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Hilfe naht

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Im Morgengrauen kreuzen zwei Reiter den festgefahrenen Weg. Ihre Gewänder wehen im Wind, ihre Gesichter sind mit Tüchern verhüllt, wie die der Frauen fremder Kulturen. Nur die Augen blitzen dunkel und unruhig aus dunklem Tuch. Der eine trägt ein tiefes Blau, der andere ist in Braun gehüllt. Sie stoppen die Kamele und nähern sich der Gruppe, die erschöpft vom nächtlichen Fußmarsch noch in geordneten Gruppen in der Sonne sitzt, um die Kälte der Nacht von der Haut zu treiben. Frauen und Kinder unter sich, Männer wie stets bei Mbalu, junge Männer abseits, aber mit gierigen Blicken auf die beiden halbwüchsigen Mädchen Ashanti und Fayola. Später werden sie alle in gleichen Gruppen den spärlichen Schatten aufsuchen, dem sie den Stopp verdanken. Sie stoppen immer dort, wo es Schatten gibt. So hielten sie es an jedem der letzten beiden Tage.

Einer der Reiter – ein stolzer Mann in braunen Gewändern - fragt nach dem Anführer der Gruppe. Man zeigt widerwillig auf Mbalu. Der andere, nicht weniger erhaben wirkende, schaut sich alle Menschen in ihrem unsäglichen Zustand genau an. Dann spricht er ausgerechnet mit Ashanti. Er ist freundlich und blinzelt ihr zu. Sie lächelt zurück, nimmt aber ihren Bruder sofort fest in die schützenden Arme.

Eifersüchtig verfolgt Kanzi das werbende Lächeln des Fremden. Einer Frau in der Nähe entgeht offenbar gänzlich, wie wenig Ashanti bereit ist, auf die Worte des Fremden einzugehen, obwohl sie die einzige in der Gruppe ist, die seine Sprache ein bisschen versteht.

Das von Mühsal gezeichnetes Gesicht der empörten Frau erinnert Kanzi an seine Mutter, auch wenn Mama Dzemila schöner war, viel schöner. Diese Frau spricht weder seine Sprache noch ein bisschen Englisch, wie die meisten jungen Männer, die sich erst nach und nach der Gruppe angeschlossen hatten und mit denen Kanzi hin und wieder ein Steinspiel macht. Die einfachen Leute sprechen nur die Sprache ihres Volkes, was jedes Verstehen erschwert. Kanzi wendet seinen Kopf noch einmal zu dieser griesgrämigen Frau. Zu spät. Leichten Fußes sieht er sie auf Mbalu zuschreiten und schon bald ist sie in der Menge der Leiber untergetaucht, die einen der fremden Reiter umringen.

Die beiden Beduinen steigen nicht von ihren Kamelen, aber sie scheinen es gut mit der Gruppe zu meinen. Sie wissen genau, wie es Menschen geht, die seit Tagen nur Wüste sehen, die seit kurzem zu Fuß durch die Einöde stapfen, schwerfällig und enttäuscht, weil ihre Helfer keinen neuen LKW organisieren konnten. Oder wollten…?

Der im blauen Bidhan kommt zu dem zurück, der mit Mbalu gesprochen hat. Sie reden etwas und der Blaue deutet mit den Augen zurück zu Frauen und Kindern. Der andere hebt seinen Kopf und stimmt irgendetwas zu, was niemand versteht. Dann fordern sie Mbalu auf, die Menschen zu formieren und ihnen zu folgen. Sie führen die Gruppe aus ungefähr dreißig durstigen Leuten sehr zielstrebig über die nahen Hügel, die die Gruppe meiden wollte, aus Vorsicht. Man könne ihnen vertrauen, sagen die Männer. Hinter den Hügeln gebe es eine verborgene Stelle, die bestens geeignet sei für das Warten auf Hilfe. Keiner folgt den Fremden mit Lust und Glauben, aber sie haben keine Wahl, wenn sie nicht elendig in der unendlichen Öde verdorren wollen. Nach zwei Stunden Fußmarsch gibt es tatsächlich Wasser und einen guten Platz zum Lagern…

Bevor die Männer wieder davonreiten, warnen sie Mbalu, auf keinen Fall bei Dunkelheit durch die Wüste zu irren. Man sei hier im gefährlichen Terrain, wo es vor Banditen nur so wimmele. Hier gebe es unheimlich viele vagabundierende Gruppen, die es auf alles abgesehen hätten, was sich zu Geld machen lasse.

Mbalu winkt ab. Es gebe bei ihnen nichts mehr zu holen. All ihr Geld habe die Flucht verschlungen und dennoch habe man sie «verraten und verkauft», wie man es nicht mit seinesgleichen zu tun habe. Und das da – er zeigt in die Runde – das sind auch nur Menschen, die leben wollen, die sich nicht länger abfinden möchten mit den Brosamen dieser Welt…

Die Männer sind sehr verständnisvoll. Sie bereden sich noch einmal und versprechen danach, am Morgen wiederzukommen und vielleicht sogar einen LKW zu organisieren. Dazu müsse die Gruppe jedoch unbedingt an diesem Platz bleiben, zu dem man sie genau aus diesem Grund geführt habe.

Dieser Platz, der ihnen Schutz und Ruhe bietet, war mit ihren ungeübten Augen in der gelben Silhouette der steinigen Wüste nicht zu erkennen gewesen. Auch hatten sie den Anschein, sie seien zwei Stunden lang zurückgelaufen, weg vom rettenden Meer. Mbalu lässt kein Hadern gelten. Jetzt ist Hoffnung in ihm.

In dieser felsigen Dünenoase unter ein paar spärlichen, hohen Kameldornenbäumen und ausladend niederen Schirmakazien schlagen sie ihr Nachtlager auf. Endlich können sie einmal trinken, bis sie keinen Durst mehr haben. Am bröckelnden Steinbrunnen, der abgedeckt mit einer Steinplatte kaum als Brunnen erkennbar ist, können sie ihre Flaschen füllen für die letzte Strecke bis zum Meer. Ebenso viel wert sind die Kaktusbüsche mit den süßen Früchten, die allen munden. Auf deren gerechte Verteilung achtet Mbalu mit Argusaugen.

Die kalten Spuren im heißen Wüstensand

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