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ОглавлениеFall 1 Der gewählte Schulleiter
Themenschwerpunkte: Demokratieprinzip, Staatsvolk, Legitimationskette, Formen demokratischer Legitimation, Legitimationsniveau, abstrakte Normenkontrolle
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Das Bundesland X sieht eine Reform vor, nach der die Schulleiter an öffentlichen Schulen zukünftig von der Schulversammlung, bestehend aus Schülern, Lehrern und Eltern, gewählt werden sollen. Der Hintergrund hierfür war, dass viele Schulleiter zu autoritär auftraten und deshalb von den Schülern und der Elternschaft nicht gut angenommen wurden. Eltern, Schüler und Lehrer sollten selber bestimmen, wer denn ihr „Chef“ werden solle. Darüber hinaus solle die Schulversammlung auch bei Ordnungsmaßnahmen wie Verweisen, Disziplinarverfahren usw. mitbestimmen und -entscheiden dürfen. Das Landesschulgesetz wird – im ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren – wie folgt ergänzt:
§ 3 (Schulleiterwahl)
Der Schulleiter wird von der Schulversammlung mit der Mehrheit der Stimmen ihrer Mitglieder gewählt.
§ 18 (Ordnungsmaßnahmen)
Die Schulversammlung kann mit der Mehrheit ihrer Stimmen über Verweise, Disziplinarverfahren usw. entscheiden und gegebenenfalls diese auch nachträglich aufheben.
Mit Hilfe dieser Reform will sich das Bundesland X als politischer Vorreiter in Sachen Demokratie und schulischem Mitbestimmungsrecht positionieren. Die Bundesregierung, die von anderen politischen Kräften dominiert wird, bezweifelt die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes und sieht gerade in der Reichweite der Kompetenzen der Schulversammlung einen Verstoß gegen das Demokratieprinzip. Es könne nicht angehen, dass ein Gremium wie die Schulversammlung „einfach so“ wie der Staat handelt, ohne vorher vom Volk gewählt worden zu sein. Darüber hinaus sei es fraglich, ob eine Schulversammlung als echtes „Organ“ der Schule über die Geschicke der Schule und der Schüler entscheiden dürfe.
Trotz politischer Kontroversen hält die Landesregierung des Bundeslandes X am Regelungsvorhaben fest. Die Schulversammlung, die Eltern, Lehrer und Schüler als Betroffene gleichermaßen in die Entscheidungsprozesse einbeziehe, sei ein Musterfall gelebter Basisdemokratie. Im Übrigen gestatte das Demokratieprinzip, das verfassungsrechtlich für die Bundesrepublik als Ganzes gelte, durchaus Modifikationen auf der landesrechtlichen Ebene, solange die Homogenität gewahrt sei.
Die Bundesregierung will nicht nachgeben und beschließt im Kabinett, gegen diese Normen des Landesschulgesetzes beim BVerfG vorzugehen.
Bearbeitervermerk:
Hat das Vorgehen der Bundesregierung Aussicht auf Erfolg?