Читать книгу Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 1 - Martina Meier - Страница 7
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Vom Tannenbaum, der kein Weihnachtsbaum werden wollte
Inmitten eines Waldes, nahe der Stadt Himmelspforte, standen eine große und eine kleine Tanne. „Es wird Winter“, sagte die große Tanne zu der kleinen Tanne. „Dann ist bald Weihnachten und die Menschen kommen, um uns aus dem Wald zu holen. Sie feiern ein großes Fest. Sie nennen es Christfest. Wir Tannenbäume werden wunderbar geschmückt. In Rot oder Weiß, in Silber oder Gold. Vielleicht mit Kugeln oder mit Sternen und Engeln. Ich freue mich darauf.“
„Ich aber nicht!“, entgegnete die kleine Tanne. „Ich will nicht von den Menschen geholt werden. Ich will kein Weihnachtsbaum sein! Hier im Wald habe ich meine Freunde. Das Rotkehlchen kommt jeden Tag und singt mir ein Lied. Was soll der Specht denken, wenn ich nicht mehr da bin und er sich auf meinen Zweigen nicht mehr ausruhen kann von seiner schweren Arbeit? Und die Fuchsfamilie, die gleich hier um die Ecke ihre Höhle hat! Die Kleinen spielen jeden Tag unter meinen Zweigen!“
„Ach“, seufzte die große Tanne. „Der Höhepunkt in meinem Leben ist, wenn ich ein Weihnachtsbaum werden darf.“
Die kleine Tanne überlegte, was daran Besonderes sein sollte. Dann müsste sie Abschied nehmen von allen ihren großen und kleinen Freunden. Tränen liefen über ihre Wangen, als sie sich das vorstellte. Inzwischen war es Winter geworden. Schnee lag auf den Zweigen der kleinen Tanne. Sie war herrlich anzusehen und sie war stolz, dass sie so stark war, den vielen Schnee zu tragen. Die große Tanne sah auch schick aus in ihrem weißen Kleid und sprach nur noch von Weihnachten. Allmählich wurde die kleine Tanne neugierig.
Einmal war es dann soweit. Die große Tanne wurde geholt. Hastig sagte sie: „Auf Wiedersehen!“ Das ging so schnell, dass sie sich nicht einmal zum Abschied umarmen konnten.
Nun wurde es der kleinen Tanne doch etwas einsam. Der Fuchs kam zwar jeden Tag zu Besuch und erzählte ihr, was er erlebt hatte, aber die kleine Tanne wurde nicht mehr richtig froh. Bis Heiligabend ...
Plötzlich ratterte und krachte es im Wald. Ein Trecker bahnte sich seinen Weg. Männer mit Hacken und Spaten saßen darauf. „Hier ist eine schöne Tanne für meinen Garten!“, rief ein Mann. Sie hielten genau vor der kleinen Tanne an.
„Oh je! Oh je!“, dachte die kleine Tanne und fragte sich bang: „Was geschieht jetzt mit mir?“ Schon wurde gegraben, gezogen und gerüttelt und siehe da – die kleine Tanne wurde auf den Trecker gehoben. Fuchs und Hase konnten noch rasch winken und „Tschüss!“ rufen, dann war es wieder still im Wald.
„Wo geht es mit mir hin?“, rätselte die kleine Tanne. Sie wurde es kurz darauf gewahr.
Vor einem schönen Haus mit grünen Fensterläden wurde sie abgeladen, in den Garten getragen und eingepflanzt. Eine Frau und zwei Kinder kamen aus dem Haus und brachten Lichterketten mit, mit denen sie die kleine Tanne schmückten.
„Seht mal!“, rief die Frau. „Wie schön dieser Baum ist! Jetzt haben wir auch einen Weihnachtsbaum.“ Alle bewunderten die kleine Tanne. Die wusste gar nicht, wie ihr geschah. Es ging alles so schnell. Aber als sie an sich herabschaute, musste sie sich eingestehen: Sie war schön, einfach wunderschön! Nun war sie doch ein Weihnachtsbaum. Jedes Jahr zur Weihnachtszeit wurden die Lichterketten angebracht und die kleine Tanne erstrahlte zu einem schönen Weihnachtsbaum – zum schönsten Weihnachtsbaum weit und breit. Dann seufzte sie: „Ach, es ist doch wunderbar, ein Weihnachtsbaum zu sein!“
Lore Buschjohann ist 79 Jahre alt und wohnt in Gütersloh. Sie hat durch die erfolgreiche Teilnahme am Anthologie-Projekt „Und was ich dir noch sagen wollte ...“ das Schreiben für sich entdeckt und inzwischen weitere Kindergeschichten und auch ihre Lebenserinnerungen zu Papier gebracht.