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Oswin Gäßler fuhr aus dem Schlaf hoch. Mit einem Ruck saß er aufrecht im Bett. Sein Kopf dröhnte. Sein Hemd war schweißgetränkt. Hatte er überhaupt ein Auge zugetan?

Voll Abscheu zuckte er zurück. Schon wieder die hässlichen Fratzen. Dort, am Fußende des Bettes. Sie lachten ihn aus. Gäßler fasste sich an den brummenden Schädel. »Verschwindet!« Die Stimme brach ihm, der Hals war ausgedörrt. Gäßler war übel. Er suchte den Augspross, wollte dies Gelichter vertreiben, aber er merkte, dass er vergessen hatte, ihn aus dem Umhang zu nehmen und unter’s Kopfkissen zu legen.

In seinen Eingeweiden rumorte es. Keinen Morgen vermochte er durchzuschlafen. Ließen die Fratzen ihn in Ruhe, so war es das Geraschel von allerlei Ungeziefer, das ihn in letzter Zeit um den Verstand brachte. Erhob er sich von seinem Strohsack und suchte es zu fassen, verschwand es in dem Augenblick, da er danach schlug. Woher kam all das Krabbelzeug? Es suchte ihn heim, an Schlaf war kaum zu denken, mit noch so viel Bier nicht. Gäßler ließ sich auf sein Lager zurücksinken. Angst saß auf seiner Brust wie ein dicker Kobold. Er wusste, die Fratzen verschwanden, das taten sie jedes Mal. Aber sie kamen auch immer wieder. Gäßler schluckte, seine Kehle schmerzte. Zahn kam ihm in den Sinn. Der hatte ihn noch am Mittag des Georgi zu sich kommen lassen und ihn zur Sau gemacht, weil er nichts von dem Überfall auf Baumann bemerkt hatte. Sollte er etwa an allen Ecken und Enden gleichzeitig sein? Er konnte noch so viel beteuern, der Baumann habe nicht dagelegen, als er am Ortsausgang nach Reilingen war. Zahn wollte davon nichts wissen. »So oder so glaubt niemand, dass du ihn gefunden hättest! Das kommt nicht mehr vor, Gäßler!«

Um den Zentgrafen abzulenken, hatte er ihm von seinen Beobachtungen hinsichtlich der Heilmännin erzählt. Sein Erlebnis drunten am Bachweg hatte er tunlichst verschwiegen. Brauchte der nicht zu wissen. Die Vorladung bei ihm war auch so misslich genug!

Gäßler strich sich durch den Bart. Aber das mit der Heilmännin, das war gut! Das hatte Zahn hellhörig gemacht. Alles, was mit der zu tun hatte, machte den hellhörig, immer noch. Noch immer juckte sie den Zahn wie ein ganzer Sack Flöhe, er war ja nicht so blöd, das nicht zu merken. Wär der sonst so bereitwillig drauf angesprungen und hätt’ ihm befohlen, auf sie und ihr Haus ein Auge zu haben?

Und dann war da noch die Sache mit Baumann. Er verstand Zahns Eifrigkeit diesbezüglich nicht. War doch keine Seltenheit, dass Leute wegen ein paar Pfennigen niedergemacht wurden. Räubergesindel gab es an allen Ecken und Enden. Aber Zahn tat, als gälte es sein Leben. Wollte wohl beweisen, dass es einen wie ihn vor Ort brauchte, der ein Auge auf das Gesetz hatte. Sah wohl seine Felle davonschwimmen, der Herr Zentgraf! Zehn Fürze würd’ er drauf lassen, wenn’s Zahn nicht allein drum war, seine Macht einmal mehr prahlerisch zur Schau zu stellen.

Mühsam richtete er sich ein weiteres Mal auf. Jäh zuckte er zurück. Die Fratzenköpfe, gehörnt und runzelig, hockten am Fußende auf dem hölzernen Bettgestell, sabberten und spritzen ihm ihren Seim entgegen. Zischelten giftig. Ssssie hat’s nicht vergessen, rächt sich. Zahlt’s heim.

»Weg, zum Henker, verzieht euch!«, krächzte er und wischte mit dem Arm über die hässlichen Gesichter. Doch da war nur Luft.

Und dann dämmerte es ihm. Sie war es, die ihm diese widernatürlichen Kreaturen schickte? Die gehörnten Ratten? Den Dämon in der Weide? Aus Rache? Er schlug sich vor die Stirn. Braute sie nicht allerhand üble Tränke? Diese Teufelsbuhle und Giftmischerin! Sie wollte ihn irr machen im Kopf, ihn vernichten.

Er überlegte. Morgen tagte das Ortsgericht. Ob er seine Beobachtungen melden sollte? Es wäre seine Pflicht. Aber er fühlte sich nicht sicher genug. Zahn hatte ihm nur aufgetragen, die Heilmännin zu beobachten. Das würde er tun. Es war seine Aufgabe, Schaden abzuwenden! Er war von Amts wegen dazu ausersehen, Dienst zum Wohle der Gemeinschaft zu versehen. Und bei Gott, das würde er tun! Nicht noch einmal würde er dem Leibhaftigen angstvoll den Rücken kehren. Er würde ihm die Stirn bieten! Und die Ausgeburten der Hölle, die sie ihm schickte, würden ihn nicht daran hindern! Es würde ihm zu Ansehen und Ehre gereichen. Wenn sie begriffen, welchen Gefahren er sich Nacht für Nacht für sie aussetzte, würden sie endlich erkennen, wer er wirklich war.

Er stapfte zur Hauptstraße hinauf. Es war nach acht, schätzte er. Übernächtigt wie er war, hatte er vergessen, auf die Rathausuhr zu sehen. Außerdem brummte ihm noch immer der Schädel. Aber er war froh, dass ihm dieser rettende Einfall gekommen war! Das war gut, genau so würde er vorgehen. Also hatte er sich vom Strohsack gewälzt, den Rest Branntwein mit einem Schluck Wasser vermengt und das Gemisch gegen die Übelkeit und die zittrige Unruhe, die ihn morgens befiel, hinuntergespült. Jetzt fühlte er sich leidlich gewappnet, wenn auch etwas steif und ungelenk. Er warf einen Blick zum Himmel empor, bleigrau und tief hingen die Wolken über dem Dorf. Zum Henker, wollte es denn überhaupt nicht Frühjahr werden? Er bog in die Hauptstraße ein. Menschenleer. In mehreren Dutzend Schritt Entfernung ragte der Holzturm der Georgskirche aus dem morgendlichen Dunst. Ein gespenstisches Knurren ließ ihn jählings innehalten. Setzten sie ihm schon am helllichten Tag zu? Gäßler fasste nach dem Augspross.

Dann sah er sie. Hingekauert an eine halb eingefallene Bretterwand saßen sich zwei Kater mit angelegten Ohren gegenüber und raunten sich bösartig an. Er starrte die Kater an, zwei große Viecher, grau getigert der eine, schwarz der andere. Sie scherten sich nicht um ihn. Sie ließen sich nicht aus den Augen und fauchten sich ihre Warnungen entgegen. Gäßler atmete erleichtert aus. Kater. Keine Dämonen. Aber … das Hexenvolk konnte sich in Tiere verwandeln. Vornehmlich Katzen trugen den Teufel im Leib. Er starrte die Bestien an. Furcht lähmte ihn. Doch er zwang sich zum Weitergehen. Einen Tritt hätt’ ich ihnen verpassen sollen, dachte er und schalt sich einen Dummkopf, während er die Hauptstraße überquerte. Dumpf klangen seine Stiefelschritte auf dem Pflaster. Ja, er musste handeln. So ging es nicht mehr weiter.

Er hatte darüber nachgedacht. Nicht dass er besonders viel mit dem calvinistischen Bekenntnis anfangen konnte. Aber der Pfarrer war nun einmal der einzige Beistand im Ort, wer sonst gab einem verwirrten Menschen Halt und Rat, wem sonst sollte man sich anvertrauen? Gäßler nahm es mehr als dumpfes Drängen wahr denn als bewusste Entscheidung, aber er wusste, er musste mit dem Pfarrer reden und seine Gedanken offenbaren. Eigner würde ihm die rechten Worte finden. Die Unterstützung Gottes mit auf den Weg geben. Darauf hoffte er, auch wenn er das Gefühl hatte, dass Eigner ihn nicht leiden konnte. Er begegnete dem Gottesmann nicht oft und wenn, hatte der kaum mehr als ein flüchtiges Nicken für ihn übrig. Aber das war er gewohnt. Viele verhielten sich ähnlich. Es lag an seiner Arbeit. Als Nachtwächter wurde man eben scheel angesehen, weil man seine Pflicht nachts erfüllte. Sei’s drum. Auch das würde sich ändern. Als er an des Pfarrers Haus schräg gegenüber der Georgskirche ankam, wusste Gäßler, dass er gekommen war, um Eigners Segen für seine Mission zu erbitten. Zudem: Hatte er den Pfarrer auf seiner Seite, würde es auch Zahn leichter haben, eine mögliche Hexengeschichte auf die Zent zu schreiben.

Kurz darauf öffnete ihm Engel Eigner, die Hausfrau des Pfarrers, die Tür. Sie hielt ihre spitze Nase in den Wind als wittere sie nach dem Besucher. Gäßler fand das abstoßend. Er grüßte und sagte, er müsse den Herrn Pfarrer sprechen. Die Eignerin führte ihn in die Stube links des Vorraums. Der Raum war beheizt, in einem kleinen Ofen knisterten Holzscheite. Verhalten blickte Gäßler sich im Arbeitsraum des Pfarrers um. Auf einem Regal standen zwei Reihen Bücher, auf den Brettern darunter lagen Papierstapel, Schreibfedern, sowie ein dort vergessenes kleines Holzpferd. Ein schlichtes Holzkruzifix hing an der Wand, einen Schreibtisch hatte es, ein Stuhl davor, einer dahinter.

Eigner selbst kam mit seinem schleifenden Gang in die Stube geeilt, das Wams über einem leinengrauen Hemd falsch geschnürt. »So zeitig, Nachtwächter? Gibt es etwas zu – vermelden?«

Gäßler, der dem Gottesmann selten so nah war, wusste mit einem Mal nicht, wie er beginnen sollte. Des Pfarrers seltsam blauer Blick ruhte auf ihm. Ungeduldig, wie Gäßler zu erkennen meinte, was ihn erst recht wanken machte. Eigner bot ihm nicht einmal den Stuhl an. Aber eben das würde sich ändern. Zum Henker, das würde es! Man achtete ihn nicht genug. So kam er heraus mit der Sache, indem er sagte: »Möglich, dass wir eine Zauberin im Ort haben. Ich trachte danach, ihre schändlichen Umtriebe aufzudecken. Dachte an Eure Hilfe, denn die Visitationsberichte dürften belegen, dass sie der Kirche fern bleibt.« Er war stolz auf sich. Selten hatte er einen so langen Satz so rasch und ohne Stocken gesprochen.

Eigner jedoch, dessen Miene zuvor ausgedrückt hatte, dass er bemüht war, ihn, den Nachtwächter, des göttlichen Segens teilhaftig werden zu lassen, konnte nun nicht verhindern, dass ihm die Abscheu ins Gesicht geschrieben stand. »Zauberei? Dumme Vorwürfe, Gäßler! Ein erneuter Beweis der mangelnden Standhaftigkeit im – Glauben! Ich habe von dem Geschwätz gehört. Es geht ja nicht erst seit gestern um. Ich kann meinen Schutzbefohlenen nur anraten, diese abergläubischen Machenschaften nicht länger für möglich zu – halten.«

Gäßler war verwirrt, weil er die Gewohnheit des Pfarrers, vor dem letzten Wort eine Pause einzulegen bis er es gewichtig aussprach, vergessen hatte. Eckig klang das. Eigners Äußeres unterstützte diesen Eindruck noch. Seine erstaunlich himmelblauen Augen musterten Gäßler missbilligend. Er sah weg. Weil sie am auffälligsten waren, richtete er seinen Blick auf die enormen Ohren des Pfarrers, die in der Düsternis der Stube aussahen wie graurosa Fledermausflügel.

Wie sollte er sein Anliegen vorbringen? Gäßler wusste wohl, dass Zauberglaube für die calvinistische Kirche ein sträfliches Vergehen war. Er dachte an die Fratzen, die gehörnten Ratten. Er dachte an die Weide und war sich ja selbst nicht sicher. Doch hielten sich Hexen nicht gerne in Weiden auf? Der Baum in Pfisterers Garten war zwar nicht hohl, aber eine Weide war er allemal und also ein böser Baum. Der Verräter Judas hatte sich an einer Weide erhängt. Er musste Eigner dazu bringen, ihm Gehör zu schenken. Es war an ihm, das Böse auszumerzen. Zu seinem eigenen Seelenheil, zu dem seiner Mitmenschen.

»Verzeiht«, wagte er daher zu widersprechen, »doch brauche ich Euren christlichen Rat. Unwetter richten so viel Zerstörung an. Andernorts sperrt man sich nicht, den Urhebern dieser Schadzauberei das Handwerk zu legen …«

Eigner unterbrach ihn. »Gott selbst ist es, der die Seinen straft! Die Kälte der Natur folgt aus der Kälte im – Glauben!«, polterte der Gottesmann. »Es gefällt Gott nicht, dass Calvins reine Lehren so schändlich missachtet werden, indem der Aberglaube noch immer in den Köpfen der Leute spukt. Dass er sich so hartnäckig hält, haben wir der papistischen Zauberei zu danken, die jahrhundertelang ihre Schutzbefohlenen mit dummem Firlefanz – umnebelte!«

Dass er dem Eigner nicht damit zu kommen brauchte, dass die Schäden auf den Fluren dem zauberischen Unwesen der Unholdin zuzuschreiben waren, hatte er gewusst. Schadzauber, das stand im Gesetz und im Katechismus, konnte es nicht geben, weil die Macht des Teufels nicht hinreichte, dies zu bewirken. Er selbst war sich dessen nicht so gewiss.

Aber wie für die meisten Theologen zählte auch für Eigner allein der Abfall von Gott. Das bedeutete Ketzerei, das war das Schändlichste und das konnte nur durch den Tod geahndet werden. Damit hoffte er, von Eigner Rückendeckung zu erhalten. Aber unter diesen Augen, kalt wie ein blauer Dezemberhimmel, wusste er nicht, wie er es anpacken sollte, und so hatte er falsch begonnen.

Er gedachte seines Talismans in der Falte des Umhangs und wagte einen erneuten Vorstoß: »Barbara Heilmann ist möglicherweise von Gott abgefallen. Ich hab gesehen, wie sie gradewegs zum Schornstein raus ist, um auf der Ofengabel zum Treffen mit ihrem Buhlen zu reiten.«

Dem Eigner blieb das Maul offen stehen.

»Es ist meine christliche Pflicht, sie anzuzeigen«, schob Gäßler nach, der endlich eine Regung auf des Pfarrers Miene sah, die ihm verriet, dass der ihn ernst zu nehmen begann. Gut so. Es ging schließlich um das Wohl der Gemeinde. Er überlegte, wie er nun den Bogen zu seiner Pein schlagen könnte. Dass er glaubte, die Heilmännin habe es auf ihn selbst abgesehen.

Eigner blickte ihn an in einer Mischung aus Ungläubigkeit und Erstaunen. »Ihr seid sicher, dass Ihr nicht teuflischem Blendwerk aufgesessen seid?«

Da hatte er ihn, natürlich. Das war es ja, warum er sich entschlossen hatte, mit dem Pfarrer anzufangen. Gehässige Zwerge huschten nachts um die Häuserecken und foppten ihn. Die gehörnten Ratten verließen seine Stube nicht. Er wurde ihrer Plage nicht mehr alleine Herr. Er träumte von Scharen weißer Mäuse, die den letzten Rest Korn vertilgten. Hunger würden sie leiden, allesamt!

»Das ist genau die Sorge, die mich zu Euch trieb. Ich will sicher sein, ob ich Trugbildern aufsaß oder meinen Beobachtungen trauen kann«, bekannte er ehrlich.

»Macht und Wirken des Höllenfürsten sind grauenerregend, doch nicht unbegrenzt. Was ist es genau, das Ihr – saht?«

Eigner schenkte ihm Beachtung! Gäßler merkte, wie er sicherer wurde. »Ich seh’ sie heimkommen im Morgengrauen. Wie sie rausgeht, seh’ ich nicht. Also stell ich mich vor ihr Haus. Und siehe da: Geradewegs zum Schornstein fliegt sie hinaus.«

Eigner war erschüttert. »Ihr habt das wahrlich gesehen, Gäßler?«

Zum Henker, das war es ja gerade. Konnte er dessen sicher sein, bei all den Trugbildern der letzten Zeit?

Er zögerte mit der Antwort.

Eigner schien es nicht zu bemerken. Er begann, im Kämmerlein auf und ab zu gehen, die Faust auf die Lippen gepresst, versunken in diese Neuigkeit. Schließlich blieb er mit einem Ruck stehen und blickte ihn an. Er sagte: »Es ist gut, dass Ihr so wachsam – seid.«

Gäßler lauerte, aber er hörte keinen doppelschneidigen Unterton. Dem Eigner war es ernst. »Hexen stellen eine widerchristliche Kraft dar. Sie haben das Taufbündnis im Teufelspakt vorsätzlich – gebrochen. Wenn Ihr dies wirklich nachweisen könnt, Gäßler …«

»Herr Pfarrer, ich glaube, es ist ihr Werk, dass mich dämonenhafte Fratzen bis in die Träume verfolgen. Sie … schickt mir Ungeziefer auf die Stube, das mir die Ruhe raubt«, platzte es aus ihm heraus.

»Das ist ja schrecklich, Gäßler! Warum kommt Ihr erst jetzt damit?«

»Ihr glaubt also auch, dass sie dies bewirkt?«

»Nun, ich …«

Die hellblauen Augen des Pfarrers musterten ihn nachdenklich. »Es wäre möglich, dass sie Euch daran hindern will, ihr Treiben weiter zu beobachten.«

Ja, es wäre möglich. Der Pfarrer sagte es auch. Er wurde also nicht närrisch. Es war die Heilmännin, die ihm all dies antat.

»Eure bedrängte Seele braucht Erlösung. Ihr tatet recht, mit Eurer Beobachtung zu mir zu kommen. Ich werde mich mit den Presbytern besprechen, Gäßler. Dieser Sache muss nachgegangen werden. In den Protokollen der Kirchenältesten ist die Heilmännin keine – Unbekannte. Sie kommt kaum zum Gottesdienst. Die Unglückselige! Ach, die verkommene Schar der Unholde hat allenfalls Hoffnung auf Gottes Erbarmen nach ihrem verdienten Tod durch den irdischen – Henker. Betet für Euer, betet für unser aller Seelenheil, Gäßler. Betet!«

Tiefe Befriedigung machte sich in Gäßler breit. Ihm war so wohl wie lange nicht mehr. Der Anfang war gemacht. Das schrie nach einer Belohnung durch zwei, drei Kannen Helles!

Schultheiß Nicklas Würth besah sich die rostrote und die senffarbene Hose im Spiegelbild, hielt beide abwechselnd vor sich hin, unentschlossen, welche er wählen sollte. Dazu pfiff er munter eine unbestimmte Tonfolge. »Ein wunderbarer Morgen, nicht wahr, Gäßler?«, rief er gut gelaunt über die Schulter.

Gäßler stand im Türrahmen und beeilte sich, zuzustimmen, auch wenn er an dem wolkenverhangenen Morgen nichts Wunderbares finden konnte. Er fürchtete, der Schultheiß könne ihn zu Rate ziehen und fragen, welche der beiden Hosen er wählen sollte. Das wäre ihm mehr als unangenehm. Der Schultheiß stand im Hemd vor dem Spiegel, das war heikel genug!

Gäßler hatte darauf verzichtet, sich seine Belohnung sofort zu genehmigen, und war in die Mühlgasse zurückgeeilt, wo Würth in einem ansehnlichen Backsteinhaus wohnte. Er hatte indes nicht damit gerechnet, dass der noch mit Anziehen beschäftigt sein könnte. Geschweige denn, dass er ihn bat, ihm dabei Gesellschaft zu leisten. »Kein Wort bevor ich nicht angekleidet bin!«, hatte Würth ihm entgegengerufen, als dessen Magd ihn die Stufen zur Schlafkammer hinaufwies. Im Heraufgehen hatte er Weiberstimmen in der unteren Stube gehört, leises morgendliches Geplauder. Sicher hatten der Schultheiß und sein Eheweib wieder einmal Besuch. Dessen Haus war etliche Mal voll mit Verwandten aus Heidelberg. Mit ihrem auffällig städtischen Gebaren sorgten sie noch wochenlang hernach für Gerede.

»Ich war schon versucht, Euch wieder wegzuschicken«, tönte der Schultheiß gut gelaunt, als Gäßler nun einen Schritt hinein in die Stube wagte. »Es gibt schließlich Amtszeiten. Doch da Ihr zu diesen Euren rechtschaffenen Schlaf pflegt, lässt es sich auch so einrichten. Aber fasst Euch kurz, Gäßler, mir ist nicht nach Geschwätz zumut, zumal ohne Frühstück.«

Gäßler kam sich töricht vor, weil er schon wieder nicht wusste, wie er beginnen sollte. Die vielen Farben, das Anheimelnde der Schlafstube – vor dem Bett stand eine schmale Sitzbank mit gedrechselten Beinen, ein weiches Schaffell lag darauf, der Betthimmel bestand aus einem leuchtend orangen, dünnen Stoff, den er für Seide hielt, so genau kannte er sich damit nicht aus –, das Private des Ortes, es machte ihn verlegen. Er traute sich nicht einmal, nach dem Augspross zu fassen, um sich sicher zu fühlen. Aber zum Henker, er war da und würde seine Aufgabe zu Ende bringen.

»Es hat doch keine unbotmäßigen Geschehnisse gegeben in der Nacht?«, fragte Würth als sei ihm eben erst zu Bewusstsein gekommen, dass Gäßler ihn auch wegen etwas Unangenehmem aufgesucht haben könnte.

»Ich fürchte doch«, hob Gäßler an – und schon wehrte Würth gestenreich ab und gebot ihm zu schweigen. Er nahm das rehbraune Wams vom Bett, hielt das rostrote Beinkleid dazu und entschied sich dafür. Er schlüpfte in die Hose und verfolgte seine Bewegungen in dem großen, goldumrahmten Spiegel.

Eitler Laffe, dachte Gäßler. Das Tuch von Würths Gewandung war edel, ein Mischgewebe, wie es die Niederländer herstellten, die seit geraumer Zeit die pfälzischen Lande überschwemmten. Der feine Herr Schultheiß hatte sogar Gänsefedern neben dem Nachtstuhl, der unter dem Bett zu sehen war. Der scheuerte sich den Hintern natürlich nicht mit frischem Sauerampfer wund. Und natürlich stand auf dem Kasten neben dem Bett ein Glaskelch mit rubinrot schillerndem Wein, der dampfend den Geruch von Nelken und Zimt verbreitete. Gäßler konnte an einer Hand abzählen, wann er je Gelegenheit gehabt hatte, solch einen Tropfen zu kosten.

»Wisst Ihr, Gäßler«, sagte der Schultheiß, während er wankend in das zweite Bein der Hose stieg, »ich kenne Hockenheim noch aus meiner Zeit als Kanzleischreiber. Man setzte mich bei den Inspektionsreisen zu den Zollstationen der Zent ein. Sie sagten, ich hätte gewandte und rechnerische Begabungen, die dabei von Nutzen wären. Tatsächlich erledigte ich meine Aufgaben sehr zufriedenstellend. Aber vor allem lernte ich die Kurpfalz kennen. Und ich kann Euch versichern, ich liebe diesen Flecken Erde. Auch wenn meine Landsmänner zuweilen eng denken. Ihr stures »So hott’s schunn mein Vadder g’macht« kann ich nicht mehr hören. Vor allem als Zugezogener hat man keinen leichten Stand. Neue Verordnungen oder auch nur eine neue Sichtweise …« Würth sprach nicht zu Ende und winkte ab.

Gäßler wusste nicht, was Würth mit seinen Ausführungen wollte. Er unterdrückte einen Furz, spürte selbst das Gesicht, das er dabei schnitt, und überlegte, wie er zu dem überleiten konnte, um dessentwillen er hergekommen war.

Aus der Wohnstube im Erdgeschoss brandete Gelächter herauf. Es klang nach dem eigentümlichen Lachen, das Weiber schüttelte, wenn sie unter sich waren und sich über Dinge lustig machten, von denen Männer nichts verstanden.

Gäßler hasste diese Art Lachen, aber der Schultheiß schien es zu genießen. Er schmunzelte und tönte munter: »Wieder einmal Schwesternbesuch aus Heidelberg. Zu uns aufs Land nennen sie es. Kennt Ihr Heidelberg, Gäßler? Nein? Sei’s drum, was kann ich nun für Euch tun?«

Obwohl er überlegt hatte, wie er die Rede drauf bringen sollte, kam ihm jetzt die Aufforderung des Schultheißen zu plötzlich. Er räusperte einen Kloß im Hals fort und sagte: »Es ist wegen der Heilmännin, Schultheiß.« Er streifte Würths Blick. Zum Henker, schon wieder war er irritiert. Dieser rote Ring um die grauen Augen Würths – ging das mit rechten Dingen zu? Jedes Mal kam ihm das Bild eines glühenden Eisenrings auf einem Knäuel grauer Wolle und jedes Mal hörte er fast das Knistern, mit dem der Eisenring die Wolle versengte, wenn er dem Schultheiß in die Augen sah.

Würth schien ihm gar nicht zuzuhören. Er knöpfte das Wams – natürlich waren die Knöpfe aus zart schimmerndem Perlmutt –, zog es an den Schößen in Form und drehte sich vor dem Spiegel nach rechts und links, um sein Gesamtbild zu betrachten. »Wisst Ihr«, sagte er versonnen, »meinem Weib gefällt es, wenn ich ansprechend gewandet zum Frühstück erscheine.«

Tja, und für diese Vorlieben hätte deine bescheidene Besoldung auch gar nicht ausgereicht, du roter Ziegenbock, dachte Gäßler. Dorothea, des Schultheißen holde Gemahlin, stammte aus einem wohlhabenden Handelshaus in Heidelberg. Ihres Vaters Geschäfte mit Gewürzen und Spezereien aus Indien und der neuen Welt sicherten ihr – und ihrem Eheherrn – ein beträchtliches Polster. Man munkelte, dass sie ihm vergangenes Jahr zu seinem Geburtstag einen kunstvollen Schaukasten aus goldbraunem Kirschbaumholz und Glas hatte fertigen lassen, damit er seine Kupferstiche darin aufbewahren konnte, die er sich zum Teil von weit her schicken ließ. Wenn dem so war, hatte Würth ihn jedoch nicht hier in der Schlafstube aufgestellt.

Würth ging hinüber zu dem kleinen Kasten für Kleinodien neben dem Bett, mit diesem leichten Hüftschwung, der ihm eigen war, diesem sanften Schlendern aus seiner Mitte heraus. Er steckte seinen Ring an den Finger, drehte sich zu ihm um und fragte schließlich: »Was ist mit der Heilmännin?«

Das kam erneut so unvermittelt, dass Gäßler auch diesmal Mühe hatte, den Anschluss zu finden. Ohnehin fragte er sich schon geraume Zeit, ob er es überhaupt schaffen würde, mit dem Schultheiß über diese Sache zu reden, oder ob er nur als Beiwerk für dessen eitle Ankleiderei diente.

»Es zerschlägt der Hagel seit Jahren die Frucht auf den Fluren. Schlimm wie nie zuvor. Die Sommer sind feucht und kühl, das Korn verschimmelt in den Scheuern. Die Hexensekte, Schultheiß, ist dafür verantwortlich«, sagte er.

»Ich ahnte, dass es Euch darum geht. Die Heilkundige des Ortes soll mit dem Leibhaftigen im Bunde sein. Auch ich habe dergleichen gehört. Ich hätte Euch jedoch nicht zu jenen gezählt, Gäßler, die allen Schund glauben, den man ihnen auftischt. Schließlich stellt Ihr Euch dem Dämon Nacht, wenn ich das so sagen darf, Ihr wisst, dass diese nur dunkel ist, nichts weiter.«

Gäßler schluckte.

»Viele Belange des dörfliches Zusammenlebens unterliegen meiner Aufsicht. Die Zollstation ist gewachsen und bedeutsamer geworden, die Einnahmen sind zu überwachen, desgleichen die Fron, Ortsgericht ist zu halten, die Classicalkonvente zu besuchen – all das ist viel genug und jetzt behelligt Ihr mich zudem mit einer Sache, die es nicht gibt. Ihr raubt mir meine Zeit.«

Gäßler dachte an seine Aussprache mit Eigner und gab sich einen Ruck. »Aber … ich hab gesehen, wie sie geradewegs zum Schornstein raus ist!«

Würth bedachte ihn mit einem Blick, als habe er ein Ungeheuer mit fünf Köpfen vor sich. Seine grauroten Augen schienen Feuer zu sprühen. »Das habt Ihr nicht!«, schnaubte er.

Gäßler wurde unwohl. Trugbilder oder wahr? Sein Hirn war gänzlich schwammig, noch immer pochte der Schmerz darin. Es war beides. Es war wirklich, die Ratten waren da, genau wie die Fratzen und die dämonenhaften Schatten. Und wenn er sie zu fassen suchte, verwandelten sie sich in Trugbilder und verhöhnten ihn. Wie gut, dass er sich Eigner anvertraut hatte. Er überprüfte seine Haltung, schob den Bauch ein wenig weiter vor und sagte fest: »Ich weiß, was ich gesehen hab!«

Würth schwieg, drehte an seinem Ring und starrte an ihm vorbei ins Leere. Dass er, Gäßler, so beharrlich war, schien ihm nicht recht. Aber bevor er etwas erwidern konnte, suchte Gäßler sich zu erinnern, was er von den Bekanntmachungen der Landes- und Polizeiordnung noch behalten hatte. Er wollte dem Schultheiß mit seinem Wissen zu verstehen geben, dass er mit den Rechtmäßigkeiten vertraut war. Er sagte: »Steht nicht geschrieben: was wider die Billichkeit oder unsere gegebenen Ordnungen begangen, so der Obrigkeit oder privat Personen Schäden zugefügt oder sonst strafbar …«

»Gäßler!«, unterbrach Würth ihn unwirsch. »Es ist ja löblich, dass Ihr den XIIten Titul der Landesordnung hersagen könnt. Doch sehe ich keinen Zusammenhang zwischen Eurer –« der Schultheiß wedelte mit der Hand durch die Luft und folgte der Bewegung mit dem Kopf auf der Suche nach dem rechten Wort – »dem Gesetzestext und Eurer Einbildungskraft«, fand er es. »Soweit ich weiß, ist niemandem ein Leid zugefügt worden. Und dass jemand zum Schornstein hinausfliegt – Gäßler …« Würth blickte ihn mitleidig an, so, als habe er ein Kind vor sich, das eine einfache Rechenaufgabe falsch löste obwohl es sie beim letzten Mal richtig machte, und als brauche es nur ein wenig Ermunterung, um von selbst zu merken, dass es falsch lag.

»Denkt darüber nach. Oder seht Ihr schon Dinge, die in Wirklichkeit nur Schatten und Steine sind?«

Gäßler schluckte erneut. Scham kroch herauf, sie wand sich von seinen Eingeweiden aufwärts in den Hals wie eine Natter. Erneut spürte er den Furz in sich rumoren. Aber so wollte er sich nicht zurechtweisen lassen. Nicht nachdem Eigner ihm den Rücken gestärkt hatte.

»Was ist mit Baumann?«, fragte er daher und hörte selbst, dass es fast trotzig klang. Die Sache mit Baumann, das war ihm bei Eigner klar geworden, war seine einzige Aussicht, bei Würth Gehör zu finden. Dem Schultheiß konnte er nicht mit Dämonen kommen. Und erst recht nicht mit seinem Verdacht, die Heilmännin habe es auf ihn selbst abgesehen. Baumann indes war eine Möglichkeit, auf das Wirken von Unholden hinzuweisen. Hätten Unholde dem Lehrer mitgespielt, so lastete auf ihm, Gäßler, keine Schuld, seine Pflicht vernachlässigt zu haben, indem er nicht wachsam genug war. Das Teufelspack war boshaft und führte einen an der Nase herum! So war’s!

»Was soll mit ihm sein? Dem Lehrer ist ein Missgeschick widerfahren, oder habt Ihr andere Kunde?«

»Wenn es nun kein Missgeschick war, sondern das Werk übler Gesellen?«

»Gäßler, redet nicht um den heißen Brei herum! Habt Ihr etwas vorzubringen oder nicht?«

»Wäre es nicht möglich, dass Unholde ihren Schabernack mit ihm trieben? Eine Unholdin?«

»Das ist ein so unglaublicher Unsinn, dass ich mich wundern muss, Gäßler, wie Ihr es wagen könnt, derlei auszusprechen!« Würth tat zwei Schritte auf ihn zu, blieb stehen und breitete die Arme aus. »Unholde, die zum Schornstein hinaus fahren, Unholde, die einen Unfall verursachen – Gäßler, wo habt Ihr Euren Verstand?! Und wenn Ihr so überzeugt von alledem seid, warum um alles in der Welt müsst Ihr mich damit heute in aller Frühe plagen, statt die Rüge morgen selbst im Ortsgericht vorzubringen? Ihr verderbt mir den Morgen mit Eurem Geschwafel!«

»Ich wollte zuerst mit Euch darüber sprechen.«

»Wenn Ihr auf dieser Aussage beharrt, wäre das ohnehin eine Sache für die Zent, obwohl das keinen Bestand haben wird, das wisst Ihr ebenso!«

»Zum Ortsgerichtstag müssen alle kommen, auch Wittweiber. Steht die Rüge bereits im Frevelregister, weil ich sie Euch heute zur Kenntnis bringe, könnt Ihr das Weib morgen schon befragen. Sie möglicherweise gleich festsetzen lassen. Sieht die Landesordnung dies nicht eindringlich vor? Auch, dass ich mich strafbar mache, wenn ich es nicht melde?«

Missmutig starrte Würth ihn an. Er hatte noch nicht gefrühstückt, er wollte zu seinen Damen und er hatte keine Lust, am frühen Morgen derlei Rechtsdinge zu besprechen. Gäßler konnte es ihm vom Gesicht ablesen. Der Schultheiß machte erneut einige Schritte im Zimmer, blieb vor dem Kasten neben dem Bett stehen und nahm den Weinkelch auf. Er nahm schließlich einen winzigen Schluck, wobei er die Lippen spitzte. Er stellte das Glas ab und wandte sich Gäßler zu.

»Bei weitem nicht alle Zentverwandten kommen der Anwesenheitspflicht nach. Ich meine, Wittib Heilmann nicht sonderlich oft beim Ortsgericht gesehen zu haben.«

Gäßler, selbst überrascht über seine sachkenntliche Beharrlichkeit, entgegnete: »Sie muss aber morgen kommen. Sicher wird die Sache Baumanns zur Sprache gebracht, man wird sie doch als Zeugin hören? Noch heute Abend kann man sie laden lassen.«

Würth starrte ihn verblüfft an.

»Sagt Gäßler, Ihr habt nicht zufällig einen persönlichen Zwist mit der Heilmännin? Warum der Unfug mit der Zauberei?«

Gäßler fühlte Wut auf diesen faulen Strick aufkommen. Würth hoffte wohl, dass er einen Rückzieher machte. Aber da hatte er sich geschnitten.

»Es sind dem Bauer Kratzwurm zwei Kälber elendig verreckt, nachdem die Heilmännin bei ihnen auf der Allmende gesehen worden ist. Grün und geel Ding ist ihnen zum Hals ausgelaufen, vorletztes Jahr um Johanni war das. Dann die Unwetter. Und das Gemunkel über eine Schuld am Tod der ersten Frau des Zentgrafen ist nie wirklich verstummt.«

Würth hatte ihm aufmerksam zugehört. Er sagte: »Darüber weiß ich nichts, das war vor meiner Zeit. Genau wie das Unglück, das der Heilmännin zustieß. Schlimme Sache, der Brand damals.« Er räusperte sich.

Gäßler war einen Herzschlag lang unangenehm berührt. Er verbarg es, indem er kühn sagte: »Das muss endlich untersucht werden. Bevor noch mehr Böses geschieht.«

»All das kann man in der Tat nicht einfach unbeachtet lassen«, sagte Würth nachdenklich. Er hielt sein Kinn in der Rechten und klopfte sich mit dem Zeigefinger auf die Lippen.

Gäßler fühlte Stolz in sich aufwallen. Er hatte es geschafft! Er hatte diese schwierige Aufgabe gemeistert!

Würth senkte den Arm und ging auf und ab. »Zudem die Anweisung aus Heidelberg befiehlt, sämtliche Hinweise bezüglich Hexenwerks zukünftig ernster zu nehmen und dem Oberrat zu melden. Seit den Anschuldigungen aus Herrnsheim greift der Kurfürst schärfer durch. Ich bezweifelte, dass dies lange anhalten wird. Der junge Friedrich sagt von sich selber, er sei der Edelleute Freund und der Schreiber Feind. Die zahlreichen Gesuche und die damit verbundene Mehrarbeit werden ihm sicher bald zum Hals heraushängen. Obendrein steht er im Begriff sich zu vermählen. Der hat anderes im Sinn.«

Und gibt sich eh lieber der Jagd und dem Saufen hin als dem Regieren, dachte Gäßler. Der Schultheiß schien ihm schwankend. Es wunderte ihn nicht und bestätigte den Eindruck, den er schon immer von diesem putzbesessenen Zieraffen hatte: Der wollte zwar seiner Pflicht nachkommen, doch stimmte ihn jede damit verbundene Anstrengung verdrossen. Wie zur Bestätigung dessen seufzte Würth und sagte: »Es ist meine Aufgabe, für Ordnung in der Gemeinde zu sorgen. Also muss ich die Richter benachrichtigen, Indizien müssen angezeigt werden. Man muss prüfen, was an alledem dran ist.« Würth blieb vor ihm stehen. »Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass es auf die Zent geschrieben wird, wartet auf mich und die anderen Zentschöffen ein Haufen Arbeit.«

Fauler Strick, dachte Gäßler noch einmal und sagte: »Recht und Unrecht sollen aufgedeckt werden, Schultheiß. Ihr tut gut daran, dem nachzugehen.«

Würth starrte ihn an als gewahre er ihn eben zum ersten Mal. »Wie ist es um den Leumund der Heilmännin bestellt?«, fragte er. »Ich kenne sie kaum. In den drei Jahren, die ich nun im Amt bin, sind mir durchaus Dinge zu Ohren gekommen. Doch selbst mit ihr zu tun hatte ich nur einmal, vor zwei Jahren, da ihre Mutter ihr das Haus am Heidelberger Weg überließ. Das wurde vor dem Ortsgericht verhandelt. Sie erschien mir bescheiden und aufrecht.« Er hob mahnend die Hand. »Ich habe darauf zu achten, dass niemand zu Unrecht bestraft wird. Hat sie sich sonsten etwas zu schulden kommen lassen?«

»Man sagt, sie meide den Kirchgang, Herr. Sie ist verschlossen und eigensinnig und treibt sich nachts im Wald herum. Und sie heiratet nicht wieder, was ihre Eigensinnigkeit verdeutlicht, könnte doch ein ehrbarer Mann an ihrer Seite sie auf dem rechten Weg halten.«

Würth nickte. »Nun gut, Gäßler. Dann werden wir wohl um eine Untersuchung nicht herum kommen.«

Unsicher blickte Gäßler dem Schultheiß nach, als er sich erneut abwandte, zum Fenster schritt und auf die Gasse hinunter starrte. Das Lachen aus dem Untergeschoss plätscherte herauf. Leben sprudelte durch das Haus des Schultheißen. Der wandte sich ihm zu, mit einem entschlossenen Ruck, als besinne er sich wieder seiner Anwesenheit. »Ich danke für Euren Besuch, Gäßler. Ich brauche jetzt erst mal etwas Kräftiges zwischen die Zähne. Gestärkt werde ich mir die Angelegenheit durch den Kopf gehen lassen.«

Damit war er entlassen und also verneigte er sich leicht vor dem Ortsvorsteher und verabschiedete sich.

Zu dieser frühen Stunde saßen in der Wirtschaft Zum Zoller, noch nicht viele Gäste. Außer den üblichen Männern hockten lediglich zwei fremdländisch aussehende, bärtige Reisende in karierten Wollhemden und Lederwamsen an einem der hinteren Tische nah beim Feuer. Das sah Gäßler mit einem Blick, als er über die Schwelle in die Schankstube polterte, nass bis aufs Hemd, denn der Wolkenbruch hatte sich ausgerechnet auf seinem Weg hierher entladen.

»Sauwetter, zum Henker«, brummte er, riss sich den Umhang von den Schultern und warf ihn über den erstbesten Stuhl, dass die Kerze auf dem Nebentisch nur so flackerte. Dort saßen Bauer Schrank, Hübner Straub, Michel Seyfried und Peter Ackermann und sahen von ihrem Würfelspiel auf.

»War wohl ein kurzer Schlaf, Gäßler!«, grüßte Straub mit schiefem Grinsen und schüttelte den Würfelbecher.

Gäßler warf seinen breitkrempigen Filzhut auf den Schanktisch. Er hielt es für das beste, sich gar nicht erst zu setzen. Er nickte Wirt Pfannenstiel zu. Würziger Biergeruch stieg ihm in die Nase, vermischt mit Zwiebeldunst, der durch die angelehnte Tür hinter Pfannenstiel in die Wirtsstube drang.

»Durst hat ihn vom Lager getrieben«, feixte Schrank und stieß den Sitznachbarn mit dem Ellbogen an. Schrank lachte ein kehliges Lachen und ergänzte: »Nässe macht ihm nichts. Er träumt davon, sich mitten reinzulegen ins Große Fass zu Heidelberg!« Schranks Brustkorb hüpfte auf und ab, so sehr schüttelte ihn das Lachen.

Gäßler tat, als gäbe er nichts auf ihr Gespött. Nicht mehr lange, da würden diese Dummbeutel ihm Dankbarkeit zeigen, statt sich über ihn lustig zu machen. August Pfannenstiel schob ihm einen Krug Helles hin. Gäßler nickte dankend in die Richtung des spitz vorstehenden Bauches Pfannenstiels, über den sich eine Lederschürze spannte. Der Wirt wischte mit einem schmierigen Lappen herum. Ihm fehlten Daumen und Zeigefinger der rechten Hand. Abgequetscht von Bierfässern, die sich beim Abladen aus der Halterung gelöst hatten. Gäßler gab sich bedächtig und nahm einen kräftigen Schluck. Langsam verschwand das Hämmern in seinem Schädel. Gut so. Bier war Medizin.

»So schweigsam heute, Gäßler? Gibt’s nichts zu vermelden?«

»Und wenn?«, brummte er und besah sich Pfannenstiels Herumgewische.

Gäßler konnte den Mann gut leiden. Wenn er auch nichts anfangen konnte mit dem Zierrat, den dieser seit seinem Unfall aus Lindenholz schnitzte, um sich zu beweisen, wie gut er mit der Linken umgehen konnte. Doch sei’s drum, der Mann war recht. Er scherte sich nicht darum, dass Spielen verboten war und ließ seine Gäste gewähren. Er war’s, der ihm den Augspross beschafft hatte. Und sein Weib hatte ihm den Beutel dafür genäht. Die anderen klagten nur und zogen den Schwanz ein. Jammerten, dass der Regen das neu ausgesäte Korn wegschwemmte und fürchteten sich vor der Strafe Gottes. Erzählten angstvoll, dass drüben im Westen der Rhein sein Bett bereits in die umliegenden Wiesen ausdehnte und der schlammbraune Sumpf mit jedem weiteren Regentag näher an Hockenheim herankrauchte wie ein schleimiges Ungeheuer aus der Hölle. Aber taten sie etwas? Nein. Er nahm einen Schluck und gab Pfannenstiel durch ein Nicken zu verstehen, ihm einen weiteren Krug hinzustellen.

»Es gibt Zwiebelfleisch, sauer eingelegte Bohnen und Brot«, teilte dieser ihm mit, und Gäßler nickte zustimmend. Dann drehte er sich zu den Männern um.

»Wichtiges treibt mich aus der Stube«, verkündete er.

»Gilt’s einen Brand zu melden? Hehehe.« Straub sah ihn nicht an, sondern verfolgte seinen Wurf.

»Hornochse!«, knurrte Gäßler. Dass sie ihn aber auch nicht damit in Ruhe ließen. Werdet schon noch erkennen, was ihr mir zu danken habt.

»Spuck’s schon aus, Gäßler. Sonst platzt dir noch der Kragen.« Ackermanns vorquellende Augen stierten neugierig zu ihm herüber. Ihn traf Gäßler zuweilen nachts, wenn der von seinen auswärtigen Huren- und Saufgelagen heimkehrte. Ein manches Mal leerten sie dann noch gemeinsam den Rest aus Peters Trinkschlauch, damit dieser nicht verkam. Sein gelegentlicher Kumpan würde nicht spotten. Der Anfang war gemacht.

»Unwetter gehen nieder. Verwüsten Felder. Misswuchs treibt seltsame Pflanzen hervor, die zu nichts taugen, als sie auf einen Haufen zu werfen und zu verbrennen«, begann er.

»Hast du’s auch gemerkt Gäßler. Guten Morgen.«

Gäßler scherte sich nicht um den Einwurf. »Wer, glaubt ihr, ist verantwortlich dafür?«

Jetzt glotzten sie mit aufgesperrten Mäulern!

So ist’s recht, dachte er. »Glaubt ihr, die Unholde treiben sich nur in Nachbargegenden herum? Es gilt, ihre heimlichen Verrichtungen auch bei uns ans Licht zu bringen! Wer sagt uns denn, dass der Leibhaftige nicht auch bei uns im Ort seine Helfer zusammentreibt? Was wohl ist Baumann widerfahren?«

Seyfried griff nach der Kanne, die zwischen den Würfelspielern auf dem Tisch stand, und goss sich nach.

»Willst du uns erzählen, dir wär was aufgefallen?«, rief er lauernd.

Gäßler nahm einen Schluck, strich sich langsam durch den Bart, als müsse er die Worte erst suchen, dabei lagen sie ihm seit Tagen auf der Zunge. »Es gibt welche, die bewirken durch Vergraben von grüner Materie allerhand Schaden im Boden. Es gibt welche, die machen Salben aus gelbem Gewürm, bestreichen damit ihre Ofengabeln und reiten nachts zum Schornstein hinaus. Dann treffen sie sich mit dem Bocksbeinigen und hecken aus, wie sie Unheil stiften können.«

»Was für grüne Materie?«, fragte Schrank, die Augen weit vor Neugier.

»Was weiß ich! Kenn ich mich aus mit Hexenwerk? Irgendwelche Galle und giftiges Gesträuch werden sie zusammenrühren!«

»Womöglich glaubst du auch noch, dass sie Kinder fressen, Gäßler«, raunte Pfannenstiel.

»In Lippe hat man eine gefangen gesetzt, die soll die Milch blau gezaubert haben«, steuerte Seyfried bei, den Einwand des Wirts abtuend.

»Stimmt«, nickte Straub.

Schweigen.

Gäßler nickte zufrieden. »Sie verzaubern Molke, fluchen den Leuten den Teufel in den Leib, dass sie sich nicht mehr rühren können …«

Ackermann hieb die Faust auf den Tisch. »Gäßler hat recht! Unser Landesherr hat Sorge zu tragen für Körper und Geist seiner Untertanen. Und das sind wir! Entschlossenes Einschreiten gegen die Machenschaften des Satans ist darin einbezogen! Wir sollten dem Schultheiß Beine machen.« Herausfordernd sah er in die Runde.

»Ganz recht!«, murmelte Schrank.

»Da sieht man, wie wenig du von solchen Dingen verstehst!«, meinte Straub gewichtig. »Was soll der Schultheiß bei der Sache, da er doch dem Ortsgericht vorsteht, du Dummbeutel! Beleidigungen, unblutige Raufereien, Feld- und Waldfrevel – dafür hat der die Strafgerichtsbarkeit! Aber Hexerei …«

Einer der beiden Fremden mischte sich ein: »Bei uns nageln sie Fuchsköpfe an die Scheunentore, um dem Bösen zu wehren. Vielleicht solltet ihr gleiches tun.«

»Wo ist bei uns; Herr?«, fragte Ackermann nicht unfreundlich, aber zweiflerisch, und drehte sich halb zu den beiden Fremden um.

»Schottland«, kam die knappe Antwort.

»Dann habt Ihr dort kein Waidrecht. Bei uns gehört das Waldvieh dem Kurfürsten. Das gäb’ ne schöne Hatz, würd’ der Wildschütz die Fuchsköpfe an den Toren zählen müssen.«

Alle lachten.

Der Schotte spuckte auf den Boden, zuckte die Schultern und wandte sich wieder seinem Gefährten zu.

Ackermann zeigte mit seinem Krug zu Straub: »Du bist der Dummbeutel! Akte freiwilliger Gerichtsbarkeit haben mit dem Ortsgericht zu tun, ja. Aber der Schultheiß führt das Frevelregister. Was wir ihm anzeigen, muss er eintragen. Wir können verlangen, dass er ein Gesuch nach Heidelberg richtet. Wer also weiß hier Bescheid?«

Gäßler hing noch bei den Worten des Schotten. Fuchsköpfe? Hierzulande brachte man Ochsenköpfe an der Giebelspitze an, um Krankheiten und böse Geister abzuwehren. Oder man steckte ein Messer in den Türpfosten. Aber über der Türe der Krauthex fand sich nichts dergleichen. Sie brauchte keinen Schutz vor dem Bösen, sie beherbergte das Böse selbst! Er sagte: »Wir müssen verhindern, dass Teufelswerk auf unser Dorf übergreift. Ich hab meine Pflicht getan und dem Schultheiß gemeldet, was ich sah.« Stolz drückte er den Wanst nach vorne.

»Sagt Gäßler«, bemerkte Pfannenstiel und rieb sich das Kinn, »habt Ihr jemand bestimmten im Auge, derlei Taten zu vollbringen?«

»Wollt Ihr ein bisschen nachdenken, Pfannenstiel? Wenn es eine gibt, die höchst verdächtig ist …« Er ließ den Rest ungesagt und blickte vom Wirt zu den Männern.

»Die Heilmännin!«, flüsterte Schrank.

»Du sagst es, Schrank. Wer sonst treibt sich des nachts im Wald herum und kennt keine Furcht vor dem Gelichter?« Gäßler fühlte, wie die Gewissheit in ihn einströmte wie ein guter Schluck Helles. Gleichzeitig grauste ihn. Es war eine Sache, nachts durch den stillen Ort zu gehen, Mauern und Menschen um sich, doch eine gänzlich andere, sich in der schauderhaft ungewissen Düsternis des Waldes umzutreiben.

»Was ist mit ihren Augen?«, sagte Schrank angsterfüllt. »Dass sie weiß, wie lang einer noch …«

»Aber seit Jahr und Tag ist sie nachts zum Sammeln unterwegs«, unterbrach Seyfried ihn in dem Bemühen, die Sache von allen Seiten zu bedenken. »Genau wie vor ihr ihre Mutter und Großmutter. Warum sollte sie Unheil stiften wollen? Hat doch ein gebrochenes Herz und lebt für sich seit damals.«

»Möglich, sie ist gerade deshalb von Gott abgefallen! Das Weibervolk ist schwach und für den ketzerischen Aberglauben besonders anfällig. Der Gram nimmt ihr die Daseinsfreude, da kommt der Bocksbeinige daher und flüstert ihr Lebenskraft ein, wenn sie nur seine Wünsche erfüllt!« Straub war erregt.

»Vielleicht tut sie auch nur so, damit wir keinen Argwohn hegen. Vielleicht hat sie ihr einziges Kind dem Teufel mit Leib und Seele gegeben – und an jenem Unglücksmorgen hat er’s geholt!«

Gäßler nickte zufrieden. Es galt, sie alle zu schützen. Das war seine Aufgabe. Er trank seinen Krug leer und griff nach dem zweiten. »Ich freilich hab sie an Georgi aus dem Wald kommen sehen zu der Zeit, da sich gottesfürchtiges Volk eben vom Bettkasten erhebt. Aber rausgehen sehen, das hab ich sie nicht.« Er unterbrach sich, damit sie der Andeutung in seinen Worten auf die Spur kommen konnten.

»Und wir wissen ja alle, dass Ihr Eure Augen überall habt, Gäßler.« Die Männer lachten über Straubs stichelnden Einwurf.

Wieder die Anspielung auf seine alte Verfehlung. Dieser Holzkopf!

»Solcherlei Leut’ fahren geradewegs zum Schornstein raus!«, schnaubte Gäßler. »Hexenflug zum Treffen mit dem Teufel!« Er musste sie zu der Erkenntnis bringen, dass er seiner Pflicht nachkam. »Ich sag euch, ich sah sie heimkommen. Morgennebel kroch wie Höllenbrodem am Boden. Und dort schlich etwas geduckt der Heilmännin nach. Das Herz wollt mir aufhören zu schlagen, als ich den unförmig verhutzelten Zwerg gewahrte, der ihr wie ein Schatten folgte und sich im nächsten Augenblick in eine Katz verwandelte.«

Er hatte sie! Selbst die beiden Bärtigen starrten zu ihm herüber. Und er war noch nicht fertig. »Und denkt einer von euch noch an Kratzwurms Kälber? Ging damals nicht die Rede, die Heilmännin habe ihre Finger im Spiel?«, fuhr er fort. »Damit ein Verfahren eingeleitet werden kann, braucht‘s Zeugen.«

Pfannenstiel mischte sich ein: »So einfach ist das nicht Gäßler, das wisst Ihr. Zum einen saßen erst neulich wieder zwei Juristen hier, die auf dem Weg waren zum Reichskammergericht nach Speyer. Selbst drüben bei den Papisten legen die Richter Wert darauf, ordentliche Beweise beizuschaffen. Die Schuld der Angeklagten muss erwiesen sein. Die mala fama reicht nicht. Und zum anderen hat Kratzwurm damals seine Aussage zurückgenommen, die Heilmännin habe seine Kälber aus Rache krank gemacht.«

»Und ob du derlei wirklich gesehen hast …«

»Hört mal … der junge Herwart?«, sinnierte Schrank unvermittelt.

»Was ist mit dem?«, fragte Straub überrascht.

»Der hockt doch ständig bei ihr.«

Die Männer sahen sich an, als ginge ihnen eben ein Licht auf.

»Der hilft der womöglich?«

Schrank schüttelte den Kopf. »Dieser blasse Besenstiel? Denkt nach!«

Gäßler konnte sich keinen Reim drauf machen, worauf Schrank hinauswollte, aber dass der diesen dünnen Furz offenbar auch nicht leiden konnte, gefiel ihm.

Schrank genoss, dass alle ihn erwartungsvoll anstarrten. Schauerliches Behagen lag in seinem Blick, als er sich vornüberbeugte, alle nacheinander ansah und schließlich verkündete: »Ein junger Kerl. Ein Weib, das auf die vierzig zugeht. Warum treibt’s ihn zu ihr?« Er schaute fragend.

»Sie ist so alt nun auch wieder nicht«, warf Seyfried ein.

»Auf jeden Fall zu alt für den jungen Herwart«, röhrte Straub und fasste sich unterm Tisch in einer wüsten Gebärde ans Gemächt.

»Vielleicht gefällt’s ihm«, grinste Ackermann lüstern.

Schrank verengte die Augen zu Schlitzen und raunte in die Runde: »Ver…hext!«

Überrascht schwiegen alle. Gäßler klappte ’s Maul auf. Warum hatte er daran noch nicht gedacht? Dabei war’s so offensichtlich. Mit ihren Zauberkräften lockte sie den Schreiber zu sich ins Bett! Warum sonst war der noch nicht verheiratet? Das musste er dem Zahn unter die Nase reiben. Das wär schon mal was, auf das der eine Anklage aufbauen konnte. Unzüchtiges Verhalten, im Zusammenwirken mit Zauberei. Gäßler war hochzufrieden. »Ihr seht, es muss zu einer Untersuchung kommen. Verhören muss man sie«, pflichtete er bei. »Am besten gleich morgen beim Ortsgericht.«

Straub nickte zustimmend. »Festsetzen, ab nach Heidelberg, peinlich befragen! Anders geben die ihre Schandtaten doch nie und nimmer zu!« Die Sache war für ihn eindeutig.

Die Tür hinter Pfannenstiel wurde aufgestoßen, dessen Frau Rosa trat herein, hielt zwei dampfende Schüsseln vor ihrem großen Busen und rief wohlgemut: »Ihr Leit, fa wenn sinn die sau’re Buuhne?!«

Beschützerin des Hauses (Neuauflage)

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