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Die Höhle
ОглавлениеDie Höhle wurde nun zu ihrer Wohnung. In einer Ecke hatten sie Stroh zurechtgelegt und ein paar Lumpen darüber gebreitet. Darauf schliefen sie, als die Nacht hereinbrach, eng nebeneinander, und deckten sich mit einer alten, zerrissenen Decke, die Mario an einem Müllabholplatz gefunden hatte.
„Was ist das?“, fragte Angelo auf einmal ängstlich. „Habt ihr gehört?“
Sie horchten. Es blieb alles still. Plötzlich ein Rascheln.
„Mäuse“, sagte Mario und drehte sich auf die andere Seite.
„Uh, das ist aber gruselig“, sagte Angelo und zog seine Beine an den Bauch hinauf.
„Bleib doch ruhig!“, sagte Mario. „Du ziehst mir ja die Decke weg.“
„Glaubst du wirklich, dass es Mäuse sind?“, fragte Angelo.
„Natürlich sind es Mäuse“, gab Mario zurück. „Die machen dir nichts. Wenn es dir nicht passt, kannst du dir ja vorstellen, dass es Ratten sind. Aber nun lass mich in Ruhe!“
„Wir sollten eine Katze haben“, flüsterte Lorenzo. „Die Katzen fressen die Mäuse. Das habe ich einmal gesehen. Hier laufen ja so viele Katzen umher. Wir fangen einmal eine und bringen sie da herauf.“
Angelo schlief lange nicht. Immer hörte er die Mäuse rascheln. Wann Mario und Lorenzo sich drehten, fuhr er zusammen. Plötzlich schnellte er in die Höhe. Da war eine Maus, gerade neben seinem Kopf. Lange saß er aufrecht. Endlich, als er vom Sitzen müde war, wagte er, an einem Strohhalm zu ziehen. Vielleicht würde er damit die Maus verscheuchen können. Als alles still blieb, begann er ängstlich um sich her zu tasten. Es war unheimlich. Mario und Lorenzo schliefen schon, Mario rechts, Lorenzo links neben ihm. Wenn sich nur einer gerührt hätte! Endlich legte sich Angelo wieder nieder. Seine Schulter stieß an etwas Weiches, Lebendiges. Aber es bewegte sich nicht. Angelo blieb erstarrt. Er fühlte es unheimlich an seiner Schulter, aber er konnte sich nicht mehr wegbewegen. – Doch langsam löste er sich aus der Erstarrung, und ehe er es merken konnte, dass es Marios Hand war, schlief er ein und erwachte nicht mehr bis zum Morgen.
Am Tag waren sie selten in der Höhle. Wenn sie nicht fort waren, saßen sie vor dem Loch draußen in der Grotte, oder sie wagten sich auch weiter hinaus und lagen auf dem Felsen an der Sonne. Angelo, der immer so bleich gewesen war, sah schon ordentlich braun und wild aus. Am Morgen fuhr er rasch mit den gespreizten Fingern durch sein schwarzes, gekraustes Haar, und manchmal, wenn er es nicht vergaß, wusch er sein Gesicht an der kleinen, unterirdischen Quelle, die in einer Felsspalte verborgen war. Wenn sie das, was vom Essen am Abend noch übrig geblieben war, verzehrt hatten, schlichen sie von ihrem Schlupfwinkel fort und zogen, jeder auf eigenen Wegen, in der Stadt herum, um für das tägliche Brot zu sorgen. Am Abend, wenn sie müde von ihren Streifzügen zurückkamen, saßen sie in der Grotte und erzählten sich, was sie den Tag über alles erlebt hatten.
Wenn sie einmal am helllichten Tag zuhause blieben, mussten sie immer sehr aufpassen. Sie sahen oft die fremden Soldaten drunten im Forum Romanum herumstreifen und alles genau betrachten. Einzeln oder in Gruppen standen sie herum, besahen die Ruinen und spähten in allen Winkeln umher. Manchmal war ein gewöhnlicher Mann bei ihnen – kein Soldat –, der ihnen alles erklärte. Zuweilen zeigte er auch gegen den Felsen hinauf. Dann mussten sie besonders achtgeben.
Andere trugen auch Bücher mit sich herum, in denen sie blätterten, während sie langsam zwischen den Ruinen der Tempel und den Säulen hindurchspazierten.
Es konnte auch vorkommen, dass sich Soldaten in die Felsen hinauf verstiegen. Dann waren sie froh, dass sie in der Höhle Zuflucht finden konnten. Aber auch wenn sie ausgeflogen waren, mussten sie aufpassen. Sie durften nichts vor der Höhle liegen lassen. Mario achtete sehr darauf, dass sie nie eine Spur ihres Daseins zurückließen.