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Kapitel 4
Willkommen bei SWORD!

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»Hat jemand ein Kartenspiel?« Wenn Hutchinson glaubte, eine witzige Bemerkung gemacht zu haben, sah er sich getäuscht. Niemand lachte. Seit die Präsidentin und auch Patterson den Besprechungsraum verlassen hatten, hatte sich ein unangenehmes Schweigen in der Runde ausgebreitet. Niemand sagte etwas, niemand tuschelte. Für den ohnehin wortkargen Cycle war das eine willkommene Abwechslung.

Ihm entging nicht, wie Reid die Gruppe der Reihe nach schweigsam musterte. Wahrscheinlich machte er sich gedanklich über jeden Einzelnen Notizen und legte bereits ein psychologisches Profil an, für den Fall, dass er und die anderen den angebotenen Job annahmen. Militärisch gesehen war Reid der ranghöchste Soldat unter allen. Es verstand sich von selbst, dass er das Kommando über die Gruppe übernahm, sollte es zu einer Gruppenbildung kommen. Bisher hatten noch nicht alle dafür gestimmt.

»Brauchen Sie meine Schuhgröße, Kumpel?«, fragte Cycle als der Blick Reids ungewöhnlich lange auf ihm ruhte. Der andere grinste.

»Sie gefallen mir, Keller.«

»Ich hoffe nicht, dass Sie auf der Suche nach einem Stück Arsch …« Diesmal war der Stoß in seine Seite heftiger als das leichte Knuffen von vorhin. Zuerst bohrte sich Irinas Ellbogen in sein Fleisch, dann der Bozenas.

Reid hatte verstanden, was er sagen wollte, auch wenn Cycle den Rest seines Satzes herunterschluckte. »Keine Sorge, Keller. Ich stehe mehr auf Damen …« Er hielt kurz inne, blickte in die Runde und fügte hinzu: »Anwesende natürlich ausgenommen. Nicht, dass mir jemand sexuelle Belästigung vorwirft, falls ich den Job übernehme und Sie alle unter mir dienen.«

»Sie müssen noch viel reifer werden und mehr Verantwortung gegenüber Ihren Untergebenen zeigen, wenn Sie den Posten übernehmen wollen«, sagte Alex Patterson, der gerade wieder durch die Tür marschierte und sich die Krawatte richtete.

Cycle fiel sofort auf, dass er sich verändert hatte. Hektikflecken hatten sich auf seinen Wangen gebildet. Sein Nacken wirkte feucht und er machte einen gehetzten Eindruck.

»Probleme?«, fragte Irina, die es auch bemerkt hatte.

Patterson atmete tief durch. »Vielleicht. Aber nichts, was das Team beunruhigen sollte. Also, Herrschaften. Haben wir ein Team?«

Hutchinson hob die Hand. »Die Bezahlung hört sich gut an. Die Aussicht, direkt für die Präsidentin zu arbeiten, ebenfalls. Bin dabei.«

Patterson nickte und sah Lacy Helms an. Ehe sie antworte, schweifte ihr Blick ausgiebig in die Runde.

»Niemals werde ich dir meine Hilfe entziehen, nie dich im Stich lassen. Josua 1,5b.« Sie machte eine Pause. »In anderen Worten: Semper Fidelis. Ich bin dabei.«

Da Cycle, Bozena und Irina bereits ihre Teilnahme bestätigt hatten, bevor Patterson den Raum aufgrund des Anrufs verließ, ruhten nun alle Blicke auf Reid.

Der rieb sich das Kinn, ignorierte die vielen Augenpaare und stand mit einem Mal auf. Cycle rechnete damit, dass der Typ den Raum verließ und irgendetwas in Richtung »Macht euren Scheiß alleine« sagen würde, doch zu seiner Überraschung richtete Reid seine Kleidung und salutierte vor der amerikanischen Flagge, die neben Patterson an der Wand des Besprechungsraumes hing.

»Entschuldigen Sie, wenn ich etwas flapsig und machomäßig rübergekommen bin. Ich habe durchaus meine ernsten und verantwortungsvollen Seiten, sonst wäre ich niemals zum Captain befördert worden.« Er nahm die Hand runter und sah zu Patterson. »Bevor ich Ja sage, Sir. Die meisten von uns geben ihren Job dafür auf und können vermutlich nicht mehr zurück. Auch bei dem Honorar, das Sie uns in Aussicht stellen, bleibt dennoch ein fader Beigeschmack. Wird das Arrangement befristet sein?«

Patterson deutete mit dem Zeigefinger auf ihn. »Guter Punkt, Mr Reid. Präsidentin Gainsborough ist seit fast vier Monaten in Amt und Würden. Wir haben drei Jahre und acht Monate, um das Team als einen amtlichen Bestandteil zu festigen, es als Behörde, Teilstreitkraft oder andere staatliche Organisation zu etablieren, damit auch ein potenzieller Nachfolger der Präsidentin Ihr Team als legitim anerkennt. Hängen Sie noch vier Jahre dran, weil wir natürlich davon ausgehen, dass Präsidentin Gainsborough eine zweite Amtszeit erhält. Nichts ist endgültig, Herrschaften. Es wäre nicht das erste Mal in der amerikanischen Geschichte, dass eine Behörde durch einen Beschluss des Kongresses aufgelöst würde, aber genau diesen wollen wir in den nächsten Jahren dazu bewegen, unsere Institution amtlich anzuerkennen. Ein bisschen Risiko ist immer. Wer auch immer in dem Sessel hinter dem Resolute Desk Platz nimmt, Mr Reid, ist sich der Tatsache bewusst, dass er dies für vier oder maximal acht Jahre tut, ehe er den Tisch wieder räumen muss. Ich kann nicht versprechen, dass Ihr neuer Job Bestand hat, ich kann nur versprechen, dass wir alles Mögliche tun, ihn so lange wie möglich zu sichern.«

»Also schön.« Reid machte eine Pause, als wäre er noch immer unschlüssig. Doch dann nickte er. »Ich bin dabei.«

Patterson klatschte in die Hände und grinste breit. »Ladys und Gentlemen, willkommen bei SWORD! Den Strategic Worldwide Operations for Reconnaissance and Defense. Regeln Sie Ihre Angelegenheiten und finden sich morgen um vierzehnhundert auf der Andrews Base ein. Wir kümmern uns um Ihre Versetzung bei Ihren bisherigen Einheiten, sofern Sie aktuell in einer gedient haben. Unsere freien Mitarbeiter«, er sah in Richtung Irina, Cycle und Bozena, »benötigen solche Formalitäten nicht. Für alle Fälle behalten Sie Ihre bisherigen Unterkünfte. Wir übernehmen dafür die Mieten oder Hypotheken für die Dauer Ihres Einsatzes bei SWORD. Laut Ihren Dienstakten ist niemand von Ihnen verheiratet. Gibt es engere Bindungen, von denen wir wissen müssten?«

Er sah in die Runde. Niemand antwortete.

»Gut. Abflug um 14 Uhr nach New Brunswick in Kanada. Ich verspreche Ihnen, Sie werden Ihre neue Einsatzbasis lieben. Wie sagt man so schön beim Militär? Wegtreten!« Patterson grinste wieder und wies mit einer Geste zur Tür.

* * *

Der Wind war aufgefrischt und schlug Cycle ins Gesicht, pflügte durch seinen Bart und ließ ihn frösteln. Er schrieb diesen Umstand nicht allein dem Wetter zu, sondern eher dem, was er gerade gehört hatte.

»Und?«, fragte Irina an seiner rechten Seite, als sie sich draußen befanden und die anderen bereits davongefahren waren. Noch ein Fahrzeug stand da, offenbar jenes, mit dem Bozena und Irina hierhergekommen waren. Die beiden Frauen hatten ihm angeboten, ihn mitzunehmen.

Er schielte über den Rand seiner Sonnenbrille zu der Rothaarigen, antwortete jedoch nicht.

»Was sagst du?«

»Sind am Ende ziemlich viele Worte gefallen.«

Irina verdrehte die Augen. »Das meinte ich nicht. Du hast die Chance, diesen Mistkerlen von Acheron in den Hintern zu treten.«

Cycle verzog die Mundwinkel, was Irina dank des Bartes nicht sehen konnte. »Ihr habt mich genötigt.«

»Du bist ein erwachsener Mann«, sagte Bozena an seiner linken Seite. »Mir ist bisher entgangen, dass du dich von Frauen beeinflussen lässt.«

Er seufzte. Sie schlenderten zum Wagen hinüber.

»Patterson hat mir gerade noch gesteckt, dass wir Vigilante in Kanada sehen werden«, sagte Bozena.

Irina keuchte überrascht. »Was?«

»Hast du ein Problem damit?«

»Ich? Nein, wieso?«

»Weil du plötzlich zitterst, Herzchen.« Bozena blieb stehen.

»Da läuft was«, kommentierte Cycle.

Irina breitete die Hände aus. »Also schön, ja, ich hab ihn gestern getroffen. Allerdings bin ich sang- und klanglos verschwunden, ich weiß nicht, ob er mir das übel nimmt. Wieso kommt er nach Kanada?«

»Wärest du nicht so sang- und klanglos verschwunden, hättest du an seiner Seite eine Meute Attentäter abwehren können.«

»Was ist passiert?« Irinas Sorge in den Augen schien echt zu sein.

»Weiß noch niemand. Patterson sagte, dass Vigilante nach Dunoire fragte und sie und Sentinel nicht erreichen kann. Daraufhin hat der Stabschef eine Polizeistreife zum Haus Dunoires geschickt. Das ist in die Luft geflogen und hat die Cops getötet. Kurz danach wurde Vigilante in seinem Unterschlupf angegriffen. Niemand wusste, wo er sich versteckt hält, von wenigen Ausnahmen abgesehen.«

»Du meinst, die sind mir gefolgt?«

Bozena schüttelte den Kopf. »Unwahrscheinlich. Wer immer die sind, die haben ihre Infos woandersher.«

»Geht es ihm gut?«, wollte Cycle wissen und stellte damit die Frage, die sich Irina augenscheinlich nicht traute zu fragen.

Bozena hob die Schultern. »Patterson hat ihn nach Kanada eingeladen. Sentinels Schwester ist bei ihm.«

Sie gingen weiter und erreichten den Wagen

»Da stimmt doch was nicht«, sagte Irina. »Wir stehen hier und gründen eine neue Einsatztruppe, Dunoire und Sentinel verschwinden und Vigilante wird in seinem Versteck aufgespürt, obwohl alle ihn entweder für tot halten oder ihn im Gefängnis wähnen?«

»Ganz deiner Meinung.« Cycle öffnete die Knöpfe des Sakkos, streifte es von den Schultern und warf es auf die Rückbank. Dann krempelte er die Ärmel des blütenweißen Hemdes hoch. Er war froh, wenn er aus den Klamotten rauskam und wieder in seine gewohnten Sachen schlüpfen konnte.

Die drei stiegen ins Fahrzeug. Bozena ließ den Motor an und fuhr los. Cycle lehnte sich auf der Rückbank zurück und warf über den Rand der Ray-Ban einen Blick zurück zu dem ungewöhnlichen Treffpunkt. Er hatte das Gefühl, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Allerdings sah die Alternative nicht unbedingt rosig aus. Nachdem er sich gegen seinen Arbeitgeber gestellt und sein eigenes Team bei der Nexus Initiative bekämpft hatte, waren seine Tage als Freischärler für vermeintliche private Sicherheitsorganisationen gezählt. Er war gespannt, was ihn im Auftrag der Präsidentin erwartete.

Das Vigilante-Komplott (Vigilante 4)

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