Читать книгу Tagträume: Die ersten Erzählungen - Matz Riga - Страница 6
ОглавлениеMallrakee
Mallrakee ist ein kleines Dorf. Es liegt etwas abseits der Hauptstraße, welche von Kapstadt nach Johannesburg führt. Die Menschen hier führen ein ruhiges und beschauliches Leben, sie kennen es nicht anders. Und falls sie ein anderes Leben kennen würden, ich bin mir sicher, sie würden dieses weiterführen wollen.
Wenn die Sonne morgens hinter dem Berg erwacht, weichen die Schleier des Schlafes im Dorf, und eine geregelte Beschäftigung entsteht. Meistens beginnt der Tag mit einem Andrang beim Dorfbrunnen, welcher beizeiten auch mal in Trubel ausartet. Drei Frauen diskutieren 15 Minuten darüber, welche von ihnen den ersten Eimer mit Wasser erhalten sollte, weil sie es am schnellsten braucht. Was der Alte davon hält, hat er den Damen letztens gezeigt. Während sie ihren üblichen Disput abhielten, nahm er sich den ersten Eimer und wusch sich sein Gesicht. Zweimal Hände ausschütteln, drei Sekunden die Frauen fixieren, welche ihn gerade erst bemerkt haben, umdrehen, gehen. Konsequenz war eine Diskussion der drei Frauen darüber, welche von ihnen als nächste dran wäre und den zweiten Eimer am nötigsten hätte. Dafür hatte der Alte nicht mal mehr einen nonverbalen Kommentar übrig.
Während die Frauen am Brunnen diskutieren, triebt Maloi seine Ziegen aus dem Stall. Manchmal klingt ihr Meckern wie ein Protest gegen den frühen Tag, welches von Bimmeln ihrer Glöckchen begleitet wird. Die Glöckchen hat Maloi von seinem Onkel erhalten, als dieser vor zwei Monaten zu Besuch war. Er meinte, damit könne Maloi die Ziegen auch von weiter weg hören und müsse sie nicht ständig alle im Auge haben. Da kennt der Onkel aber die Ziegen schlecht.
Mallrakeesche Ziegen mögen Trubel, sonst wäre es nämlich zu ruhig hier. Der Trubel, welchen die mallrakeeschen Frauen zelebrieren, liegt den Ziegen nicht so am Herzen. Ziegen sind Tiere der Tat - und Allesfresser. Wobei die unterschiedlichen Ziegen unterschiedliche Favoriten haben.
Jessy, die jüngste, bevorzugt das morgens frisch gebackene Brot von Ma Zolina, der besten Bäckerin im Dorf. Wenn die Kinder schon scharf darauf sind, kann es schließlich für junge Ziegen nicht schlecht sein. Und Jessy muss noch wachsen, und mit leckerem Brot wächst es sich besser. Wenn Jessy mit Grinsen im Gesicht und bimmelnden Glöckchen um die Ecke geschossen kommt, weiß Maloi, Ma Zolina wird auch gleich erscheinen. Jessy versteckt sich meistens hinter Maloi, und schaut zwischen seinen Beinen hindurch hinauf in das strenge Gesicht von Ma Zolina, welche den armen Maloi tadelt. Jessy versteht nicht, warum Maloi Ärger bekommt und sie nicht. Aber da Maloi sie hinterher immer knuddelt, ist es insgesamt ein gutes Geschäft. Lecker Brot plus einmal Knuddeln, dafür einen Sprint einlegen – kann man als Ziege öfter machen.
Ihr Bruder Bob steht dagegen auf unkonventionelle Dinge. Futter ist langweilig, wenn es zum Essen da ist. Bob sieht es als seine Mission, den Speiseplan aller mallrakeeschen Ziegen zu erweitern. Vor zwei Tagen hat der Alte seinen Rasierpinsel gesucht, vor drei Tagen kam dem Schmied etwas Kohle abhanden, und letzte Woche überprüfte Bob die kulinarische Qualität einer Sandale. Bob ist dabei so ruhig wie das Dorf in der Nacht. Er lässt sich nicht erwischen und wird auch nicht verdächtigt. Dafür wird er aber auch nicht von Maloi geknuddelt, wenn dieser wegen einer Ziege getadelt wurde. Damit kommt Bob klar. Um Leben in die Bude zu bekommen, muss man als coole Ziege nicht gleich hetzen, Bob arbeitet lieber unter dem Radar.
Über Ziegen schreiben. Lächerlich. Narr. Sowas liest doch keiner.
„Wer bist du und was willst du?“
Ich bin dein Anfang und dein Ende, dein Alpha und dein Omega, deine Kreativität und dein schlimmster Kritiker, dein Schöpfer, Bewarer und Zerstörer.
Alles in einem, alles in dir. Ich begleite Dich seit deiner Geburt und bleibe bei Dir bis zum Tod.
„My own Personal Shiva. Nette Aussichten. Reach out touch faith.“