Читать книгу Sündhaft gesund - Markus Metka - Страница 7
Warum „Anti-Aging der Seele“ wichtig ist
ОглавлениеAls junger Assistenzarzt kam ich in den 1980er-Jahren in den USA erstmals mit der beginnenden Anti-Aging-Bewegung in Kontakt. Ich war fasziniert von den neuen biotechnologischen Möglichkeiten, die gerade diskutiert wurden oder sich bereits in der Entwicklungsphase befanden. Es wurde in der Genetik über das Klonen debattiert oder in der Hormonforschung sogar über die hochriskante Gabe von Wachstumshormonen. Mit welch großem Pioniergeist und auch viel privatem Engagement in den Staaten neue Forschungsfelder bearbeitet und finanziert wurden, hinterließ bei mir bleibende Eindrücke. Als ich dann nach Wien zurückkam, sah ich, dass hierzulande noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten war. Altersprävention und Anti-Aging waren noch kaum ein Thema. Als ausgebildeter Facharzt für Gynäkologie führte ich dann die erste Ambulanz für klimakterische Beschwerden und Osteoporose-Prophylaxe („Wechsel-Ambulanz“) Österreichs an der Wiener Universitätsklinik ein. Die Nachfrage war so groß, dass die Telefonanlage der Klinik zusammenbrach. Gemeinsam mit meinen lieben Kollegen und Freunden, Dr. Tuli Haromi und Professor Dr. Johannes Huber entwickelte ich zudem eine neue Methode, um den Kinderwunsch von Paaren zu verwirklichen, bei denen der Mann nur sehr wenige und qualitativ eingeschränkte Samenzellen produziert. Die „Mikromanipulatorische Spermieninjektion“ zählt heute zu einer der Standardmethoden in Kinderwunsch-Kliniken.
Zugleich begann ich meinen eigenen Weg in der Anti-Aging-Forschung einzuschlagen. Zum einen beschäftigte ich mich als Hormonexperte nun nicht nur mehr mit dem Klimakterium der Frau, sondern auch mit dem männlichen Wechsel. Der Grund dafür lag paradoxerweise in meiner Tätigkeit als Frauenarzt. Viele meiner Patientinnen, die ich erfolgreich behandelt hatte, fragten, ob ich nicht auch ihren Partnern helfen könnte, die sich, um die 50 Jahre alt, oft müde und abgeschlagen fühlten. In dieser Zeit begann ich auch immer mehr zu erkennen, dass es einen deutlichen Zusammenhang gab zwischen Hormonstatus, Ernährung, Bewegung und Umweltproblemen. Diese Lifestyle-Faktoren, heute sagen wir, „epigenetischen“ Faktoren des Alterns, machte ich immer mehr zum Thema meiner medizinischen Tätigkeit. Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, hatte ich aufs richtige Pferd gesetzt. Denn die Forschung zeigt, wie wir noch sehen werden, dass der Lebensstil eine entscheidende Rolle im Alterungsprozess spielt. Ein Aspekt dabei ist aber noch immer unterbelichtet gewesen. Was wir in der Anti-Aging-Medizin bisher noch zu wenig berücksichtigten, war und ist die Wechselwirkung zwischen Psyche und Physis, also die Wechselwirkung zwischen Seele und Körper auf den Alterungsprozess. In diesem Buch will ich mich daher diesem Thema widmen und mich mit dem „Anti-Aging der Seele“ beschäftigen. Damit sollen praktische Mittel und Wege gezeigt werden, um möglichst alt und möglichst gesund alt werden zu können.
Wenn wir uns in Folge mit den sieben Todsünden auseinandersetzen, so hat das keinen religiösen, sondern einen einfachen biologischen Grund. Der Katalog der sieben Tod- oder Wurzelsünden ist im Prinzip nichts anderes als die moralische Bewertung von basalen menschlichen Verhaltensweisen. Genau diese werde ich anhand der Kriterien der Anti-Aging-Medizin bewerten. Dabei wird es zum Teil ähnliche, zum Teil aber auch diametral der Kirchenmoral entgegenstehende Bewertungen für das jeweilige Verhalten im Sinne der Altersprävention geben.
Insgesamt, so möchte ich hier noch einmal zusammenfassen, baut die Anti-Aging-Medizin auf fünf Säulen auf:
→ Ernährung
→ Bewegung
→ Umwelt
→ Hormone
→ Spiritualität (Psychoneuroimmunologie und Soziale Beziehungen)
Auch wenn bei der nun folgenden Analyse der „sieben Todsünden“ die spirituellen Überlegungen der Anti-Aging-Medizin, das „Anti-Aging der Seele“ im Mittelpunkt stehen, werden auch alle anderen Säulen der Anti-Aging-Medizin angesprochen werden. Deshalb beginne ich die Untersuchung der sieben Todsünden auch nicht wie im kirchlichen Kanon mit dem Hochmut, sondern stelle die Völlerei an erste Stelle, da für individuelle Anti-Aging-Therapien die Ernährung einen wesentlichen Einflussfaktor darstellt. Dabei werden wir sehen, dass nicht nur das „Zuviel“, sondern auch das „Zuwenig“ aus Sicht der Altersprävention Lebensjahre kosten und zu einem „Pro-Aging-Faktor“ werden kann. Fress-„Sucht“ und Mager-„Sucht“ zeigen dann bereits den Ansatzpunkt, wo Genuss in Krankheit umschlagen kann.
Bei der Bewertung der „Wollust“, der zweiten „fleischlichen Sünde“, werde ich zu einer eindeutig anderen Bewertung als die Kirche gelangen. Eingehen werde ich aber auch auf die „Pornografie- und Internetsexsucht“, die die WHO jetzt als Krankheitsbild anerkannt hat und dabei die Rolle der stoffungebundenen Süchte beleuchten.
Bei der Todsünde der Trägheit werde ich auf die vielfältigen körperlichen Ursachen hinweisen, die hinter dem Phänomen der Trägheit versteckt sein können und den Wert der Bewegung als Anti-Aging-Faktor hervorheben. Beim Zorn wird gezeigt werden, inwieweit dabei das vegetative Nervensystem, die Dysbalance des aktivierenden Sympathikus’ und des deaktivierenden Parasympathikus’ eine Rolle spielt. Bei Geiz und Habsucht werde ich Phänomene der Angst und des Kontrollverlustes darstellen und diese erläutern, aber auch Phänomene der Schönheit und der Hässlichkeit.
Beim Neid werde ich den Unterschied zwischen „weißem“ und „schwarzem“ Neid analysieren und die enormen sozialen, aber auch individuellen Risiken aufzeigen. Zum Abschluss wird der Hochmut behandelt, der durch die Neigung zur Selbstüberschätzung unter Umständen eine tödliche Gefahr darstellen kann.