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ОглавлениеDer Mafia-Don
»Die Menschheit lässt sich grob in zwei Gruppen einteilen: in Katzenliebhaber und in vom Leben Benachteiligte.«
Francesco Petrarca
Sicher haben sie schon mal folgenden Ratschlag gehört: „Wer Mäuse im Haus hat, sollte sich dringend eine Katze anschaffen.“ Selten habe ich einen so falschen Satz gehört! Genau das Gegenteil ist richtig: Wer sich eine Katze anschafft, holt sich dadurch erst Mäuse in eine vorher durch und durch mausfreie Wohnung. Na ja, zumindest bei uns ist das so.
Wahrscheinlich sind wir die einzige Familie auf der Welt, die trotz zweier Katzen im Haus ihren Mäusen mit Mausefallen nachstellt. Ein bisschen deprimierend ist das schon. Dabei hatten wir maustechnisch schon deutlich bessere Zeiten erlebt. Unser Kater Spikey, obwohl ein begeisterter Freigänger vor dem Herrn, hatte sich von Anfang an als hundsmiserabler Mäusefänger erwiesen, der niemals auch nur eine einzige Maus nach Haus brachte. Und Pünktchen, unsere schon etwas betagte Katzenlady, früher eine Mäusefängerin von Rang, war durch ihre Arthrose zu einem mäusefreien Leben in der Wohnung verdammt.
Vor etwa zwei Jahren begann dann das Drama. Spikey brachte auf einmal von heute auf morgen in regelmäßigen Abständen Mäuse mit. Viele Mäuse, und zwar lebende Mäuse bzw. manchmal auch nur „noch ein bisschen lebende Mäuse“. Das Prozedere ist dabei stets gleich: Spikey betritt die Wohnung mit einem Lächeln auf den Lippen und einer Maus quer im Maul. Aber kaum ist die Katzenklappe ins Schloss gefallen, lässt Spikey sein bedauernswertes Opfer wie einen nassen Sack fallen und schlurft gemütlich in die Küche, um sich dort über den Napf mit dem Trockenfutter herzumachen. Das Interesse an der Maus hat er mit einem Schlag völlig verloren. Diese, hoch erfreut darüber, gerade die zweite Chance ihres Lebens erhalten zu haben, flieht dann meist sofort unter den nächsten Schrank, um fortan ein überaus komfortables Leben in unserer Wohnung zu führen – und das über Wochen. Schließlich ist es in unserer Wohnung schön warm und gemütlich. Verstecke gibt es auch genügend, ebenso wie zu fressen in Form von Katzenfutter. Aber was in den Magendarmtrakt eingeführt wird, muss irgendwann auch wieder heraus. Will heißen: Meine Frau findet morgens öfter mal in ihren geliebten und, nebenbei bemerkt, auch sündhaft teuren Designerschuhen, Mäuseknödel vor. Da kommt richtig Freude auf!
Die Mäuse fängt Spikey übrigens nicht selbst, wie wir aus der Nachbarschaft erfahren haben. Nein, diesen Mühen unterzieht sich unser Spikey nicht. Nein, Spikey macht sich nicht die Pfoten schmutzig. Spikey lässt fangen. Nach mehr oder weniger empört aus der Nachbarschaft vorgetragenen Berichten nimmt er einfach den Katzen aus der näheren Umgebung die gefangenen Mäuse weg. Das spricht auf der einen Seite für eine gewisse Intelligenz, weist aber auf der anderen Seite auf ein gerüttelt Maß an krimineller Energie hin. Wir überlegen deshalb immer mal wieder, ob wir Spikey in „Don Corleone“ umtaufen. Offensichtlich gibt es auch unter Katern Mafia-Paten.
Apropos kriminelle Katze. 2013 geriet ein kleinkrimineller Kater namens Findus bundesweit in die Schlagzeilen. Der damals fünfjährige Kater aus Lindau-Revensdorf bei Kiel stibitzte bei seinen nächtlichen Streifzügen durch die Nachbarschaft Socken, Handtücher und Unterwäsche, um sie dann seinen Dosenöffnern mit viel Liebe vor die Haustür zu legen.
Socken statt Mäuse, bei so einem Kater wird sogar das Interesse von Funk und Fernsehen geweckt und Findus mutierte für kurze Zeit zu einem regelrechten Promi. Sogar im ZDF-Jahresrückblick wurde dem diebischen Kater eine kleine Story gewidmet. Auf frischer Tat wurde Findus allerdings nie ertappt. Lediglich eine eindeutige Indizienkette spricht für die kriminellen Aktivitäten des schnurrenden Gauners. Die bestohlenen Nachbarn sehen die Diebstähle eher gelassen. Schließlich bekommen sie das Diebesgut, so es denn zugeordnet werden kann, umgehend wieder zurück.
Die erfolgreichste Mäusefängerin aller Zeiten
Die erfolgreichste Mäusefängerin aller Zeiten war, zumindest wenn man dem berühmten Guinnessbuch der Weltrekorde folgt, eine Schildpattkatze namens „Towser“ (1963 bis 1987), die im Laufe ihres 24-jährigen Lebens die stolze Zahl von 28899 Mäusen erbeutete. Towser war die Hauskatze der schottischen Whiskydestillerie „Glenturret Distillery“ und fand dort, ernährungstechnisch gesehen, geradezu paradiesische Zustände vor:
In Whiskydestillerien gibt es für Katzen stets einen reichlich gedeckten Tisch, da die in der Destillerie gelagerte Gerste Mäuse geradezu magisch anlockt. Stellt sich natürlich die Frage, wer bei 28899 Mäusen eigentlich so exakt mitgezählt hat?
Ganz einfach: Mitarbeiter des Guinnessbuch der Weltrekorde zählten einige Tage lang die Anzahl der von Towser gefangenen Mäuse mit (3,3 Mäuse pro Tag) und rechneten diese Zahl anschließend auf das Lebensalter Towsers hoch. Zum Dank für seine überragenden Fangkünste wurde „Towser the Mouser“ im Besucherzentrum der Destillerie eine Statue aus Bronze errichtet. Ein Denkmal, das übrigens deutlich zeigt, dass es sich bei Towser um eine durchaus wohlgenährte Katze gehandelt hat.