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Vorwort

Das Management von Theatern, insbesondere öffentlichen Theaterbetrieben, ist eine sehr spezielle Management-Disziplin. Aufgrund der Vielzahl an Besonderheiten der Theater erfordert das Führen eines Theaterbetriebes spezielle Fach- wie auch Praxiskenntnisse und ein besonderes Bewusstsein für die Menschen im Theater. Dieses betrifft z.B. die Zielsetzungen, den Aufbau und die Abläufe oder die rechtlichen, insbesondere arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen. Das Theater ist ein spezieller, vielfältiger Mikrokosmos, eine „eigene Welt“, die sich einem Außenstehenden1 zum Teil nur schwer erschließt. Die Theaterwelt ist geprägt von einer so hohen Diversität der handelnden Akteure wie eigentlich keine andere Branche. Mit Diversität ist hier im ursprünglichen Sinn die Vielfalt und Vielfältigkeit der Menschen im Theaterbetrieb gemeint. Diese Heterogenität, Unterschiedlichkeit, Verschiedenheit, Mannigfaltigkeit betrifft beispielsweise die ethnische Herkunft, die Sprache, die Nationalität – nicht selten arbeiten in einem größeren Theater Menschen aus über 50 Nationen zusammen –, die Sozialisation – Künstler treffen im Arbeitsalltag auf Handwerker, Techniker und Verwaltungsangestellte –, die Lebensplanungsmodelle, die politischen Einstellungen, die Work-Life-Balance-Ansätze etc.

Der Titel „Wie geht Theater? Theatermanagement in der Praxis“ weist darauf hin, dass dieses Buch den Theaterbetrieb und dessen Managementanforderungen zum einen aus einer praxisorientierten Sichtweise darstellt und zum anderen dem Leser Handlungsempfehlungen für die Umsetzung geben möchte. Hierzu bringt der Autor seine über zwanzigjährige Praxiserfahrung als kaufmännischer Theaterleiter, ergänzt um eine mehrjährige Referententätigkeit beim Deutschen Bühnenverein, dem Bundesverband der Theater und Orchester, ein.

Dieses Buch ist zum einen das Resultat einer langjährigen Lehrtätigkeit im Theater-, Kultur- und Musikmanagement an verschiedenen Hochschulen. Die Grundlage bildet zu großen Teilen ein Skriptum, das der Autor im Studiengang Wirtschaft an der Westfälischen Hochschule seit dem Jahr 2001 eingesetzt und immer wieder aktualisiert und erweitert hat. Zum anderen sind insbesondere die praxisbezogenen Teile der im Jahre 1999 erschienenen Dissertation des Autors über computerbasiertes Controlling und Controlling-Informationssysteme im öffentlichen Theater eingeflossen.

Das vorliegende Buch ist sowohl für die (Hochschul-)Lehre als auch als Lernbuch für das Selbststudium geeignet. Es richtet sich an Studierende der Disziplinen des Kulturmanagements und an Studierende von Betriebswirtschaft- oder Management-Studiengängen mit Bezug zur Kultur, insbesondere dem Theatersektor. Das Buch kann gleichermaßen in Bachelor- wie in Masterstudiengängen eingesetzt werden. Darüber hinaus bietet es Interessierten aller Ausrichtungen aus der Theaterpraxis, Künstlern, Technikern und Verwaltungs-/Kaufleuten, die sich weiterbilden möchten, die Möglichkeit, „ihren“ Theaterbetrieb und das komplexe Zusammenspiel aller Abteilungen und Bereiche in der Gesamtheit (noch) besser zu verstehen.

Im Vordergrund stehen die Wissensvermittlung und das Verstehen der komplexen Wirkzusammenhänge des Theaterbetriebs. Die Strukturen, Arbeitsweisen, Rahmenbedingungen der öffentlichen Theaterbetriebe im deutschsprachigen Raum werden beschrieben und erläutert. Eine etwaige gesellschaftskritische Auseinandersetzung mit der Historie des Theaters oder den aktuellen Theaterstrukturen, mit alternativen Theatermodellen, theaterpolitischen Visionen u.ä. haben bewusst keinen Eingang in dieses Buch gefunden. Diesbezüglich wird auf die einschlägige Literatur verwiesen. Dieses Buch ist also kein theaterpolitisches Buch, sondern im klassischen Sinne ein Lehrbuch, das didaktisch aufbereitete Lehrstoffe und Materialien anbietet und Wissen vermittelt.

Ebenso außen vorgelassen ist die zum Zeitpunkt der Endredaktion dieses Buches im Mai 2021 noch die Welt beherrschende Corona-Pandemie, deren daraus resultierende Arbeitsschutz-, Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen und politischen Verordnungen den Theaterbetrieb auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs sehr stark beeinträchtigt und zeitweise sogar unmöglich gemacht haben. Sollte die Corona-Pandemie das Theaterspielen dauerhaft beeinflussen und die Theaterstrukturen nachhaltig verändern, so wird dieser in einer zweiten Auflage sicherlich ein Kapitel gewidmet werden.

Es geht in diesem Buch also vor allem um die praxisnahe Vermittlung von Managementinhalten für den Theaterbetrieb, schwerpunktmäßig den öffentlichen Theaterbetrieb. Viele Aspekte sind selbstverständlich auch für private Theateranbieter von Bedeutung und können regelmäßig ohne großen Aufwand auf den Privattheater-Sektor übertragen werden.

Das Buch gibt einen Überblick über wesentliche Handlungsfelder des Managements, mit denen (insbesondere kaufmännische) Führungskräfte im Theater, schwerpunktmäßig im öffentlichen Theater, in der Praxis „konfrontiert“ werden. Aus der Themenauswahl wird deutlich, dass neben vertieften kaufmännischen Kenntnissen (Buchführung, Kostenrechnung, Controlling, Produktion, Aufbau- und Ablauforganisation, Marketing, EDV etc.) auch rechtliche, insbesondere arbeitsrechtliche Aspekte2 wesentlich zum Anforderungsprofil eines Theatermanagers beitragen. Darüber hinaus sind für Führungskräfte im öffentlichen Theater Kenntnisse über die Strukturen des öffentlichen Sektors und den sich daraus ergebenen Konsequenzen sehr hilfreich (Rechtsformen, Wahl des Rechnungsstils etc.).

Außerdem ist von kaufmännischen Führungskräften im Theater auch ein tiefes künstlerisches Verständnis aufzubringen. Kenntnisse des künstlerischen Produktionsprozesses sowie die Bereitschaft, sich mit vielen verschiedenen Einzelpersonen und Personengruppen zu verständigen und auseinanderzusetzen, die eine kreative, für „klassische“ Ökonomen häufig nur schwer nachvollziehbare Denkweise pflegen und für die wirtschaftliches Handeln nicht das erste Ziel ist, sondern eher eine notwendige, teilweise auch als lästig empfundene Nebenbedingung darstellt, sind unverzichtbar. Gleichzeitig darf man auch als Ökonom im öffentlichen Theater nicht aus dem Auge verlieren, dass dort die Kunst die oberste Priorität hat und es die ureigenste Aufgabe des „Kaufmanns“ im Theater ist, soviel Kunst wie möglich finanziell und administrativ zu ermöglichen. Es gilt quasi das Maximalprinzip des ökonomischen Prinzips: Mit einem gegebenen Input soll ein maximaler (künstlerischer) Output „erwirtschaftet“ werden.

Die hohen Anforderungen an die Führungskräfte im Theater resultieren auch daraus, dass aufgrund der maximal mittelständischen Größe von Theaterbetrieben alle sich aus dem Theatermanagement ergebenden administrativen, kaufmännischen und juristischen Aufgaben letztendlich in der Verantwortung einer Person, der des kaufmännischen Theaterleiters, zusammenfließen. Hier teilen sich nicht mehrere „Vorstandskollegen“ in Form von Zuständigkeiten für die einzelnen Ressorts – wie Absatz, Produktion, Finanzwesen, Personal u.a. – die Verantwortung. Ganz allein steht der Theatermanager jedoch auch nicht da, da er sich mit seinem sich vornehmlich in künstlerischen Denkkategorien bewegenden Intendanten abstimmen kann, im Zweifel muss und mit diesem gemeinsam die Verantwortung für die Strukturen, für die Beschäftigten, für die Qualität des Theaters und die Zufriedenheit des Publikums, ja für die Existenz und die Zukunft des Theaterbetriebes trägt.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und wichtige neue Erkenntnisse, die Sie in Ihrem Studium oder Ihrer praktischen Tätigkeit zielführend verwenden können, und freue mich über Diskussionsbeiträge und konstruktive Verbesserungsvorschläge, gern per E-Mail an matthias@almstedt.de.

Ein großer Dank geht an alle, die mir bewusst oder unbewusst in Gesprächen, Diskussionen, Korrespondenzen etc. im beruflichen, akademischen wie auch privaten Umfeld Inspiration für dieses Buch waren.

Saarbrücken, im Mai 2021 Prof. Dr. Matthias Almstedt

1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Buch die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

2 Urheber- und leistungsschutzrechtliche Themen sind einer möglichen zweiten Auflage dieses Buches vorbehalten. Sie sind nicht theaterspezifisch und gelten für diesbezügliche Fragestellungen in allen Branchen.

Wie geht Theater?

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