Читать книгу Das Rütli - ein Denkmal für eine Nation? - Martin Schaub - Страница 45
2.3.3.1 Kurzfragebogen
Оглавление2.3.3.1.1 Instrument
Nachdem die Kurzinterviews der Vorstudie ausgewertet worden waren, zeichnete sich ab, dass sich die geschichtlichen Vorstellungen zu Gründungsmythos und Gestaltung des Rütlis durchaus typisieren, jedoch – auch aufgrund der eingeschränkten Stichprobe – kaum quantifizieren liessen, zumal die Äusserungen – aus Sicht einer systematisierenden Analyse – als stark lückenhaft und oft mehrdeutig erschienen. Um quantifizierbares Datenmaterial zu erzeugen, entstand die Idee eines standardisierten Kurzfragebogens, ja eines Kürzestfragebogens. Denn auch hier bestand die forschungspraktische Prämisse, dass die zeitliche Beanspruchung der Besuchenden minimal gehalten musste, umso mehr, als eine deutlich grössere Zahl an Teilnehmenden zu erreichen war.
Der Fragebogen entstand in deutscher und französischer Sprache mit acht Items in Form dichotomer Behauptungen, welche die Befragten mithilfe einer dreistufigen Nominalskala («Ja», «Nein» oder «Unklar») beantworten sollten:[302]
1.Die heutige Schweiz wurde 1291 auf dem Rütli gegründet.
(1. La Suisse actuelle a été fondée sur le Grütli en 1291.)
2.Der Rütli-Rapport fand im Ersten Weltkrieg statt.
(2. Le rapport du Grütli a eu lieu durant la Première Guerre mondiale.)
3.Tell war beim Rütlischwur dabei.
(3. Tell a participé au serment du Grütli.)
4.1848 entsteht die heutige Schweiz.
(4. En 1848, la Suisse actuelle est née.)
5.Schiller hat den Rütlischwur mit der Geschichte von Tell kombiniert.
(5. Schiller a combiné le serment du Grütli avec l’histoire de Tell.)
6.Im Bundesbrief von 1291 steht: «Wir wollen sein ein einig (oder einzig) Volk von Brüdern».
(6. Dans le Pacte fédéral de 1291, on lit: «Nous voulons être un seul peuple de frères».)
7.General Guisan war zu Beginn des Zweiten Weltkriegs auf dem Rütli.
(7. Le général Guisan est venu sur le Grütli au début de la Deuxième Guerre mondiale.)
8.Die heutige Gestaltung des Rütlis (Schwurplatz, Rütlihaus, Rütliwiese) entspricht in etwa dem Zustand um 1300.
(8. La disposition actuelle du Grütli (lieu du serment, maison du Grütli, prairie du Grütli) correspond plus ou moins à l’état en 1300.)
Die inhaltliche Struktur des Fragebogens zielte also auf die Wissensbestände zum Gründungsmythos von 1291, zur Bundesstaatsgründung von 1848, zum Rütli-Rapport sowie zur Wahrnehmung des Ortes in seiner Historizität. Dabei hingen die Items 1 und 4 sowie die Items 2 und 7 im Sinne einer Überprüfung zusammen. Mit den Items 3, 5 und 6 sollte überdies das Wissen zu Schillers Theaterstück untersucht werden.
Die Teilnehmenden wurden am Ende des Fragebogens gebeten, soziodemografische Angaben zu Geschlecht, Alter, Wohnort sowie Ausbildung und Beruf zu machen. Ein letztes Feld bot die Möglichkeit, Bemerkungen anzubringen. Eine dem Fragebogen vorangestellte Information beschrieb die Befragung als Teil eines Forschungsprojekts, das mit Einverständnis der SGG, der Verwalterin des Rütlis, durchgeführt wurde.
2.3.3.1.2 Stichprobe und Erhebung
Gute Stichproben zeichnen sich dadurch aus, dass sich diese Teilgesamtheit hinsichtlich möglichst vieler Merkmale der Grundpopulation, im vorliegenden Fall der Gesamtheit aller Rütli-Besucherinnen und -besucher, gleichen, das heisst ein zwar verkleinertes, aber sonst wirklichkeitsgetreues Abbild der Gesamtheit darstellen und deshalb repräsentativ sind. Es galt also, Stichproben- und Messverzerrungen resp. systematischen Fehlern vorzubeugen.[303] Die Qualität der Zufallsstichprobe wurde in diesem Sinn durch fünf Faktoren sichergestellt. So wurde erstens im Rahmen eines kurzen Pretests die Verständlichkeit der Fragen überprüft.[304] Zweitens blieb der Erhebungsort konstant: Die Zufallsstichprobe wurde – wie die Kurzinterviews – zum grössten Teil auf der Rütliwiese erhoben, ein Punkt auf dem Gelände, der speziell besucht werden muss und beispielsweise von Wanderern ohne spezielles Interesse am Ort nicht angegangen wird. Drittens war der Zeitpunkt der Erhebung insofern variabel, als sie an verschiedenen Wochentagen (werktags und am Wochenende) und sowohl in der Ferien- als auch Nichtferienzeit stattfand. Im Hinblick auf die Teilnahmebereitschaft der Angesprochenen liessen sich viertens die folgenden Gruppen unterscheiden: a) Interviewte, die im Anschluss an ein Kurzinterview den Bogen ausfüllten (50 von 62 Interviewten), b) Besuchende, die kein Interview geben wollten, aber den Fragebogen ausfüllten (ca. 50 Prozent jener, die kein Interview geben wollten), c) Besuchende, die aus zeitlichen Gründen gebeten wurden, nur den Fragebogen auszufüllen (ca. 80 Prozent der Angefragten). Die Bereitschaft zur Teilnahme erwies sich also insgesamt als ausgesprochen hoch, noch höher als beim Kurzinterview. Um die Besuchenden zur Teilnahme zu bewegen, wurde explizit auf den äusserst geringen zeitlichen Aufwand hingewiesen. Schliesslich erfolgte – fünftens – im Vorfeld und während der Befragung bewusst keine Stratifizierung der Stichprobe, um die intendierte, breit gestreute Repräsentativität zu gewährleisten.
Die Erhebung fand von Mai bis August 2014 statt, parallel zu den Kurzinterviews. Die erzielte Stichprobe umfasst 331 Fragebogen, gut 20 Prozent wurden anlässlich der Bundesfeier am 1. August ausgefüllt. Die Auswertung erfolgte mit der Statistiksoftware SPSS.[305]