Читать книгу Der goldne Topf von E.T.A. Hoffmann: Reclam Lektüreschlüssel XL - Martin Neubauer - Страница 5
2. Inhaltsangabe
ОглавлениеErste Vigilie: Der Student Anselmus ist ein rechter Tollpatsch und Pechvogel, stolpert er doch vor dem Schwarzen Tor in Dresden aus lauter Ungeschicklichkeit in den Äpfel- und Kuchenkorb eines alten Marktweibes. Das ruft dem Davoneilenden seltsame Worte nach: »Ja renne – renne nur zu, Satanskind – ins Kristall bald dein Fall – ins Kristall!« (S. 5).
Anselmus zieht sich an eine abgeschiedene Stelle nahe der Elbe zurück, wo er, unter einem Holunderbaum Pfeife rauchend, seine bisher durchlittenen Unglücksfälle Revue passieren lässt und unerfüllbaren Karriereträumen nachhängt. Anselmus begegnet SerpentinaPlötzlich geschieht etwas Wunderbares: Er vernimmt in der Einsamkeit liebliche Klänge und geheimnisvolle Worte, und im Baum erspäht er drei kleine grüngoldene Schlangen. Eine davon fesselt ihn mit ihrem zutiefst irritierenden, hypnotischen Blick. Mit dem Untergang der Sonne lässt eine raue Stimme aus der Ferne den zauberischen Spuk jäh verschwinden.
Zweite Vigilie: Anselmus, von einer promenierenden Bürgerfamilie dabei überrascht, wie er gerade mit dem Holunderbaum spricht, ergreift peinlich berührt die Flucht und Anselmus begegnet Veronika Paulmanntrifft zufällig auf den mit ihm befreundeten Konrektor Paulmann, der in Begleitung seiner beiden Töchter sowie des Registrators Heerbrand am Elbufer unterwegs ist. Gemeinsam setzt man über den Fluss, da glaubt Anselmus, im Widerschein eines nächtlichen Feuerwerks die goldenen Schlänglein im Wasser zu erkennen, und geht vor Aufregung fast über Bord. Das seltsame Verhalten des Studenten liefert der kleinen Gruppe Gesprächsstoff über die rationale Erklärung von Wachträumen.
Der Einladung ins paulmannsche Haus Folge leistend, begleitet Anselmus die ältere Tochter des Hausherrn, die hübsche Veronika, auf dem Klavier. Der Konrektor und der Registrator machen Anselmus das Angebot, beim Archivar Lindhorst, einem alten, verschrobenen Gelehrten, Manuskripte zu kopieren.
Es scheint, als sei die Unglücksserie unterbrochen. Doch als sich der Student am folgenden Mittag bei seinem neuen Brotherrn vorstellen möchte, bemerkt er mit Entsetzen, dass sich der Klopfer an dessen Haustür vor seinen Augen in die Fratze des alten Äpfelweibs und die Klingelschnur in eine Würgeschlange verwandelt. Anselmus verliert das Bewusstsein und erwacht zu Hause in Gegenwart seines besorgten Gönners Paulmann.
Dritte Vigilie: Im Laufe des Kapitels erfährt man, wie sich der Vorfall aus der Sicht des Konrektors zugetragen hat. Ein altes Äpfelweib habe sich bereits um den besinnungslosen Anselmus begegnet dem ArchivariusAnselmus gekümmert, als ihn der zufällig vorbeikommende Paulmann vor dem Haus des Archivars vorfand. Der Konrektor und der Registrator beschließen, für den Abend in einem Kaffeehaus ein Treffen zwischen dem Studenten und dem Archivar Lindhorst zu arrangieren.
Dieser entpuppt sich als recht seltsamer Zeitgenosse, der mit seinen märchenhaften, aber ernst gemeinten Geschichten über seine Familie die versammelte Runde unfreiwillig in ungläubige Heiterkeit versetzt: So sei er selbst niemand anderer als ein Abkömmling einer königlichen Feuerlilie, der sich am Totenbett seines Vaters vor 385 Jahren mit seinem Bruder zerstritten habe, welcher bis heute in Gestalt eines Drachens in der Gegend von Tunis über einen geheimnisvollen Edelstein wacht. Trotz des merkwürdigen Eindrucks, den Lindhorst nicht nur deswegen auf ihn macht, beschließt Anselmus, tags darauf bei ihm unter allen Umständen vorstellig zu werden.
Vierte Vigilie: Melancholie und brennender Anselmus’ LiebeskummerLiebesschmerz zerreißen Anselmus zu sehr das Herz, als dass er ohne weiteres seine Stelle als Kopist antreten könnte. Stattdessen streift er in der Zeit um Sonnenuntergang regelmäßig in der Gegend des Holunderbaumes herum und vergeht vor Sehnsucht nach dem Schlänglein mit den blauen Augen.
Eines Abends wird er von derselben Stimme erschreckt, die seine schicksalhafte Begegnung so plötzlich hat enden lassen. Niemand anderer als Lindhorst ist es, der Anselmus überrascht und sich von ihm seine bisherigen Abenteuer erzählen lässt. Der Archivar zeigt sich über das, was ihm Anselmus berichtet, allerdings wohlinformiert, stellt er sich bei ihm doch als Vater der drei bezaubernden Schlänglein vor, deren eine – Serpentina mit Namen – es dem Studenten so angetan hat. Zu dessen Entzücken lässt er seine Töchter mithilfe seines magischen Ringes erscheinen und gibt, bevor er sich von Anselmus verabschiedet, ihm noch eine Essenz mit auf den Weg, die ihn gegen die Hexereien des bösen Äpfelweibs schützen soll.
Fünfte Vigilie: Zukunftsspekulationen und Zukunftshoffnungen stehen im Mittelpunkt dieses Kapitels.
Zunächst äußert sich Registrator Heerbrand voll Lob über Anselmus, dem er eine erfolgreiche Beamtenlaufbahn verheißt. Das führt dazu, dass Veronika sehnsuchtsvoll von einem bürgerlichen Idyll an seiner Seite träumt.
Die Träumereien werden jedoch zunächst von Anselmus selbst gestört, schließlich von einer spukhaften Erscheinung, die Veronikas LiebeskummerVeronikas Hoffnungen verhöhnt und nur von ihr, nicht aber von ihrer Schwester wahrgenommen werden kann. Entsprechend verunsichert, wird Veronika von zwei zu Besuch kommenden Freundinnen vorgefunden. Eine berichtet von einer Weissagung, mit der sie sich von einer alten Frau Beruhigung über das Schicksal ihres Geliebten geholt hat, der im Krieg verschollen ist.
Veronika will ebenfalls einen Blick in die Zukunft riskieren und eilt noch am selben Abend in die unheimliche Behausung der Alten, die sich zunächst als das Äpfelweib, dann als die alte Liese, die frühere Wärterin bei Paulmanns, herausstellt. Sie verspricht dem Mädchen, Anselmus dem Einflussbereich des ihr verhassten Lindhorst und der grünen Schlange zu entziehen.
Sechste Vigilie: Anselmus findet sich zum neuerlichen Dienstantritt vor dem Im Haus des ArchivariusHaus des Archivarius ein. Dank dessen magischer Flüssigkeit macht ihm der dämonische Türknauf diesmal keine Schwierigkeiten, und so kann der junge Student schon bald staunend durch die üppig eingerichteten Gemächer spazieren. Seine Sinne scheinen sich dabei auf recht wunderliche Art zu verwirren: Weshalb nimmt er das Studierzimmer zunächst als prunkvollen, exotischen Saal wahr? Warum kommt ihm seine eigene Schrift auf der Kopie eines Manuskripts aufs Erste elegant und gelungen vor, auf den zweiten Blick aber ziemlich elend? Warum erscheint ihm Lindhorst zunächst als Feuerlilienbusch, dann wieder als Geisterfürst mit goldenem Reif und Königsmantel – oder handelt es sich dabei doch nur um einen Schlafrock aus Damast? Auch die Worte des Archivarius sind geheimnisvoll: Anselmus werde sein Glück nur nach läuterndem Kampf erreichen. Der goldene Topf, der in der Mitte der Bibliothek steht und in dessen Spiegelungen der Student seine Geliebte wiederzuerkennen meint, ist dabei als Mitgift ausgesetzt.
Siebente Vigilie: Wie mit der alten Liese vereinbart, bricht Veronika des Nachts auf, um an einem Kreuzweg an einer geheimnisvollen Beschwörung teilzunehmen, die ihr Anselmus’ Liebe sichern soll. Veronika und der Hexenspuk der AltenDas furchterregende magische Spektakel, das die Alte bei schauerlichem Wetter inszeniert, raubt dem Mädchen fast den Verstand, und als eine unheimliche Erscheinung aus den Lüften dem Treiben plötzlich ein Ende setzt, fällt Veronika in Ohnmacht. Sie erwacht in ihrem Zimmer, unsicher, ob sie Opfer eines fiebrigen Traums geworden sei. Das spiegelnde Metallmedaillon, das die Hexe am Kreuzweg gegossen hat, lässt Anselmus’ Gestalt im Zimmer des Mädchens erscheinen – oder handelt es sich wieder um eine Fiebervision?
Achte Vigilie: Anselmus hat sich durch seine gewissenhafte Tätigkeit Lindhorsts Wohlwollen erworben, so dass er mit der Kopie eines heiklen Manuskripts betraut wird, das auf keinen Fall beschädigt werden darf. Die Lebensgeschichte des ArchivariusWährend der Arbeit erscheint ihm Serpentina und erzählt die märchenhafte Geschichte ihres Vaters: Eigentlich sei er ein Salamander, ein Feuergeist, der – trotz Warnung des Geisterfürsten Phosphorus – in dessen Garten eine verführerische Schlange umarmt habe. Daraufhin sei er verstoßen worden und habe fortan im kleinlichen irdischen Alltag sein Dasein zu fristen, solange die Verheiratung seiner drei Töchter mit drei Jünglingen noch ausstehe, die jeweils ein »kindliches poetisches Gemüt« (S. 70) auszeichnen müsse. Allerdings werde die Erlösung von bösen Kräften wie dem dämonischen Äpfelweib hintertrieben, die mit allen Mitteln des goldenen Topfes habhaft werden möchten.
Als Serpentina verschwindet, ist auch die Kopierarbeit fertiggestellt. Einem geselligen Beisammensein mit Lindhorst, dem sich auch der Registrator anschließt, steht somit nichts mehr im Wege.
Neunte Vigilie: Dieses Kapitel zeigt Anselmus auf dem Höhepunkt seiner inneren Zerrissenheit: einerseits fühlt er sich zur grünen Schlange hingezogen, andererseits geht ihm die liebenswürdige Veronika nicht aus dem Kopf.
Ob Zufall oder geheimer Anselmus’ VerzauberungZauber der alten Hexe, jedenfalls endet der Spaziergang, der den jungen Studenten von seiner Liebesqual ablenken soll, im Haus der Familie Paulmann. Mit dem Blick in Veronikas Metallspiegel kommen Anselmus die phantastischen Erlebnisse plötzlich als lächerliche Einbildung vor. Er lässt sich gegenüber Veronika sogar zu einem Heiratsversprechen hinreißen und versäumt darüber seinen Dienst beim Archivarius, doch die Punschlaune verhilft wieder seiner Traumwelt zum Durchbruch. Anselmus’ wirre Reden münden in einem allgemeinen Tumult, der von der Ankunft eines grauen Männleins unterbrochen wird: Es ermahnt den Studenten, nächstens pünktlich bei Lindhorst zu erscheinen. Wie wahnsinnig flüchtet Anselmus heim, allein das Bild Veronikas vermag sein Gemüt zu beruhigen.
Als er Lindhorst den folgenden Mittag wieder seinen Besuch macht, haben Garten und Zimmer ihr Wunderbares verloren. Allein die Reden des Archivarius bleiben sonderbar, und als Anselmus beim Kopieren das kostbare Manuskript, das ihm Lindhorst warnend übergeben hat, mit einem Tintenklecks verunstaltet, verwandelt sich die Bibliothek in eine von allerlei unheimlichem Getier bewohnte Wunderwelt, bereit, den Tollpatsch für sein Missgeschick zu bestrafen. Anselmus verliert das Bewusstsein und findet sich eingeschlossen in einer Kristallflasche wieder: Das, was die Alte zu Beginn der Geschichte prophezeit hat, ist eingetreten.
Zehnte Vigilie: Der gefangene Anselmus beklagt sein Schicksal. Er erblickt Leidensgenossen, die wie er in einer Flasche eingesperrt sind, doch wird wieder nicht klar, ob das Phantastische Wirklichkeit oder bloß Einbildung ist. Anselmus’ ErlösungSerpentinas Anwesenheit, die der Gefangene fühlt, macht seine Lage erträglicher. Die Alte taucht auf: Sie will Anselmus befreien, damit er als Hofrat Veronika das Jawort geben kann – für den Eingeschlossenen ein Horrorgedanke, interpretiert er seine Gefangenschaft doch als Strafe dafür, dass er Serpentina und ihrer Sphäre kurzfristig abtrünnig geworden ist. In einem magischen Duell kann der Archivarius gerade noch verhindern, dass die Hexe den goldenen Topf entführt, und vernichtet sie und ihren Kater, unterstützt von seinem grauen Papagei. Anselmus, wieder für die Geisterwelt gewonnen, wird aus dem Glas befreit und seiner Serpentina zugeführt.
Eilfte Vigilie: Als Konrektor Paulmann am Morgen nach dem Punschgelage sein verwüstetes Zimmer betrachtet, ist er im wahrsten Sinne des Wortes ernüchtert: War der Alkohol am entfesselten nächtlichen Treiben schuld? Oder hat man sich vom Wahnsinn des Anselmus anstecken lassen?
Einige Monate später hält Heerbrand, mittlerweile zum Hofrat aufgestiegen, erfolgreich um Veronikas Hand an. Veronikas Träume erfüllen sichMit ihrer Beichte, wie sie mithilfe des Übernatürlichen versucht habe, den inzwischen unauffindbaren Anselmus für sich zu gewinnen, schließt sie ein Kapitel ihres Lebens ab und erfreut sich von nun an eines geachteten Daseins im bürgerlichen Wohlstand.
Zwölfte Vigilie: Um den letzten Abschnitt seiner Geschichte vollenden zu können, wird der Erzähler von Lindhorst in dessen Haus geladen. Anselmus findet sein GlückDort erblickt er in einer Vision Anselmus, der im Zauberreich Atlantis an der Seite Serpentinas ein Leben voll unaussprechlicher Seligkeit führt. Der Erzähler, somit zum Teil seiner eigenen Erzählung geworden, ist angesichts solch grenzenloser Wonnen bekümmert darüber, wieder ins trostlose Alltagsleben zurückkehren zu müssen, doch der Archivarius tröstet ihn: Das Glück, das Anselmus gefunden habe, sei »das Leben in der Poesie« (S. 102).