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Kapitel 2:
Grundlagen der Entgeltabrechnung

2.1 Aufgaben der Entgeltabrechnung

Im Rahmen der Entgeltabrechnung fallen eine Vielzahl von Aufgaben an.

Dazu gehören in erster Linie:

 Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft,

 Festlegung des Arbeitslohns unter Beachtung der rechtlichen und vertraglichen Ansprüche,

 Berechnung der Lohn- und Kirchensteuer,

 Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge,

 Berücksichtigung von Nettobe- und -abzügen,

 Führen von Lohnkonten und Lohnjournalen,

 Anmeldung und Abführung der steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Abzüge,

 Meldepflichten in der Sozialversicherung,

 Buchen und Verteilen des Personalaufwands im Rahmen des betrieblichen Rechnungswesens,

 Erstellen von Bescheinigungen und Statistiken,

 Beachtung der Arbeitgeberfürsorgepflichten.

2.2 ‌Arbeitnehmereigenschaft

Vor der Durchführung der Entgeltabrechnungen ist zunächst zu prüfen, ob arbeitsrechtlich ein Arbeits- oder Dienstverhältnis vorliegt oder ob es sich um eine freiberufliche bzw. selbständige Tätigkeit handelt.

Nur für nichtselbständige Arbeitnehmer erstellt der Arbeitgeber die Abrechnungen und ermittelt die gesetzlichen Abzüge. Selbständige und Freiberufler tragen selbst Verantwortung für die korrekte Abführung der Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge.

2.3 ‌Arbeitnehmerbegriff

Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Vorschriften definieren den Arbeitnehmerbegriff. Nach § 1 der Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV) handelt es sich bei Arbeitnehmern um Personen, die aus einem aktiven oder früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Im Unterschied zur Sozialversicherung liegt die Arbeitnehmereigenschaft auch dann vor, wenn aus einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn bezogen wird.

Ein Dienstverhältnis besteht, wenn der Arbeitnehmer weisungsgebunden und in die Organisation des Betriebs eingegliedert ist. Grundsätzlich gibt es eine weitgehende Übereinstimmung zwischen dem steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Ausnahmen bestehen z. B. bei Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH. Steuerrechtlich handelt es sich hierbei um Arbeitnehmer, sozialversicherungsrechtlich im Regelfall nicht.

Folgende Kriterien sprechen für eine Eingliederung des Arbeitnehmers in die Organisation des Betriebs und lassen somit eine nichtselbständige Tätigkeit, also Arbeitnehmereigenschaft, vermuten:

 persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit,

 genau geregelte Arbeitszeiten,

 ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter fester Arbeitsplatz,

 Urlaubsanspruch und Überstundenvergütung,

 Fortzahlung der Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall,

 Einbeziehung in die Sozialleistungen des Betriebs,

 Weisungsgebundenheit.

Mit dem Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze führte der Gesetzgeber zum 01.04.2017 den § 611a BGB ein. Mit diesem wird die gesetzliche Definition des Begriffs „Arbeitnehmer“ zur Abgrenzung von Arbeitsverträgen zu Werkverträgen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergänzt.


Wichtig

Unabhängig von der Bezeichnung liegt ein Arbeitsvertrag vor, wenn sich dies aus der tatsächlichen Durchführung des Vertragsverhältnisses ergibt. Dabei kommt es auf die tatsächliche Bezeichnung im Vertrag nicht an.

Dabei sind die im § 611a BGB genannten Kriterien nicht neu. Die o. g. Aufzählung beinhaltet u. a. auch im neuen Paragrafen genannte Punkte wie z. B. Weisungsgebundenheit, persönliche Abhängigkeit etc.

2.4 Arbeitslohn

Obwohl im allgemeinen Sprachgebrauch die Bezeichnung „Entgelt“ verwendet wird, differenziert das Steuerrecht den Begriff des „Arbeitslohns“.

Das Einkommensteuergesetz definiert in § 8 Abs. 1 EStG in Verbindung mit § 19 Abs. 1 EStG ‌Arbeitslohn als alle Einnahmen, die einem Arbeitnehmer oder seinem Erben aus einem gegenwärtigen oder früheren Dienstverhältnis zufließen. Als Einnahmen zählen nicht nur Geld, sondern auch Sachbezüge und geldwerte Vorteile (z. B. Firmenwagen zur privaten Nutzung, verbilligter Einkauf von Waren und Dienstleistungen).

Leistungen, die der Arbeitgeber im allgemeinen betrieblichen Interesse erbringt, wie beispielsweise die Bereitstellung von Aufenthaltsräumen, gehören dagegen nicht zum Arbeitslohn. Sogenannte ‌Aufmerksamkeiten (z. B. die Bereitstellung von Getränken in Besprechungsräumen, Geschenke im Wert von bis zu 60 € an den Arbeitnehmer aufgrund eines persönlichen Ereignisses) fallen ebenso nicht unter den Arbeitslohnbegriff.

Grundsätzlich unterliegt Arbeitslohn im steuerrechtlichen Sinne der Lohnsteuer. Bestimmte Einnahmen sind jedoch steuerfrei. Dazu zählen z. B. Beitragsleistungen zur betrieblichen Altersversorgung und Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit.

2.5 Arbeitsentgelt

‌Arbeitsentgelt ist ein Begriff aus der Sozialversicherung. Zum Arbeitsentgelt gehören alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.

2.6 ‌Laufende Bezüge und ‌Einmalbezüge

In der Abrechnungspraxis führen die unterschiedlichen Bruttobezüge zum steuerpflichtigen ‌Arbeitslohn und sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt. In EDV-Programmen erfolgt deren Abbildung über sogenannte Lohnarten. Die verschiedenen Bruttobezüge (Lohnarten) unterteilen sich in ‌laufende Bezüge und ‌Einmalbezüge.

Typische ‌laufende Bezüge sind:

 Gehälter,

 Monatslöhne,

 Stundenlöhne,

 vermögenswirksame Leistungen (AG-Anteile),

 Schichtzulagen,

 Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich diese ausschließlich auf Lohnzahlungszeiträume beziehen, die im Kalenderjahr der Zahlung enden,

 Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres, der innerhalb der ersten drei Wochen des Folgejahres zufließt.

Laufende Bezüge werden regelmäßig bezahlt. Die Versteuerung erfolgt über die Tages-, Wochen- oder Monatslohnsteuertabelle.

Als häufige Einmalbezüge kommen vor:

 Weihnachtsvergütungen,

 Urlaubsgelder,

 Umsatzprovisionen,

 Tantiemen,

 Abfindungen.

Einmalbezüge werden nicht monatlich, sondern nur gelegentlich für einen ganz bestimmten Zweck vergütet. Die steuerrechtliche Bezeichnung für solche Einmalbezüge lautet sonstige Bezüge.

Sonstige Bezüge werden generell über die Jahreslohnsteuertabelle versteuert.

2.7 ‌Lohnzahlungszeitraum/‌-Lohnabrechnungszeitraum

Der Lohnzahlungszeitraum ist der Zeitraum, für den ‌Arbeitslohn bzw. Arbeitsentgelt gezahlt wird. Der Lohnabrechnungszeitraum bezieht sich hingegen auf den Zeitraum, für den Arbeitslohn und Arbeitsentgelt abgerechnet werden. In der Praxis stimmen Lohnzahlungszeitraum und Lohnabrechnungszeitraum in aller Regel überein. Üblicherweise werden Löhne und Gehälter pro Kalendermonat bezahlt und abgerechnet.

Leistet der Arbeitgeber für den Lohnabrechnungszeitraum lediglich eine Abschlagszahlung und erfolgt die eigentliche Lohnabrechnung erst später, kann er nach § 39b Abs. 5 EStG den Lohnzahlungszeitraum als Lohnabrechnungszeitraum behandeln und die Lohnsteuer erst bei der Lohnabrechnung einbehalten.


Hinweis

Diese Regelung gilt jedoch nicht, wenn der Lohnabrechnungszeitraum fünf Wochen übersteigt oder die Lohnabrechnung nicht innerhalb von drei Wochen nach dessen Ablauf erfolgt.

2.8 Zufluss- und ‌Entstehungsprinzip

2.8.1 Lohnsteuer

Nach § 38 Abs. 2 EStG entsteht die Lohnsteuerschuld, sobald der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt. Dies ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber den Arbeitslohn an den Arbeitnehmer ausbezahlt und zu dem dieser wirtschaftlich darüber verfügen kann. Bei Überweisung der Löhne und Gehälter erfolgt der Zufluss im Moment der Kontogutschrift.

§ 38a EStG regelt ergänzend dazu, dass laufende Bezüge in dem Kalenderjahr zufließen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. In diesem Sonderfall wird also das eigentliche Zuflussprinzip in der Steuer durchbrochen. Dagegen gelten sonstige Bezüge immer zum Zeitpunkt des Zuflusses als bezogen.


Beispiel 1

Ein Arbeitgeber zahlt monatlich die Löhne und Gehälter aus. Für den Monat Dezember des laufenden Jahres erfolgt die Auszahlung des Arbeitslohns erst im Januar des Folgejahres.

In diesem Fall gilt der Arbeitslohn noch als im Dezember des laufenden Jahres zugeflossen.


Beispiel 2

Werden im obigen Fall Weihnachtsgelder mit ausbezahlt, fließen diese im Januar des neuen Jahres zu und müssen der Januarabrechnung zugeordnet werden. Eine gemeinsame Abrechnung mit den laufenden Bezügen für Dezember wäre nicht möglich. Um dem zu entgehen, sollte man die Dezemberlöhne noch im Dezember überweisen. Dann gelten auch sonstige Bezüge noch im alten Jahr als zugeflossen und können gemeinsam mit den laufenden Bezügen mit der Dezemberabrechnung versteuert werden.

2.8.2 Sozialversicherung

Im Sozialversicherungsrecht galt in der Vergangenheit für die Beitragserhebung sowohl für laufende Bezüge als auch für einmalige Zuwendungen (‌Einmalbezüge) einheitlich das ‌Entstehungsprinzip. § 22 Abs. 1 SGB IV besagt, dass Beiträge dann fällig werden, wenn der Anspruch des Arbeitnehmers auf das Arbeitsentgelt entstanden ist.

Diese Regelung hat zur Konsequenz, dass Beiträge bereits dann anfallen, wenn der Arbeitslohn geschuldet wird. Auf die tatsächliche Auszahlung kommt es nicht an.

Derartig unterschiedliche Regelungen des Steuer- und Sozialversicherungsrechts, nämlich auf der einen Seite das ‌Zuflussprinzip und auf der anderen Seite das ‌Entstehungsprinzip, verursachten regelmäßig Probleme und Unsicherheiten.


Hinweis

Seit dem 01.04.2003 gilt in der Sozialversicherung für Einmalbezüge das Zuflussprinzip. Für laufende Bezüge ist in der Sozialversicherung jedoch weiterhin das Entstehungsprinzip anzuwenden.

Einmaleins der Entgeltabrechnung 2022, ePub

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