Читать книгу Mein Spiegel, mein Guru und Ich - Martin Weber - Страница 5
Die Vorarbeit
ОглавлениеDie Idee ist das Eine, aber das Umsetzen? Wie geht das? Geht das überhaupt? Wie soll das gehen, eine Glasplatte so zu schleifen, dass da ein Spiegel draus wird, kein flacher Spiegel wie er im Badezimmer hängt, sondern ein Spiegel mit parabolischer Form? Ohne spezielle Werkzeuge und Kenntnisse?
Ja gut, Parabel kennt man aus der Schule, Matheunterricht: irgend so eine komische quadratische Gleichung auf das Papier gemalt; es gab hübsche Schablone um zumindest die Einheitsparabel ordentlich zu zeichnen, alles andere war schon sehr „schräg“. Ja die gute alte Parabel, wichtig in der Solartechnik – parallel einfallende Lichtstrahlen werden zu einem Brennpunkt reflektiert, das kommt auch in Solarthermiekraftwerken zum Einsatz. Es ist schon als Parabolrinne schwierig zu bauen (auch so ein Projekt das ich gerne mal umsetzten möchte) und jetzt rund als Spiegel aus Glas?
Total irre die Idee: ein guter Spiegel für ein Newtonteleskop sollte eine Oberflächengenauigkeit von ca. 10 nm aufweisen!
Was sind nm (Nanometer)? Ja, einfach: Einheit für Längenmessung - im normalen Leben aber nicht greifbar. Meter ist einfach, Zentimeter auch kein Ding, Millimeter – die kleinste Teilung auf den gängigen Linealen – all das lässt sich begreifen, 1/10 Millimeter kann man mit einem mechanischen Messschieber noch leicht messen, bei 1/100 Millimeter wird das schon sehr schwierig. Aber noch kleiner? Ja, bin ja aus Hohenlohe, dem Mekka der Abfüllmaschinenbauer. Die Dosierpumpen für flüssige Medikamente müssen sehr genau sein, die werden irgendwo im Mikrometerbereich geschliffen, da sind wir jetzt schon bei 1000-stel mm oder 1000000-stel Meter. Und das ist immer noch nicht genau genug.
Wer die Wunder des Universums mit eigenen Augen sehen will benötigt ein Teleskop dessen Spiegel auf den 100-sten Teil eins Mikrometers genau geschliffen ist und das auf der gesamten Spiegelfläche mit möglichst großem Durchmesser.
Diese Vorstellung ist genau so wenig zu begreifen wie die Weiten im Universum.
So grenzenlos weit das Universum ist, so unvorstellbar genau muss der Spiegel geschliffen werden.
Wer das zum ersten Mal hört, muss das für unmöglich halten – aber gerade das macht die Sache so spannend.
Kann es gelingen die Grenzen der eigenen Vorstellungskraft zu überwinden?
Viele Spiegelschleifer haben sich auf das Abenteuer eingelassen, mit viel Geduld und etwas Geschick kann das jedem gelingen.
Natürlich darf man nicht erwarten an einem Wochenende einen perfekten Spiegel für ein großes Teleskop zu schleifen und am nächsten die Mechanik dazu bauen. Ganz so einfach und schnell ist das dann doch nicht. Erst mal sollte man sich mit der Materie befassen, man will ja schließlich wissen worauf man sich einlässt.
Wer im Internet sucht kann beliebig viele Quellen finden, die wichtigsten für mich waren das gute alte Buch „Spiegelfernrohre – selbst gebaut“ von Martin Trittelvitz (mit etwas Glück noch gebraucht zu finden) – ist gut für alle die ein Buch in Händen halten wollen, da ist Vieles toll erklärt. Noch wichtiger die Internetseite von Stathis Kafalis „www.stathis-firstlight.de“, er ist während meiner Schleifarbeit mein Guru geworden, er liefert nicht nur die Glasrohlinge und Schleifmittel in „alles-wird-gut“ Zusammenstellung, auf seiner Seite sind soooo viele Tipps und Tricks, da kann fast nichts schiefgehen. Und wenn doch, hat er mir immer wieder einen guten Hinweis gegeben wie ich aus dem jeweiligen Loch herauskommen kann.
Meine wichtigste Quelle, die Inspiration, die mich in dieses Abenteuer gezogen hat, das „Muss“ für alle angehenden Spiegelschleifer – und solche die noch nicht wissen, dass sie mal Spiegel schleifen werden: Das John Dobson Video „Telescope Building with John Dobson“ (leicht zu finden bei YouTube). Jeder der sich im Entferntesten für Astronomie interessiert sollte sich das Video ansehen.
John Dobson erklärt hier sehr detailliert (leider nur auf Englisch, aber gut zu verstehen) wie ein Spiegel geschliffen wird und auf was es beim Bau eines Dobson-Teleskops ankommt.
Jetzt ist gerade ganz oft der Name „Dobson“ gefallen – ist ein ganz besonderer Mensch, der es geschafft hat mit seiner einfachen Konstruktion des nach ihm benannten Teleskops, die Amateurastronomie für viele erst erschwinglich zumachen.
Dieser besondere Mensch – inzwischen leider verstorben (2014) – soll in meinem Buch sein eigenes Kapitel erhalten.