Читать книгу Reine Nervensache - Martin Arz - Страница 9
Оглавление04 »Die Ereignisse von gestern Abend scheinen Sie am wenigsten mitgenommen zu haben.«
»Finden Sie?« Jonas Wagenbrenner lehnte sich auf dem unbequemen Stuhl zurück und pustete vorsichtig in den Becher mit heißem Kaffee, den ihm Annabella Scholz gegeben hatte. Seine blasse Haut glänzte talgig im Sonnenlicht, das durch die Jalousien hereinfiel. »Das täuscht. Ich habe die ganze Nacht keine Auge zu getan. Vielleicht wirke ich nur so ruhig, weil ich so ziemlich als einziger nicht persönlich involviert war.«
»Nicht persönlich involviert? Sie sind gut, Herr Wagenbrenner.« Max Pfeffer zog sich sein Jackett aus und hängte es sorgfältig über den Schreibtischstuhl, damit es keine Knitterfalten bekam. Als er heute früh das Büro betreten hatte, hatte Annabella Scholz laut gepfiffen und Pfeffer von oben bis unten gemustert. Pfeffer war bekannt dafür, dass er sich immer stilsicher kleidete, sommers wie winters, ohne overdressed zu sein. Neider im Büro hielten ihn deshalb für einen eitlen Fatzke und selbstverliebten Gecken. Es juckte Pfeffer herzlich wenig.
Er strengte sich nicht einmal sonderlich an. Er überlegte nie groß, was er anziehen wollte, sondern entschied innerhalb von Sekunden. Er las selten Modemagazine und war kein Shoppingfreak, er hatte es einfach im Gespür und verfügte über einen kleinen Schrank voller klassischer Basics. Einmal im Halbjahr mistete er die Klamotten aus, die gewissen Trends unterworfen waren und durchforstete seine Lieblingsläden nach Aktuellem, Tragbarem. Gute Kleidung war eine seiner zwei Marotten, die er kultivierte – die andere Marotte war Jazz.
Pfeffer hatte in der vergangenen Nacht nur zweieinhalb Stunden geschlafen, denn nachdem sie den Fundort der Kopfes verlassen hatten, waren er und Annabella Scholz schnurstracks mit einem Spurensicherungsteam zur Wohnung des Toten gefahren. Dass hier ebenfalls nicht der Tatort war, hatten sie schnell festgestellt. Die große Penthousewohnung im vornehmen Stadtteil Nymphenburg war erlesen möbliert und wirkte auf die Beamten irgendwie aseptisch. Zwei Ikonen, die einzigen Bilder im Wohnzimmer, waren Pfeffer aufgefallen. Und außer ein paar Unterlagen, Notizbüchern, Kalendern und dem Laptop schien ihnen wenig sicherstellenswert, denn sie wussten noch nicht, worauf sie ihr Augenmerk richten sollten. Als Pfeffer schließlich todmüde ins Bett gefallen war, wusste er, dass sich Annabella Scholz in den nächsten Tagen akribisch mit allem beschäftigen würde, was aus der Wohnung transportiert worden war.
Nachdem ihn der Wecker aus einer Tiefschlafphase gerissen hatte, war Pfeffer wie jeden Tag eine Stunde gejoggt, hatte hundert Sit-ups und fünfzig Liegestütze gemacht. Der Kriminalrat ging stramm auf die Vierzig zu, doch sein Körper mit den breiten Schultern und der schmalen Taille konnte sich mit jedem jungen Sportler messen. Hüftspeck kannte er nur vom Hörensagen oder wenn er seinen Kollegen Paul Freudensprung ansah, denn der hatte sich in den letzten Monaten einen respektablen Rettungsring angefuttert, genährt von den türkischen Kochkünsten seiner Freundin Aische. Max Pfeffer jedoch legte Wert auf seinen Körper, nicht nur der Fitness wegen. An diesem Tag hatte er beim Laufen die noch herrlich kühle Luft eines sonnendurchfluteten frühen morgens genossen, der einen erneut hitzerekordverdächtigen Tag ankündigte. Er hatte kalt geduscht und den naturfarbenen federleichten Leinenanzug gewählt, dessen Hose seinen Hintern knackig zur Geltung brachte. Pfeffer wusste, was er zu bieten hatte und wie er es betonen konnte. Auch wenn er nicht der allerhübscheste war und seine Haare längst ergraut waren. Für seine Geschlechtsgenossen, die der Meinung waren, Körperpflege und -bewusstsein seien nicht maskulin, hatte er nur ein müdes Lächeln übrig. Und er vertrat die Ansicht, dass man die ultimative Geheimwaffe, die ihre Wirkung auch dann nicht verfehlte, wenn Intelligenz und Esprit nicht mehr weiterkamen – titts and ass –, einfach nicht allein den Frauen überlassen dürfe.
Annabella Scholz hatte ihm am Morgen mit »Chef, ich könnte mich auf der Stelle in dich verlieben!« begrüßt, das allein hatte alles schon gerechtfertigt. Es half Pfeffer auch deshalb, weil er sich zu Hause kaum noch begehrt fühlte. Nun setzte sich Pfeffer lässig auf die Schreibtischkante und nippte an seinem Kaffee.
»Nicht persönlich involviert ist vielleicht der falsche Ausdruck«, sagte Jo Wagenbrenner und rieb sich das stoppelige Kinn. Er sah verlegen zu Boden. Die Nacht in Polizeigewahrsam hatte er offensichtlich schlaflos verbracht, die dunkelvioletten Ringe unter seinen tiefliegenden Augen verrieten es. Seine wirren braunen Haare hingen ihm in die Stirn und klebten fettig an den Schläfen. »Ich meine nur, dass ich niemanden persönlich kannte.«
»Sie sind Schauspieler?«
»Nein, das nicht. Ich studiere Informatik. Für Veicht-Productions habe ich ab und an gearbeitet. Nur ein Job, verstehen Sie? Ich habe da mal ein Praktikum gemacht und seitdem immer wieder verschiedene Jobs übernommen. Bei den Reality-Formaten braucht man öfter einen Allrounder, der kleine Rollen spielt oder so. Mein Gesicht ist nicht sehr markant, da lässt sich viel draus machen mit etwas Schminke. Mal ein Gigolo, mal ein Kellner, und mal …«
»… ein gestörter Mörder«, ergänzte Kommissarin Scholz mit ätzendem Unterton.
»Ja, gestern auch das.« Jo spielte verlegen mit einer Haarsträhne. »Es tut mir so wahnsinnig leid. Das Mädchen vor allem. Ich meine, da sind wir sicherlich zu weit gegangen, auch ohne den Kopf und so … Aber wir dachten, die würden relaxter reagieren, wenn wir das aufklären.«
»Sie wissen, dass der Junge, also Frank Jobst, zur Beobachtung in die Psychiatrie eingewiesen wurde, weil Sie so hübsche Spielchen getrieben haben?«, sagte Annabella Scholz.
»Ich sagte doch, dass es mir wahnsinnig leid tut!« Jo Wagenbrenner zog eine verlegene Grimasse und wand sich auf seinem Stuhl. »Wenn Sie mir die Telefonnummern von ihm und dem Mädchen geben, werde ich mich gerne persönlich entschuldigen. Das habe ich nie gewollt.«
»Wir werden Ihnen selbstverständlich keine Telefonnummern von irgendwem geben. Das verstehen Sie sicher«, sagte Pfeffer emotionslos und gab seiner Kollegin ein Zeichen, dass sie es gut sein lassen solle. »Und wir sind nicht hier, um Ihr Handeln moralisch zu beurteilen. Sie werden sich irgendwann und irgendwie für ihr Tun rechtfertigen müssen, auch wenn es nicht vor Gericht ist.«
»Ich weiß, ich weiß. Sind Sie gläubig, Herr Kriminalrat?«
»Das steht hier nicht zur Debatte. Und Sie sollten meine Worte nicht so einseitig auslegen.«
»Entschuldigen Sie. Ich dachte nur. Ich bin es nicht. Nun ja, eigentlich nicht. Man weiß ja nie, was da noch alles zwischen Himmel und Erde ist.« Jo trank seinen Kaffee in einem Zug aus. »Veicht ist seicht – das ist so ein geflügelter Spruch in der Fernsehszene, ich weiß. Stimmt ja auch, Veicht-Productions setzt auf absoluten Flachsinn und macht damit Quote. Was solls, mir hat das immer Spaß gemacht. Gucken würde ich so was eh nie, aber mitmachen ist lustig und bringt Geld.« Er kratzte sich wieder am Kinn. »Entschuldigung, aber der Stoppelbart juckt so, ich rasiere mich normalerweise täglich. Das ganze Outfit hier …«, er sah an sich herunter und zupfte an dem ausgeleierten, mit Kunstblut verschmierten T-Shirt und der abgewetzten Jeans, »… ist von der Produktion geliehen. Ich würde mich bitte gerne umziehen, wenn ich darf.«
»Später, Herr Wagenbrenner«, sagte Annabella Scholz. »Möchten Sie nicht lieber einen Anwalt anrufen?«
»Brauche ich denn einen Anwalt?«
»Nein.« Pfeffer sah seine Kollegin an und schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht. Sie können nach Ihrer Aussage nach Hause gehen und tun, was immer Sie wollen. Wir werden Sie nicht festhalten. Ich muss Sie nur bitten, die Stadt nicht zu verlassen, ohne vorher mit uns gesprochen zu haben. Ein Kollege wird Sie nachhause begleiten, denn wir brauchen die Kleidung, die Sie jetzt tragen fürs Labor. Und natürlich auch die Kleidung, die Sie anhatten, bevor Sie die geliehenen Klamotten angezogen haben.«
Jo Wagenbrenner nickte.
»Nun aber zu den entscheidenderen Fragen: Welches Verhältnis hatten Sie zu Herbert Veicht und wieso hatten Sie seinen Kopf in der Tasche?«
»Der Veicht war ganz okay. Ich meine, ich habe ihn nicht so gut gekannt. Er und sein Kompagnon sind so richtige Freaks, die spinnerte Ideen ausbrüten und umsetzen. Hauptsache schrill, Hauptsache anecken. Wie jetzt das mit dem Operations-TV. Sie werden Schönheits-OPs verlosen und mit der Kamera dabei sein.«
»Krank«, entfuhr es Annabella.
»Ja, nicht? Der Gag dabei ist, dass sich nur Eltern bewerben können, die ihren minderjährigen Töchtern einen größeren Busen oder eine Stupsnase oder Ballonlippen oder so als Überraschung schenken wollen.«
»Absolut krank«, sagte Annabella.
»Krank oder nicht, Sie haben meine Fragen nicht beantwortet«, sagte Pfeffer.
Jo zog den Kopf leicht ein. »Wie gesagt, Veicht kannte ich nicht gut genug. Er war mir egal. Ich hatte meistens nur mit den Produktionsassistenten zu tun. Und wie der Kopf … ich weiß nicht. Ich hatte die Anweisung, mich ab achtzehn Uhr bereitzuhalten. Ich war im Büro von Veicht-Productions und wurde dort gestylt. Es hieß, die präparierte Tasche läge in der Requisitenkammer bereit. Das ist eigentlich keine Kammer, sondern ein großes Kellergewölbe, das zum Büro dazu gehört. Dort war die Tasche an dem angegebenen Platz gestanden. Ich habe sie nur genommen und bin zur Tankstelle.«
»War jemand dabei?«
»Nein, ich bin die Treppe hinunter und habe die Tasche genommen.«
»Und Sie haben nicht mal reingeschaut, ob auch wirklich ein Kopf drin ist?«
»Doch, ganz kurz, ich habe den Reißverschluss ein wenig geöffnet und als ich die Haare gesehen habe, … na, ich dachte halt, das ist alles künstlich.«
»Wer hat alles Zugang zu dem Keller?«
»Jeder. Das Büro ist im Parterre, die Kellerräume sind über eine Wendeltreppe frei zugänglich. Da ist nichts abgesperrt. Wenn Sie mit Ihrer Frage andeuten wollen, dass jeder die Tasche hätte austauschen können, liegen Sie absolut richtig.«
Pfeffer, Scholz und Freudensprung sahen sich im Requisitenkeller der Fernsehproduktionsfirma um.
»Ihre Kollegen von der Spurensicherung haben schon alles fotografiert und analysiert«, sagte Sigi Roß, der Ausstatter. Er war ein kleiner, kräftiger Mann Mitte dreißig. Sein Dreitagebart schien Standard zu sein und kein Zeichen einer schlaflosen Nacht – im Gegensatz zu seinen verquollenen Augen. Sigi Roß war in der Nacht noch mit Paul Freudensprung durch das gruselig gestaltete Haus gegangen und hatte dem Kriminaler alles erklärt. Dann waren die beiden Männer so sehr ins Ratschen geraten, dass sie sich schnell duzten und schließlich in die Stadt gefahren waren, um die restliche Nacht fachsimpelnd in einem Nachtcafé zu verbringen. Dabei hatten sie ihre Lieblingsschockerfilme durchgehechelt, allen voran Sieben, an dessen Ende der von Brad Pitt verkörperte Titelheld den abgetrennten Schädel seiner Frau per Postpaket erhält.
Der Ausstatter klopfte mit der Hand auf eine Styroporsäule. »Da, genau hier hin habe ich die präparierte Reisetasche gestellt, bevor ich gestern heimgegangen bin. Und heute finden Ihre Leute meine Tasche da hinten zwischen den ganzen Kisten und Kartons.« Sigi Roß deutete in eine Ecke. »Mein Kunstkopf war noch so drin, wie ich ihn hergerichtet hatte.«
»Hier kann wirklich jeder herein kommen und austauschen, was er will«, mischte sich Dieter Koziol ein, den die Nachricht vom Tod seines Geschäftspartners sichtlich mitgenommen hatte. Er schwitzte und tupfte sich ständig mit einem weißen Stofftaschentuch die Stirn und die Oberlippe. Seine Haare waren viel zu dunkel für seinen Hauttyp gefärbt, zudem kam der graue Ansatz zum Vorschein. Der große Mann schob einen beachtlichen Bauch vor sich her und sein Doppelkinn wabbelte bei jedem Wort. »Das hier ist keine Requisitenkammer im eigentlichen Sinn. Das könnten wir uns gar nicht leisten. Für so was haben wir unsere freien Mitarbeiter.«
»Freischaffende Requisiteure wie ich haben selbst ein großes Lager«, ergänzte der Ausstatter. »Bei Produktionen muss ich immer selbst alles mitbringen oder auftreiben. Ist so in der Branche.«
»Meine Rede«, sagte Koziol. »Wir benötigen den Keller hauptsächlich für unsere Unterlagen. Darf ich Sie nun nach oben in mein Büro bitten? Ich würde mich gerne ein wenig setzen.«
Für einen Mann seiner Leibesfülle legte er ein erstaunliches Tempo vor, als er die Treppen hochstürmte und durch die Büroräume lief. Die drei Kriminalbeamten blieben etwas zurück und sahen sich in dem Büro beiläufig um. Doch außer auffallend jungen, hauptsächlich telefonierenden Mitarbeitern beiderlei Geschlechts gab es nicht viel interessantes zu sehen. Dann kamen sie durch einen großen Konferenzraum, dessen Tür der durcheilende Dieter Koziol offen gelassen hatte. In dem mit einem Paravent geteilten Raum saßen zunächst zwei Frauen und ein Mann an einem Tisch und notierten sich etwas; vor ihnen standen zwei Kerle mit heruntergelassenen Hosen und präsentierten ihre Männlichkeit. Der eine kaute gelangweilt Kaugummi und hielt ein Zentimetermaß an seinen Penis. »Hab ich doch gesagt, siebzehnkommasieben.« Er hob triumphierend den Blick und reckte das Kinn vor.
»Da sind ja Elefantenrüssel nix dagegen!«, flüsterte Freudensprung, der mit offenem Mund schamlos hingestarrt hatte, Pfeffer zu. »Noch dazu schlaff. Möchte nicht wissen, wie die stehen. Hast du solche Riesendinger schon mal gesehen?«
»Ja«, sagte Pfeffer, »habe ich. Interessant wäre jetzt, warum du so hinstarrst, oder?«
Annabella Scholz kicherte. »Ich kann dazu nichts sagen. Ich habe gar nicht hingeschaut.«
»Typen mit der Ausstattung kriegen bestimmt jede«, sagte Freudensprung leise.
»Von wegen«, antwortete die Scholz. »Auf solche Monster steht keine Frau!«
»Ich dachte, du hättest nicht hingesehen.«
Hinter dem Paravent saßen ebenfalls zwei Frauen und ein Mann und machten sich Notizen; vor ihnen standen fünf junge Frauen mit nackten Oberkörpern, die eine vermaß ihren Brustumfang und sagte: »Hundertsechzehnkommadrei.« Pfeffer schmunzelte, als er bemerkte, dass Freudensprung diesmal verbissen wegschaute.
»Entschuldigen Sie, meine Herren.« Koziol drängte die Polizisten in sein Büro. »Ich hatte ganz vergessen, dass hier das Casting für Sizequeen und Sizeking läuft. Wir machen seit kurzem ein neues Format für die Spätnachtschiene von RTL. So eine Anrufshow. Bisher präsentieren wir reizende Damen oben ohne und die Anrufer können raten, wie viele Zentimeter und Millimeter. Wer es richtig geraten hat, gewinnt dann einen Geldbetrag. Das ist schnell Kult geworden, wir haben Traumquoten für ein Nachtprogramm. Natürlich kostet jeder Anruf neunundvierzig Cent, damit verdient sich der Sender eine goldene Nase. Jetzt machen wir als ausgleichende Gerechtigkeit das gleiche Prinzip für Frauen. Wir präsentieren die längsten Schwänze Deutschlands. Natürlich zeigen wir nur den schlaffen Zustand! Alles, was mehr als einen Winkel von 45 Grad hervorsteht, ist bekanntlich Pornographie und wird von uns nicht gesendet.« Koziol machte eine wegwerfende Handbewegung und ließ sich in einen Ledersessel plumpsen. Den beiden Kriminalern wies er einen Sitzplatz zu. »Seitdem hockt uns die Kirche auf dem Schoß und empört sich maßlos, die Medienwächter fallen über uns her, aber auf der anderen Seite hatte noch keine Nachtshow so hohe Einschaltquoten und außerdem rennen uns die Mädels mit ihren Riesenhupen und die Kerle mit ihren Monsterdödeln die Bude ein. Jeder will mal sein Ding in die Kamera halten. Man sollte meinen, wir sind ein Volk von Exhibitionisten. Und soll ich Ihnen was sagen? Mehr als die Hälfte der Männer, die hier vorstellig wird, hat gar keinen besonders großen.«
»Deshalb sind wir nicht hier«, sagte Max Pfeffer.
»Sizequeen war Herberts Idee. Er hatte immer gute Ideen für neue Formate.« Der dicke Mann hatte gar nicht zugehört. »Er war ein Visionär, verstehen Sie?«
»Sicher, und wie Sie eben andeuteten, hatte Herbert Veicht Ideen, die nicht auf jedermanns Zustimmung stießen. Mit anderen Worten: Hatte Ihr Kompagnon Herbert Veicht Feinde und wenn ja, wen?«
»Feinde?« Das Wort schien Dieter Koziol zurück in die Gegenwart zu holen. Er betupfte seine Oberlippe, auf der sich neue Schweißperlen gebildet hatten, mit dem Taschentuch. »Sicher. Doch seine Feinde sind gleichzeitig meine, denn wir betreiben die Firma als gleichberechtigte Partner, auch wenn mein Name im Firmennamen nicht auftaucht. Wir haben ständig Ärger mit den Kirchen, das erwähnte ich bereits. Wirklich teilweise amüsant, was da an Vorwürfen kommt. Und mit verschiedenen konservativen Kräften gibt es immer Probleme, auch wenn dieselben konservativen Kräfte sich paradoxerweise vehement für die totale Freigabe des Fernsehmarktes einsetzen. Doch ich könnte Ihnen jetzt niemanden benennen, der sich besonders aggressiv mit uns auseinander gesetzt hätte.« Er sprang mit erstaunlicher Behändigkeit aus seinem Ledersessel, schnappte sich den Telefonhörer vom Schreibtisch und bestellte bei seiner Sekretärin vier Espressi, ohne die Polizisten nach ihren Wünschen zu fragen. »Ich brauche jetzt jedenfalls einen starken Kaffee, bin bekennender Koffeinjunkie«, sagte er und ließ sich wieder tief in sein Fauteuil fallen.
»Bekommen Sie Drohbriefe oder Schmähschreiben?«
»Sicher.« Koziol lachte trocken und sein Doppelkinn glich einem Wackelpudding. »Jede Menge. Obwohl das meiste wohl an die TV-Sender direkt geht, nicht an die Produktionsfirmen. Aber wir haben Aktenordner davon. Meist nicht ernst zu nehmender Kinderkram voller Rechtschreibfehler. Die Schreiben, die wir ernst nehmen, gehen natürlich zur Überprüfung an die Polizei. Wir heben aber auch alle anderen auf, für alle Fälle, falls ja doch mal was passiert und die Polizei …« Er brach ab und starrte einige Sekunden bewegungslos vor sich hin. Dann entfuhr ihm ein lautes Schluchzen. Wasser stieg in seinen Augen auf wie eine Springflut.
»Herbert war mein bester Freund, verstehen Sie?« Nun heulte der Fernsehproduzent los. »Wir kennen uns schon, seit wir zwölf waren«, sagte er stockend unter Tränen, während er in seiner Hosentasche nach einem Taschentuch suchte. »Seit genau vierzig Jahren! Eine halbe Ewigkeit. Wir sind immer gemeinsam durch dick und dünn gegangen. Und nun ist er weg. Einfach weg. Was für ein krankes Hirn ist zu so etwas fähig?«
Pfeffer gab Freudensprung leise die Anweisung, ins Sekretariat zu gehen und die Aktenordner mit den Drohbriefen sicherzustellen. »Und wenn du die Sachen ins Büro gebracht hast, Paul, gehst du bitte nach Hause und schläfst dich aus.«
Annabella Scholz lief mit federnden Schritten und hinter dem Rücken verschränkten Armen langsam durch das Büro und vermied es, das weinende, dicke Häufchen Elend anzusehen.
Dann beugte sich Pfeffer vor und berührte mitfühlend Koziols Knie. »Gehts wieder?«, fragte er, nachdem sich der Fernsehproduzent kräftig geschneuzt und zurücklehnte hatte. »Gut. Bliebe noch die Frage nach persönlichen Feinden.«
»Ich weiß nicht«, antwortete Koziol mit erstickter Stimme, immer noch nach Fassung ringend. »Herbert hat immer viel gearbeitet und sein persönlicher Bekanntenkreis deckte sich weitgehend mit dem beruflichen. Und da ich sein bester Freund war, kenne ich eigentlich all seine Bekannten. Da wäre meines Wissens keiner dabei, der finstere Pläne gehegt hat. Warum auch.«
»Und seine Frauen?«
»Dass er mehr als eine hatte, haben Sie also schon herausgefunden.« Dieter Koziol lachte keuchend und schniefte kurz. Dann schneuzte er sich erneut geräuschvoll. »Suzi lebt heute auf Ibiza, das war seine erste Frau. Die war seit Jahren nicht mehr in Deutschland. So weit ich weiß, war es auch eine einvernehmliche Scheidung, ganz ohne böses Blut. Dann kam Noemi, das ging aber nur drei Monate gut. Sie ist heute mit einem Schönheitschirurgen verheiratet. Ich glaube nicht, dass die irgendwelche Rachegedanken gegen Herbert gehegt hat. Dazu war sie zu sehr auf Geld und Prestige fixiert, das hat sie jetzt alles in Hülle und Fülle. Nummer drei war Luna, die hieß eigentlich Gaby, aber das war ihr wohl zu spießig. Die ist so tief im Esoterikwahn versumpft, bis es sogar Herbert zu viel wurde. Mein Kompagnon hatte leider nie ein gutes Händchen mit seinen Frauen. Wissen Sie, ich bin seit siebenundzwanzig Jahren verheiratet – mit ein und derselben Frau. Und ich bin immer noch in sie verliebt. Herbert konnte das nie nachvollziehen. Kaum wackelte ein hübsches Ding mit dem Hintern, war es um ihn geschehen. So hat ihn auch die derzeitige Madame aufgegabelt. Sie heißt Bambi, auch Miss Bothox genannt. Die heißt wirklich mit Vornamen Bambi, das steht in ihrem Pass.«
»Wir haben seine Frau bisher nicht erreichen können«, sagte Max Pfeffer.
»Kein Wunder. Sie leben schon längst in Scheidung. Die treibt sich sicher irgendwo mit ihrem aktuellen Begleiter herum. Warten Sie ein paar Minuten …«, Koziol sah auf seine Uhr, »… dann können Sie sie live erleben. Sie kommt für gewöhnlich um diese Zeit vorbei, um Herbert das Leben zur Hölle zu machen. Wissen Sie, Sigmund Freud hat mal behauptet, Anatomie sei Schicksal. Nun, der gute Mann irrte auch hier. Siehe Bambi. Ich warne Sie, erschrecken Sie nicht, wenn Sie sie sehen.«
Max Pfeffer erschrak trotzdem und Annabellas Augen wurden zu schmalen Schlitzten, als Bambi Veicht einige Zeit später ins Büro rauschte. Die Frau konnte jedes Alter zwischen siebzehn und siebzig haben, denn ihr totoperiertes, straffgezurrtes Gesicht glich einer Maske. Ihr stromlinienförmig magergehungerter Körper steckte in einem knappen geblümten Sommerkleid. Die Brüste, die sich darunter abzeichneten, standen so hoch und fest, dass kein Zweifel darüber herrschen konnte, womit sie gefüllt waren. Die langen rabenschwarzen Haare wurden von einer lässig hineingesteckten Designersonnenbrille zurückgehalten. Sie war eines jener seltsamen Wesen, die heute von den Medien in nicht nachvollziehbarer Weise als »schön« bezeichnet wurden. Bambis Stilettos knallten bei jedem Schritt auf dem Parkett und ihre schrille Stimme quäkte: »Wo ist Herbert? Warum glotzen mich die da draußen alle mit so komischen Kuhaugen an? Wo steckt dieser Feigling? Versteckst du ihn hier, Dieter?«
»Herbert versteckt sich nicht …«
»Schon recht. Was bildet der sich eigentlich ein, dein sauberer Kompagnon? Siebentausend Euro! Das hat er mir allen Ernstes über seinen Scheißanwalt als monatliche Apanage angeboten. Siebentausend! Bin ich eine Putze, oder was? Wie soll ich davon bitteschön leben? Wie sollen wir davon bitteschön leben, mein Schnuckiputzi?«
Bambi Veicht beugte sich hinunter und Max Pfeffer nahm erst jetzt den kleinen Yorkshire-Terrier wahr, der mit hechelnder Zunge um die Füße seines Frauchens wuselte. Das Tier trug eine rosa Schleife im Haar und glotzte denkbar unintelligent.
Beim Aufrichten bemerkte Bambi den Polizisten. Ob sie auch die Polizistin wahrgenommen hatte, ließ sie sich nicht anmerken. Sie musterte Pfeffer unverhohlen und mit Kennermiene von oben bis unten. Pfeffer stand auf, weil er sie begrüßen wollte. Doch Bambis Blick war von seinen samtigen Kuschelaugen über die breite Brust und den flachen Bauch hinunter zu seinem Schritt geglitten.
»Und wer ist das, Dieter?« Sie wandte sich an Pfeffer. »Hör zu, Schätzchen. Die Superschwanzparade wird gerade draußen abgehalten. Und nimm deine kleine Freundin da gleich mit. Wir haben Geschäftliches zu besprechen. Ciao, Bello.«
Pfeffer verzog keine Miene und hielt der Frau seine Hand hin. »Maximilian Pfeffer, Kriminalrat. Mordkommission. Angenehm, und Sie sind Frau Bambi Veicht, nicht wahr?«
Bambi starrte ihn an, gab sich aber keine Mühe rot zu werden. In Sekundenbruchteilen schaltete sie von Zicke auf kokett. »Kriminalrat. Das ist mehr als Kommissar, nicht wahr? Richtig. Ich bin Bambi. Ebenfalls angenehm. Womit kann ich Ihnen dienen?« Sie schüttelte Pfeffers Hand eine Idee zu lange und schenkte ihm einen Augenaufschlag, der frech sein sollte. Doch blieb ihr Gesicht, dessen Muskeln durch das Nervengift Bothox gelähmt waren, maskenhaft unbewegt. Pfeffer fragte sich, ob sie wohl auch beim Sex so ausdruckslos schauen würde.
Dieter Koziol stöhnte deutlich vernehmbar. »Gib dir keine Mühe, Bambi«, sagte er ärgerlich. »Der Kriminalrat hat eine unangenehme Mitteilung für dich. Bitte, Herr Pfeffer, nur zu, sagen Sie es ihr.« Dieter Koziol sah Pfeffer begierig an, keine Frage, er freute sich darauf, was kommen würde.
»Mir was sagen?«
»Es tut mir leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Gatte verstorben ist. Er wurde heute Nacht ermordet aufgefunden.«
»So?« Bambi blickte zwischen Pfeffer und Koziol hin und her, als ob sie nach einem Anzeichen suchte, dass alles nur ein Scherz sei. Annabella Scholz war nach wie vor aus ihrem Aufmerksamkeitsfeld verbannt. »So so. Nun, das ist sehr bedauerlich. Erwarten Sie jetzt, dass ich in Tränen ausbreche? Da muss ich Sie enttäuschen.«
»Weil Bothox auch die Tränendrüsen lähmt?«, warf Dieter Koziol kühl ein.
»Mach dich nicht lächerlich, Dieter. Nun, Herr Pfeffer«, sie ließ ihre Stimme einige Tonlagen tiefer in die Verruchtheitsebene gleiten und rollte das R übertrieben, »Sie wissen sicherlich längst, dass das Verhältnis zwischen mir und meinem Mann in letzter Zeit sehr abgekühlt war. Sehr! Wir leben getrennt. Er hat sich in sein Penthouse in Nymphenburg zurückgezogen und mir die Pullacher Villa gelassen. Haben Sie denn den Täter?«
»Nein.«
»Oh, durch mein Geplappere mache ich mich nun sicher verdächtig.« Sie schlug kokett eine Hand vor ihren Mund. »Und wenn ich mich recht entsinne, bin ich nun reich. Das macht mich sicher noch verdächtiger. Wollen Sie mich nicht verhaften, Herr Inspektor?« Sie trat nah an Pfeffer heran und legte die Hände über Kreuz auf seine Brust. Pfeffer ergriff sie. Bambi Veicht schloss kurz die Augen und schnupperte. »Sie riechen gut, Herr Pfeffer. Sagen Sie nichts. Das ist was Italienisches, nein, halt, ich irre mich. Natürlich etwas Englisches, männlich elegant und trotzdem sportlich frisch mit einem Hauch Exotik. Hmmm, köstlich, etwas ganz Seltenes, Teures … Blenheim Bouquet von Penhaligon’s! Sie haben Geschmack, Maximilian Pfeffer!«
»Mein Kompliment«, sagte Pfeffer und schmunzelte, dabei ließ er sie in seinen Samtaugen kuscheln.
»Bambi war mal Parfumverkäuferin«, sagte Dieter Koziol giftig.
»Ich war Kosmetikerin!« Bambi Veicht befreite ihre Hände aus Pfeffers Griff. »Und so wie es nun aussieht, bin ich jetzt Fernsehproduzentin, nicht wahr? Deine neue Partnerin, lieber Dieter. Also halte sich zurück und überlege dir gut, wie du unsere Zusammenarbeit gestalten willst.«
»Du meine Partnerin?! Nie im Leben. Nur über meine Leiche.« Dieter Koziol war krebsrot angelaufen.
»Ich denke, wir haben genug gehört«, mischte sich Pfeffer ein. »Wenn sich Fragen ergeben, werden wir uns bei Ihnen melden.«
»Wollen Sie denn nicht wissen, was ich zum Tatzeitpunkt gemacht habe?«, fragte Bambi mit dramatisch aufgerissenen Augen. »Ob ich ein Alibi habe?«
»Sobald wir den genauen Tatzeitpunkt wissen, werden wir das sicherlich fragen. Ich komme dann auf Sie zu.«
»Ich bitte darum, Herr Pfeffer. Besuchen Sie mich jederzeit. Ich habe einen Pool!«
»Was findet ihr Kerle nur an solchen … solchen Tussen?!«, fragte Annabella Scholz empört, während sie ins Auto stieg. Auf der anderen Straßenseite parkte ein rotes Mercedes-Cabriolet. Auf dem Fahrersitz lümmelte ein muskulöser Mann mit rasierter Glatze und einem so kurz getrimmten Bärtchen um den Mund, dass es kaum mehr als ein blauer Schatten war. Pfeffers Blick traf den des Mannes. Der Mann setzte sich gerade hin, ließ den Brustkorb schwellen, schob seine Sonnenbrille hoch und hielt dem Blick stand.
Als die Polizisten losfuhren, sagte Annabella: »Jede Wette, dass das ihr Macker war? Und jede Wette, dass der ihr Alibi sein wird?« Annabella imitierte Bambis Tonlage: »Ach, Herrr Pfefferrr, mein Cousin und ich haben Halma gespielt, als mein Mann errrmorrrdet wurrrde. Die ganze Zeit. Frrragen Sie nurrr meinen Cousin.« Pfeffer lachte und Annabella fand ihre normale Stimme wieder. »Früher hätte man so was auf dem Jahrmarkt in der Freakshow ausgestellt.« Sie atmete hörbar ein. »Da schnallt sich eine die getunten Titten hoch und schon fangt ihr alle das Sabbern an, obwohl der Rest aussieht wie ein Zombie.«
»Also ich persönlich habe niemanden sabbern sehen«, antwortete Pfeffer schmunzelnd, wobei er sich selbst gegenüber zugeben musste, dass die Frau eine gewisse Art von Sex ausstrahlte.
»Aber die ist dir doch beinahe an die Wäsche gegangen.«
»Eben nur beinahe. Ich bin hart im Nehmen.«
»Kein Wunder, dass ich keine Chancen auf dem Markt habe.« Die Kommissarin hob mit den Händen ihre Brüste nach oben. »Würde mir das stehen? Ein Tuning? Vielleicht wird ja dann wieder alles gut. Ihr Männer habt es da einfach besser. Selbst so eine Trantüte wie unser Gaudihupf hat im Nullkommanichts eine Neue gefunden, nachdem er von seiner Frau auf die Straße gesetzt worden war. Und dann kriegt er auch noch so eine süße, liebe, nette wie Aische. Die hat er gar nicht verdient. Das ist so ungerecht.«
»Bella, nur weil du von deinem Freund verlassen worden bist, heißt das nicht, dass du hässlich oder nicht begehrenswert bist! Du bist eine attraktive Frau.«
»Das musst du ja aus Höflichkeit sagen. Bin ich nicht«, sagte Annabella trotzig. »Ich habe eine Brille!«
Pfeffer hörte genau den Unterton heraus, der mehr Komplimente einforderte. »Viele tolle Frauen haben eine Brille.«
»Nenn mir eine!«
»Äh …«
»Siehste!« Annabella Scholz schielte zu ihrem Chef hinüber. Sie kannte ihn gut genug … Tatsächlich, er grinste schief und gluckste in sich hinein. »Du bist sooo reizend zu mir!« Sie ließ sich von ihm anstecken und lachte laut.
»Und um deine Frage zu beantworten – du«, sagte Pfeffer schließlich.
»Wie ich?«
»Du bist eine tolle Frau mit Brille. Mal im Ernst«, sagte Pfeffer. »Du bist eine gutaussehende junge Frau. Du hast wundervolle Haare und ein ebenmäßige Gesicht.« Gar nicht so einfach, einer Untergebenen Komplimente zu machen, auch wenn ein lockerer Ton zwischen ihnen herrschte. »Reicht das? Viel mehr interessiert mich, was du von Koziol hältst.«
»Du lenkst ab, Chef! Aber okay, ich denke, er trauert wirklich um seinen Freund. Das war echt. Ein echter Verlust, ein echter Schmerz.«
»Sehe ich genauso. Ihm ging der Tod des Freundes nahe, nicht der Tod des Geschäftspartners. Ich vermute mal, wir können ihn wohl bald von der Liste der Verdächtigen streichen.«
»Prima. Dann red nicht lange um den heißen Brei herum, ich will wissen, was du von mir hältst«, sagte Annabella Scholz fordernd.
»Okay, du hast eine Brille, aber das ist nicht der Punkt. Das Modell ist einfach nicht vorteilhaft für dein Gesicht. Vielleicht solltest du doch deine Aversion gegen Kontaktlinsen überwinden. Und wo wir gerade bei vorteilhaft sind – deine Kleidung ist es meist ebenfalls nicht.« So, jetzt war es raus. In Pfeffers Augen war seine Kollegin ein unscheinbares Entlein mit dem Potenzial zu einem kleinen Schwan. Weil sie schwieg, redete er weiter. »Immer die sportliche Nummer kommt bei Männern nicht so gut an. Auch wenn du keine Röcke magst, es gibt auch noch andere Hosen als schlabbrige Jeans – und seien es nur knackig sitzende Jeans. Und ein klitzekleines bisschen Make-up hat bisher noch keiner Frau geschadet.«
»Ist es wirklich so schlimm?« Bella starrte ihren Chef an. Sie schien fassungslos.
»Ich sagte doch, du hast jede Menge Potenzial, das man nur fördern muss.« Er bereute, dass er sich zu den Bemerkungen hatte hinreißen lassen. Doch seit Annabella wenige Monate vor der geplanten Hochzeit verlassen worden war, hing sie unleidig herum. »Du hast doch sicher eine Freundin, mit der du mal Nenn mir eine!« gehen kannst.«
»Habe ich nicht.« Sie sah aus dem Wagenfenster und schwieg einen Moment. »Wenn du schon so viel Potenzial in mir entdeckst, warum förderst du es dann nicht?«
»Gibt es für diese Problematik nicht mindestens dreihundert TV-Formate? Bewirb dich doch mal da. Frag Dieter Koziol, ob er dich nicht in einer seiner Shows unterbringen kann.«
»Vielen Dank.« Annabella Scholz schmollte. »Echt. Besten Dank auch!«
Max Pfeffer lachte. »Okay, wir gehen mal einkaufen. Versprochen. Wenn das hier alles zu Ende ist.«
»Chef, ich wiederhole mich zwar nur ungern, aber ich könnte mich gelegentlich in dich verlieben.«