Читать книгу Was für ein Hund! - Martin Danders - Страница 6
3. Kapitel
ОглавлениеWieder in Berlin hatte ich mir überlegt mit Tachoti in eine Hundeschule zu gehen. Ich fand eine passende Erziehungsanstalt für meinen chaotischen Hund im Frederikenhof südlich von Berlin. Bei unserem ersten Auftritt in der Schule zog Tachoti, wie eine Wahnsinnige an der Leine, als sie die anderen Hunde sah. Sie war kaum noch unter Kontrolle zu halten. Beim gemeinsamen Freilaufen auf einem eingezäunten Freigelände legte sie sich mit einer anderen Hündin an, kämpfte mit der Rivalin und gewann den Kampf. Die Gesichter der hauptsächlich weiblichen Hundebesitzer zeigten mir, dass sie mir diese Geschichte persönlich krumm nahmen. So zog ich es vor das Anwesen umgehend zu verlassen und mich mit meinem Hund in keiner Hundeschule mehr blicken zu lassen.
Auch den ehemaligen Minenstreifen rund um Berlin, ein beliebter Hundetreff, wo ich zuvor mit Tisza regelmäßig war, hatte ich nur ein paar Mal aufgesucht und danach nie wieder, weil Tachoti an jeder Ecke Beißereien mit anderen Hündinnen und kastrierten Rüden hatte. Tachoti hatte keinen der Kämpfe verloren, was mir auf dem Minenstreifen natürlich keine Freunde bescherte. Bis heute hat sie sich niemals unterworfen, indem sie dem Konkurrenten die Kehle zeigt. Bald konnte ich mich auf dem Hundetreff nicht mehr blicken lassen. Mir Rüden verstand sie sich ausgezeichnet, allerdings nur, wenn sie tatsächlich richtige Männer waren. Bei Kastraten wusste sie nicht genau, ob ihr Gegenüber überhaupt ein Hund war. Jahrelang hatte ich das überhaupt nicht kapiert. Nach Hundekämpfen mit Rüden hatte ich die Halter immer gefragt, ob der Hund kastriert war. Tatsächlich waren es ausnahmslos Kastraten, somit war mir die Angelegenheit klar. Seit dieser Erkenntnis fragte ich jeden Rüdenbesitzer, ob ihr Hund kastriert war. Wenn dieser Sachverhalt zutraf, hielt ich danach Abstand.
Aufgrund der zuvor genannten Erfahrungen suchte ich außerhalb von Berlin einsame Flecken, wo es keine Radfahrer, keine Jogger, möglichst wenig Hunde und Pferde gab. Ich hatte mehrere gute Stellen gefunden. Dort konnte sie ihrer größten Leidenschaft nachgehen, nämlich dem Wild hinterher jagen, wobei sie dann häufig für eine halbe Stunde verschwunden war.
Bei einem Spaziergang mit S. bei Genshagen war sie plötzlich nicht mehr zu sehen. Wir pfiffen und schrien in alle Himmelsrichtungen, allerdings erfolglos, da sie nicht mehr auftauchte. Für mich war das kein schönes Gefühl, wenn der geliebte Hund von der Bildfläche verschwunden war. Kurzzeitig durchzuckten mich Panikvorstellungen, dass der Chaosbomber irgendwo auf einer Landstraße überfahren wurde oder andere, ähnliche Schauergeschichten. Schließlich waren S. und ich in eine Schonung gelaufen, um sie dort nach ihr zu suchen. Leider hatten wir dabei keinen Erfolg. Wir setzten uns verzweifelt auf den Waldboden und überlegten, was wir noch tun könnten. Plötzlich kam Tachoti von hinten durch die Schonung gekrochen und freute sich uns wiederzusehen. Vielleicht hatte sie jetzt ein schlechtes Gewissen. Unwahrscheinlich, denn so etwas wäre eher ein zu menschliches Verhalten. Die Jagd war zu schön, da hatte ich vollkommen vergessen, wo sich mein Rudelführer befindet. Zu dumm, dass ich die Fährte des Rehs verloren hatte, waren bestimmt ihre Gedanken.
Bei S. in der Wohnung steht ein großer Kleiderschrank im Wohnzimmer, der aus unlackiertem Holz gebaut ist. In der großen Tür befindet sich ein ovaler, großer Spiegel, dessen Sichtbereich ca. 20 Zentimeter über dem Boden beginnt. Als Tachoti mit mir das erste Mal bei S. war, war sie über den großen Hund, der sie im Wohnzimmer anstarrte und sich auch noch bewegte, extrem beunruhigt. Sie bellte wütend ihr Ebenbild und wäre fast ins Glas gesprungen. Wir lachten uns über die komische Szene halb schief. Mindestens ein halbes Jahr dauerte es, bis sie sich nicht mehr über den Hund im Schrank aufregte. Danach hatte sie niemals wieder in den Spiegel geschaut.
Anfänglich hatte ich mich noch getraut, Tachoti vor dem Supermarkt an den dort vorhandenen Stahlringen, die an der Betonwand befestigt waren, anzubinden. Zusammen mit ihrem Geschirr und der Rottweilerleine mit Spezialdrehhaken aus dem Baumarkt war sie absolut sicher befestigt. Jedenfalls dachte ich es bis zu einem für Tachoti typischen Vorfall. Das Geschirr war übrigens bei ihr unbedingt notwendig, weil sie sich mit einem normalen Halsband beim Ziehen irgendwann erwürgt hätte. An einem Vormittag band ich sie an der Betonwand fest und ging in den Supermarkt. Einige Bauarbeiter standen mit ihrem Pritschen-LKW auf dem Kundenparkplatz und luden einige Bauutensilien auf die Ladefläche. Im Laden war ich auf meinen Einkauf konzentriert, so wie eine professionelle Hausfrau. Als ich an der Kasse in der Schlange stand, hörte ich draußen einen lauten Knall. Das Geräusch stammte von den Arbeitern, die eine größere Metallplatte auf die Pritsche geworfen hatten. Mein siebter Sinn sagte mir, dass der Knall bestimmt nicht so gut war. Mit einem unguten Gefühl zahlte ich meine Lebensmittel und packte sie in meinen Einkaufsbeutel. Als ich den Laden verließ, sah ich Tachoti draußen auf dem Kundenparkplatz ohne Geschirr und Leine herumlaufen. Sie war vollkommen verängstigt, erkannte mich aber und wartete bis ich bei ihr war. An der Betonwand hing ihre Rottweilerleine schlapp herunter und ihr Geschirr lag direkt daneben auf dem Boden. Ich führte sie nackt, wie Gott sie geschaffen hatte, zu ihren Hundeutensilien. Zum Glück schaffte ich es und befestigte dort ihr Geschirr und die Leine. Schuld war die Metallplatte, die die Arbeiter auf den LKW geworfen hatten, da war ich mir ganz sicher. Da solche überraschende, laute Geräusche innerhalb der Stadt immer mal wieder auftauchen könnten, hatte ich mich danach entscheiden, sie niemals mehr draußen beim Einkaufen anzubinden, weil das Risiko zu groß wäre. Auch Kinder sind häufig unberechenbar, zwar sind ihr Kinder egal, aber wenn sie von ihnen provoziert werden würde, würde sie das bestimmt nicht so gut gefunden.