Читать книгу Adel verpflichtet - Martina Winkelhofer - Страница 24
ОглавлениеGegen Ende einer Saison begannen sich die Paare, die sich gefunden hatten, herauszukristallisieren. Man versuchte zwar, bis zur offiziellen Verlobung, die Nachricht einer etwaigen Verbindung dezent zurückzuhalten. Doch die Standesgenossen wussten immer sehr schnell, wer sich gefunden hatte oder kurz vor einer Verlobung stand. Eine Briefstelle: »Es ist ein Gemunkl, das A. Festetics Carl Windischgrätz heirathen soll!«51
Hatte ein junger Mann bei einer Komtess erste Absichten (denn die Initiative ging nur von Männern aus), suchte er längere Konversationen, machte Komplimente und bat sie öfter als üblich zum Tanz. Wer während einer Saison zweimal mit derselben den Kotillon tanzte, wurde fast schon als ihr Verlobter betrachtet – zumindest ging man davon aus, dass derjenige bald bei den Eltern vorsprechen werde. Eine anständige Komtess hatte auf diese Aufmerksamkeiten entweder freundlich zu akzeptieren oder deutlich abzulehnen.52 Unkontrolliertes Flirten, das »Sammeln« von Verehrern galt als ordinär und verpönt – so gerne sich junge Frauen auch in der Aufmerksamkeit der Männer sonnten. Als die junge Prinzessin Nora Hohenlohe bei einem Ball ihre sechs Kotillontänzer um sich versammelte – einer saß zu ihrer Rechten, einer zu ihrer Linken, die übrigen vier hinter ihr – und sich im Kreis ihrer Bewunderer sonnte, streifte sie beim Erscheinen der Mutter ein böser Blick. Das wahre Donnerwetter kam aber erst bei der Heimfahrt, als sie von ihrer Mutter mit einer Strafpredigt bedacht wurde, deren Inhalt sie, wie sie sich ausdrückte, »nicht wiederholen kann und will«.53 Der Ruf einer jungen Frau musste tadellos sein und bleiben, umso mehr als dieser als Kapital für eine erfolgreiche Heirat unverzichtbar war.
Ließ ein junger Mann ernste Absichten erkennen, zogen die Eltern der jungen Frau Erkundigungen ein. Danach musste der Bewerber in einem persönlichen Gespräch mit ihnen seine Absichten sowie seine Aussichten auf Vermögen und Laufbahn darbringen. Die Familie der Komtess musste stets darauf achten, sie nicht zu kompromittieren, indem man versuchte, den Lauf der Dinge etwas zu beschleunigen. Weder ließen sich die jungen Männer drängen, noch war dies ungeduldige Verhalten seitens der Familie gut für weitere, künftige Bekanntschaften, da sich drängende Eltern schnell herumsprachen. Übereilte Einladungen oder unvorsichtige Äußerungen konnten schnell zu einem Abbruch des Werbens führen. Überreichte der Mann seiner auserwählten Komtess jedoch kleine Aufmerksamkeiten, befand sich das Paar schon in einer Vor-Verlobungsphase.