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1. Grenzen – eine Begriffsdefinition

Der Begriff Grenzen kann sehr unterschiedliche Inhalte transportieren, je nach Kontext, in dem er verwendet wird. Deshalb möchte ich an dieser Stelle kurz beleuchten, in welchen Zusammenhängen das Wort genutzt werden kann.

Grenzen bezeichnen räumliche Trennungen

Grenzen sind räumliche Trennlinien, zum Beispiel zwischen Ländern oder Landkreisen. Auch Grundstücke haben Grenzen, zur Kennzeichnung werden Gartenzäune oder Grenzsteine eingesetzt. Zimmertüren oder Kindertrenngitter markieren Grenzen zwischen zwei Räumen innerhalb einer Wohnung oder nach draußen zur Straße oder ins Treppenhaus. Wege haben eine Grenze durch Bordsteine oder wechselnde Bodenbeschaffenheit. Diese Grenzen können in der Hundeerziehung eine wichtige Rolle spielen. In einem Haushalt mit Kindern ist es hilfreich und entspannend, wenn ein Hund lernt, das Kinderzimmer nicht zu betreten, damit die Spielsachen des Kindes nicht vom Hund durch die Gegend geschleppt und vielleicht zerkaut werden. Wer beim Verlassen der Wohnung direkt an einer Straße oder einem Fußweg lebt, wird es erstrebenswert finden, dass der Hund erst nach dem Menschen aus der Wohnungstür geht. So kann der Zweibeiner sich zunächst über die Situation auf der Straße einen Überblick verschaffen. Wer einen Hund sein Eigen nennt, der gerne im Unterholz verschwindet, wird es als hilfreich empfinden, wenn der Hund die Weggrenze erkennt und auf dem Weg bleibt. Hunde, die an Bordsteinen von Gehwegen warten können, sind sichere und angenehme Begleiter für ihre Menschen.

Grenzen bezeichnen Übergänge gegensätzlicher Bereiche

Sollen gegensätzliche Bereiche voneinander unterschieden werden, sprechen wir ebenfalls von Grenzen. Gemeint sind Übergänge zwischen Kindheit und Jugend oder Tag und Nacht. Übergänge zwischen Lebensphasen gibt es bei unseren Hunden auch. Viele Hundehalter, die sich begeistert für einen Welpen entschieden haben, verfluchen den Übergang zwischen der Welpenzeit und der restlichen Zeit der Junghundeentwicklung, während sie den Übergang zum erwachsenen Hund herbeisehnen. Und vor dem Übergang zwischen einem erwachsenen Hund im besten Alter zum Senior haben viele Hundehalter vielleicht eine gewisse Angst, weil die Zipperlein mehr werden und das Abschiednehmen näher rückt.

Der Übergang zwischen Tag und Dämmerung und zwischen Dämmerung und Nacht kann für einige Hunde eine Grenze, ein Übergang für unterschiedliches Verhalten sein.

Grenzen bezeichnen Beschränkungen und Einengungen

Menschen sprechen auch dann von Grenzen, wenn sie bestimmte Ein- oder Beschränkungen benennen wollen. Es gibt zeitliche Grenzen, innerhalb derer eine Prüfung abgelegt werden muss oder Unterlagen für bestimmte Anträge eingereicht sein müssen. Die Zeitspanne ist also begrenzt. Hundehalter haben oft konkrete Vorstellungen, innerhalb welcher Zeitspanne ein Hund bestimmte Dinge wie Alleinebleiben, Stubenreinheit oder Signale aus dem Grundgehorsam erlernen soll. Vor allem bei Welpen und Junghundenist es oft gekoppelt an die Sorge, dass Hunde das als Youngster schon lernen müssen, weil es sonst zu spät sein könnte.

Gesellschaftliche Normen und Werte prägen das Zusammenleben – sowohl das von Menschen untereinander als auch das von Menschen und ihren Hunden. Vorstellungen darüber, was sich gehört oder wie ein gut erzogener Hund zu sein hat, prägen unser Leben mehr oder weniger bewusst und nehmen erheblichen Einfluss darauf, welche Erwartungen wir an unsere Hunde haben, was sie alles lernen müssen und wie wir sie erziehen. Diese Vorstellungen und Ideen begrenzen uns wiederum häufig darin, die Individualität unserer Hunde zu akzeptieren, wenn sie diesen Anforderungen nicht entsprechen und hindern uns daran, für individuelle und kreative Lösungen offen zu sein.

Die Grenzen unserer eigenen Erwartung hindern uns oft daran, die Individualität unserer Hunde zu akzeptieren und für individuelle Lösungen offen zu sein.


Gesellschaftliche Normen und Vorstellungen darüber, was ein „gut erzogener“ Hund ist, setzen unserem eigenen Denken und Handeln oft Grenzen.

Jemanden in seine Grenzen zu verweisen ist eine Redensart, die wir alle kennen. Vermutlich haben wir dies alle selbst auch schon einmal erlebt. Entweder, weil wir jemand anderen in seine Grenzen verwiesen haben oder weil uns ein Gegenüber Grenzen gesetzt hat. Wenn wir einem Gegenüber eine Grenze setzen, fühlt sich das entlastend und befreiend für uns an. Wenn wir von unserem Gegenüber begrenzt werden, geht das mit eher unangenehmen Emotionen bei uns selbst einher.

Manchmal liegen die Grenzen auch in einem selbst. An die eigenen Grenzen zu stoßen beschreibt die Situation, wenn ein Mensch etwas tun soll oder möchte und es nicht schafft. An die Grenzen der zeitlichen Ressourcen kommen zum Beispiel Frauen, wenn sie versuchen, Beruf, Kinder, Partnerschaft, Hobbies und Hund unter einen Hut zu bekommen. An die Grenze der eigenen Belastbarkeit kommen wir, wenn die Überstunden überhandnehmen oder die Anforderungen auf der Arbeit die eigenen Kenntnisse und Fertigkeiten häufig übersteigen. An die eigenen Grenzen stoßen wir, weil der eigene Hund nicht auf das Training anspricht und eine Herausforderung bleibt. Ich denke, auch Hunde können aus den gleichen Gründen an Grenzen stoßen, dass sie in einer bestimmten Lebenssituation nicht lernen können, was von ihnen gefordert wird, weil zum Beispiel der Stresslevel durch Umbrüche der Lebenssituation, unpassende oder überfordernde Lebenssituationen oder Krankheit zu groß ist oder weil die Anforderung zu hoch ist.

In beiden Varianten stellt die Grenze eine Beschränkung oder Einengung dar. Eingeschränkt werden fühlt sich unangenehm an, ist frustrierend und kann durchaus auch wütend machen.


Dieser Hund zeigt deutlich, dass er das Umarmtwerden als unangenehme Einschränkung empfindet – wie übrigens die meisten Hunde.

Grenzen setzen 3.0

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