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2 Persische „Paradiese“ und ein Weltwunder – Gärten im Orient

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Gärten anzulegen und sie mitunter sogar mit eigener Hand zu bestellen, das ließen sich auch gekrönte Häupter nicht nehmen. Gerade im Orient, wo das Klima die Anlage von Gärten nicht begünstigte, suchte man der Natur besonders prächtige Anlagen abzutrotzen. Das Vorbild waren die Oasen, wo es mitten in der Wüste oft fruchtbare Streifen Land mit genügend Wasser gab, die landwirtschaftlich genutzt werden konnten, wie die Oase Siwa in Ägypten, oder die als Rastplätze an den Karawanenwegen dienten. Durch eine besondere Technik der Wassergewinnung und Speicherung (Qanat), wie sie heute noch etwa in der syrischen Oasenstadt Palmyra zu sehen ist, konnten sich die orientalischen Könige ihre eigene Oase schaffen, einerseits ausgedehnte Parks mit jagdbarem Wild, und andererseits Gärten an ihren Palästen oder Residenzen. Die Griechen bewunderten solche Anlagen und nannten sie nach einem ähnlich klingenden persischen Wort parádeisos: Paradies. So ist der Begriff auch in die griechischsprachigen Bücher der Bibel eingegangen, während in den älteren hebräischen vom Garten Eden die Rede ist.10

Die persischen Könige haben ihre Parádeisoi besonders gepflegt; neben großen Wildparks, die als Jagdreviere genutzt wurden, legten sie auch gerne Baumgärten an. Besonders beliebt war die Platane, wegen ihrer majestätischen Größe und Schönheit, aber auch wegen ihrer Fähigkeit, sich das Wasser aus großer Tiefe zu ziehen. König Xerxes fand auf seinem Feldzug gegen Griechenland in Kleinasien Zeit für eine solche Schönheit am Wege:

An seiner Heerstraße traf Xerxes auf eine Platane, die er um ihrer Schönheit willen mit goldenem Schmuck beschenkte und einem der „Unsterblichen“ [einem Offizier aus seiner Leibgarde] als Wächter anvertraute.11

„Ombra mai fu […] – Nie war der Schatten eines Baumes teurer und lieblicher, oder sanfter,“ singt Xerxes, unter einem Baum, wohl dieser Platane, sitzend, in Händels Oper Xerxes (das berühmte Largo).

GARTENARBEIT ALS FÜRSTLICHES VERGNÜGEN

Wir hören aber auch von einer besonderen königlichen Liebhaberei. Der Perserprinz Kyros der Jüngere empfing eines Tages in Sardes den Spartanerführer Lysander und nahm ihn zum Zeichen seines Wohlwollens mit zu einem Parádeisos, einem eingezäunten Stück Land.

Da standen hoch gewachsene Bäume in Reih und Glied, Blumen dufteten, und das Erdreich war sorgsam gepflegt. Lysander ist voller Bewunderung und lobt Kyros gegenüber den ordentlichen und einfallsreichen Gärtner, den er da habe. Da freut sich Kyros und entgegnet:

„Aber das habe ich doch alles selbst so angelegt und selbst angepflanzt!“ Lysander schaut den Prinzen an, mit seinen Prunkgewändern, die von Gold und Edelsteinen strahlen, und ist skeptisch: „Du hast das alles mit eigener Hand gepflanzt?“ „Ja wahrhaftig, ich versichere dir, ich setze mich niemals zu Tisch, bevor ich mich nicht tüchtig ausgearbeitet habe, entweder bei militärischen Übungen oder bei der Landarbeit.“12

Xenophon erzählt dies sicher mit einiger Wehmut, denn der hochgeborene Gartenfreund ist jener Kyros, mit dem er als Mitglied einer Söldnertruppe auszog, um ihm den Perserthron zu verschaffen, was bekanntlich missglückte. Doch die Geschichte ist so schön, dass sie auch Cicero noch dem alten Cato in den Mund legt, als dieser die Freuden des Landlebens preist. Wenn da ein Prinz sich nicht zu schade war, selbst zu graben und zu pflanzen, sollten sich auch die römischen Senatoren nicht scheuen, auf ihren Landgütern selbst mit anzufassen.

EIN GARTEN ALS „WELTKULTURERBE“

Eine orientalische Gartenanlage gehört sogar zu den sieben Weltwundern: die Hängenden Gärten in Babylon, die der Königin Semiramis zugeschrieben werden, aber eher von König Nebukadnezar II. stammen. Die Königsstadt am Euphrat, das biblische Babel, steht sogar zweimal in der Liste der Weltwunder, und zwar auch mit ihren Mauern, der von Nebukadnezar II. (um 605–562 v. Chr.) riesig ausgebauten Stadtmauer, zu der das berühmte Ischtar-Tor gehört. Südlich davon, zum Euphrat hin, befindet sich der Palast des Nebukadnezar, und hier sollen, auf Tonnengewölben errichtet, die in Stufen ansteigenden bepflanzten Terrassenanlagen gewesen sein, über die es allerhand fantastische Berichte aus der Antike gibt.13 Der griechische Geograf Strabon schreibt:

Zu den Sieben Weltwundern wird sowohl die Mauer von Babylon gezählt als auch der Hängende Garten, der bei viereckiger Gestalt an jeder Seite 4 Plethren misst. Er wird getragen von Gewölben auf Bögen, die einer über dem anderen auf würfelähnlichen Pfeilern ruhen. Die Pfeiler sind hohl und mit Erde gefüllt, […] auch die Bögen sind aus gebrannten Ziegeln und Asphalt ausgeführt. Das oberste Stockwerk hat treppenähnliche Aufstiege und neben denselben liegende Schraubenpumpen‚ mittels derer damit beauftragte Leute unaufhörlich das Wasser aus dem Euphrat in den Garten empor befördern. Der ein Stadion breite Strom fließt nämlich mitten durch die Stadt, und der Garten liegt am Strom.14

Die Technik der Schraubenpumpen, sogenannte Schnecken, wurde freilich erst lange nach Nebukadnezar erfunden. Doch einfachere Systeme wie an einem großen Rad befestigte Schöpfeimer gab es schon bei den Pharaonen. An Sklaven, um diese zu bedienen, fehlte es ja in den orientalischen Reichen nicht. Zu dem Fabulösen bei der Beschreibung der Hängenden Gärten gehört sicher die Zuschreibung an die Königin Semiramis.15 Sie wird in den antiken Berichten noch nicht als Erbauerin genannt. Doch von einer Frau war im Zusammenhang mit den Hängenden Gärten immer schon die Rede: König Nebukadnezar soll diese Gartenanlage seiner Gemahlin zuliebe errichtet haben, die aus Medien stammte und sich nach dem Anblick grüner Gegenden sehnte (gewissermaßen ein Tadsch Mahal zu Lebzeiten).

ALEXANDER IM PARADIES

Geschichtlich bezeugt ist ein parádeisos in Babylon, als ein zum Palast gehörender Park mit Schwimmbecken und Lusthaus: Hier starb Alexander der Große im Juni 323 v. Chr. Als Sieger über Orient und Okzident war er zurückgekehrt nach Babylon,16 das vielleicht die Hauptstadt seines neuen Reiches werden sollte. Hier fanden im Palast Nebukadnezars rauschende Feste statt, und es wurden auch neue kühne Pläne entwickelt. Nach einem ausgedehnten Bankett bekam der König Fieber, das ihn auch an den folgenden Tagen nicht verließ, sondern sich noch steigerte.

Er lässt sich über den Fluss in den Park bringen, in den Parádeisos.17 Dort badet er, schläft und gibt am folgenden Tag seinen Offizieren Befehle. Doch sein Zustand verschlimmert sich immer mehr: Er lässt sich schließlich aus dem Park in den Palast bringen, wo er dann stirbt. Die Legende lässt ihn später im Alexanderroman in märchenhafte Paradiesreiche gelangen. Als Iskander ist er bis heute im Orient lebndig.

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