Читать книгу 25 Ideen für den industriellen Mittelstand - Matthias Baumberger - Страница 10
Politiker, kümmert euch endlich um den Mittelstand!
ОглавлениеVON MARC BLASER
In der Schweiz beunruhigt mich ein Phänomen, das in der letzten Wirtschaftskrise offensichtlich wurde. Unsere Politikerinnen und Politiker setzen sich liebend gerne für die grossen Banken, Versicherungen und Pharmamultis ein, nicht jedoch für die klassische Industrie mit ihrer Vielzahl an kleinen und mittleren Unternehmen – obwohl der Wohlstand unseres Landes zu einem grossen Teil von diesen mittelständischen Unternehmen erwirtschaftet wird. Wir sehen Deutschland als die Nation der Maschinenbauer – obwohl wir in der Schweiz dreimal mehr Umsatz pro Einwohner in diesem Industriezweig generieren. Es ist an der Zeit, dass die Politik dem produzierenden Mittelstand die Aufmerksamkeit widmet, die seiner Bedeutung für Staat und Bevölkerung entspricht. Die Politik muss alles daransetzen, die Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Industrieunternehmen laufend zu optimieren, damit die Schweiz auch in Zukunft bei Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit global an vorderster Front mitspielen kann.
Denkt global, nicht lokal! Wir hatten in den vergangenen Jahren substanzielle Veränderungen bei Gesetzen und Verordnungen. Diese regionalen und nationalen Vorschriften sollten immer im globalen Kontext gesehen werden, denn unsere Industrie kämpft mit Mitbewerbern aus der ganzen Welt. Die EU-Verordnung REACH zum Beispiel, die die europäische Industrie in Bezug auf Chemikalien sicherer und innovativer machen wollte, hat sich mehr und mehr zu einem bürokratischen Irrsinn entwickelt. REACH hilft zwar, schwarze Schafe zu bekämpfen, doch haben nun auch alle anderen Firmen Mühe, ausserhalb der EU kompetitiv zu bleiben. Verstehen Sie mich nicht falsch: Rahmenbedingungen, die sicheres und nachhaltiges Wirtschaften fördern, sind wichtig, doch sollte dies immer im Abgleich mit anderen Ländern und Regionen geschehen. Unsere Politik ist gefordert, mittels Abkommen und bilateralen Verträgen stabile Rahmenbedingungen zu schaffen, damit unsere Wirtschaft innovativ und wettbewerbsfähig bleiben kann.
Macht unser Bildungssystem nicht kaputt! Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren der Schweiz ist unser duales Bildungssystem. Und genau dieses Bildungssystem wird von allen Seiten torpediert. In der Politik werden Kennzahlen unreflektiert herumgereicht, die zeigen, dass in der Schweiz zu wenig Schüler das Gymnasium besuchen. So werden Programme lanciert, um die Quote zu erhöhen und die Berufslehre an den schulischen Ausbildungsweg anzunähern, statt zuerst den Erfolg unseres Bildungssystems zu würdigen. Hier steht die Schweiz nämlich sehr gut da, sind wir in Studien zu Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft doch regelmässig in den Top drei. Statt uns an andere Systeme anzugleichen, benötigen wir eine Stärkung und Weiterentwicklung unseres einzigartigen dualen Bildungssystems. Dabei muss auch die Wertschätzung für die Berufslehre wieder steigen, damit wieder mehr Jugendliche mit Stolz diesen Bildungsweg wählen.
Auch ihr müsst Mehrwert schaffen! In der Privatwirtschaft stehen wir konstant vor der Herausforderung, den Mehrwert für unsere Kunden zu erhöhen und gleichzeitig die Kosten zu senken, denn nur so können wir im internationalen Wettbewerb bestehen. Die Politik spricht zwar gerne vom «Public Management», doch werden Staatseinnahmen und -ausgaben kontinuierlich erhöht, ohne kritisch zu hinterfragen, in welchen Bereichen Mehrwerte generiert oder Kosten gesenkt werden können. In einem Staat gibt es genug alte Zöpfe, die die Politik abschneiden könnte, doch wird leider zu oft der einfache Weg gewählt und die Unternehmen und Bürger mit immer höheren Steuern und Abgaben belastet.
Kümmert euch um alle Anspruchsgruppen! Die Politik darf sich nicht nur auf publikumswirksame Grosskonzerne und die lobbystarke Landwirtschaft konzentrieren, sondern vermehrt auch auf den industriellen Mittelstand, auf dem der Wohlstand der Schweiz zu einem grossen Teil beruht. Ein klarer Wunsch deshalb von mir an die Politiker und Politikerinnen unseres Landes: Besucht regelmässig unsere kleinen und mittleren Unternehmen, damit ihr deren Probleme und Herausforderungen kennt. Denn nur so könnt ihr die Rahmenbedingungen weiterentwickeln, damit unsere Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft nachhaltig gestärkt, Steuern bezahlt und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Setzt euch für den produzierenden Mittelstand ein, denn dies führt zu einer starken Wirtschaft und zu einer erfolgreichen Schweiz.