Читать книгу Der magische achte Tag - Marliese Arold - Страница 8
Olivia und die Kreaturen im See
ОглавлениеWährend Laura verzweifelt zum See blickte, begann dichter Nebel aufzuziehen. Der Dunst bildete sich ganz plötzlich, dabei war es ein sonniger Tag. Unheimliche Schwaden stiegen aus der Wiese auf und formten sich zu dichten Wolken, die auf die Gruppe zuschwebten und sie einhüllten, sodass einer den anderen kaum noch erkennen konnte.
Die Männer von TEMP fluchten.
»Wo kommt diese Milchsuppe auf einmal her?«, hörte Laura Kains Stimme.
»Das geht nicht mit rechten Dingen zu«, meinte Max.
Laura spürte, wie jemand sie am Arm fasste. Sie sah zur Seite. Anouk stand neben ihr.
»Ich wette, der Nebel kommt von Shirin«, flüsterte sie. »Das ist vielleicht unsere Chance!«
Laura war noch wie gelähmt von Olivias Verschwinden. Sie konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Was war mit Olivia? Würde sie ertrinken? Oder würden die Kreaturen im See sie zerreißen?
Ach, wäre das nur ein böser Traum! Dann würde sie daraus erwachen, und alles wäre wieder gut!
Warum hatte sie Olivia nur von der magischen Welt erzählt!
»Hiergeblieben!«, dröhnte Lars’ Stimme. »Denkt nicht, dass ihr uns entkommen könnt! Wenn ihr flieht, dann machen wir mit dem Opa hier kurzen Prozess!«
»Ich knocke sie aus«, zischte Merle hasserfüllt. Laura konnte gerade noch ihre Umrisse erkennen, dabei stand sie höchstens einen halben Meter von ihr entfernt. Merle hatte die Finger aneinandergelegt und schien sich zu konzentrieren. Anouk trat hinter sie und legte ihr die Hände auf die Schulter. Es schien, als würde sie ihr so zusätzliche Kraft geben wollen.
»Verdammt, was ist das?«, schrie Lars panisch, während ein anderer Mann – Max oder Kain – schmerzvoll stöhnte.
Es raschelte neben Laura im Gras. Severin und Rufus hatten Magister Horatius unter die Arme gegriffen und zogen ihn durch das Gestrüpp. Severin machte das Daumen-hoch-Zeichen.
»Los, zum Schloss!«, raunte er den Mädchen zu.
»Wie soll das gehen – ohne Brücke?«, erwiderte Merle.
»Ich fliege voraus«, kündigte Anouk an. Schon hob sie vom Boden ab und war kurz darauf im Nebel verschwunden.
Laura folgte den Jungs, die Magister Horatius vorwärtszerrten. Unvermittelt standen sie am Rande des Sees, auf dem dichter Nebel schwebte. Das Schloss der Ewigkeit war nicht mehr zu sehen.
Laura klopfte das Herz bis zum Hals. Was passierte gerade mit Olivia? Am liebsten hätte sie sich ins Wasser gestürzt, doch das wäre gleichbedeutend mit einem Selbstmord. Sie hatte die wilden Kreaturen gesehen, die im Wasser lebten, das jetzt ganz still und tückisch dalag.
Ein lautes Knarren ertönte.
»Was ist das?«, fragte Merle.
»Hört sich an wie die Brücke«, antwortete Severin.
»Kann nicht sein«, murmelte Laura ungläubig. Normalerweise dauerte es Stunden, bis die Brücke wieder über den See schwang.
Aber Severin behielt recht. Durch den Nebel hindurch wurde ein Stück der Brücke sichtbar. Ein lautes Einrasten verriet, dass sich die Brückenteile vereinigt hatten und die Brücke jetzt passierbar war.
»Kommt wie gerufen«, sagte Severin. »Worauf wartet ihr noch?«
Die Jugendlichen betraten die Brücke. Laura und Merle hoben Magister Horatius’ Beine an, und zu viert trugen sie den Alten über die Brücke. Horatius kicherte leise vor sich hin. Konnte es sein, dass er die Brücke gerufen hatte? Schließlich war er der Erfinder dieser Welt, und niemand kannte besser deren Regeln.
Kaum waren sie am anderen Ufer, setzte sich die Brücke bereits wieder in Bewegung.
»Zu spät für die TEMP-Leute«, stellte Severin erleichtert fest.
»Die kommen ohnehin nicht so schnell«, sagte Merle leise.
»Was hast du mit ihnen gemacht?«, fragte Laura.
Merle sah sie kurz an. »Das willst du nicht wissen.«
Laura schluckte. War Merles Kraft groß genug, um Menschen zu töten? Und würde Merle ihre Gabe dafür einsetzen?
Merle hatte recht, Laura wollte die Antwort gar nicht wissen.
Drei Gestalten lösten sich aus dem Nebel. Laura erkannte Shirin und zwei Jungs, die sie manchmal im Schlosshof gesehen hatte. Severin schien sie besser zu kennen.
»Das sind Alexander und Liam«, stellte er sie den Mädchen vor.
Laura hätte gerne gewusst, welche Talente die beiden Jungs hatten. Jetzt tauchte auch Anouk auf, die sicher am Schlossufer gelandet war. Sie war noch ein wenig außer Atem.
»Keine Spur von Olivia«, teilte sie den anderen bedauernd mit. »Ich bin ein paar Mal über dem See hin und her geflogen, so dicht wie möglich über dem Wasser. Nichts.«
Laura wimmerte leise. Alexander wollte wissen, was passiert sei. Als er hörte, dass ein Mädchen vermisst wurde, zog er seine Jacke aus, drückte sie Laura in den Arm und rannte ins Wasser.
Laura schrie entsetzt auf.
»Er weiß, was er tut«, sagte Severin und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Wenn jemand Olivia finden kann, dann er. Alex kann nämlich unter Wasser atmen.«
Laura begann wieder zu hoffen. Vielleicht würde er Olivia finden. Jedenfalls schien Alexander nicht die geringste Angst vor den Ungeheuern im See zu haben, obwohl er die Gefahr sicherlich kannte.
Trotzdem zitterte sie am ganzen Leib. Die Minuten schienen sich endlos zu dehnen. Der Nebel war nach wie vor sehr dicht, sodass Laura nicht sehen konnte, was auf dem See passierte. Ab und zu hörte sie es plätschern, gelegentlich ertönte ein Gurgeln oder ein Ächzen, das ihr jedes Mal einen Schauder über den Rücken jagte. Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, kehrte Alexander zurück. Er trug die leblose Olivia auf den Armen. Er selbst schien unversehrt zu sein.
»Ich hab sie gefunden«, sagte Alexander und legte Olivia im Gras ab.
Severin kniete sofort nieder und fühlte an ihrer Halsschlagader nach dem Puls. Laura hielt den Atem an.
Severin warf ihr einen traurigen Blick zu, dann begann er mit der Herzdruckmassage. Laura kauerte sich neben ihn. Olivias Gesicht war totenbleich, die Lippen sahen violett aus. In Lauras Brust breitete sich Eiseskälte aus.
Severin bemühte sich lange um Olivia. Der Schweiß brach ihm aus. Alexander löste ihn ab. Schließlich gaben die beiden Jungs auf.
»Ich fürchte, es ist zu spät«, sagte Severin leise.
Laura warf sich schluchzend in seine Arme. Sie fühlte, wie alles in ihr zusammenbrach. Das durfte nicht wahr sein! Severin streichelte Lauras Rücken, aber Laura war untröstlich.
Sie war schuld an Olivias Tod. Hätte sie doch den Mund gehalten und ihr nichts von all den Geschehnissen erzählt. Dann wäre Olivia jetzt noch am Leben …
»Geht weg, und zwar alle«, sagte eine raue Stimme neben ihnen.
Es war Merle.
»Du kannst nichts mehr für Olivia tun«, sagte Severin und half Laura wieder auf die Beine.
Merle sah ihm fest in die Augen. »Das werden wir ja sehen«, erwiderte sie.
So kalt. Und diese Dunkelheit. Wie schwarze Tinte.
Olivia wusste, dass es ein Fehler gewesen war, sich in den See zu stürzen. Doch vor lauter Panik hatte sie nicht mehr klar denken können. Das alles war zu viel für sie.
Zuerst war es nur ein Abenteuer gewesen, das endlich einen Kick in ihr behütetes Leben brachte. Als ihr Laura von der magischen Welt erzählt hatte, hatte Olivia sie sofort beneidet. Sie hatte sich gewünscht, selbst eine außergewöhnliche Fähigkeit zu besitzen. Vielleicht ein bisschen zaubern zu können. Dann würden manche Dinge endlich nach ihren Wünschen laufen. Und vielleicht würde Severin sich ja in sie verlieben …
Nie hätte sie damit gerechnet, dass die magische Welt so gefährlich war. Richtig gefährlich. Es war nicht nur ein virtuelles Spiel, bei dem man Punkte sammeln konnte. Hier gab es echte Gefahren, schmerzhafte Verletzungen. Und die Bedrohung durch die TEMP-Leute war absolut real.
Olivia war keine Kämpferin. Sie mochte auch keine brutalen Filme. Wenn ein Krimi im Fernsehen zu heftig wurde, dann hielt sie sich lieber die Augen zu, anstatt zuzusehen, wie jemand zusammengeschlagen oder getötet wurde.
Seit die TEMP-Leute sie überfallen hatten, hatte sie sich nur noch gewünscht, nach Hause zurückzukehren und sich in ihrem Bett zu verkriechen. Selbst Severins Gegenwart war nur ein schwacher Trost. Als einer der Männer den Warnschuss abgegeben hatte, war sie einfach durchgedreht.
Sie wollte nur noch, dass es aufhörte – egal wie.
Die Verzweiflung ließ ihre Sinne abstumpfen. Sie spürte kaum, wie kalt das Wasser des Sees war. Sie war bisher nur in Schwimmbädern geschwommen, nie im Meer oder in einem großen See. Nicht einmal in einem Badeteich. Das dunkle Wasser saugte an ihren Kleidern, eine unbekannte Macht zog sie in die Tiefe. Olivia ließ sich sinken, wehrte sich nicht. Sie lieferte sich dem See aus, ließ ihn bestimmen über Leben und Tod. Dann spürte sie Berührungen an ihrer Seite, zunächst ein vorsichtiges Tasten, dann ein starker Griff um ihren Arm. Sie erwachte aus ihrem Schock und riss die Augen auf. Haarige Fratzen umgaben sie, mit langen Nasen und spitzen Ohren, Mäuler mit langen Zähnen. Zottelhaare schwebten im Wasser, Klauen mit scharfen Nägeln – eine Schar von Wesen, die allesamt aus einem Albtraum entsprungen schienen und es auf sie abgesehen hatten.
NEIN!, wollte Olivia schreien, aber kein Ton kam aus ihrer Kehle. Trotzdem änderten die Kreaturen ihr Benehmen. Statt sie anzugreifen, senkten sie ihre Köpfe, schienen sich regelrecht zu verneigen.
Du bist unsere Gebieterin!, lallte und gurgelte es von allen Seiten.
Olivia hätte fast gelacht. Das war ein schlechter Film. Oder ein Traum. Wahrscheinlich lag sie zu Hause in ihrem Bett und träumte wirres Zeug. Sie versuchte, sich zu kneifen, aber sie hatte so die Orientierung verloren, dass sie ihren eigenen Arm nicht mehr fand. Verwirrt vergaß sie, die Luft anzuhalten, und nahm einen tiefen Atemzug. Zu ihrer Verwunderung schwappte kein Wasser in ihren Mund, sie bekam Luft und konnte atmen, so als wären ihr plötzlich Kiemen gewachsen. Unbändige Freude erfasste sie. Sie hatte auch ein besonderes Talent! Das Wasser machte ihr nichts mehr aus, sie würde endlos tauchen können!
Immer wieder holte sie Luft, bis sie merkte, dass sie mit jedem Atemzug schwerer und schwerer wurde. Sie schien die Dunkelheit förmlich einzuatmen, wurde selbst ein Teil des schwarzen Wassers, löste sich in ihm auf … Es war egal, so egal …
Merle leistete Schwerstarbeit. Olivia war schon weit auf der anderen Seite, das spürte sie, sobald sie die Schläfen des leblosen Mädchens berührte. Merle schloss die Augen und fühlte sich in Olivia ein. Eine düstere Landschaft ohne Farben. Tote Bäume, die ihre kahlen Äste in den Himmel reckten. Eine verwesende Krähe am Boden, umgeben von einem Kranz aus schwarzen Federn. Und ganz weit weg am Horizont eine schemenhafte Gestalt, die Merle den Rücken zuwandte. Olivia.
»Du musst umkehren!«, rief Merle ihr in Gedanken zu.
Olivia reagierte nicht. Ihr Blick war auf einen Punkt jenseits des Horizonts gerichtet. Die Stelle schien all ihre Aufmerksamkeit zu beanspruchen.
»Wir brauchen dich, Olivia!«, versuchte es Merle noch einmal. »Es ist zu früh für dich, zu gehen.«
Unendlich langsam wandte sich Olivia um. Merle sah ihre Augen – groß und dunkel und leblos. Ein Schauder lief ihr über den Rücken.
Hoffentlich war es noch nicht zu spät!
Merle streckte die Hände nach ihr aus. »Komm zurück, Olivia! Bitte!«
»Es hat keinen Sinn mehr«, kam die geflüsterte Antwort, ohne dass Olivia die Lippen bewegt hatte.
»Wenn du jetzt gehst«, sagte Merle, »dann haben die Leute von TEMP gewonnen. Willst du das?«
Olivia schüttelte unendlich langsam den Kopf.
»Dann komm!« Merle trat einen weiteren Schritt nach vorne, immer noch mit ausgestreckten Händen. »Laura wartet. Und Severin!«
Ein leichtes Lächeln überzog Olivias Gesicht. Zögernd bewegte sie sich auf Merle zu.
»Komm!«, lockte Merle. Sie wusste, dass sie den Kontakt jetzt nicht verlieren durfte, sonst war Olivia verloren.
Nur noch wenige Meter trennten die Mädchen voneinander. Olivia hatte ebenfalls die Hände ausgestreckt.
Als sich ihre Fingerspitzen berührten, griff Merle zu und packte Olivia an den Handgelenken. Olivia wollte sich losreißen, aber Merle war stärker.
»Bleib hier, Olivia«, sagte Merle eindringlich. »Komm zurück. Wir brauchen deine Kräfte!«
Es war, als würde ein Sonnenstrahl die graue Ödnis durchbrechen. Farben leuchteten auf. Die kahlen Äste der Bäume entfalteten Blüten und Blätter. Anstatt der toten Krähe erhob sich eine weiße Taube und flog in den Himmel, ins Licht.
Merle schloss Olivia in die Arme und weinte vor Glück und Erschöpfung.
Laura hielt es fast nicht mehr aus. Merle hatte sie alle weggeschickt. Seit mehr als einer halben Stunde bemühte sie sich um Olivia.
Selbst wenn sie es schafft, wird Olivia nicht mehr dieselbe sein wie vorher, schoss es Laura durch den Kopf. Sie hatte bei Netstream genügend Krankenhausserien gesehen, um zu wissen, dass Olivias Gehirn nach so langer Zeit ohne Sauerstoff für immer geschädigt sein würde. Vielleicht würde sie ihr restliches Leben im Wachkoma fristen. Auf alle Fälle wäre sie ein Pflegefall.
Falls die Gesetze von Lauras Welt auch hier in der Welt des achten Tages galten. Sie knetete nervös ihre Finger.
Der Nebel hatte sich inzwischen fast aufgelöst. Am anderen Ufer des Sees war von den TEMP-Leuten nichts mehr zu sehen.
Merle kniete immer noch am Ufer neben Olivia. Jetzt kam sie mühsam auf die Beine, völlig erschöpft. Das schweißnasse Haar klebte an ihrem Kopf, als wäre sie selbst im See geschwommen. Ihr Gesicht wirkte fahl, unter den Augen lagen tiefe Schatten. Sie sah aus wie ein Zombie. Schwankend bewegte sie sich auf die anderen zu, brach aber nach ein paar Schritten zusammen. Shirin und Anouk eilten zu ihr, während Laura zu Olivia lief, die immer noch im Gras lag.
Ihre Gesichtsfarbe hatte sich verändert. Sie wirkte viel rosiger als zuvor. Als Laura nach ihrer Hand fasste, bewegten sich Olivias Finger.
Lauras Herzschlag setzte vor Aufregung aus.
»Olivia!«
Diese schlug die Augen auf und lächelte Laura an. »Sie haben mich ihre Gebieterin genannt!«
Laura schluckte. Fantasierte Olivia? Hatte ihr Gehirn Schaden genommen? »Wer hat dich so genannt?«, fragte Laura nach.
»Die Monster im See.« Olivia richtete sich auf. Ihr Blick war ganz klar. »Zuerst hatte ich Angst, dass sie mich angreifen. Aber dann haben sie sich vor mir verneigt.«
Sie redete irre. Laura traten die Tränen in die Augen. Was war aus ihrer Freundin geworden?
»Du glaubst mir nicht?« Olivia schüttelte den Kopf. »Ich werde es euch beweisen.« Sie stand ganz ohne Hilfe auf und machte einen Schritt aufs Wasser zu.
Laura kam blitzschnell auf die Beine und hielt Olivias Arm fest. »Du gehst nicht mehr in den See!«
»Unsinn, das will ich ja auch nicht.« Olivia schüttelte Lauras Hand ab. Dann breitete sie ihre Arme aus und rief: »Kommt heraus! Zeigt euch!«
Die Oberfläche des Sees begann sich zu bewegen. Das Wasser schlug Wellen. Laura hielt den Atem an. Sollte Olivia recht haben? Konnte sie tatsächlich über die Kreaturen im See gebieten?
Ein paar haarige Köpfe tauchten auf, die im ersten Moment so aussahen, als gehörten sie monströsen Affen. Doch als sich ihre Leiber weiter aus dem Wasser schoben, sah Laura, dass viele von ihnen acht Arme hatten wie Oktopusse. Manche dieser Arme endeten in einer menschenähnlichen Hand. Einige dieser Hände winkten Olivia jetzt freundlich zu.
Olivia grinste. »Habe ich es dir nicht gesagt?«, fragte sie strahlend.
Laura nickte und umarmte ihre Freundin. Sie war ja so froh! Merle hatte es tatsächlich geschafft, Olivia ins Leben zurückzurufen, ohne dass diese Schaden genommen hatte. Laura würde Merle auf ewig dankbar sein!
Olivia löste sich von Laura und rief den Seemonstern zu: »Ihr könnt wieder untertauchen. Aber haltet euch bereit, bis ich euch brauche!«
»Ich sehe mal nach, ob ich was für dich in der Küche finde«, sagte Anouk zu Merle und wollte los. Shirin hielt sie zurück.
»Du kannst da nicht einfach rein«, sagte sie warnend. »Die Männer von TEMP haben das Schloss in ihrer Gewalt. Ich weiß nicht, ob sie inzwischen auch die Küche gestürmt haben. Es ist zu riskant für dich.«
»Aber Merle braucht unbedingt etwas zu essen, damit sie wieder zu Kräften kommt«, meinte Anouk mit einem Blick auf Merle.
Merle war völlig erschöpft. Sie kauerte auf dem Boden, den Rücken gegen die Schlossmauer gelehnt. Noch immer tropfte ihr der Schweiß von der Stirn. Wenn sie angesprochen wurde, dann antwortete sie überhaupt nicht oder nur sehr knapp. Sie hatte nur stöhnend erklärt, gleich vor Hunger zu sterben.
»Egal, was da drin los ist, ich versuche es wenigstens«, sagte Anouk entschlossen.
»Ich komme mit«, erklärte Rufus sofort.
Die beiden verschwanden durch das große Eingangsportal.
»Hoffentlich geht das gut«, seufzte Shirin.