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Herausforderungen XXL.

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Es gab im Anfangsstadium auch Dinge, die, zumindest für die Mitarbeiter, nicht so lustig und oft sehr anstrengend waren. Da gefielen manchen Jugendlichen unsere Bistromöbel nicht, und so landeten diese, eine Flugbahn durchs Fenster nehmend, kurzerhand auf der Straße. Auch die „Bistro-Begrünung“ fand einmal diesen Weg aus dem Fenster. Wahrscheinlich hatte einer oder mehrere der Teilnehmer Bedarf gehabt, seinen bzw. ihren Frust auf diese Weise abzubauen. Zu guter Letzt verließ uns dann eines Abends auch unser CD-Player auf demselben Weg. Doch dieser landete nicht auf der harten Straße, sondern butterweich in den Armen eines dankbaren Abnehmers. Wir hatten diesen CD-Player extra für die Jugendlichen angeschafft, damit auch eine kleinere Gruppe die Möglichkeit hatte, in einem Nebenzimmer eigene Musik zu hören. Diese Vorfälle waren für mich immer wieder eine innerliche Zerreißprobe. Inzwischen waren jeden Mittwoch- und Samstagabend vier ehrenamtliche Mitarbeiter bereit, Zeit und Kraft für die Jugendlichen zu investieren – und so wurde dieser Einsatz von den Jugendlichen kommentiert.

Es gab so vielerlei Angebote, die wir Mitarbeiter uns in den Besprechungen überlegt hatten: Gokart fahren, ein Tauch-Schnupperkurs, Klettern, Kochen, Tanzen, Basteln, eine Traktorausfahrt am 1. Mai, ein Technik-Workshop, um nur einige zu nennen. Kam denn gar nichts davon bei den Jugendlichen an?

In dieser Zeit saß ich mal wieder an der Vorbereitung für eine Besprechung. Als ich in meiner Bibel nach einem Text für den Impuls suchte, blieb ich bei Psalm 69 hängen. Hier wurde genau das beschrieben, was ich im Blick auf die Jugendarbeit gerade fühlte. Ich las den Psalm ein weiteres Mal, und plötzlich entdeckte ich mich, wie ich anfing, den Psalm in eigene Worte zu fassen:

Psalm eines Streetworkers

O Gott, hilf mir!

Das Wasser steht mir bis zum Hals.

Ich falle in ein schwarzes Loch ohne Boden.

Der Strudel meiner Aufgaben reißt mich weg – ich bin müde vom ständigen Aufpassen und Zurechtweisen.

Mein Kopf tut weh und meine Kraft schwindet, während ich für dich kämpfe!

Die Jugendlichen, die oft ohne Grund stressen, scheinen manchmal zahlreicher als die Haare auf meinem Kopf, und die, die einfach aus Langeweile Dinge kaputt machen, rauben mir den letzten Nerv.

Obwohl mir dann überhaupt nicht danach ist, soll ich gerade diese Teenies lieben und mich investieren.

Du, o Gott, kennst meinen begrenzten Verstand, und auch meine Schuld ist dir nicht verborgen.

Es soll doch keiner durch mein Verhalten von einem Leben mit dir abgeschreckt oder abgehalten werden.

Ich möchte versuchen, in Freude und Demut vor dir meinen Dienst zu tun.

Der Eifer für dich hat mich ausgezehrt – Geschwister, Nachbarn und Freunde sagen: „Es hat keinen Zweck, was du tust, die Jugendlichen ändern sich nie!“

Ich aber bete zu dir, du großer, allmächtiger Gott, reiß mich heraus aus dem Strudel meiner Gedanken und Nöte, fange du mich auf, wenn ich ins Bodenlose falle.

Lass mich neu Zugang zu dir finden, du Quelle allen Lebens.

Ich will meinen Blick wieder ganz neu auf dich richten Vater, mich in deinen starken Armen bergen und zur Ruhe kommen.

Du kannst mich füllen mit allem, was ich brauche, um meinen Dienst weiter mit Freude und Eifer zu tun!

Danke, Vater, dass ich alles zu dir bringen darf, was mir Not macht, und dass du mich ganz verstehst.

So will ich mich nun in der Gewissheit, dass du mitkämpfst, ja vorangehst, neu getrost auf den Weg ins Bistro machen!

Als ich mit Schreiben fertig war, fühlte ich einen tiefen Frieden in mir. Da war aller Frust gesagt und Gott hatte mir den Raum dazu gegeben. Dieses Erlebnis schenkte mir wieder neu Mut und Freude, meinen Dienst weiter zu tun.

Die folgende Zeit empfand ich nach wie vor sehr durchwachsen und stressig, wir waren in den Augen der Jugendlichen nach wie vor die Aufpasser und Spaßbremsen. Das Ganze gipfelte dann darin, dass sich einige der Jugendlichen mit den Anwohnern des Gemeindehauses anlegten. Es kam zu regelrechten Kraftproben, aber zum Glück nicht zu Handgreiflichkeiten. Hier muss ich anfügen, dass unser Gemeindehaus und damit auch das Bistro unglücklicherweise mitten im Dorf stand. Der Druck der Nachbarn auf unsere Jugendarbeit wurde zusehends größer. Wir sollten die Jugendlichen im Haus halten, damit die Lärmbelästigung aufhörte, das Bistro sollte früher geschlossen werden – und außerdem wäre alles vergebene Liebesmühe, denn bei diesen Jugendlichen sei eh „Hopfen und Malz“ verloren. Das sah ich in der Zwischenzeit überhaupt nicht mehr so. Trotz aller Unwegsamkeiten war es jeder Einzelne dieser Jugendlichen wert, dass wir uns Zeit für ihn nahmen und uns investierten. So versuchte ich immer wieder, zwischen den Parteien zu vermitteln und bei den Nachbarn um Verständnis für die Jugendlichen zu werben.

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