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3. VIOLENT SOLUTION – „ICH WOLLTE NICHTS ANDERES TUN ALS IN EINER BAND SPIELEN“

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EINE WOCHE VOR dem ersten Gig von VIOLENT SOLUTION verstarb Tomi Rautiainen. Der plötzliche Tod des Freundes traf die Bandkollegen hart. Koivusaari hatte Rautiainen von klein auf gekannt. Sie hatten lange im selben Block gewohnt, bevor die Rautiainens nach Klaukkala zogen.

„Ich hab’ bis heute keine Ahnung, was da eigentlich passiert ist. Tomi war allein zuhause, weil seine Eltern verreist waren. Sein Vater war Jäger, und zuhause lagen Waffen rum. Es kam völlig überraschend. Auch Rautiainen hatte sich voll auf den Auftritt gefreut. Die Sache hat uns ziemlich erschüttert“, sagt Koippari mit leiser Stimme.

Für die mitten im sensiblen Teenageralter steckenden Jungen war es schwierig, den Tod ihres Freundes zu verkraften. Das Geschehene erschien ihnen unfassbar. Rautiainen hatte weder unter Depressionen gelitten noch jemals selbstzerstörerische Gedanken geäußert. Er wurde einfach eines Tages tot zuhause aufgefunden. Leider sollte sein Tod kein Einzelfall bleiben.

„Um die Zeit rum brachten sich fünf Typen aus Martsari vor ihrem 18. Geburtstag um: sprangen vom Dach, erschossen sich, warfen sich vor den Zug oder schluckten Tabletten“, seufzt Koippari. „Das war so eine kranke Mode, völlig sinnlos. Unbegreiflich.“

Auch die Eltern von Rautiainen und Koivusaari kannten sich und sprachen tagelang miteinander über den Tod des einzigen Kindes. Der Auftritt als Vorgruppe von PRESTIGE in Kauniainen wurde abgesagt, und VIOLENT SOLUTIONs Zukunft stand auf Messers Schneide. Die Band beschloss jedoch, auf der Gedenkveranstaltung für Rautiainen im Jugendzentrum von Klaukkala zu spielen. Die Drums übernahm Pete Eklund, der später in einer Plattenfirma und als Videoregisseur Karriere machte. Seine vielseitigen Fills und das phänomenale Tempo, mit dem er das Doppelbasspedal bediente, beeindruckten die anderen, und er wurde auf der Stelle fest engagiert. Gleichzeitig zogen VIOLENT SOLUTION vom Schulproberaum in Martinlaakso in die Garage von Eklunds Eltern nach Klaukkala um.

„Wir blieben oft übers Wochenende in Klaukkala, um Scheren, Tritten und Fäusten zu entgehen. Damals hattest du’s als Langhaariger nicht leicht. Wir probten tagsüber und suchten uns abends draußen ein ungestörtes Plätzchen zum Biertrinken. Eklunds Vater nahm unsere Proben oft auf Video auf. Er konzentrierte sich immer auf Petes megaschnelle Bassdrums“, lacht Koippari.

Der Musikgeschmack der Bandmitglieder wurde schrittweise härter, auch wenn die Entwicklung nicht bei allen gleich schnell verlief. Schon bald buchte man eine eintägige Session im Studio Syke Oy in Nurmijärvi. Das Line-up bestand aus Sänger und Gitarrist Rechberger, Gitarrist und Backgroundsänger Koivusaari, Schlagzeuger Eklund und Bassist Miika Kulinock. Die Band hatte im Voraus beschlossen, welche Songs sie aufnehmen wollte, weswegen sämtliche Killerriffs, die ihnen vor dem Studiotermin noch einfielen, in Spreads Of Insanity integriert wurden. Das Stück wurde schließlich zwölfeinhalb Minuten lang. Das am 03. 09. 1989 aufgenommene und gemischte Demo erhielt den Namen Disorder Of Composure. Das Artwork stammte von Koivusaaris und Rechbergers Nachbarn Mikael „Arkki“ Arnkil, später Drummer von ANTIDOTE und Bassist von IMPALED NAZARENE. Die Kassette wurde vom Rockmagazin Rumba mit Lob bedacht und enthielt vier Songs: Spreads Of Insanity, Disorder Of Composure, Eternal Misantropy und das 8 Sekunden lange Ballad To Ballad.

„Ich hab mal gezählt: das erste Stück hat 28 verschiedene Riffs und keine Passage wiederholt sich“, kommentiert Koivusaari. „Stone kamen gerade groß raus und es herrschte das Gefühl, dass auch aus Finnland coole Sachen kommen können. Wir verfolgten aufmerksam die Demosendung von Klaus Flaming. Er spielte sogar ein Stück von uns. Unsere Klassenkameraden hörten es auch. War schon sehr geil, ins Radio zu kommen. Snoopy war noch nicht mal im Stimmbruch, oder so klingt sein Gesang zumindest.“


VIOLENT SOLUTION mit Freunden backstage vor einem Auftritt, 1989.

Rechberger verstand sich nie als Sänger, obwohl er den Ton halten konnte und einen Sinn für Melodien hatte. Der Job war ihm eher versehentlich zugefallen, weil er seinerzeit unbedingt zusammen mit Koivusaari spielen wollte und bei THE ANIMALS nur der Platz am Mikro frei war. Er beschreibt seinen Vokalstil bei VIOLENT SOLUTION mit Worten wie „Kreisch-Growl-Versuche“ und „Thrash-Gegröle“. Akzentuiert wurden die brutalen Lautäußerungen durch unfreiwillige Kiekser – Begleiterscheinung des Stimmbruchs.

„Unsere Mucke war ziemlich krasser Prog, wenn ich das so sagen darf“, schildert Snoopy. „Wiederholungen gingen gar nicht. Disorder Of Composure hatte noch mehr Riffs als Spreads Of Insanity, über 30. Obwohl wir selber Musik hörten, in der Wiederholungen die Regel waren, kapierten wir nicht, dass ein Songbestandteil ruhig mehrmals vorkommen darf.“

Koivusaaris früheste musikalische Erinnerung besteht darin, wie er zuhause „mit riesigen Kopfhörern“ dem 1976 erschienenen Solodebüt von Freeman lauschte. Der schnauzbärtige Popsänger hatte damals einen Megahit namens Ajetaan tandemilla, der zu Tomis erstem Lieblingslied wurde. 1982 folgte Nuku pommiin von Kojo, das von den finnischen Rocklegenden Jim Pembroke, Juice Leskinen und Otto Donner als Eurovisionsbeitrag geschrieben worden war, allerdings keine Punkte erzielte. Koivusaari nahm das Stück vom Fernseher auf, indem er den Kassettenrekorder vor den Lautsprecher hielt. „Timo Kolli, ein Nachbarsjunge, der später bei TWILIGHT OPHERA Schlagzeug spielte, war damals drei Jahre alt. Er kreischte rum, als ich am Aufnehmen war. Ich fuhr ihn an: ‚Sei still, ich versuch’ aufzunehmen!‘ Das alles war natürlich auf der Kassette zu hören.“

In Tomis Verwandtschaft gab es zahlreiche Musiker, sowohl mütterlicherseits als auch in der Familie seines Vaters Pekka, zu der er allerdings praktisch keinen Kontakt hatte. Seine Mutter Helena hatte eine schöne Stimme und sang gerne. Sie spielte auch Theater und nahm den Sohn oft zu Proben und Aufführungen mit. Tomi konnte die Dialoge der Stücke oft auswendig, da er seiner Mutter beim Üben half.

„Ich kam schon als kleines Kind mit Bühnen und Musik in Kontakt. ABBA, BACCARA, Katri Helena und finnische Schlager liefen bei uns fast pausenlos. Mein biologischer Vater, so hab ich mir sagen lassen, drehte immer seine Lieblingsband URIAH HEEP voll auf, wenn er mit meiner Mutter stritt, als ich im Krabbelalter war. Mein Stiefvater Jukka dagegen hörte hauptsächlich finnische Evergreens wie Olavi Virta und RAUTAVAARA. Später verdiente ich mir ein bisschen Taschengeld damit, ihm die alten Klassiker auf der Gitarre beizubringen. Manchmal jammten wir zusammen, er auf der Ziehharmonika und ich auf der Gitarre. Meine musikalischen Grundlagen erhielt ich zuhause, auch wenn unsere Geschmäcker sehr verschieden waren. Sogar mein Name war vom Musical Tommy inspiriert“, berichtet Koivusaari.

Eine E-Gitarre hielt er erstmals bei seinem Grundschulkameraden Olli-Pekka Ollikainen in der Hand. „Olkka“ war schon damals ein talentierter Gitarrist, und einen Gleichaltrigen Heavy-Klassiker wie Stairway To Heaven spielen zu hören, weckte in Tomi den Wunsch, es selbst zu lernen. Einen zusätzlichen Ansporn lieferten die amerikanischen Schockrocker W.A.S.P. mit ihrem Video I Wanna Be Somebody.

Bei Koivusaaris zeigte der Fernseher nur die drei finnischen Kanäle Yle TV, Yle TV2 und MTV3, die wenig Musik boten. Die Familie war jedoch öfter bei Freunden zu Besuch, die Sky Channel empfingen, einen britischen Kanal, dessen Schwerpunkt auf Musikvideos einschließlich Metal lag. Als Sänger Blackie Lawless mit seinem wilden Outfit aus Spandexhosen, bis zum Gürtel aufgerissenen Hemd, Kreissägengürtel und schwarzgrau gefärbtem Haarschopf auf dem Bildschirm erschien, war es um den Elfjährigen geschehen. Neben dem dramatischen Image packte ihn auch die rotzige, aber eingängige Musik.

I Wanna Be Somebody haute mich um. Tomi Rautiainen stand auf TWISTED SISTER und hatte eine Snaredrum. Ich wollte eine E-Gitarre, weil’s so cool aussah. Bei meinen Großeltern in Kainuu schrammelte ich I Wanna Be Somebody auf der Mandoline. Daraufhin kriegte ich von Oma und Opa 400 Finnmark für eine Gitarre. Fast hätte ich einen Bass gekauft, denn ein älterer Nachbarsjunge wollte seinen loswerden. Blackie spielte ja auf dem ersten Album Bass. Der Typ hat seinen Bass dann aber doch nicht verkauft, also wollte ich wieder eine Gitarre.“

Mit der großelterlichen Spende, etwa 65 Euro in heutiger Währung, betrat Koivusaari den Musikladen Myyrmäen Soitin. Dort arbeitete Jukka Tolonen, einer der Väter des finnischen Progrocks. „Die hier ist voll gut!“, beschwor der international bekannte Gitarrist und drückte dem halbwüchsigen Kunden eine Shiro Sprinter-Stratkopie in die Hand. „Ja, die kann was“, stimmte Koivusaari nach kurzem Testklimpern zu.

Er bezahlte das Instrument und nahm es mit nach Hause. Seine Meinung bezüglich der Qualität der Gitarre schlug schnell ins Gegenteil um, auch wenn die Shiro allemal besser war als die alte Akustikklampfe, auf der er sich bisher versucht hatte. Er brachte sich das Spielen bei, indem er Songs aus dem Gedächtnis nachspielte oder zu Platten jammte. Manchmal schrammelte er einfach, was ihm gerade einfiel. Erst Jahre später lernte Koivusaari die Namen der Akkorde. Nachdem er einigen Jahren in Eigenregie gelernt hatte, beschloss er, Unterricht zu nehmen. Direkt in der ersten Stunde beanstandete der Lehrer die Art, wie Koivusaari das Plektrum hielt. Dieser war jedoch der Meinung, seine Gewohnheit nicht mehr ändern zu können, und mit dem Unterricht war es schnell vorbei.

„Ich halte das Plec wahrscheinlich heute noch völlig verkehrt“, gibt Koivusaari zu. „Mittlerweile merk ich’s selber: Mir tut schnell die Hand weh. Auch meine Spielhaltung ist ziemlich unorthodox.“ Er hatte auch kein Interesse am Üben von Technik, Geschwindigkeit oder Solos und sieht sich nach wie vor nicht als besonders technisch versierten Gitarristen. Stattdessen konzentrierte er sich auf Dinge, die ihm natürlich erschienen und wie von selbst kamen. „Um 1990 rum fing ich an, PINK FLOYD und anderen Siebzigerkram zu hören. Damals machte ich mir zum ersten Mal bewusst, dass die Gitarre auch höhere Saiten hat.“

Im Metalbereich nahm Koivusaaris Geschmack dagegen weiter an Härte zu: er begeisterte sich nunmehr für Death Metal. Gleichzeitig fand er neue Freunde, die ebenfalls auf die neue Richtung abfuhren, obwohl die Szene in Finnland noch mikroskopisch klein war. Die übrigen Mitglieder von VIOLENT SOLUTION konnten mit der bleischweren Gruftmucke nichts anfangen, sondern hielten weiterhin Speed und Trash für die Spitze der Nahrungskette. Koivusaari sagte sich von allen „softeren“ Metalgenres los, wobei auch diese Lichtjahre vom Mainstream entfernt waren.


VIOLENT SOLUTION rocken beim Koivupää Massacre, 1989.

„Damals skateten alle. Auf der Ramp lernte ich ein paar Typen aus Myyrmäki kennen, unter anderem Jussi Ahlroth. Die einzigen Langhaarigen, die in Martinlaakso zu finden waren, waren aus unserer Altersgruppe. Wir hingen zusammen ab und alle standen auf Death Metal. Zuerst entdeckten wir MORBID ANGEL, SEPULTURA und so weiter, aber über Kimmo Heikkinen tat sich ’ne ganz neue Welt auf. Er war ein fanatischer Tapetrader. Kimmo beschaffte Demos, die wir abends zusammen ancheckten. Wir tranken Johannisbeersaft und hörten ASPHYX und sowas. Eines Freitagabends beschlossen wir, eine Band zu gründen. Daraufhin stieg ich dramatisch bei VIOLENT SOLUTION aus.“

Als die Entscheidung getroffen war, griff Koivusaari zum mit zitternden Händen zum Telefonhörer und wählte Rechbergers Nummer. Die Stimme am anderen Ende quittierte die Ankündigung mit kühler Höflichkeit, und die Kameraden sahen sich erst einmal eine Weile nicht. Nach Koivusaaris Ausstieg fehlte VIOLENT SOLUTION ein Gitarrist und Songschreiber. Die Band suchte mit einer Anzeige im Rumba-Magazin Ersatz. Kurz nach Erscheinen des Blattes klingelte bei Rechbergers erneut das Telefon. Die freundliche Stimme gehörte Esa Holopainen aus Haaga – demselben Typen, mit dem zusammen Rechberger zwei Jahre zuvor am Heavy-Kiosk vor Klein-Henkkas Bande geflohen war – und bekundete Interesse an dem Gitarristenjob. Sie verabredeten ein Treffen in Martinlaakso am Wendehammer vor Rechbergers Haus.

„Ich hatte Esa in der Szene gesehen, bevor wir uns kennenlernten. Gleichgesinnte Typen kamen an den gleichen Orten zusammen, am Kiosk im Esplanadi-Park oder bei Metalgigs, und ich kannte ein paar von den Jungs, mit denen er abhing. Als Esa mich besuchen kam, hatte er eine Jackson-Flying V dabei, die er in einem Riesenkoffer mit sich rumschleppte. Ich erinner’ mich heute noch diesen Koffer, so verdammt groß war das Teil. Von Esa ging direkt ein positives Feeling aus. Er war eindeutig happy über die Gelegenheit, wieder in einer Band zu spielen. Ich fand’s auch gut, dass er sich selbst und die ganze Metalgeschichte nicht allzu ernst nahm und einen sehr bodenständigen Humor hatte. Den hat er heute noch. Das war das erste Mal, dass wir bandmäßig miteinander zu tun hatten“, erinnert sich Rechberger.

Die jungen Musiker passten auf Anhieb zusammen: Sie ähnelten sich im Naturell, begeisterten sich für dieselbe Musik und hatten eine gemeinsame Vision für VIOLENT SOLUTION. Holopainens alte Combo ISOLOHKO ging ein, weil sie nie etwas Konkretes zuwege gebracht hatte. Anstatt weiter zu warten und zu hoffen, wollte Esa in eine Band, die eigene Stücke schrieb und zielbewusst voranstrebte. In VIOLENT SOLUTION, die bereits ein Demo aufgenommen hatten, sah er Potential. Da sich Holopainen direkt bei der ersten gemeinsamen Probe nahtlos in die Gruppe einfügte, wurde er ohne Zögern aufgenommen.

„Pete war ein richtiger Schlagzeuger und hatte ein echtes Metal-Kit mit zwei Bassdrums“, erinnert sich Holopainen. „Schon allein das war beeindruckend. Die Proben waren echte Bandproben, bei denen alte Stücke geprobt und neue geschrieben wurden.“ Der Einstieg bei VIOLENT SOLUTION bedeutete einen enormen Boost für Holopainens Motivation und technische Entwicklung. Probe war einmal pro Woche, immer sonntags, aber Esa vertiefte sich auch zuhause intensiv in das neue Material. Der Ehrgeiz war gewaltig: Blamagen auf der Bühne kamen schlicht nicht in Frage. „Wir probten von Anfang an alle Stücke, die VIOLENT SOLUTION damals hatten. Bei denen waren die Riffs meist einfach aneinandergereiht, und nichts wiederholte sich. So ging es auch danach weiter, ohne jegliches Arrangement oder Konzept. Trotzdem hat es mir in meiner Entwicklung sehr geholfen, fertige Stücke zu proben und mich ein wenig in die Köpfe der anderen zu versetzen. Das hatte etwas Magisches.“

Holopainen verbrachte immer mehr Zeit mit Snoopy und der Clique aus Martinlaakso anstatt mit den alten Kameraden aus Haaga. Er lernte auch Koivusaari und dessen neue Kollegen aus der kurz zuvor gegründeten Death-Metal-Band ABHORRENCE kennen. Rechberger und Koivusaari waren sich gegenseitig nie lange böse, denn ihre Freundschaft und der gemeinsame Bekanntenkreis wogen schwerer als gelegentliche Meinungsverschiedenheiten und Bandkrisen. Wie wichtig Freunde und Bandaktivitäten für Rechberger waren, zeigt seine Entscheidung, nach der sechsten Klasse von der finnisch-russischen auf die Schule in Martinlaakso zu wechseln, die von seinen musikalischen Weggefährten besucht wurde.

Holopainen ging später in der Schulwahl sogar noch weiter als Rechberger: Er verließ die gymnasiale Oberstufe von Etelä-Haaga in der vorletzten Klasse und schrieb sich an der Berufsfachschule Myyrmäki für den Studiengang Feinmechanik ein. Auf diese Schule gingen unter anderem Koivusaari, ABHORRENCE-Gitarrist Kalle Mattsson, Ex-ISOLOHKO-Sänger Aba, Bassist Miika Kulinock von VIOLENT SOLUTION sowie Drummer Mikael Arnkil von ANTIDOTE und deren Sänger und Gitarrist Nino Laurenne, später bekannt als Gitarrist von Thunderstone und als Produzent. Esas Eltern waren verständlicherweise schockiert.

„In dem Alter schien alles möglich zu sein und niemand hielt sich mit Zweifeln auf. Ich erinner’ mich noch gut an die Phase, in der ich nichts anderes tun wollte als in einer Band spielen“, reflektiert Esa. „Es gab keine Alternativen und ich konnte mich auf nichts anderes konzentrieren. Alle Gedanken drehten sich um die Musik, und ich hing nur noch mit den anderen Bandmitgliedern zusammen. Uns vereinte die Leidenschaft für die Band und die Musik. Das Gemeinschaftsgefühl war so stark, dass meine sonstigen Kumpels auf der Strecke blieben und alles andere, einschließlich Schule, zur Nebensache wurde. Im Nachhinein betrachtet war das eine gute Sache, denn ich glaube nicht, dass ich heute hier wäre, wenn ich mich damals nicht so ultimativ der Band und der Musik verschrieben hätte.“

Der Gitarrist machte dennoch seinen Abschluss als Feinmechaniker. Dies ist sein einziges Berufszeugnis, wobei er später nie in diesem Fachbereich arbeitete. Die Berufsausbildung war sowohl Esa selbst als auch seinen Eltern wichtig, da es damals in Finnland so gut wie unmöglich war, von Musik zu leben. Obwohl Freunde und Metal seine Freizeit bestimmten, war Esa zuhause nie rebellisch. Auch als Teenager war er ruhig und ausgeglichen und provozierte seine Eltern nicht. Seine Mutter erlebte ihren Sohn ihrer Erinnerung nach nur ein einziges Mal wütend.


Koivusaari in der siebten Klasse: vom Engel zum Dämon.

Von Koivusaari lässt sich dies nicht behaupten. Bei ihm setzte die Pubertät rasant, überraschend und heftig direkt nach der sechsten Klasse ein. Die Schule schmeckte ihm nicht und er schwänzte, wo er konnte. In einem Halbjahr kamen rund zweihundert Fehlstunden zusammen. Entsprechend brach sein Notendurchschnitt in der siebten Klasse ein. „In der siebten und achten Klasse war es am schlimmsten. Meine Mutter sagte mal im Scherz, dass damals der Engel zum Dämon wurde. Ich war bis dahin brav und bin’s heute noch, aber in der Zeit passierte irgendwas. Ich probierte alles, was man in dem Alter so probiert. Fing an zu rauchen, hatte Stress zuhause, knallte die Türen, die Schule ging mir sonstwo vorbei und alles nervte nur noch.“

Auch Martinlaakso, wo jeder jeden kannte, wirkte auf einmal beklemmend. Alle schienen grundsätzlich derselben Meinung zu sein, weil sich das in der Gruppe eben so gehörte. Koivusaari und der künftige ABHORRENCE-Sänger Jukka Kolehmainen hatten als einzige Jungen ihrer Schule lange Haare und waren schon dadurch Außenseiter, die nicht ins Schema passten. Ihr Dresscode war an Finnlands wichtigste Thrash-Metal-Band STONE angelehnt: Turnschuhe, schwarze Jeans und Leder- oder Bomberjacke, darüber eine helle Jeansweste mit Buttons, Aufnähern und selbstgezeichneten Bandlogos. Mit den neunziger Jahren hielten Flanellhemden Einzug.

„Martinlaakso hatte einen ganz eigenen Touch. Ich merkte irgendwann, dass ich anders tickte als der Rest. Der Herdentrieb war mir immer zuwider. Wenn die anderen ihre Mofas paradierten, spielte ich Gitarre. Musik und Bands waren das einzige Mittel dazu, was Eigenes auf die Beine zu stellen. Ich wollte raus aus der ganzen Inzucht“, gesteht Koivusaari. „Was nicht heißen soll, dass es da nicht auch tolle Typen gab. Aus Martsari sind mir viele lebenslange Freundschaften geblieben.“


DIE MITGLIEDER VON VIOLENT SOLUTION ließen sich meist vom Vater von Drummer Eklund nach Klaukkala abholen. Der dortige Proberaum war geräumig und asketisch: Die Einrichtung beschränkte sich weitgehend auf die Instrumente. Man kam, probte und ging wieder. Die Saiten waren in Standardhöhe gestimmt und die Band um kein Image bemüht. Die Mitglieder sahen auf den Promofotos genauso aus wie sonst auch, mit offenen Haaren und im Thrash-Look. Gekünstelte Posen waren in Speed- und Thrash-Kreisen verpönt, es ging schließlich um die Musik.

Mit Esa Holopainen an der Gitarre nahmen VIOLENT SOLUTION zwei Tonträger auf: das Demo Period Of Depression (1990) und die 7”-EP Paralysis/Individual Nightmare (1990). Period Of Depression entstand am 03.–04. 02. 1990 im Studio Syke Oy, der kleinen Klitsche in Nurmijärvi, in der schon das erste Demo Disorder Of Composure fünf Monate zuvor eingespielt worden war. Es waltete dieselbe kosteneffiziente Methode: Die Songs wurden live eingespielt und die Spuren direkt gemischt. Abends verließ die Band das Studio mit der fertigen Kassette in der Hand, die dann zuhause vervielfacht wurde. „Wenn die Aufnahme läuft, bist du einfach nervös. Zu Analogzeiten war das noch ärgerlicher, weil Korrekturen furchtbar umständlich waren. Die erste Session lief meiner Meinung nach überraschend gut. Von Perfektion konnte keine Rede sein, aber es war auch kein Fiasko. Im Gegenteil: Wir waren stolz auf das Tape“, erinnert sich Holopainen.

Für die auf eigene Kosten produzierte EP nahm die Gruppe am 18.–20. 06. 1990 zwei Songs im TTT-Studio des STRATOVARIUS-Gitarristen Timo Tolkki auf. „Timppa“ war ein Bekannter von Eklund und den ANTIDOTE-Mitgliedern Laurenne und Arnkil. Der begabte Gitarrist und Produzent hatte mit seiner damals noch unbekannten Powermetal-Band gerade das erste Album aufgenommen, Fright Night (1989). VIOLENT SOLUTION wussten es zu schätzen, mit einem Metaller zusammenzuarbeiten, der schon einen Plattenvertrag hatte, aber dennoch in denselben Kreisen verkehrte wie sie selbst. Tolkki verwendete ein 16-Spur-Gerät von Fostex, ein Spirit-Folio-Mischpult und zwei Behringer-Kompressoren – kein Top-Equipment, aber professioneller als die Ausstattung von Syke. Die Stücke wurden auch diesmal live eingespielt, mit einigen nachträglichen Gesangskorrekturen. Bassist Kulinock hatte die Band kurz vor den Aufnahmen verlassen, weil sein neues Mofa ihn stärker interessierte, sodass Snoopy im Studio auch den Bass übernahm.

„Die EP-Aufnahmen waren der Höhepunkt der Karriere von VIOLENT SOLUTION“, urteilt Holopainen. „Timppa war ein netter Typ, aber er hatte nicht viel Geduld mit Teenies, die an ihren Stücken feilen wollten. Wenn was nicht so lief, wie er wollte, oder jemand zu spät kam, fing seine Oberlippe an zu zittern. Wutreaktion. Tolkki hat sich damals nicht als Produzent betätigt, er nahm nur auf und mixte, ohne sich in irgendwas einzumischen. Brauchte er auch nicht, denn wir hatten die beiden Stücke, die wir aufnehmen wollten, gründlich geprobt.“ Beim Mix wurde hauptsächlich auf eine angemessene Balance zwischen Instrumenten und Gesang geachtet. Hier und da wurde etwas Echo hinzugefügt. Die gruselige Coverzeichnung stammte von Arnkil, der auch das erste Demo gestaltet hatte. Von der Vinylscheibe wurden 100 Exemplare gepresst. Einige wurden per Post oder in den Underground-Plattenläden Oskun Divari und Diskeri verkauft, den Rest brachten die Bandmitglieder bei Konzerten und anderen Szenetreffen persönlich unters Volk.

Die Stücke waren der damals gängige Mischmasch aus Speed und Thrash, dominiert von Kreischgesang, manisch wechselnden Songbestandteilen, Doppelbass-Eruptionen, obligatorischen Solos und Gitarrenharmonien à la STONE. Kehrverse und Wiederholungen wurden durch überbordenden Spieleifer und eine schier unfassbare Anzahl von Riffs ersetzt.

Beneath The Remains von SEPULTURA war seinerzeit (1989) am stärksten angesagt und sicher unser größter Einfluss“, erinnert sich Holopainen. „Auf STONE standen wir schon seit Jahren. Ich muss in der neunten Klasse gewesen sein, als das Debütalbum von denen rauskam. Das war das Härteste, was je aus Finnland gekommen war. Für Jungs in meinem Alter absolut prägend.“

Gemessen an den Verkaufszahlen wurde der Metalmarkt von den stilbildenden amerikanischen, britischen und deutschen Bands beherrscht, aber in Finnland hatten STONE mindestens ebenso viel Einfluss, wenn nicht sogar noch mehr. Als MEGADETH zur Zeit ihres Bestsellers So Far, So Good, So What (1988) ein Open-Air-Konzert im Hof des Lepakko-Clubs gaben, traten STONE als Anheizer auf – und waren für viele Besucher der eigentliche Hauptact das Abends. Auch Holopainen konnte mit STONEs energischem Rübengeschüttel und chirurgischer Präzision erheblich mehr anfangen als mit den eher zahmen Amerikanern. Es war inspirierend zu sehen, dass es auch im kleinen Finnland möglich war, Metal von internationalem Niveau zu spielen. Vor großem Publikum, ohne falsche Bescheidenheit und volle Kanne.

VIOLENT SOLUTION waren von ähnlichem Ehrgeiz getrieben wie STONE, auch wenn Songs und Können noch nicht vom selben Kaliber waren und die Musiker sich auf der Bühne noch schüchtern hinter ihren Haaren versteckten. Die Gruppe zeigte jedoch vielversprechende Ansätze. Die EP offenbart ein überraschend tightes Zusammenspiel, zumal angesichts der Jugend und Unerfahrenheit der Bandmitglieder. Wie bei der Mehrheit der finnischen Metaldemos jener Zeit klang die Produktion ziemlich dünn, doch der Mix war sauber genug, um die Instrumente voneinander unterscheiden zu können. Getrübt wurde der Stolz auf das Werk durch das allgemeine Verdikt der Hörerschaft: Die Scheibe klang besser, wenn sie anstelle der vorgesehenen 45 mit 33 rpm abgespielt wurde. Bei langsamerem Tempo klangen die Songs brutaler, die Gitarren heavier, die Produktion fetter und das Kreischen mutierte zu bestialischem Grollen.

Weder das Demo noch die EP sorgten in der Szene für größeres Furore. Sie an die finnischen Plattenfirmen zu senden, wäre Portoverschwendung gewesen. Die goldenen Schallplatten jener Tage gingen an einheimische Mainstreamrocker sowie Pop- und Schlagerstars, während Speed und Thrash abgemeldet waren. Von einem ganzen Album war nicht einmal innerhalb der Band die Rede. Das Geld der Musiker reichte gerade mal für einen oder zwei Tage in einem Demostudio; eine größere Produktion auf eigene Kosten kam nicht in Frage. Auftritte gab es genug, aber das Honorar lag bei null.

„Wir kamen noch nicht mal auf die Idee, Geld zu verlangen. Im Gegenteil: Falls uns jemand eine Rechnung über unseren Gig geschickt hätte, hätten wir die sogar bezahlt. Die Shows liefen soweit gut, aber wir haben nie groß darüber diskutiert. Heutzutage verbringen wir von Jahr zu Jahr mehr Zeit damit, unsere Gigs direkt hinterher zu analysieren. Ich vermisse unsere unbeschwerte Jugend: das Publikum war zufrieden und wir auch. Heute perfektionieren wir unseren Sound mit In-Ear-Monitorsystemen und meckern hinterher, weil irgendwas zu laut ist oder rauscht. Irgendwie ist die alte Spontaneität nicht mehr da“, sinnt Esa.

Die Band tourte fleißig in den Jugendzentren der Hauptstadtregion: Suutarila, Herttoniemi, Kauniainen, Munkkiniemi. Die Stars dieser Nachwuchsszene waren Rytmihäiriö, deren damals wie heute unmittelbar von der Boulevardpresse inspirierten Texte sich hauptsächlich um im Rausch begangene Totschlagsdelikte drehen. VIOLENT SOLUTION bemühten sich gezielt um gemeinsame Auftritte. Häufig mit dabei waren auch Koivusaaris ABHORRENCE, die bereits dabei waren, sich in internationalen Tape-Trading-Kreisen einen Namen zu machen.

„Die Jugendclubs hatten ihre eigene Kultur. Die ganze Szene bestand darin, dass wir in den gleichen Zentren spielten und zusammen Spaß hatten. Das Publikum bestand hauptsächlich aus Freunden und den übrigen Bands, also dem kleinen Kreis, der sowas hörte. Dieselben Leute hingen auch im Lepakko rum. Zwischen den Bands herrschte keine Konkurrenz, dazu waren es zu wenige.“

Ein Höhepunkt für VIOLENT SOLUTION war der Auftritt im Vorprogramm von VIRAGO im Jugendzentrum Kauniainen anno 1990. Die Thrasher aus Helsinki hatten gerade erst ein Proberaum- und ein Studiodemo veröffentlicht, aber Drummer Jussi war der Bruder von STONE-Gitarrist Roope Latvala.

„Das war ein Riesending! Vor dem Gig tuschelten wir uns zu, ey guck mal, da ist Roopes Bruder! Die hatten geile Jackson-Gitarren und konnten höllisch gut spielen. War auch ein Haufen Leute da“, erinnert sich Snoopy.

Da VIOLENT SOLUTION keine nennenswerte Fanbasis hatte, war ihr größter Live-Hit der SODOM-Klassiker Remember The Fallen – der einzige Coversong, den die Band je gespielt hatte. Es kam gut an, einen Song im Programm zu haben, den wenigstens ein Teil der Zuhörer kannte. Krönender Abschluss der Bandgeschichte war der Auftritt beim Hardcore Holocaust IV Club im Lepakko als Vorband von TODAY’S WASTE, RYTMIHÄIRIÖ sowie ENTOMBED, die soeben ihr monumentales Debüt Left Hand Path (1990) veröffentlicht hatten.

Beim Lepakko handelte es sich um ein ehemaliges Farbenlager im Helsinkier Stadtteil Ruoholahti. Ab 1967 diente das Gebäude obdachlosen Alkoholikern als Unterkunft, bis die Stadtverwaltung es im Sommer 1979 räumen ließ. Zwei Monate später wurde es von Aktivisten und dem zwecks Förderung der Livemusik gegründeten Verein Elmu besetzt. Ziel der Aktion war die Gründung eines alternativen Rockclubs, und schon bald fanden im labyrinthähnlichen Lepakko sowohl Konzerte statt als auch Theateraufführungen und Workshops. Hinzu kamen Proberäume, ein Studio sowie Zeitschriften- und Buchverlage.

Bis das legendäre Gebäude Ende 1999 dem Neubau einer Versicherungsgesellschaft weichen musste, war es das Mekka der Metalfans. Da es hier im Gegensatz zu den etablierteren Clubs keine Altersbeschränkung gab, kamen auch Jugendliche in den Genuss der regelmäßig stattfindenden Konzerte. Die Gesichter waren die gleichen wie in den Jugendzentren und am Heavy-Kiosk. Hardcore Holocaust war ein Clubkonzept, bei dem ein bekannter Hauptact zusammen mit mehreren kleineren finnischen Vorgruppen auftrat. Im Zuge von Thrashgrößen wie ANTHRAX hatten Headbanging und Stagediving im ansonsten eher für reserviertes Publikumsverhalten bekannten Finnland Einzug gehalten. Die Gigs im Lepakko waren intensiv und wild – hier war Rockmusik noch mit Abenteuer verbunden.

Die Jungs von VIOLENT SOLUTION waren Feuer und Flamme angesichts des kommenden Gigs, waren sie doch bereits Fans von ENTOMBED gewesen, als diese noch NIHILIST hießen. Die Mitglieder beider Bands standen bereits im Vorfeld miteinander in Kontakt und vereinbarten, dass Sänger Lars Göran „LG“ Petrov und Schlagzeuger Nicke Andersson bei Esa übernachten könnten. Dieser wohnte noch bei seinen Eltern; die Familie war kurz zuvor in eine Doppelhaushälfte im Süden das an Haaga angrenzenden Stadtteils Kaarela umgezogen. Die Finnen empfingen ihre schwedischen Kollegen mit großem Hallo am Helsinkier Hauptbahnhof. Man machte sich gegenseitig bekannt, und schon ging es zum Ort des späteren Geschehens, wo auch Koivusaari hinzustieß. Traditionsgemäß war reichlich Alkohol im Spiel, sowohl seitens der Künstler als auch des Publikums. Stark angeheitert war auch Nachwuchs-Rockreporter Nalle Österman, der selbst Schlagzeug spielte und mit den auftretenden Bands befreundetet war.

„Nalle schlief schon vor dem Auftritt von VIOLENT SOLUTION backstage ein. Er war halt so. Auch im Jugendzentrum hatte er immer einen im Tee und zog sich Fastfood rein“, erinnert sich Koivusaari. „Wir fesselten ihn mit Klebeband an seinen Stuhl und befestigten an dem Stuhl auch noch einen Weihnachtsbaum. Wir trauten unseren Augen nicht, als in seiner Konzertkritik im nächsten Rumba stand, dass VIOLENT SOLUTION grottenschlecht waren! Der Kerl war eingepennt und ich hab’ ihn eigenhändig an den Stuhl gefesselt, sodass er den Gig mit Sicherheit nicht gesehen hat.“

Snoopy bestätigt: „Ich sehe noch lebhaft vor mir, wie Nalle da lag, mitsamt dem Stuhl umgefallen. Ich hab’ bei der Fesselaktion selber mitgemacht. Aber sagen wir mal so, wenn ich im Suff eingepennt wär und man mich am Stuhl festgeklebt hätte, hätte ich den Gig auch verrissen. Insofern no hard feelings.“

Koivusaaris Erinnerung an die Rezension ist nicht ganz korrekt, denn Österman gab im Text zu, VIOLENT SOLUTION nicht gesehen zu haben, aber „dem Hörensagen nach habe ich nichts verpasst.“ Hinterher fuhr die ganze Truppe zu den Holopainens nach Hause. Da Esas Eltern daheim waren, wurde nicht mehr groß gefeiert, aber immerhin spielte LG ein bisschen auf dem Klavier.

„Wir fuhren tierisch auf ENTOMBED ab, deswegen war das alles äußerst genial. Die Jungs waren keine Stars, sondern froh darüber, irgendwo privat übernachten und sich das teure Hotel sparen zu können“, berichtet Snoopy. „Die haben mit ihren Gigs damals auch nicht die große Kohle gemacht. Nette Leute im Übrigen. Später waren wir mit denen in Amerika auf Tour, was lustig war, weil wir uns schon ewig kannten.“

Trotz des Eifers von Holopainen, Rechberger und Konsorten schlief VIOLENT SOLUTION schließlich ein, weil die Sache einfach nicht mehr genug Spaß machte. Außerhalb der Musik machte sich eine gewisse Frustration breit und der Geschmack wandelte sich mehr in Richtung Death Metal, wie schon bei Koivusaari ein Jahr zuvor.

„Ich war zuerst voll der Thrash-Fan“, berichtet Holopainen. „Ich hörte KREATOR und NUCLEAR ASSAULT. MORBID ANGELs Altars Of Madness (1989) war vom Stil her ’ne Kombination aus Thrash und Death und übertraf alles bisher Dagewesene. Damit entdeckte ich auch Earache als Label. Kurz danach erschien Symphonies Of Sickness (1989) von CARCASS und haute mich völlig aus den Socken. Auch BOLT THROWERs Realm Of Chaos – Slaves To Darkness (1989) war die absolute Härte – und natürlich Left Hand Path von ENTOMBED. Das waren dermaßen bahnbrechende Neuheiten, dass ich zum Death-Metal-Fan wurde.“

Für Snoopy waren SEPULTURA der Auslöser. Diese spielten zwar Thrash, waren aber von Ansatz und Gesangsstil her deutlich brutaler als NUCLEAR ASSAULT, ANTHRAX, METALLICA & Co. Gleichzeitig fühlte er sich immer mehr zum Schlagzeug hingezogen, und es nervte zusehends, zu den Proben bis nach Klaukkala fahren zu müssen. Kurz: Er sah wenig Sinn darin, bei VIOLENT SOLUTION weiterzumachen.

„Die Sache lag so, dass wir damals auf praktisch alles abfuhren, solange es Death Metal war. Ich hatte ja schon als Kind Schlagzeug gespielt, und das war für mich immer noch das Geilste. Gitarre machte auch Spaß, spiele ich heute noch, aber ich wollte mich mehr auf die Drums konzentrieren. Ich verkaufte Gitarre und Amp, und mein Dad kaufte mir ’n Schlagzeug. Selber hatte ich nicht das Geld dafür. Damit hatte auch die Singerei endlich ein Ende“, kommentiert Snoopy. Thrash und Speed waren somit out, und VIOLENT SOLUTION wurde im Herbst 1990 endgültig begraben. Der Hunger war immer noch da, aber Esa und Snoopy wollten sich mit härteren Waffen verwirklichen. Sie gründeten eine Death-Metal-Band und gaben ihr den Namen AMORPHIS.


Amorphis

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