Читать книгу Magic Maila - Marliese Arold - Страница 6

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Maila flitzte in ihr Zimmer, um ihre Sachen zu holen. Ihr Koffer war schnell gepackt. Sie rollte auch rasch den fliegenden Teppich zusammen, der den Boden geschmückt hatte.

»Was gibt das?«, piepste ein Stimmchen. Und schon flatterte Wilbur aus der Kuckucksuhr, flog durchs Zimmer und landete in Mailas roten Locken.

»Ich packe«, antwortete Maila. »Wir fahren nach Hause.« Nach Hause! Eine plötzliche, wilde Freude erfasste sie, als ihr bewusst wurde, was das bedeutete. Sie würde nicht nur ihre Familie, sondern auch ihre Freundinnen Ninive und Ophelia wiedersehen! Wie hatte Maila sie in der letzten Zeit vermisst!

Auf einmal fiel ihr etwas ein.

»Ich muss unbedingt Emily Bescheid geben«, murmelte sie vor sich hin.

Emily Steigerwald war ihre neue Freundin in der Menschenwelt. Sie war die Einzige, die wusste, dass Maila in Wirklichkeit eine Hexe war. Sie war auch dabei gewesen, als Maila erfahren hatte, dass es sich bei Onkel Justus in Wahrheit um den mächtigen Hexer Jupiter Siebenhorn handelte.

Maila hörte auf zu packen und sauste hinunter ins Erdgeschoss, um zu telefonieren. Wilbur saß immer noch auf ihrer Schulter, als sie das Telefon aus der Ladestation riss und Emilys Nummer wählte.

Frau Steigerwald nahm ab. »Hallo?«

»Hallo, hier ist Maila«, sagte Maila hastig. »Ist Emily da? Ich muss unbedingt mit ihr reden.«

Emilys Mutter lachte. »Das klingt ja, als ob es lebenswichtig wäre.«

»Das ist es auch«, erwiderte Maila. »Jedenfalls fast.«

»Ich gehe hoch zu ihr«, versprach Frau Steigerwald. Maila hörte, wie sie die Treppe hinaufstieg. Dann wurde eine Tür geöffnet.

»Emily, Telefon für dich!«, sagte Emilys Mutter.

»Wer ist dran?«, fragte eine tiefe Stimme von Weitem.

Maila musste grinsen. Die Stimme gehörte Beppo, Emilys Berner Sennenhund. Dank Mailas Zauber konnte er sprechen, aber nur Maila und Emily konnten ihn verstehen. Alle anderen hörten nur ein normales Hundebellen.

Emily hatte inzwischen das Telefon von ihrer Mutter übernommen.

»Hallo?«

»Ich bin’s, Maila«, sagte Maila. »Kannst du ungestört reden?«

»Gleich.« Emily wartete, bis ihre Mutter aus dem Zimmer gegangen war. »So. Was gibt’s denn?«

»Meine Tante und ich reisen noch heute Nachmittag nach Großhexenfurt«, verkündete Maila. »Es ist wegen der Justus-Jupiter-Sache. Wir müssen überlegen, wie wir das Baby vor ihm schützen.«

Emily schwieg einen Augenblick. Sie musste die Nachricht erst verdauen. Ihre Stimme klang traurig, als sie fragte: »Wie lange bleibst du weg?«

»Das weiß ich noch nicht.«

»Aber du kommst doch wieder, Maila?«

Maila zögerte. »Ich weiß nicht. Ich denke schon. Wir haben ja noch längst nicht alle Maglings gefunden.«

»Ach Maila, du darfst nicht in der Hexenwelt bleiben«, bettelte Emily. »Auf keinen Fall! Jetzt habe ich endlich eine Freundin gefunden – und noch dazu jemanden wie dich! Du kannst hexen! Es darf nicht schon vorbei sein!«

Maila hörte, wie Emily mit den Tränen kämpfte. Sie fühlte einen Stich in ihrer Brust. Jetzt tat es auch Maila leid, dass sie sich trennen mussten.

»Kann ich nicht mitkommen?«, schniefte Emily. »Ich würde so gerne deine Familie kennenlernen. Und den Zauberladen möchte ich auch sehen!«

»Das geht leider nicht«, sagte Maila. »Man kann nicht einfach von der Menschenwelt in die Hexenwelt wechseln oder umgekehrt.«

»Aber du und deine Tante, ihr könnt es«, kam es etwas ruppig von Emily. Sie fühlte sich ausgeschlossen.

»Es ist … man muss mit den Ohren wackeln können«, erklärte Maila. »Davon habe ich dir doch schon einmal erzählt. Nur Hexen mit Ohren-Wackel-Talent können die Grenze übertreten.«

»Ich kann auch mit den Ohren wackeln«, behauptete Emily dumpf. »Ich habe vor dem Spiegel geübt. Sie bewegen sich. Zumindest ein bisschen.«

»O Emily, ich würde dich liebend gerne mitnehmen, das weißt du!«, sagte Maila. »Aber du bist ein Mensch, und es würde trotz Ohrenwackeln nicht funktionieren.«

»Es käme auf einen Versuch an«, beharrte Emily.

Maila hatte das Gefühl, wie auf Kohlen zu stehen. Jetzt war einfach keine Zeit für lange Diskussionen. Die Knutschkugel war in Gefahr, und wer weiß, welche finsteren Pläne Onkel Justus bereits schmiedete.

»Emily, wir probieren es aus«, sagte sie. »Das verspreche ich dir. Wir testen es, wenn ich wieder da bin. Aber jetzt muss ich los, wirklich. Ich wollte dir nur Bescheid sagen, damit du dich nicht wunderst, wenn ich morgen in der Schule fehle.«

Schweigen am anderen Ende.

»Bist du noch da?«, fragte Maila.

Emilys Stimme klang beleidigt und zugleich traurig, als sie sagte: »Hoffentlich kommst du tatsächlich wieder. Viel Glück!«

»Danke«, murmelte Maila, aber da hatte Emily schon aufgelegt.

Maila hatte ein ungutes Gefühl, als sie in ihr Zimmer zurückkehrte. Am liebsten wäre sie zu Emily gefahren, um ihr zu versichern, dass sie ihre Freundin war und dass sie das mit dem Ohrenwackeln nach Mailas Rückkehr wirklich ausprobieren würden. Aber leider ging das nicht, dazu fehlte einfach die Zeit. Tante Juna hatte ihren Koffer schon gepackt. Sie stand reisebereit im Gang.

Maila warf ihre restlichen Sachen in den Koffer, holte die Kuckucksuhr vom Schrank und packte den Phönixkäfig, der auf dem Schreibtisch stand. Fiona hatte den Phönix Philipp getauft, ohne zu ahnen, dass es sich bei dem Vogel um ein magisches Wesen handelte.

»Mist, ich bräuchte vier Arme, um alles zu schleppen«, murmelte Maila, als sie sah, dass der fliegende Teppich noch auf ihrem Bett lag. Sie konzentrierte sich und wackelte mit den Ohren, während sie leise sprach:

»Um die ganze Last zu tragen.

will ich einen Zauber wagen.

Mir wird beim Schleppen sicher warm,

doch links und rechts ein Extra-Arm,

das wäre super und genial,

dann könnt ich tragen ohne Qual.«

Mailas Schultern begannen zu jucken. Plötzlich wuchsen ihr zwei zusätzliche Arme, etwas kräftiger als ihre richtigen, mit groben Händen, die ordentlich zupacken konnten. Mühelos ergriffen diese den schweren Koffer und den zusammengerollten Teppich, sodass sich Maila nur um den Phönixkäfig und die Kuckucksuhr kümmern musste. Sie grinste stolz, als sie das Zimmer verließ.

»Meine Güte, was ist denn mit dir passiert?«, rief Tante Juna erschrocken, als sie Maila sah. »Hat dich Justus schon verzaubert?«

»Das sind nur meine Hilfsarme, und sie werden wieder verschwinden, sobald ich sie nicht mehr brauche«, versicherte Maila ihr.

Vorerst war sie froh darüber. Die beiden zusätzlichen Arme halfen ihr nämlich, den schweren Koffer auf die Ablage im Schrank zu wuchten. Auch der fliegende Teppich fand dort seinen Platz. Tante Juna war erleichtert, als Mailas Hilfsarme ihr das Gepäck abnahmen.

»Du solltest nicht so schwer heben, wenn du ein Baby erwartest«, sagte Maila zu ihr. Mühelos verstaute sie mit ihren Superarmen den Koffer ihrer Tante auf ihrem eigenen. Kaum war die Arbeit getan, schrumpften die Hilfsarme wieder und verschwanden in ihren Schultern, ohne dass eine Spur davon zurückblieb.

Tante Juna hatte staunend zugesehen. »Wahnsinn«, murmelte sie. »Du scheinst wirklich eine talentierte Hexe zu sein, Maila!«

Maila errötete bei dem Lob. Aber jetzt war es höchste Zeit, sich in den Schrank zu begeben, damit die Reise losgehen konnte. Sie und Juna nahmen auf den Sitzen Platz und schnallten sich an. Den Phönixkäfig stellte Maila zwischen sich und ihre Tante. Die Kuckucksuhr behielt sie auf dem Schoß. Wilbur wurde das Ganze unheimlich. Er kletterte in die Uhr zurück und ließ vorsichtshalber das Sicherheitsgitter herunter.

Tante Juna zog die Schranktüren zu. Nun saßen sie im Dunkeln, aber nicht lange. Mailas Tante schnippte mit den Fingern, und schon glomm über ihren Köpfen ein leuchtendes Band.

»Schrank, bring uns nach Großhexenfurt, in den Wünschelweg 7«, befahl Tante Juna.

Maila sah, wie die Adresse im Leuchtband erschien. Gleichzeitig begann der Schrank zu brummen und zu vibrieren.

»Um zu starten, müssen wir mit den Ohren wackeln«, erklärte die Tante. »Bist du bereit, Maila?«

»Ja.« Maila nickte. Vor Aufregung schlug ihr das Herz bis zum Hals. Sie atmete durch und begann, mit den Ohren zu wackeln. Das Brummen wurde lauter, und Maila spürte, wie der Schrank vom Boden abhob. Anfangs war es ein Gefühl wie in einem Fahrstuhl, aber schnell wurde die Fahrt wilder und nicht mehr so angenehm. Der Schrank neigte sich links und rechts zur Seite. Maila wurde es schwummrig. Wie gut, dass das Mittagessen wegen der Aufregung um Onkel Justus ausgefallen war! Sonst hätte sie für nichts garantieren können! So musste man sich auf einem Schiff fühlen, das in einen heftigen Sturm geraten war.

Tante Juna neben ihr stöhnte. »Ich glaube, ich werde mich nie an diese Art des Reisens gewöhnen. Oh, mir ist genauso übel wie in den ersten Monaten der Schwangerschaft!« Sie beugte sich nach vorne und zog etwas aus einer Tasche, die an der Schranktür hing. »Wie gut, dass wir Kotztüten dabeihaben.«

Sie brauchte sie dann zum Glück doch nicht, denn die Fahrt wurde etwas ruhiger. Maila hätte gern gewusst, ob der Schrank einfach so durch die Luft flog oder ob er mit einem Unsichtbarkeitszauber versehen war. Ein fliegender Schrank würde in der Menschenwelt garantiert für Schlagzeilen sorgen!

Die Reise schien endlos zu dauern. Einmal gerieten sie in ein Gewitter. Ein greller Blitz erhellte das Innere des Schranks, gleich darauf erfolgte ein ohrenbetäubender Donner. Maila zuckte zusammen, und der Phönix in seinem Käfig begann, wild zu flattern.

»Ruhig, Philipp, ruhig!«, sagte Maila, obwohl ihre Stimme zitterte. »Es ist gleich vorbei. Alles wird gut.« Das hoffte sie zumindest.

Sie konnte sich nicht mehr erinnern, ob die Reise im Fass vor ein paar Wochen auch so lange gedauert hatte. Jetzt schien der Schrank plötzlich in ein Luftloch zu fallen. Tante Juna schrie vor Schreck auf, und Maila presste die Hand vor den Mund. Endlich beruhigte sich die Fahrt wieder.

»Bist du sicher, dass die Reise in diesem Schrank ungefährlich ist?«, fragte Maila und warf ihrer Tante einen besorgten Blick zu.

»Ich gebe zu, die letzte Wartung ist wohl schon eine Weile her«, antwortete Tante Juna. »Ich habe den Schrank günstig in einem französischen Antiquitätengeschäft gekauft. Er stammte aus einer Haushaltsauflösung, und ich habe gerochen, dass es sich dabei um einen Magling handelt. Du hast recht. Ich würde mich auch nicht in ein Auto setzen, das bei der TÜV-Untersuchung durchgefallen ist.«

Jetzt ist es zu spät, dachte Maila bang. Sie wünschte, sie wäre dem Reiseschrank gegenüber misstrauischer gewesen. Aber wie hatte sie wissen können, dass sie sich einem solchen Risiko aussetzten? Sie hatte ihrer Tante vertraut!

Draußen heulte der Wind. Sie gerieten in ein zweites Gewitter, und diesmal klammerte sich Maila angsterfüllt an ihren Sitz und schloss die Augen. Würde ihr Leben in den nächsten Minuten enden? Sie dachte an ihre Familie und spürte, wie Tränen hinter ihren Augen brannten.

Auf einmal begann der Phönix zu singen. Maila riss erstaunt die Augen auf. Bisher hatte der Vogel nur gekrächzt oder kurz gezwitschert. Der melodiöse Pfeifgesang war neu. Er schien nicht nur Mailas und Tante Junas Nerven zu beruhigen, sondern auch das Unwetter draußen. Blitz und Donner verschwanden, und auch das Heulen des Windes verstummte.

Wenig später setzte der Schrank sanft auf dem Boden auf und rührte sich nicht mehr.

Sie haben ihr Ziel erreicht, verkündete die Schrift auf dem Leuchtband.

Maila schluckte. »Sind wir da?«, fragte sie zweifelnd.

»Ich denke schon.« Tante Juna löste den Sicherheitsgurt und stieß die Tür auf.

Sonnenstrahlen fielen ins Innere, sodass Maila blinzeln musste. Sie sah einen grünen Rasen und die beiden knorrigen Bäume, zwischen denen eine ausgebleichte Hängematte hing. Ein Stein fiel Maila vom Herzen. Sie waren tatsächlich zu Hause! Das war ihr Garten! Der Schrank war auf der Terrasse gelandet.

Es dauerte keine halbe Minute, da kam Oma Luna aus dem Haus gestürzt. Sie starrte Maila, Tante Juna und den Schrank fassungslos an.

»Ach, du grüne Knoblauchzehe!«, stieß sie aus. »Maila! Ist etwas passiert? Warum hast du denn kein Wiesel mit der Nachricht geschickt, dass du kommst?«

Ein Wiesel konnte die Grenze zwischen der Hexen- und der Menschenwelt ohne Probleme passieren. So wurden Nachrichten hin- und hergeschickt.

»Weil keine Zeit dafür war«, antwortete Maila und löste ebenfalls ihren Gurt. Sie sprang auf und fiel ihrer Großmutter um den Hals. »Ich bin ja so froh, dass ich da bin!«

Magic Maila

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