Читать книгу Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 1 - Martina Meier - Страница 16

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Elsas Traum vom Weihnachtsbaum

Endlich war es wieder so weit! Elsa, die kleine Elster, krächzte erfreut und breitete ihre Flügel aus. Im Eiltempo flog sie im Schneesturm durch die Stadt, zischte durch die Gassen, wich Laternenpfosten aus und tauchte geschickt unter Lichterketten durch. Dann endlich sah die Elster in der Ferne die Lichter des Weihnachtsmarktes. Elsas Herz schlug schneller. Sie bog um die letzte Kurve und da war er! Der große Weihnachtsbaum!

Prächtig geschmückt stand er inmitten des Weihnachtsmarktes. Elsa landete gekonnt auf einem der geschmückten Zweige und strich bewundernd mit den Flügeln über die glänzenden Kugeln. Es war einfach herrlich, von so vielen funkelnden Dingen umgeben zu sein! Die Elster liebte nämlich alles, was glänzte. In ihrem Nest lagen schon zahlreiche kaputte Schmuckspangen, Kaugummipapiere, Silberfolien und zerbrochene Ketten. „Hier sieht es aus wie auf einer Müllkippe“, hatte Jakob, der Rabe, neulich gesagt. Doch das hatte Elsa nicht gestört. Sollte ihr Freund ruhig schimpfen – Elsa mochte ihre Schätze. Und Elsa mochte den Weihnachtsbaum, der jedes Jahr am ersten Advent vor dem Rathaus aufgestellt wurde.

Auch in diesem Jahr saß sie wieder glücklich in seinen Zweigen. Den Schneesturm, der um sie herumtobte, bemerkte Elsa nicht, so verzückt war sie von den bunten Kugeln und den glänzenden Lichtern. Erst als es dunkel wurde, flog die Elster wieder in ihr Nest zurück.

Am nächsten Morgen hatte sich der Sturm gelegt. Die Sonne strahlte von einem blauen Himmel. Bestimmt würden die bunten Kugeln bei Sonnenschein besonders schön glänzen! Elsa gluckste erfreut und machte sich auf den Weg zum Weihnachtsmarkt. Doch als sie beim Rathausplatz ankam, war ihre gute Laune auf einen Schlag dahin. Wo gestern noch der herrliche Baum gestanden hatte, war nun ein Durcheinander aus Ästen, Scherben und Splittern. Entsetzt landete die Elster auf einer Straßenlampe.

„Letzte Nacht hat der Sturm die Tanne umgepustet“, rief ein Spatz vom Dach herunter.

„Was für ein Schreck – der Baum ist weg“, fügte ein anderer hinzu und brachte damit die ganze Spatzenschar zum Lachen.

Elsa dagegen war das Lachen gehörig vergangen. Das ganze Jahr über hatte sie sich auf die Zeit im Weihnachtsbaum gefreut und nun lag dieser auf dem Boden, umgeben von zerbrochenen Kugeln! Die kleine Elster schluckte schwer.

„Den Baum könnten wir wieder aufrichten, aber der Weihnachtsschmuck ist kaputt“, sagte in diesem Moment eine Stimme unter der Straßenlaterne.

Elsa äugte hinunter und sah einen Feuerwehrmann und einige Polizisten.

„Ohne Schmuck ist es kein Weihnachtsbaum. Außerdem sind einige Zweige abgebrochen. Er sieht nicht mehr schön aus“, sagte ein Polizist.

„Liegen bleiben kann der Baum so jedenfalls nicht. Er behindert den Verkehr“, stellte ein weiterer Polizist fest.

„Dann rollen wir ihn erst einmal zur Seite und räumen die Scherben weg. Morgen soll ihn ein Lastwagen wegfahren“, beschloss der Feuerwehrmann. Die anderen Männer nickten.

„Aus der Traum vom Weihnachtsbaum“, grölten die Spatzen auf den Dächern. Das war zu viel für Elsa! Mit Tränen in den Augen flog sie nach Hause. Dort schaute Jakob, der Rabe, erstaunt auf. „Du bist schon wieder da?“, fragte er. Elsa nickte traurig und erzählte ihrem Freund die traurige Geschichte vom umgefallenen Baum.

„So ein Jammer“, seufzte Jakob, als Elsa geendet hatte. Dann saßen die zwei Freunde lange Zeit schweigend nebeneinander. Erst als es dunkel wurde, straffte Elsa die Flügel.

„Ich werde jetzt meine Schätze sortieren. Es sind mittlerweile so viele, dass ich kaum noch in meinem Nest sitzen kann“, sagte sie.

„Deine Schätze gehen wenigstens nicht kaputt, wie die doofen Baumkugeln“, antwortete Jakob.

„Genau ... und ...“ Elsa erstarrte. Dann riss sie den Schnabel auf und krächzte so laut, dass Jakob vor Schreck beinahe vom Ast fiel.

„Was hast du denn?“, fuhr er seine Freundin an.

„Ich habe eine Idee, wie wir den Weihnachtsbaum retten können“, gab Elsa geheimnisvoll zurück.

Zusammen mit Jakob flog sie in ihr Nest, das bis zum Rand mit den gesammelten Schätzen gefüllt war.

„So, und das alles bringen wir nun zum Weihnachtsbaum“, sagte Elsa und begann mit ihrem Schnabel Silberketten aufzupicken. Jakob verstand zwar immer noch nicht, was dies alles für einen Sinn hatte, aber weil seine Freundin endlich wieder glücklich aussah, half er ihr. Schwer beladen mit Silberpapier, Ketten, verbogenen Löffeln und allerlei anderem funkelndem Kram landeten die zwei Vögel schließlich auf dem Weihnachtsmarkt. Weil es mittlerweile später Abend geworden war, waren sämtliche Buden geschlossen und der Markt menschenleer. Lediglich der Weihnachtsbaum lag einsam und verlassen vor dem Rathaus.

„Und nun wollen wir ihn schmücken“, krächzte Elsa und begann eifrig damit, Silberpapier und Ketten in den Ästen zu verteilen.

„Du kannst doch keinen Baum schmücken, der auf dem Boden liegt“, sagte Jakob kopfschüttelnd.

„Mir ist es egal, ob der Baum liegt oder steht. Er ist trotzdem ein Weihnachtsbaum“, gab Elsa entschieden zurück und wickelte einen Streifen Silberfolie mit dem Schnabel geschickt um einen Zweig.

Die zwei Vögel zerrten und pickten, hackten und zogen an den Zweigen. Zweimal flogen sie den langen Weg zu Elsas Nest zurück, um neue Schätze zu holen und diese dann über dem Weihnachtsbaum zu verteilen. Erst gegen Mitternacht waren sie mit dem Ergebnis zufrieden.

Am nächsten Morgen wurde Elsa von dicken Schneeflocken geweckt. Sie schüttelte ihre Federn, dass der Schnee nur so nach allen Seiten stob, und flog dann zu Jakobs Nest, um ihren Freund aufzuwecken. In halsbrecherischem Tempo flogen die zwei Freunde kurze Zeit später durch die Gassen und kamen schließlich auf dem Weihnachtsmarkt an. In der Ecke, wo der Weihnachtsbaum lag, herrschte schon reges Gedränge.

„Jakob, schau mal hier sind ja viele Kinder. Was haben sie denn in den Händen?“ Neugierig landete Elsa auf einer Straßenlampe.

„Das ist selbst gebastelter Weihnachtsschmuck. Die Kinder schmücken den Baum“, antwortete ihr Freund.

„Oh ...“ Verzückt beobachtete Elsa, wie unzählige Strohsterne und Hagebuttenzweige, Tannenzapfenmännchen und Wachsengel in die Zweige des Baumes gesteckt wurden. Die Kinder arbeiteten mit Feuereifer, und als der Lastwagen gegen Mittag kam, um den Baum abzuholen, funkelte er so prächtig wie nie zuvor.

„Nanu? Was ist denn hier passiert?“ Der Fahrer des Lastwagens rieb sich die Augen und sah verdutzt auf den geschmückten Baum.

„Über Nacht hat jemand Silberschmuck in den Zweigen verteilt und heute Morgen sind die Kinder auf die Idee gekommen, ihn weiterzuschmücken“, stellte ein Polizist fest.

„Einen so schönen Baum werde ich doch nicht wegschleppen“, sagte der Lastwagenfahrer und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Da hat er recht“, schaltete sich ein Feuerwehrmann ein und schlug dann vor: „Wo wir jetzt schon alle da sind, da können wir den Tannenbaum auch gleich wieder aufstellen.“

So geschah es. Die Tanne wurde an ihren ursprünglichen Platz gestellt und stand dort stolz und prächtig.

„So einen schönen Weihnachtsbaum hatten wir noch nie“, rief ein kleines Mädchen und klatschte entzückt in die Hände.

Auch die anderen Besucher des Weihnachtsmarktes waren zufrieden mit dem neuen, alten Weihnachtsbaum.

Am glücklichsten jedoch war Elsa. Sie schwang sich in die Lüfte, um gleich darauf inmitten der Zweige des Weihnachtsbaums zu landen. Und dort saß sie dann, umringt von alten Löffeln, Silberpapier und selbst gebastelten Sternen und konnte sich keinen schöneren Platz auf der ganzen Welt denken.

Manuela Feiler, Jahrgang 1977, lebt mit Mann und Kind im Schwarzwald. Die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin arbeitet heute als Büroangestellte in einem Redaktionsbüro und hat bereits mehrere Weihnachtsgeschichten veröffentlicht.

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