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Konsequente Entscheidung der SPD für die Opposition – Herausforderung für DIE LINKE

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Die noch am Wahlabend verkündete Entscheidung der SPD, ebenso wie nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, nicht erneut für eine Regierungsbildung zur Verfügung stehen, ist angesichts dessen konsequent. Man mag die Frage erörtern, ob eine Partei, die derzeit noch sieben der sechzehn Ministerpräsident/-innen stellt und zweitstärkste Kraft im Deutschen Bundestag ist, sich selbst der Sondierung möglicher Koalitionsverhandlungen entziehen kann oder ob es zu ihrer quasi staatspolitischen Verantwortung gehört, die Übernahme der Regierungsgeschäfte zu prüfen. Dafür spricht, dass das Signal, dass von der SPD ausgesendet wird, denjenigen Vorschub leistet, die für reine Wahrheiten statt Differenzierungen und Kompromisse in der politischen Kontroverse eintreten. Gleichzeitig kann dieses Argument nicht so hoch gewichtet werden, dass eine Partei sich aus staatspolitischen Erwägungen, die nicht in einer Staatskrise begründet liegen, selbst zerstören muss.

Die SPD hat 2005 bis 2009 und seit 2013 in Großen Koalitionen sowohl aus eben dieser staatspolitischen Verantwortung und einem mindestens genauso hohen Anteil Überzeugung, dass der Platz der SPD auf der Regierungsbank sei, weil „Opposition Mist ist“, gewirkt. Ein Regierungsauftrag ist aus dem Ergebnis vom 24. September 2017 für die Parteien der Großen Koalition nicht, wohl aber für ein Vier-Parteien-Bündnis aus den Unions-Schwestern, FDP und Grünen abzuleiten. Angesichts dessen und dem historischen Tiefstand beim Wahlergebnis die Einschätzung zu treffen, dass die SPD sich nicht noch in Sondierungen verzwergen, sondern wenigstens auf Basis eigener Entscheidung in die Opposition geht und von dort die Kanzlerin herausfordert und sich selbst versucht, wieder aufzurichten, ist nachvollziehbar und verständlich. Keine andere Partei hätte in gleicher Situation anders gehandelt.

Die künftige Oppositionsarbeit wird für die SPD möglicherweise eine geringere Herausforderung als für DIE LINKE. Denn angesichts einer SPD-Opposition, die doppelt so groß und einer AfD-Opposition, die ein Drittel stärker als die Linksfraktion im Bundestag ist, sollte man sich genau überlegen, ob die Kraft ausreicht, die künftige Jamaika-Koalition herauszufordern, dem Diskurs gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit der AfD wirksam zu begegnen und gleichzeitig weiterhin die SPD als einen Hauptgegner in der politischen Auseinandersetzung zu verstehen und entsprechend mit ihm zu interagieren. Oder ob man angesichts der Gefahr von rechts Schlussfolgerungen aus der deutschen Geschichte zieht und die Grundlagen gemeinsamer Arbeit dergestalt schafft, dass aus der Opposition heraus soziale Gerechtigkeitspolitik spürbar wird. Dies negiert bestehende Unterschiede zwischen den Parteien keineswegs, sondern plädiert nur dafür, die an anderer Stelle beschriebenen pathologischen Konfliktmuster zu überwinden und dabei – im Übrigen – den rot-rot-grünen Gesprächsfaden auch zu Bündnis 90/Die Grünen nicht abreißen zu lassen - im Gegenteil.

Wahlanalyse 2017

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