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1.8Vor Ort unterwegs in Südamerika
ОглавлениеDie in diesem Buch beschriebenen europäischen Destinationen – Alpen, Skandinavien – sind für die meisten von uns besser erreichbar und kulturell vertrauter als Südamerika. Wer hierhin reist, investiert mehr Zeit und Geld. So ein Fototrip will anders vorbereitet und durchgeführt sein als ein Fotoausflug in die Alpen.
In Chile verbrachte ich insgesamt drei Jahre. In dieser Zeit hatte ich dort mein Zuhause und meinen Lebensmittelpunkt. Chile bietet atemberaubende Landschaften von der Küste bis hin zu den Gletschern in den Anden, von der Atacamawüste im Norden bis hin zur Südspitze bei den Felsnadeln in Patagonien und Feuerland. Die Nachbarländer glänzen mit einer ähnlichen Vielfalt an Landschaften, wie etwa Argentinien, das sich Patagonien mit Chile teilt.
Bevor ich in Chile eine Reise begann, verstaute ich mein Equipment angemessen in meinem 4 × 4. Im Wagen schützten vier dichte Boxen meine Ausrüstung vor Staub. In einer Box befand sich mein Outdoor-Equipment, in der zweiten mein Kameraequipment, in der dritten trockene Lebensmittel und in der vierten Box Kleider. Zusätzlich hatte ich eine Kühlbox dabei, in welcher der Inhalt in der Nacht jeweils stark abkühlte (und tagsüber leider wieder aufwärmte). Die Box mit der Kameraausrüstung beinhaltete unter anderem meinen Kamerarucksack, der – wenn ich ihn gerade nicht verwendete – in einem schwarzen Müllsack steckte. So war das Equipment bei Fahrten auf Schotterpisten ideal vor Staub geschützt. Wer einen schwarzen Müllsack sieht, vermutet darin Abfall und kaum eine teure Kameraausrüstung. Der Müllsack brachte mir also gleich zwei Vorteile: Schutz vor Staub und Schutz vor Dieben.
Der südamerikanische Kontinent ist sicherer als man denkt. Was wir in Zentraleuropa an Vorstellungen über andere Länder und Kontinente haben, insbesondere über Südamerika, stimmt so meist nicht. In den Großstädten ist es bestimmt sinnvoll, auf das Equipment gut acht zu geben. Und meinen Fotorucksack würde ich nie auf dem Beifahrersitz liegen lassen, weder in einer Großstadt noch auf dem Land – auch nicht, wenn ich für nur fünf Minuten in einen Laden gehe, um Brot zu kaufen. Ländliche Gegenden fühlen sich sehr sicher an, besonders in Patagonien. In den drei Jahren, in denen ich in Südamerika gelebt habe, wurde mir nie etwas gestohlen.
Das Wandernetz und die Infrastruktur der Campingplätze und Hütten empfand ich als sehr gut, wobei hier die Meinungen bestimmt auseinandergehen. Großen Luxus sollte man hier nicht erwarten. Wer außerhalb der Schutzgebiete abgeschiedene Berge besteigt, ist mehr oder weniger auf sich alleine gestellt. Aber dafür ist der Abenteuerfaktor meistens noch größer als in den Nationalparks und Naturreservaten.
In den Schutzgebieten parkte ich mein Auto mit einem Teil meines Equipments oftmals tagelang, wenn ich mit meinem Rucksack in den Bergen war und fotografierte. Dass Eintritt bezahlt und eine Schranke am Parkeingang passiert werden muss und dass Parkaufseher dort tätig sind, sorgt für Sicherheit.
Wer die Sprache spricht, dem öffnen sich Tore. In Südamerika interessiert sich kaum jemand für Englisch, außer vielleicht in den wirklich touristischen Gebieten (und selbst dort ist Englisch eine Seltenheit). Spanisch zu sprechen und zu verstehen, sollte also eine Voraussetzung sein. Eine solche Reise bietet einen Anlass, um Spanisch zu lernen.
Wer in Südamerika reist, sollte genügend Zeit einplanen, denn der Kontinent ist unglaublich vielfältig und die Distanzen sind riesig. Generell reise ich nach dem Motto »Weniger ist mehr«. Wer in fünf Wochen eine Südamerikareise unterbringt, muss sich im Klaren darüber sein, dass er in dieser Zeit nur einen winzigen Ausschnitt dessen sieht, was der Kontinent zu bieten hat. Während meiner ersten Südamerikareise verbrachte ich sieben Monate mehr oder weniger ausschließlich in Chile, abgesehen von einigen kurzen Ausflügen in den argentinischen Teil von Patagonien. Nach dieser Reise übersiedelte ich ganz nach Chile.
Um von A nach B zu kommen, gibt es Inlandflüge, Busse und in der Umgebung von Santiago fahren Züge. Trotzdem empfiehlt sich das Reisen mit dem Auto. Als Fotograf möchte man es in der Hand haben, an einer bestimmten Stelle auszusteigen und ein Foto zu machen – oder man schläft auch mal im Auto. Am mobilsten und praktischsten ist also ein (4 × 4) PKW (oder Camper), egal ob gemietet oder gekauft. Bei längeren Reisen ist ein Autokauf um ein Vielfaches günstiger als ein Mietauto, wenn am Ende das Auto wieder verkauft wird.
Eine Prise Geduld sollte man in Südamerika mitbringen. Die Einstellung der Menschen ist eine andere als die, die wir aus Zentraleuropa kennen – vieles wird locker genommen. Grund dafür ist wahrscheinlich, dass vieles nicht ganz nach Plan läuft, und das verlangt Flexibilität. Wenn sich an der Supermarktkasse wieder einmal eine lange Menschenschlange bildet, dann wird das einfach hingenommen, weil man es ohnehin nicht ändern kann. Auf der Carretera Austral wartete ich einmal zwei Tage auf eine zusätzliche Fähre, weil durch den unerwartet hohen Besucherstrom kein Platz mehr auf der ersten war. Gelassenheit hilft – in vielen Situationen.