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Kapitel 3

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Am nächsten Tag flog Kersten Kramer mit British Airways vom Flughafen Heathrow direkt nach Frankfurt am Main, um sich einen Überblick von der aktuellen Lage in dem Bankhaus in Frankfurt zu verschaffen. Mit seinem Rolli und der Aktentasche konnte er problemlos den check out am Airport passieren, was ihm letztendlich lästige Wartezeiten an der Gepäckausgabe ersparte. Vom Flughafen aus mit dem Taxi erreichte er alsbald das Bankhaus in der Mainmetropole. Hastig eilte er die letzten Schritte zu Fuß zum Fahrstuhl, der ihn samt Gepäckstück in die siebte Etage des Gebäudes brachte. Niemand zeigte sich auf den Fluren und Gängen, die sonst so lebhaft frequentiert wurden. Es war ja schließlich Freitag nachmittag und das Wochenende stand kurz bevor, weshalb sich Kersten keine ernstzunehmenden Gedanken darüber machte. Noch bevor der Rechner in seinem Büro auf Hochtouren lief, erkundigte er sich über das aktuelle Börsengeschehen an der Londoner Börse. Ein Analyst, der für eine der bekanntesten Ratingagenturen in den USA arbeitet, hatte die Aktientitel der Bank in Frankfurt auf Ramsch Niveau herabgestuft. Diese Meldung schlug ein wie der Blitz, von dem sich Kersten an diesem schwarzen Freitag nur schwer erholte. Sollte es sich hierbei tatsächlich um eine wahre oder unbestätigte Aussage eines einzelnen oder anderenfalls um einen möglichen Irrtum handeln, so konnte diese Mitteilung verheerende Folgen für die gesamte Finanzbranche nach sich ziehen. Allen Analysen zum Trotz, so konnte von einer fortbestehenden Beständigkeit oder Nachhaltigkeit absolut keine Rede mehr sein. Kersten durchforstete sämtliche Depots seines Portfolios auf irgendwelche Unregelmäßigkeiten die er vermutete, doch hierzu gab es keinerlei Anzeichen für derartige Sicherheitslücken, die ihm persönlich schweren Herzens Sorgen bereitet hätten. Er schlussfolgerte daraus, dass der Fehler entweder von einem Bankmitarbeiter, Informanten oder selbst vom EDV - System der Bank stammte. Um das zu klären, verschaffte er sich Zugriff auf den Hauptserver der Bank, der mit einer zusätzlichen Sicherheitsabfrage und zwei Passwörtern gesichert wurde. Allzumal wusste er, was auf dem Spiel stand, um seine Existenz als Bankangestellter zu bewahren. Denn schließlich ging es nicht allein nur um seine Karriere, sondern vielmehr um die Zukunft der Bank. Zudem gab es einige Banken im Umfeld die nicht reguliert waren, aber die Netzstrukturen allein kannte niemand. Nach ein paar Mausklicks öffnete sich der unscheinbare Datenbestand der unzählige Fix Werte erfasste, die auf lokalen Trägern zum Vorschein kamen. Darauf befanden sich sämtliche Vorgänge von Transfers aus dem letzten Quartal. Was er aber in dem Moment entdeckte, verschlug ihm fast die Sprache. Unautorisierte Transfers an Fondsgesellschaften, die an Domizilgesellschaften auf sogenannte Offshore Plätzen mit hohem Risiko hinterlegt waren. Als Beneficial Owner im Formular A war ausgerechnet Brian aus London eingetragen. Nie hätte er sich so etwas auch nur ansatzweise vorstellen können. Schon gar nicht einen überproportionalen Kreditausfall der Bank in Höhe eines fast neunstelligen Betrages. Noch bis in den späten Abend hinein studierte Kersten die Datenflut an Informationen die der Zentralrechner hergab, um eigene Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.

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Charlotte hatte schon gefrühstückt, als Kersten an diesem Samstag nur unfreiwillig aus den Federn kam. Jegliche Bestrebungen für ein alltagstaugliches Konzept auf Augenhöhe verliefen an diesem Samstag morgen regelrecht ins Leere. Zu sehr war sie damit beschäftigt, die Sorgen und Nöte ihres Mannes zu verstehen, der sich um eine Aussprache drückte. Aber noch nie hatte sie Kersten in so einem jämmerlichen und erbärmlichen Zustand gesehen, wie das an diesem Tag der Fall war. Es musste etwas Schreckliches passiert sein, anders konnte sie sich das nicht erklären.

Die Verwunderung über den Kreditausfall der Bank und den einhergehenden illegalen Transfers an Domizilgesellschaften mit Sitz in Singapur und auf den Bahamas beschäftigten Kersten so sehr, dass er darüber hinaus völlig vergaß, dass Charlotte Geburtstag hatte. Wie immer an so einem bemerkenswerten Tag, brachte er ihr einen bunt geschmückten Blumenstrauß und ein liebevolles Präsent mit. Aber durch die Turbolenzen der vergangenen Tage verlor er jegliche Kontrolle über sich selbst und das Zugehörigkeitsgefühl zur Fürsorglichkeit. Es war ihm offensichtlich peinlich genug, nun ohne Geschenk und einem Blumenstrauß dazustehen. Unter einem Vorwand schlich er sich daher unbemerkt aus dem Haus und kaufte bei einem Blumenhändler um die Ecke einen großen roten Rosenstrauß, deren markante Blütenkelche sich noch in einem unverkennbaren naturbelassenen Zustand befanden. Die aufkommende Freude darüber, dass Kersten doch noch an sie gedacht hatte, löste die angespannte Stimmungslage auf. Charlotte steckte die Rosen in eine mit Wasser befüllte Vase aus Bleikristall und stellte sie auf den Wohnzimmertisch. Während sich Kersten für seine Nachlässigkeit kurz entschuldigte, war man sich rasch einig darüber, den Tag über im Palmengarten Frankfurts zu verbringen. Von der üppigen Blumenvielfalt und der Pflanzenpracht im Botanischen Garten war besonders Charlotte angetan, denn sie war überwältigt von dieser naturwüchsigen Vegetation, die anderenorts als eine Oase der Stille in der pulsierenden Großstadt galt. Gedanklich dachte sie in dem Augenblick daran, wann sie das letzte Mal mit Kersten verreist war.

>>Wie wäre es wieder einmal, mit einem Urlaub in einem exotischem Land?<<.

>>Darüber sprechen wir erst dann, wenn wir die laufenden Kreditzahlungen für das Appartement getilgt haben<<, entgegnete Kersten lapidar.

>>Aber du kannst es dir doch leisten, bei deinem Gehalt. Außerdem kann ich von meinen Ersparnissen noch was drauflegen<<.

>>Charlotte, es ist mir nicht einerlei dir sagen zu müssen, dass die Bank derzeit in großen Schwierigkeiten steckt<<.

>>Wieso?<<, wollte Charlotte wissen.

>>Liebling, ich möchte und darf dir das eigentlich nicht erzählen<<.

>>Das verstehe ich nicht, und was für Schwierigkeiten sind das?<<.

>>Hör zu, die Bank akquirierte Aktienanleihen in Höhe eines fast neunstelligen Euro Betrages, die aber heute nur noch ein Bruchteil dessen an Wert besitzen, was ursprünglich der Fall war. Diese Aktienanleihen waren in ihrem Gesamtpaket nicht ausreichend gedeckt. Somit kam es zu einem Kreditausfall, weshalb die Bank momentan in erheblichen Schwierigkeiten steckt<<.

>>Heißt das nun, dass die Kunden in Zukunft um ihre Geldeinlagen bangen müssen?<<, fragte Charlotte.

>>Das ist schwer zu beurteilen. Jedenfalls könnte es dazu kommen, dass die Spareinlagen der Sparer auf längerer Sicht nicht mehr ausreichend gedeckt sind<<.

>>Und warum hast du vorher nichts dagegen unternommen?<<.

>>Weil ich erst gestern davon erfahren habe<<.

Charlotte war geschockt von den Äußerungen ihres Mannes, aber sie vertraute ihm weiterhin, weil er die Schuldfrage stellte.

Der Rundgang im Palmengarten erreichte seinen Höhepunkt mit dem Besuch der Tropenhäuser. In den Gewächshäusern erlebten beide die farbenfrohe Flora aus den verschiedensten Klimazonen der Erde. Von der üppigen tropischen und subtropischen Pflanzenvielfalt war insbesondere Charlotte beeindruckt.

Noch am selben Abend fand die fröhliche Geburtstagsfeier von Charlotte in einem großen amerikanischen Steakhouse im Frankfurter Westend statt. Die geladenen Gäste erfreuten sich an Trank und Speisen, deren Feierlichkeiten noch bis spät in die Nacht andauerten. Kersten konnte es sich nicht verkneifen, fortlaufend alkoholische Getränke zu konsumieren.

Der Sonntag morgen begann mit einem Kater, denn weder Kersten, noch Charlotte wollten an diesem trüben Vormittag irgendetwas gemeinsam unternehmen. Während Charlotte in der Küche das Frühstücksmenü bereitstellte, organisierte Kersten seine Datensätze, die er von dem Zentralrechner der Bank auf einen USB - Stick zog. Die quälende Ungewissheit über die Richtigkeit des Datenbestandes beschäftigten ihn den ganzen Vormittag. Seine Gedanken kreisten über die schwerwiegenden Folgen, bis hin zu einem Zahlungsausfall, der die Bank vor eine noch nie dagewesene Katastrophe stellen würde. Aus Angst selbst von dieser unbegreiflichen Misere in Mitleidenschaft gezogen zu werden, versteckte er den USB - Stick hinter einem Bücherregal im Wandschrank.

Nach einem ausgedehnten Spaziergang am Flussufer des Mains besuchten beide am Abend noch eine Aufführung von Goethes Drama Faust “Mephisto” in der Alten Oper Frankfurts.

Odyssee Korsika

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