hatte eine unbelastete, gesunde und glückliche Schwangerschaft.

Als sie für die Geburt im Krankenhaus eintraf, wurde Maura von einem neugierigen, aber äußerst hilfsbereiten Personal der Geburtsstation empfangen. Während der fünf Stunden des Geburtsvorgangs strömten unablässig Schwestern und Hebammen mit irgendeinem Vorwand in den Raum, um die Quelle der sanften Musik zu finden und dieses Rätsel zu beobachten – eine gebärende Mutter, tief verbunden mit ihrem Kind und ihrem gebärenden Körper, die geradezu aussah, als ob sie sich ruhig erholte. Es gab keine der üblichen Anzeichen von Frauen, die sich der Vollendung der Geburt nähern. Ich glaube, dass Mauras eigene Geburt auf einer tieferen Ebene in ihrem Unterbewusstsein einen Eindruck hinterlassen hat, wie eine Geburt sein sollte. Sie vertraute ihrem Körper vollkommen, und er arbeitete für sie.

Am 3. Januar 1990 wurde das erste HypnoBirthing-Baby, unser Enkel Kyle, geboren. Wir hatten den Kreis vollendet – von Maura, dem ersten Kind aus der Gegend, das eine natürliche Geburt erlebte, zu Kyle, dem ersten HypnoBirthing-Baby. Ich kann noch nicht einmal annähernd zum Ausdruck bringen, wie bewegend diese Erfahrung für mich war.

Die Krankenhausmitarbeiter waren ergriffen. Sie hatten zwar schon Frauen zuvor gesehen, die eine sanfte Geburt erfahren hatten, aber sie wussten, dass diese Geburt etwas ganz Besonderes war. Was sie sahen, war kein Glücksfall, sondern eine Geburt, die sorgfältig und liebevoll geplant, vorbereitet und erreicht worden war.

Seit damals haben wir zehn weitere HypnoBirthing-Enkel in unserer Familie begrüßen dürfen. Sie sind eine wunderbare Gruppe außergewöhnlich netter Menschen mit jenen besonderen Eigenschaften, die HypnoBirthing-Eltern aus der ganzen Welt an ihren Kindern feststellen, nämlich Sanftmut, Mitgefühl, Selbstvertrauen und Liebe.

HypnoBirthing heute

Mir war nicht bewusst, als ich HypnoBirthing anfangs entwickelte, dass es von einem lokalen Phänomen zu einer internationalen Bewegung wachsen würde. Ich erkannte nicht das Ausmaß, in dem gebärende Mütter in aller Welt eine Geburtsmethode forderten, die ihnen erlauben würde, ihre Kinder sicher und ohne Medikamente zu gebären, und dies auf eine angenehme Weise. Sie wenden sich HypnoBirthing zu, das die Mittel dazu an die Hand gibt.

Jedes Jahr kommen Tausende von Paaren zum Kreis der HypnoBirthing-Familien hinzu. Diese Paare wollen wie Sie das Allerbeste für ihre Kinder und sich, und sie übernehmen die Verantwortung, damit dies geschehen wird. Sie planen und lenken den Verlauf ihrer Schwangerschaften und freuen sich mit Zuversicht auf eine freudige Geburtserfahrung. Einige, die bereits die Philosophie der sanften Geburt verinnerlicht haben, sind erleichtert zu erkennen, dass sie zusätzlich zu der Möglichkeit, ihrem Kind eine sanfte Geburt zu ermöglichen, auch eine schmerzfreie Geburt erlangen können.

HypnoBirthing hilft Frauen, ihr Recht wieder einzufordern, ihre natürlichen Geburtsinstinkte zu wecken, und mit der völligen Miteinbeziehung ihrer Partner verwirklichen sie eines der unvergesslichsten Erlebnisse ihres Lebens.

Aufgrund der wachsenden Akzeptanz von HypnoBirthing, der Mongan-Methode, findet die sanfte, schmerzfreie Geburt allmählich ihren Weg in die Kreißsäle vieler Krankenhäuser. Viele führende Krankenhäuser im ganzen Land lehren sanfte Geburt und bieten HypnoBirthing-Anleitungen in ihren Geburtsvorbereitungskursen an. Immer mehr Familien entscheiden sich für eine Geburt in der Behaglichkeit und privaten Umgebung der eigenen Wohnung, und einige bedienen sich der Vorteile der Unterwassergeburt in Krankenhäusern und zu Hause. Jene Familien, die sich für die Geburt in Kranken- oder Geburtshäusern entscheiden, finden eine freundliche und unterstützende Atmosphäre vor, in der sie ihre Kinder natürlich und in Ruhe bekommen können, und damit schaffen sie freudige Erinnerungen für sich und ihre Kinder.

Menschen aus dem medizinischen Bereich werden Teil der dynamischen HypnoBirthing-Bewegung. Eine zunehmende Zahl von einfühlsamen Pflegekräften und Verwaltungsangestellten von Geburtseinrichtungen hören auf die emotionalen und geistigen Bedürfnisse der Eltern und bieten diesen Wünschen Raum in Kranken-, Geburts- und Privathäusern in über 22 Ländern. Sie unterstützen die Auffassung, dass es bei Geburt um die Geburtsfamilie geht, und stören sich nicht an dem Gedanken, dass sie den Geburtsverlauf den Eltern überlassen, denen sie helfen, während sie zur Unterstützung anwesend sind. Das große Netzwerk von qualifizierten HypnoBirthing-Fachkräften wächst weiter, wie der Bedarf nach HypnoBirthing in Familien rund um den Globus steigt.

Dem Konzept einer ruhigen, ungestörten Geburt wird nun weit weniger skeptisch begegnet. Die unzähligen Telefonanrufe und Dankesbriefe, die wir erhalten, sagen uns, dass es HypnoBirthing gelingt, die Geburt mit anderen Augen zu sehen.

Auf der anderen Seite zeigen uns die schroffen, erniedrigenden, manchmal gewaltsamen Praktiken, die noch in vielen Geburtseinrichtungen angewendet werden, dass wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen können. Unsere Arbeit fängt gerade erst an. Unnötige Eingriffe, dazu gehören eine wachsende Anzahl verzichtbarer Einleitungen, Wehentröpfe und Kaiserschnitte, werden oftmals Familien aufgedrängt, die eine natürliche Geburt wünschen, selbst wenn keine medizinische Notwendigkeit besteht. Die Kreißsäle in Krankenhäusern, obwohl sie äußerlich mit manchem Fünf-Sterne-Hotel konkurrieren könnten, müssen mit einem Pflegepersonal besetzt sein, das eine neue Einstellung gegenüber den werdenden Müttern einnimmt. Anderenfalls werden wir weiterhin viele Mütter sehen, die ihre Kinder gebären, während sie von Maschinen und Apparaten umgeben sind, durch Riemen und Kanülen festgehalten werden und mehr wie wissenschaftliche Experimente aussehen als erfüllte und frohe gebärende Frauen.

HypnoBirthing ist weiterhin eine geeignete Methode für jene Eltern, die lernen, dass sie Wahlmöglichkeiten haben, und diese aktiv erkunden, um den optimalen Rahmen für ihre Geburten zu finden. Sie sind nicht gewillt, sich mit weniger als dem Besten für ihre Kinder zufriedenzugeben.

Dr. Christiane Northrup, Autorin von Women’s Bodies, Women’s Wisdom, bringt es mit folgender Aufforderung an alle werdenden Mütter auf den Punkt:

Stellen Sie sich vor, was geschehen könnte, wenn die Mehrheit der Frauen aus dem Geburtsvorgang mit einem erneuerten Sinn für die Stärke und die Kraft ihrer Körper und für ihre Fähigkeit zur Ekstase durch die Geburt hervorginge. Wenn genügend Frauen erkennen, dass Geburt eine Zeit der Möglichkeit ist, um mit der wahren weiblichen Kraft in Berührung zu kommen, und wenn sie gewillt sind, dafür die Verantwortung zu übernehmen, werden wir die Macht der Geburt wieder erlangen und die Technologie dorthin bringen, wo sie hingehört – zu den Frauen, aber nicht als ihr Meister.

4US-Gesetz von 1944, das u. a. jedem Kriegsteilnehmer den Universitätszugang ermöglichte. [Anm. d. Ü.]

HypnoBirthing. Der natürliche Weg zu einer sicheren, sanften und leichten Geburt

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