Читать книгу Liebe im Grand Hotel - Marie Louise Fischer - Страница 6
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ОглавлениеAls Eva erwachte, fiel heller Sonnenschein durch die Vorhangspalten. Aus dem Park tönte das Hämmern der Arbeiter vom neuen Schwimmbad her.
Sie begriff, daß sie zu Hause war, daß sie einen halben Tag und eine ganze Nacht geschlafen haben mußte. Alles, was sie durchgemacht hatte, lag wie ein Albdruck hinter ihr, der sich im Sonnenschein zu einem Nichts verflüchtigte.
Ihr Mann lebte, er würde gesund werden. Selbst wenn es Monate dauern sollte, er würde gesund werden, sie war sich dessen ganz sicher. Alles würde wieder gut werden.
Sie sprang aus dem Bett, lief ins Badezimmer, stellte sich unter die Brause, zog sich an. Dann erst fiel ihr auf, daß es seltsam still im Haus war – natürlich, Teddy und Susi waren längst in die Schule gegangen.
Im Kinderzimmer fand sie einen Zettel: »Bin mit der Kleinen spazierengefahren – Alice.« Alice war in der Unfallnacht herübergekommen, um sich um die Kinder zu kümmern.
Eva war diese Spazierfahrt nicht ganz recht. Sie hatte Sehnsucht nach Babsy, hätte sie gern jetzt gleich in die Arme genommen und an ihr Herz gedrückt.
Sie zerknüllte den Zettel, lief in die Küche und richtete sich das Frühstück.
Das Telefon schrillte.
Ihr erster Gedanke war: Urban! Ob sich sein Zustand verschlechtert hatte?
Sie lief in die Halle hinüber und nahm den Hörer ab.
Eine tiefe, ein wenig heisere Mädchenstimme meldete sich.
»Guten Morgen, gnädige Frau … hier spricht Lona Simon!«
»Wer?« fragte Eva Horster verständnislos.
»Die Hotelsekretärin!«
»Ach so!« Eva kannte Lona Simon flüchtig vom Sehen, aber sie war ihr durchaus kein Begriff.
»Zwei Herren von der Bank sind hier«, sagte die Hotelsekretärin. »Sie möchten Sie sprechen. Es ist sehr dringend. Darf ich sie zu Ihnen schicken? Oder wollen Sie selber herüberkommen?«
»Von der Bank?« fragte Eva. »Aber von diesen Dingen habe ich doch keine Ahnung!«
»Es handelt sich um den Kredit, den Herr Horster aufgenommen hat. Einen Kredit von fünfhunderttausend Mark. Wenn ich die Herren richtig verstanden habe, möchten sie Ihnen einen Vorschlag wegen der Rückzahlung machen.«
Irrte sie sich, oder klang aus der Stimme des Mädchens eine Spur Schadenfreude?
Noch begriff Eva Horster nicht, um was es ging, aber eine böse Vorahnung sagte ihr, daß die eigentlichen Schwierigkeiten jetzt erst begannen.
»Ich komme«, erklärte sie kurz.
Sie hatte den Hörer kaum aufgelegt, als ihr klar wurde, daß sie einen Fehler gemacht hatte.
Es wäre entschieden besser gewesen, die Herren von der Bank nicht sofort, sondern erst am Nachmittag zu empfangen. Auf diese Weise hätte sie Zeit gewonnen, sich über die finanzielle Lage des Hotels zu orientieren. Es mußte Verträge geben, Abmachungen, eine Korrespondenz, aus der sämtliche Tatsachen hervorgingen. So aber hatte sie sich selber in die Lage gebracht, völlig unvorbereitet in dieses wichtige Gespräch zu gehen. Sie ärgerte sich, daß sie sich so hatte überrumpeln lassen.
Einen Augenblick überlegte sie, ob sie nicht doch noch zurückrufen und versuchen sollte, den Termin des Gesprächs zu verschieben. Aber damit hätte sie ihre Schwäche bekannt und sich eine Blöße gegeben. Außerdem war sie durch die Andeutungen, die Lona Simon gemacht hatte, so beunruhigt, daß sie es schwer ertragen hätte, noch länger zu warten. Sie wollte der Wahrheit jetzt auf den Grund gehen.
Sehr nachdenklich und betroffen ging sie nach oben und zog sich an. Es schien ihr bedeutsam, das richtige Kleid für diese Gelegenheit zu wählen. Sie wollte die Herren von der Bank beeindrucken, und sie wußte auch, daß die richtige Aufmachung ihr eigenes Selbstbewußtsein heben würde.
Sie war nahe daran, ihr schwarzes französisches Kostüm zu wählen, aber sie verwarf diesen Gedanken dann doch, weil man es für Trauerkleidung hätte halten können. Endlich entschied sie sich für ein taubenblaues Kostüm und eine weiße Spitzenbluse. Sehr sorgfältig machte sie ihr Gesicht zurecht, bürstete ihr rotblondes, leicht gelocktes Haar bis es schimmerte. Aber immer noch war sie mit ihrem Aussehen unzufrieden. Sie hätte schön sein können, wenn nicht ein Zug von ängstlicher Spannung in ihrem Gesicht gewesen wäre. Sie versuchte, ihr Spiegelbild anzulächeln, aber es wurde nur eine Grimasse daraus.
Entschlossen wendete sie sich ab, lief die Treppe hinunter, verließ das Haus und ging durch den Park, an der Baustelle des Schwimmbads vorbei, auf das Hotel zu.
Sie wußte, daß eine Hintertür neben der Küche in einen langen Gang mündete, der direkt vor die Tür zum Büro führte, und die Versuchung war groß, diesen Eingang zu benutzen. Aber sie wollte sich nicht in das Hotel ihres Mannes wie ein Feigling hineinschleichen.
Die breiten Glastüren, die von der Halle in den Park führten, waren jetzt im Vorfrühling noch geschlossen. So ging sie um das Hotel herum und betrat es durch die Schwingtür, die einer der livrierten Hausdiener vor ihr aufriß.
Der Mann grüßte ehrerbietig, aber seine hellen Augen zeigten Überraschung und Neugier.
Eva Horster nickte ihm kurz zu und ging weiter. Ohne links und rechts zu sehen durchschritt sie die elegante Halle, in der es zu dieser Vormittagsstunde lebhaft zuging. Die Hausdiener hatten Gepäckstücke herunter gebracht, Gäste standen am Empfang und zahlten, andere schienen erst vor kurzem eingetroffen zu sein.
Unwillkürlich biß Eva die Zähne aufeinander. Sie hatte das unbehagliche Gefühl, angestarrt zu werden, und kam sich wie ein unbefugter Eindringling vor.
Als sie am Empfang vorbeiging, entschuldigte sich Herr Thomas bei einem Gast, den er gerade beriet, öffnete die halbhohe Teakholztür und trat auf sie zu.
»Guten Morgen, gnädige Frau!«
Sie erwiderte seinen Gruß, verhielt unwillkürlich den Schritt.
»Wie geht es Herrn Horster?« fragte Herr Thomas so leise, daß sie ihn kaum verstand.
»Danke«, antwortete sie genauso gedämpft, »er hat die Operation gut überstanden.«
»Gott sei Dank!«
Sie war schon an ihm vorbei, als sie sich noch einmal umdrehte und zurückkam.
»Ich danke Ihnen, Herr Thomas«, sagte sie und reichte ihm die Hand, »für alles. Sie waren mir eine große Hilfe … in jener Nacht.«
»Ich wünschte, daß ich mehr hätte tun können«, murmelte er.
Aber sie erkannte an dem warmen Schimmer in seinen Augen, daß er sich über ihr Lob freute.
Das Vorzimmer war leer.
Eva registrierte es mit Verwunderung. Sie blieb zögernd stehen. Aus dem Chefbüro klangen laute Stimmen, Gelächter, Gläsergeklirr. Mit einem Ruck öffnete sie die Tür. Im gleichen Augenblick wurde es totenstill.
Zwei Herren erhoben sich. Der eine war klein, flink und elastisch wie ein Kastenteufelchen, der andere war ein großer dicker schwerfälliger Mann. Lona Simon, die ihnen Gesellschaft geleistet hatte, machte eine Bewegung, als ob sie ebenfalls aufstehen wollte, blieb aber dann doch sitzen.
Mit einem Blick erkannte Eva die Situation. Eine halbvolle Flasche französischer Cognac stand auf dem Tisch, drei Gläser waren gefüllt. Lona Simon hielt eine brennende Zigarette in der Hand. Der enge Rock war ihr bis über die Knie hinauf gerutscht. Ein maisgelber, sehr knapper Pullover umspannte ihre feste Brust und hob sich vorteilhaft gegen ihre braune glatte Haut und ihr schwarzes Haar ab.
»Guten Morgen, meine Herren«, sagte Eva mit einer Sicherheit, über die sie sich selbst wunderte. »Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu lange warten lassen.«
»Aber keineswegs«, versicherte der Kleinere der beiden, »wir haben …«
Er stockte.
»Ich sehe schon«, sagte Eva sarkastisch, »Sie haben sich die Zeit nicht lang werden lassen!«
Sie wandte sich an die Hotelsekretärin.
»Möchten Sie mir die beiden Herren nicht vorstellen, Fräulein Simon?«
»Direktor Presser und Prokurist Klein von der Presser-Bank«, erklärte Lona Simon träge.
Eva Horster reichte den Herren nicht die Hand.
»Ich bin Frau Horster«, sagte sie, »bitte, nehmen Sie doch wieder Platz!«
Mit einem Anflug von Wohlerzogenheit warteten die beiden, bis sie sich gesetzt hatte.
»Fräulein Simon«, sagte Eva scharf, »würden Sie mir, bitte, die Unterlagen bringen!«
»Welche Unterlagen?« fragte Lona frech, ohne sich aus ihrem Sessel zu rühren.
»Die Verträge und die Korrespondenz zwischen meinem Mann und der Presser-Bank.«
Lona Simon hob die sorgfältig gezupften Augenbrauen.
»Ab wann?«
»Das wird gar nicht nötig sein, gnädige Frau«, sagte Prokurist Klein rasch, »es handelt sich um ein ganz unformelles Wechselgeschäft.«
Er bückte sich, nahm eine schwarzlederne Aktentasche auf, die, an seinen Sessel gelehnt, auf dem Boden gestanden hatte, legte sie auf seine Knie und öffnete sie.
»Wir sind gekommen, um Ihnen diese Wechsel zu präsentieren!«
Eva merkte, wie ihr Mund trocken wurde.
»Bitte, Fräulein Simon«, sagte sie gepreßt, »lassen Sie uns allein!«
»Wie Sie wünschen!«
Die Hotelsekretärin sprang auf und warf mit einer holb trotzigen, halb verächtlichen Bewegung ihre dunkle Haarmähne in den Nacken.
In dieser Sekunde sah Eva die beiden Pflaster, die sie sich über Wangenknochen und Kinn geklebt hatte – aber sie schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit und vergaß sie sofort wieder, als das Mädchen das Zimmer verlassen hatte.
Direktor Presser nahm seine Zigarre aus dem Mund.
»Es sind zehn Wechsel«, sagte er, »jeder lautet über zwanzigtausend. Sie sind korrekt ausgestellt und tragen die Unterschrift Ihres Gatten.«
Prokurist Klein hatte die Wechsel wie einen Fächer ausgebreitet, den er Eva zeigte, ohne ihn aus der Hand zu lassen.
»Aber«, wandte sie ein, »die Wechsel tragen kein Fälligkeitsdatum.«
»Richtig«, erklärte Direktor Presser. »Das Datum werden wir jetzt in Ihrer Gegenwart einsetzen. Sie werden zahlen … oder wir werden sie zu Protest gehen lassen.«
Ohne es zu merken hatte Eva die Hände im Schoß verkrampft. Sie war totenblaß geworden. Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, starrte sie dem Unglück entgegen, das unaufhaltsam wie eine Lawine auf sie zurollte.
»Aber … ich verstehe nicht …« stammelte sie, nur von dem einzigen Wunsch beseelt, Zeit zu gewinnen. »Wie konnte mein Mann … warum hat er denn …«
»Er brauchte Geld, um das Schwimmbad zu bauen«, erklärte Prokurist Klein nüchtern.
Eva war viel zu bestürzt, um zu merken, daß er einen raschen Blick des Einverständnisses mit Direktor Presser wechselte.
»Aber … warum ausgerechnet Wechsel! Und solche Wechsel! Hätte er nicht eine Hypothek …«
Direktor Presser schnitt ihr das Wort ab.
»Nein«, sagte er, »das Hotel ist mit Hypotheken schon überlastet. Nur durch ein Wechselgeschäft konnte er das nötige Geld auftreiben.«
»Ich verstehe nicht«, erwiderte Eva, »trotz allem, was Sie mir sagen … ich verstehe das Ganze überhaupt nicht! Vor drei Jahren, als wir heirateten, habe ich doch eine nicht unbedeutende Summe in das Hotel gesteckt …«
»Stimmt«, antwortete Direktor Presser trocken. »Mit diesem Geld sind Sie als Teilhaberin und mitverantwortliche Gesellschafterin eingestiegen.«
»Ich habe mich nie darum gekümmert«, sagte Eva schwach, »mein Vormund hat diese Verträge gemacht, ich habe nur unterschrieben. Aber dieses Geld, wo ist es denn geblieben?«
»Sie dürfen nicht denken, daß Ihr Gatte verantwortungslos oder leichtfertig gehandelt hat, gnädige Frau«, sagte Prokurist Klein rasch. »Ein Hotel zu besitzen ist heutzutage eine kostspielige und riskante Angelegenheit. Unsummen werden jährlich allein dadurch verschlungen, daß man es immer im allerbesten Zustand halten muß. Herr Horster hat mit dem Geld, das Sie in die Ehe gebracht haben, längst fällig gewordene Renovierungen durchführen lassen. Die Halle ist umgestaltet worden, die Bäder wurden neu installiert, um sie auf einen Stand zu bringen, wie sie vor allem der amerikanische Gast unbedingt erwartet.«
»Aber das Schwimmbad«, rief Eva Horster, »warum mußte er es bauen, wenn er sich das Geld nur unter solchen …« sie schluckte, »solchen Bedingungen verschaffen konnte?«
Direktor Presser zuckte die Schultern.
»Das war eine Spekulation. Wahrscheinlich plante er, die Zimmerpreise erheblich hinaufzusetzen, sobald das Becken erst fertig war. Er hätte das Haus auch dann noch voll bekommen und mindestens die Hälfte der Wechsel bis zum Herbst auslösen, die anderen verlängern lassen können. Niemand rechnet schließlich damit, daß ihm ein Unfall zustößt.«
»Ach so«, sagte Eva, »Sie sind also nur deshalb … weil mein Mann verunglückt ist … deshalb sind Sie gekommen!«
»Selbstverständlich!« sagte Direktor Presser und zog an seiner Zigarre. »Verstehen Sie uns richtig … wir sind aus Sorge um unser Geld und um das Hotel hier.«
»Mein Mann wird nicht sterben, wenn Sie das glauben«, sagte Eva verzweifelt. »Er hat die Operation gut überstanden und –«
» – wird Monate brauchen, bis er wieder auf den Beinen ist«, fiel ihr Direktor Presser ins Wort. »Sie brauchen uns nichts vorzumachen, gnädige Frau, wir sind orientiert. Wir haben unsere Späher.«
Eva schwieg; sie fühlte die Blicke der beiden Männer auf sich gerichtet.
»Und wenn ich die Wechsel nun auslöse?« sagte sie endlich.
»Das können Sie nicht.«
»Was werden Sie also tun?«
»Gnädige Frau«, sagte der Prokurist, »ich fürchte, dies Gespräch ist ganz schief gelaufen. Wir wollen Sie ja weder bedrohen noch bedrängen, nicht wahr, Hugo?«
Zum erstenmal nannte er seinen Vorgesetzten beim Vornamen, und der nickte so heftig, daß die Asche seiner Zigarre auf den Teppich fiel.
»Wir sind gekommen, um Ihnen einen sehr kulanten Vorschlag zu machen. Die Lage ist doch folgende: Ihr Gatte fällt die ganze Saison über arbeitsmäßig aus, Sie selber verstehen nichts vom Geschäft … das soll kein Vorwurf sein, sondern nur eine Feststellung. Um Sie aus dieser Klemme zu bringen … und natürlich, um unser Geld zu retten … haben wir beschlossen, das Hotel in eigener Regie zu übernehmen. Damit sind Sie aus jeder Verantwortung heraus.«
»Natürlich hat das Hotel mit dem Grundstück einen Wert, der nicht vollständig von den Hypotheken und den Wechseln abgedeckt ist«, sagte det Dicke. »Sobald wir eine Bestandsaufnahme gemacht haben, werden wir sehen, was Ihnen bleibt. Sie bekommen das Geld entweder ausbezahlt und können eine kleine Pension damit beginnen …«
»… oder«, ergänzte der Prokurist, »Sie lassen es im Hotel stehen und bekommen monatlich Zinsen und Dividenden ausbezahlt, bestimmt soviel, daß Sie mit den Kindern sorglos davon leben können …«
»Wenn Sie Wert darauf legen«, sagte der Dicke, »werden wir in dem Kaufvertrag ausdrücklich festlegen, daß Ihr Gatte weiter als Geschäftsführer arbeitet, sobald er wieder ganz in Ordnung ist …«
Sie sahen Eva Horster erwartungsvoll an.
»Und wenn ich nicht einwillige?« fragte sie.
»Dann müssen Sie die Wechsel einlösen … oder wir lassen sie zu Protest gehen«, erklärte der Prokurist.
»Sag doch so was nicht«, widersprach Direktor Presser mit gespielter Gutmütigkeit, »dazu wird es die gnädige Frau doch nicht kommen lassen … das würde ja bedeuten, daß das Hotel versteigert wird, und was dabei heraus kommt … o Gott!«
»Danke«, sagte Eva und stand auf, »ich danke Ihnen, meine Herren, daß Sie sofort zu mir gekommen sind!«
Die beiden wechselten einen erstaunten Blick.
»Soll das heißen …?« fragte Prokurist Klein.
»Ja. Bevor ich in dieser Angelegenheit irgend etwas entscheiden kann, muß ich Rücksprache mit meinem Mann nehmen.«
»Aber warum wollen Sie Ihren Gatten mit diesen Dingen beunruhigen?« fragte der Dicke. »Aus Ihrem Gesellschaftervertrag geht klipp und klar hervor, daß Sie allein genau so zeichnungsberechtigt sind wie Ihr Mann!«
»Das glaube ich Ihnen«, sagte Eva gefaßt, »aber ich möchte trotzdem …«
»Setz die Daten ein, Fritz«, sagte der Dicke, »los, setz die Daten ein …«
Der Prokurist warf Eva einen Blick zu, mit dem er wohl andeuten wollte, wie sehr er selber diesen Ausgang des Gesprächs bedauerte, der aber auf sie wie die reinste Heuchelei wirkte. Dann öffnete er seine Mappe, zog die Wechsel wieder heraus und begann flink zu schreiben.
»Das bedeutet für Sie«, sagte der Dicke kalt, »daß Sie das Geld innerhalb von drei Tagen bezahlen müssen. Aber wir sind keine Unmenschen. Sollten Sie zu der Einsicht kommen, daß es so nicht geht … unser Angebot bleibt für Sie offen.«
Schweigend öffnete Eva die Tür und ließ die beiden Herren hinaus.
Genau zehn Minuten hielt Lona Simon es aus. Dann konnte sie ihre Neugier nicht länger bezwingen. Sie klopfte sacht an die Tür des Chefbüros und trat ein.
Eva Horster saß hinter dem schweren antiken Schreibtisch ihres Mannes, eine zarte, verloren wirkende Gestalt.
Aber Lona Simon empfand kein Mitleid, sondern nur ein Gefühl des Triumphes, das sie nicht unterdrücken konnte, obwohl sie wußte, wie töricht es war. Der Niedergang des Grandhotels Horster würde auch für sie das Ende seiner sorglosen Zeit bedeuten, den Verlust eines reichen und großzügigen Geliebten.
Wir sitzen im gleichen Boot, dachte sie, ich muß mich zusammennehmen! – Laut sagte sie: »Darf ich aufräumen?«
Eva hatte ihr nicht einmal das Gesicht zugewandt.
»Ja, bitte«, sagte sie gedankenabwesend.
Die Hotelsekretärin stellte die Cognacflasche an ihren Platz in den Wandschrank, trug Gläser und Aschenbecher in den anliegenden Waschraum, leerte und reinigte sie, räumte sie fort.
Dann trat sie dicht vor den Schreibtisch.
»Brauchen Sie mich noch?«
»Nein«, sagte Eva in dem gleichen gedankenverlorenen Ton.
Aber Lona Simon ging nicht. So einfach konnte sie nicht gehen.
»Ich fürchte, Sie haben die Sache ganz falsch angepackt«, sagte sie.
Jetzt endlich wandte Eva ihr den Blick zu, einen so völlig verstörten und verzweifelten Blick, daß er jeden anderen bestimmt tief gerührt hätte.
»Was soll das heißen?« fragte sie.
»Sie hätten den Herren um den Bart gehen müssen«, erklärte die Hotelsekretärin. »Solchen Leuten muß man schmeicheln. Sie waren in bester Stimmung, bis Sie hereinkamen … aber dann war es natürlich aus.«
Eva entging nicht die Unverschämtheit dieser Belehrung, aber sie brachte im Augenblick nicht die Kraft auf, das Mädchen zurechtzuweisen.
»Was ist dieser Direktor Presser für ein Mann?« fragte sie.
»Ein Halsabschneider«, erklärte Lona unumwunden. »Er hat sein Vermögen mit dunklen Geschäften gemacht, immer hart am Rande der Gesetze. Er ist ein Typ, der über Leichen geht … und sein Kumpan, der agile Fritz Klein, ist nicht um einen Deut besser.«
»Warum«, fragte Eva, »hat mein Mann ausgerechnet mit solchen Leuten Geschäfte gemacht?«
Lona Simon lachte auf.
»Das ist eine Frage! Weil er nirgendwo anders das nötige Kleingeld bekommen konnte. Aber ihm machte das nichts aus. Er konnte mit denen umspringen … das hätten Sie sehen sollen … ihm gegenüber hätten sie niemals gewagt so aufzutreten.«
Unaufgefordert zog sie sich einen Stuhl heran und setzte sich.
»Solche Typen«, sagte sie, »leiden unter scheußlichen Minderwertigkeitskomplexen. Sie wissen ja selber sehr gut, daß sie nichts taugen und daß kein anständiger Mensch sie anerkennen wird. Trotz ihrer Millionen. Man muß ihnen bloß schmeicheln, dann kann man sie um den Finger wickeln.«
»Offensichtlich war ich nicht sehr geschickt«, gab Eva zu.
»Nein. Ganz und gar nicht«, bestätigte Lona Simon.
Eva schwieg.
»Was werden Sie jetzt tun?« fragte die Sekretärin.
»Ich weiß es noch nicht.«
»Sie können das Geld nicht anderswo auftreiben«, erklärte Lona Simon, »selbst Urban …« sie stockte und fügte rasch hinzu: »Horster wäre das nicht gelungen. Aber jetzt, wo er ausgeschaltet ist, ist es völlig aussichtslos.«
Eva hatte den kleinen Versprecher nicht einmal bemerkt.
Sie stand auf, mußte sich für eine Sekunde an der Schreibtischkante festhalten, weil sie spürte, daß ihre Knie nachgaben.
»Ich denke, Sie können die laufenden Arbeiten selbständig erledigen«, sagte sie, »ich werde jetzt zu meinem Mann fahren.«
Als Eva die Garage am Haus aufschloß, um ihren kleinen Wagen herauszuholen, kam Alice, ein gutmütiges älteres Mädchen, gerade vom Spaziergang zurück. Sie schob den Kinderwagen mit der kleinen Babsy vor sich her, und die Kleine jauchzte auf und streckte ihre Ärmchen der Mutter entgegen.
In diesem Augenblick war es Eva, als wiche ein Albdruck von ihrer Seele. Sie nahm das Kind aus dem Wagen, hob es hoch in die Luft und drückte es an ihr Herz.
Eine heiße Welle von Freude durchströmte sie. War dieses Kind, ihr Mann, ihre Liebe, ihre kleine Familie nicht viel wichtiger als alle geschäftlichen Sorgen? Was bedeutete ihr schon das Hotel? Nichts, gar nichts. Es war ja völlig bedeutungslos, ob sie es aufgeben mußten oder nicht – diese unerwartete Entwicklung der Dinge war vielleicht ein Geschenk des Himmels.
Vom Beginn ihrer Ehe an hatte das Hotel immer zwischen ihr und ihrem Mann gestanden. Jetzt begriff sie, daß er seit Jahren unter dem Druck übergroßer finanzieller Belastungen gelebt hatte. War das Hotel erst verloren, würden sie einen ganz neuen Anfang machen können. Vielleicht würden sie wirklich zusammen eine kleine Pension aufbauen, vielleicht würde sich Urban auch eine Stellung suchen müssen. Sobald er erst gesund war, würde er überall Arbeit finden – es gab ja überhaupt nur eine einzige Sache, die im Augenblick wirklich wichtig war: daß er wieder gesund wurde.
Evas Hochgefühl hielt an, bis sie das Krankenhaus betrat. Es steigerte sich noch, als der junge Dr. Krüger ihr sagte, daß der Patient eine ruhige Nacht verbracht hatte.
»Sie dürfen ihn fünf Minuten sprechen«, mahnte er, »länger nicht. Daß ihm jede Aufregung schaden würde, brauche ich Ihnen wohl nicht ausdrücklich zu sagen.«
»Natürlich nicht«, sagte Eva rasch und begriff selber nicht, wie sie auch nur für eine Sekunde die Idee hätte erwägen können, mit dem Schwerkranken über die Zukunft des Hotels zu sprechen.
»Leider sieht es so aus, als ob seine Wirbelsäule tatsächlich auch etwas abbekommen hätte«, berichtete Dr. Krüger. »Aber das besagt nicht, daß das Rückenmark geschädigt ist. Außerdem … Professor Meyer ist eine Kapazität auf diesem Gebiet. Wenn alles gut geht, werden wir den Patienten in etwa einer Woche nach Freiburg überführen lassen können und der Professor wird ihn schon wieder auf die Beine bringen.«
»Wichtig ist nur, daß er lebt und wieder zu uns zurückkommt«, sagte Eva mit fester Stimme, »und wenn er sein ganzes Leben im Rollstuhl sitzen müßte …«
Der junge Arzt sah sie an, Bewunderung und Mitleid im Blick. Er hätte einiges darauf sagen können, denn er wußte, was für eine furchtbare Belastung ein gelähmter Mensch für sich selber und seine Familie bedeuten kann. Aber er zog es vor zu schweigen.
»Wichtig ist nur, daß man beisammen ist«, sagte Eva.
»Sie haben sicher recht«, bestätigte Dr. Krüger, aber es klang nicht sehr überzeugt.
Er öffnete die Krankenzimmertür und trat hinter ihr ein.
»Hallo, Herr Horster«, sagte er fröhlich, »Sie haben Besuch! Ich bringe Ihnen Ihre Frau!«
Urbans Kopf war noch völlig eingebunden, auch die Augen waren von dicken Verbänden bedeckt. Bei den Worten des Arztes bewegte er stumm die Lippen und die linke Hand.
Eva war mit zwei Schritten bei ihm, ergriff seine Hand und zog sie an die Lippen.
»Urban«, sagte sie, »Geliebter …«
»Eva«, murmelte er schwach.
»Der Herr Doktor sagt, er ist sehr zufrieden mit dir«, erzählte Eva.
»Das stimmt«, bestätigte Dr. Krüger, »in zwei Tagen kommt der Augenverband herunter. Dann wird auch die Schwellung zurückgegangen sein, und Sie können wieder sehen.«
»Belügt ihr mich auch nicht?«
»Aber nein«, sagte Eva rasch, »was sollte das denn für einen Zweck haben? Professor Meyer hat mir auch gesagt, daß du wieder sehen wirst.«
»Ich … was ist mit meinen Beinen los? Ich kann sie … gar nicht … bewegen!«
Eva warf einen hilfeflehenden Blick zu Dr. Krüger.
»Das hängt mit Ihrer Kopfverletzung zusammen«, erklärte der Arzt, »das ist eine Nachwirkung des Schocks. Aber auch das werden wir wieder in Ordnung bringen.«
»Ich habe Angst …« sagte Urban Horster kaum hörbar.
»Aber das brauchst du nicht, wirklich nicht«, versicherte Eva mit fester Stimme. »Du bist in guten Händen … in den allerbesten, glaube mir.«
»Ich habe Angst, daß ich … ein Krüppel bleiben werde!«
»Nein. Das ist nicht wahr. An so etwas darfst du gar nicht denken! Die Ärzte sind sicher, daß du wieder gesund werden wirst, und ich bin es auch!«
»Hätte ich doch nur nicht …«
Dr. Krüger machte Eva über den Kopf des Patienten ein Zeichen, und sie verstand sofort.
»Den Kindern geht es gut«, sagte sie munter, »allen dreien. Ich habe ihnen natürlich nichts von deinem Unfall erzählt, um sie nicht zu beunruhigen. Sie wissen nur, daß du verreist bist. Wenn es dir wieder besser geht, werde ich sie mitbringen.«
»Das Hotel«, sagte Urban Horster, »du mußt dich um das Hotel kümmern.«
»Natürlich«, versprach sie, »das werde ich auch.«
Sie zwang sich zu einem kleinen Lachen.
»Du weißt, ich bin gar nicht so dumm, wie ich aussehe … und du hast tüchtige Mitarbeiter. Die paar Wochen, die du noch im Krankenhaus bleiben mußt, werden wir schon allein fertig werden.«
»Die Presser-Bank …«
Sie fiel ihm ins Wort.
»Ich weiß Bescheid. Es ist alles in Ordnung. Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen.«
»Du darfst dir das Hotel nicht abknöpfen lassen, hörst du? Du darfst nicht …«
Urban Horster machte eine vergebliche Anstrengung, sich aufzurichten.
»Aber nein«, versicherte Eva hastig, »natürlich nicht! Die Herren waren sehr verständnisvoll. Sie … sie haben mir versprochen, mit ihren Forderungen bis zum Herbst zu warten!«
»Jetzt aber Schluß!« erklärte Dr. Krüger energisch. »Hör sich einer so etwas an! Gestern schon mit einem Fuß im Himmel, und heute wieder mitten drin in den Geschäften. Sie haben eine sehr tüchtige kleine Frau, Herr Horster, sie wird schon ohne Sie fertig werden. Wir Männer sind absolut nicht so unentbehrlich, wie wir gern glauben.«
Er nickte Eva zu.
»Sagen Sie Ihrem Gatten rasch Lebewohl! Wenn er ein braver Junge ist, dürfen Sie morgen wieder kommen!«
Eva drückte noch einmal die kraftlose Hand ihres Mannes und gab ihm einen zarten Kuß auf die spröden Lippen. Dann stand sie auf und verließ, von Dr. Krüger begleitet, das Zimmer.
Auf dem Gang blieb sie stehen.
»Herr Doktor«, sagte sie, »ich werde morgen und übermorgen wahrscheinlich nicht kommen können …«
Zu ihrer Erleichterung stellte er keine Fragen.
»Das macht gar nichts. Besuche tun den Patienten nur halb so gut, wie die meisten Angehörigen glauben. Wir werden ihm einfach sagen, daß Sie die nächsten Tage nicht kommen dürfen, weil er sich zu sehr für seine Geschäfte interessiert. Das wird ihm wahrscheinlich eine Lehre sein.«
»Ja«, sagte Eva, »ja! Ich danke Ihnen, Herr Doktor!«
Sie reichte ihm die Hand, und er hielt sie länger fest, als nötig gewesen wäre.
»Haben Sie Sorgen?« fragte er.
Sie hob mit einer stolzen, entschlossenen Bewegung den Kopf.
»Ich werde damit fertig werden!«
Eva hatte begriffen, daß es für sie nur einen einzigen Weg gab, wenn sie das Leben ihres Mannes und ihre Liebe retten wollte: Sie mußte das Geld auftreiben, um die Wechsel einzulösen.
All ihre Vorstellungen von einem kleinen privaten Glück waren Illusionen gewesen. Seit drei Generationen war das Grandhotel Horster im Besitz der Familie. Seinen Verlust hätte Urban Horster nur schwer überlebt, bestimmt aber hätte er ihn ihr nie verziehen. Sie mußte das Werk seiner Väter für ihn erhalten, um jeden Preis.
Es gab einen einzigen Menschen, an den sie sich um Hilfe wenden konnte: den Rechtsanwalt Konrad Kilius, ihren Jugendfreund. Er hatte sie sehr geliebt, und bevor Urban Horster in ihr Leben getreten war, hatte sie selbst geglaubt, einmal seine Frau zu werden. Ihre Absage hatte ihn schwer getroffen. Sie wußte, wie sehr sie ihm damals weh getan hatte, und niemals wäre sie auf den Gedanken gekommen, wieder eine Verbindung mit ihm aufzunehmen oder ihn gar um Hilfe zu bitten, wenn sie nicht in diese äußerste Notlage geraten wäre.
Selbst wenn ihr Vormund noch gelebt hätte, würde sie sich eher an diesen starrköpfigen alten Herrn gewandt haben, als an den Freund aus vergangenen Tagen. Auch das wäre ein Weg nach Canossa gewesen, aber sie hätte ihn nicht als so demütigend empfunden.
Evas Vormund hatte Urban Horster von Anfang an abgelehnt, hatte ihn für einen bedenkenlosen Mitgiftjäger gehalten, und erst als Eva mündig war und selber über ihr Leben und das ererbte Vermögen ihrer Eltern bestimmen konnte, hatte er endlich nachgegeben. Aber es war nie mehr zu einer Versöhnung gekommen.
Jetzt, da Eva begriff, wie sehr ihr Mann Geld gebraucht hatte, erfüllte es ihr Herz mit doppeltem Stolz, daß er ihr niemals geraten hatte, den Vormund auszusöhnen. Dabei wäre es dem reichen alten Mann ein leichtes gewesen, ihnen zu helfen, wenn er nur wollte. Er hätte sie auch bestimmt in seinem Testament bedacht, wenn nicht – aber es war unsinnig, sich jetzt noch Gedanken darüber zu machen. Der Vormund war vor einem halben Jahr gestorben.
Es blieb nur noch ein einziger Mensch: Konrad Kilius.
Eva kehrte nicht in ihr Haus zurück, weil sie fürchtete, dort der Kinder wegen vielleicht nicht ungestört sprechen zu können. Sie fuhr vor dem Hotel vor, gab einem der Hausdiener die Autoschlüssel und bat ihn, den Wagen zur nächsten Tankstelle zu bringen, fahrbereit machen zu lassen und ihn vor ihr Haus zu stellen.
Dann durchschritt sie – diesmal ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, ob man sie beobachtete oder nicht – die Hotelhalle und trat in das Chefbüro. Sie setzte sich hinter den Schreibtisch ihres Mannes, nahm den Hörer des Haustelefons ab, wählte die Nummer des Vorzimmers.
Die Hotelsekretärin meldete sich.
»Bitte, Fräulein Simon«, sagte sie, »verbinden Sie mich mit Rechtsanwalt Konrad Kilius in München … nein, die Nummer habe ich nicht, Sie müssen sie selber feststellen. Ich warte.«
Sie zündete sich eine Zigarette an und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Es war zwei Uhr vorbei. Gegessen hatte sie heute mittag noch nichts, aber sie spürte auch nicht den leisesten Appetit. Sie brauchte nur schnell ein paar Sachen zusammenzupacken und ins Auto zu legen. In gut vier Stunden konnte sie in München sein.
Das Telefon klingelte. Sie nahm den Hörer ab.
Als sie die Stimme von Konrad Kilius hörte – eine sehr männliche gepflegte Stimme, deren Klang sie fast vergessen hatte und die doch nach all den Jahren so vertraut war, als ob sie sie erst gestern zuletzt gehört hätte – gab es ihr einen kleinen Schlag aufs Herz.
»Hallo«, sagte er ungeduldig, und noch einmal: »Hallo …«
Endlich fand sie die Kraft zu antworten.
»Hier spricht Eva«, sagte sie mühsam.
»Eva!« rief er – und das Glück in seiner Stimme trieb ihr das Blut in die Wangen.
»Eva … du?«
»Ja, ich«, antwortete sie und wußte nicht recht, was sie nun sagen sollte.
»Bist du in Schwierigkeiten?«
»Ja …«
Sie räusperte sich, um ihre Stimme frei zu bekommen.
»Ich bin in großen Schwierigkeiten, Konrad. Du bist der einzige Mensch, der mir helfen kann … vielleicht!«
»Was ist? Sprich deutlicher!«
»Nicht jetzt, nicht am Telefon. Ich komme zu dir.«
»Bist du in München?«
»Nein, ich bin noch in Baden-Baden. Aber wenn Du Zeit für mich hast … ich kann nach sechs Uhr bei dir sein.«
»Hast du überhaupt meine neue Adresse? Ich wohne München-Bogenhausen, Holbeinstraße 21 …«
»Ich werde es schon finden. Bis nachher dann!«
»Fahr vorsichtig!« hörte sie ihn noch sagen, als sie schon im Begriff war aufzulegen.
Typisch Konrad, dachte sie, immer war er so besorgt um mich, immer zärtlich, voll Rücksichtnahme. Der ideale Ehemann. Nur daß ich ihn nicht geliebt habe und niemals lieben werde. Mein Gott, warum ist das Leben nur so kompliziert!
Eilig drückte sie ihre Zigarette aus, stand auf und trat ins Vorzimmer.
Lona Simon sah ihr erwartungsvoll entgegen.
»Ich habe das Gespräch bekommen«, sagte Eva, »danke. Bitte, bestellen Sie mir jetzt sofort ein Einzelzimmer im Königshof in München. Mit Bad. Ich bin wahrscheinlich morgen abend wieder zurück, spätestens übermorgen. Wenn etwas Wichtiges sein sollte, können Sie mich im Königshof erreichen.«
Sie ging, ohne eine Antwort abzuwarten.