Читать книгу Time of Lust | Band 4 | Geliebter Schmerz | Roman - Megan Parker - Страница 6

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LichtBlicke

Es waren die letzten Tage vor dem Abflug. Niemand hatte uns über irgendetwas informiert. Eines Morgens bekamen wir neue Kleider. Vanillegelb, kurz und transparent, jedoch mit weiten langen Ärmeln, wie Tuniken. Der modische Schnitt sah unheimlich sexy an uns aus. Wir hatten jede Menge Gepäck und flogen mit zwei Helikoptern nach Miami.

Auf dem Flughafen erblickte ich Natalie. Sie wartete an einem vereinbarten Treffpunkt und sah atemberaubend hübsch und selbstsicher aus. Ich hatte sie noch nie in engen Jeans gesehen! Sie trug ihre wertvollen gläsernen High Heels und zufällig ein ebenso vanillegelbes Top – als hätten wir uns abgesprochen. Natalie strahlte über ihr ganzes Gesicht, als sie Santiago erblickte. Ich hingegen fand es ziemlich dreist, Santiago in Jeans gegenüberzutreten. Wir durften nie Jeans tragen. Er wollte stets nackte Beine sehen. Aber seine Freude war ungetrübt. Er schloss Natalie in seine Arme und küsste sie zärtlich auf den Mund. Damian gab ihr ein Kleid und sie musste sich auf der Toilette umziehen.

Als Natalie fertig war, versammelten wir uns beim VIP Check-in und ich suchte nach einer Anzeige am Schalter, denn ich wollte endlich wissen, wohin wir fliegen würden, aber auf dem Monitor stand nur die Fluglinie. Damian gab mir auch keine Gelegenheit, Natalie zu begrüßen oder mit ihr zu sprechen, er drängte mich ständig weiter, während sie mit Marcus etwas hinten blieb.

Doch dann passierte es bei der Sicherheitskontrolle: Ich bekam mein eigenes Ticket in die Hände, musste es vorweisen und durch den Metalldetektor gehen. Danach war ich einen Moment lang allein, während Damian sich erst wieder ankleiden musste. Ich warf einen Blick auf das Ticket und glaubte zuerst, an einer Halluzination zu leiden. Erschrocken zwinkerte ich, doch die Schrift veränderte sich nicht. Kurz überlegte ich, ob irgendwo ein Fehler passiert war, ob vielleicht durch einen schicksalhaften Zufall bloß ich ein falsches Ticket bekommen und alle anderen ein anderes hatten. Dieser Gedanke war weit hergeholt. Aber ich konnte es nicht glauben. Auf meinem Ticket stand das Kurzzeichen für den Flughafen von Aruba!

Hinter mir kam David durch die Sicherheitskontrolle und bemerkte sofort, dass etwas mit mir nicht stimmte.

»Was ist passiert?«, fragte er besorgt.

»Wir fliegen nach Aruba!«, hauchte ich.

»Ja. Ist das ein Problem für dich?«

»In welches Hotel?«, fragte ich.

»Das Seven Seas! Warum?«

In meinem Kopf brach das Chaos aus ... David gab sich komplett ahnungslos! Er wusste doch, dass ich damals für das Fotoshooting auf Aruba gewesen war! Und von Ronan hatte ich ihm auch erzählt. Hatte ich ihm nicht gesagt, in welchem Hotel das gewesen war? Hatte ich Ronans Namen erwähnt gehabt? Was hatte ich ihm überhaupt erzählt?!

»Willst du dich setzen? Du bist leichenblass!«, hörte ich David weit entfernt sagen.

Ich schluckte. »Nein ... Nein, es geht schon.«

Wir gingen weiter, um keinen Stau an der Sicherheitskontrolle zu verursachen. Danach war wieder Damian bei uns und ich konnte nicht mehr frei sprechen.

Ein wenig beruhigte es mich, dass David nicht anders reagiert hatte. Offenbar hatte er vergessen, dass ich damals auf Aruba gewesen war. Oder ging er davon aus, dass es unmöglich dasselbe Hotel sein konnte. Aber wie es aussah, war es ganz leicht, dasselbe Hotel zu treffen, nachdem Ronan bereits vor Wochen eine verlockende Einladung an Santiago geschickt hatte!

Santiago hatte mir damals von den traumhaften Stränden vorgeschwärmt, von einer luxuriösen Präsidentenvilla, VIP-Service und privaten Yachten. Fast wäre er sogar mit Amanda dorthin geflogen, um romantische Tage zu zweit zu verbringen – wäre nicht das schreckliche Unglück mit Cheyenne dazwischengekommen. Wie es aussah, wollte er diesen Urlaub jetzt nachholen.

***

Die Stimmung im Flugzeug war nicht viel anders als auf Ivory in letzter Zeit. Santiago hatte seinen First-Class-Relax-Sessel direkt neben dem von David. Uns Mädchen hatte man etwas abseits zwischen den anderen Männern platziert, sodass wir nicht miteinander sprechen konnten.

Wie gern wäre ich ein paar Minuten mit Natalie allein gewesen. Ich wollte sie fragen, wie es ihr ging, was sie jetzt machte und wo sie wohnte. Vielleicht war es aber auch nur ein Vorwand in meinem Denken. Ihr konnte es kaum schlechter gehen als mir. In Wirklichkeit wollte ich ihr um den Hals fallen und mich bei ihr ausweinen. Sie sah so stark und so gefestigt aus. Sie wirkte glücklich. Konnte man ohne Santiago glücklich sein?

»Darf ich kurz mit Natalie sprechen?«, fragte ich Edward leise.

»Nein!«, entgegnete er.

»Wieso nicht? Haben wir jetzt auch noch Redeverbot?«, beschwerte ich mich.

Edward lachte. »Nein, entspann dich einfach.«

»Ich will mich nicht entspannen! Bitte, Edward!«

Er seufzte. »Wenn es dir so wichtig ist, dann frag Damian!«

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, ich stand auf und wandte mich an Damian. Und da er in Hörweite von Santiago saß, flüsterte ich ihm meine Bitte ins Ohr. Leider verstrickte ich mich dabei in eine kleine Diskussion, weil er es ebenfalls nicht erlauben wollte und ich mehr als verzweifelt darüber war. Meine Worte wurden schnell lauter. Zuerst erntete ich nur einen bösen Blick von Santiago, doch als ich noch ein Wort sagte, sprang er auf, packte mich an den Händen und schleuderte mich zurück in meinen Sitz, sodass mir kurz die Luft wegblieb.

»Hände runter!«, fauchte er. Er zog den Gurt so fest über meine Arme und meinen Körper, dass ich mich nicht mehr rühren konnte. »Du bleibst sitzen!«, zischte er, fasste an mein Kinn und strafte mich mit einem bitterbösen Blick.

Ich sah, dass sich sein Kiefer bedrohlich nach vorn schob, als wollte er mir ins Gesicht spucken. Doch er tat es nicht. Er ließ mich abrupt los und setzte sich wieder.

Mich schüttelte es innerlich vor Kälte. Hatte Santiago denn nur noch Qualen und Verachtung für mich? Ich hätte meine Hände aus dem Gurt herausziehen können, aber ich traute mich nicht. Nur langsam beruhigte sich mein Atem wieder. Ich fragte mich selbst, warum ich das eben getan hatte. War ich jetzt schon wie Lilienné, dass ich ihn provozieren musste, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen? Ich schloss meine Augen und dachte an Aruba ... Es war tatsächlich dasselbe Hotel. Der schöne Strand. Das Meer. Ronan ... Ich machte mir große Sorgen wegen Ronan. Ich wusste nicht, wie er reagieren würde, wenn er mich sähe. Und ich wusste nicht, wie Santiago reagieren würde.

Ich fürchtete die Begrüßung.

***

Bei unserem Eintreffen im Hotel merkte ich, dass David verstärkt ein Auge auf mich hatte. Es machte mich verrückt, dass ich nicht wusste, woran er sich erinnern konnte. Doch Santiago ließ ihm kaum eine Gelegenheit, sich jemand anderem zu widmen. Er wollte David neben sich haben.

Als wir die schmucke Empfangshalle betraten, war ich dankbar, dass man uns verspiegelte Sonnenbrillen zugestanden hatte. Auf den ersten Blick sah ich nur Angestellte und keine Gäste und sofort fragte ich mich, ob Santiago wohl das ganze Resort gemietet hatte. Unter dem riesigen Strohdach surrten leise die Ventilatoren, all die bequemen Lounge-Möbel schienen verlassen, dafür hatte man viel mehr Glasvasen mit prächtig blühenden Orchideen rundum verteilt.

Die Männer betraten als erstes den mit glänzendem Marmor ausgelegten Bereich der Empfangslounge, Edward hielt sich etwas weiter hinten bei uns Mädchen, und kaum hatte man uns gesehen, war leichte Aufregung an der Rezeption. Eine junge Dame verschwand im Büro, zwei andere arrangierten bunte Cocktails in hohen Gläsern und während ich mich noch umsah, kam Ronan!

Er schritt freudig begeistert auf Santiago zu, als würde er ihn seit Jahren kennen. Aber er schüttelte ihm die Hand und stellte sich höflich vor, wobei er ihn gleichzeitig in einer vertrauten Willkommensgeste am Oberarm berührte.

Genauso herzlich begrüßte er David, und sie wechselten ein paar Worte, bei denen es um die Hochzeit ging und darum, dass es Ronan offenbar leid tat, dass wir alle nicht schon früher hatten Urlaub bei ihm machen können.

Danach ließ er die Cocktails verteilen und setzte seine Begrüßung bei Damian fort. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Ronan strahlte vor Freundlichkeit und Frohsinn. Ich konnte mir kaum erklären, warum ich einst gemeint hatte, er würde Santiago zum Verwechseln ähnlich sehen, denn jetzt fand ich das überhaupt nicht mehr. Er war zwar groß, schlank und dunkelhaarig und verfügte nach wie vor über männlich dominante Züge, die mich faszinierten, aber er wirkte in seinem ganzen Wesen viel entspannter und unbeschwerter. Er strahlte eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit aus – wie ein Mann, der es verstand, das Leben zu genießen.

Nun küsste er Liliennés Hand und zauberte damit ein verzücktes Lächeln in ihr Gesicht, woraufhin Santiago ihn, leicht genervt, von jeder weiteren Begrüßung abhielt und ihn selbst in ein Gespräch verwickelte. Und nun passierte es zum ersten Mal, dass Ronan mich bewusst ansah. Er sprach mit Santiago, aber zwischendurch fiel sein Blick mehrmals auf mich, und es bestand kein Zweifel, dass er mich trotz der Sonnenbrille erkannte ... Doch ich erschauderte, als ich merkte, dass sein Lächeln dabei zusehends aus seinem Gesicht verschwand – dass er für mich offensichtlich kein Lächeln hatte und ich auch nicht wusste, wie ich seine ernste Miene zu verstehen hatte.

Ich war direkt erleichtert, als eine junge Frau kam, die uns zu den Unterkünften begleiten sollte, während die Männer noch weiter redeten. Einzig Edward blieb bei uns. Wie sich später herausstellte, sollte er während des gesamten Aufenthalts die Verantwortung für uns Mädchen tragen.

Zu fünft folgten wir der Angestellten quer durch die Anlage, vorbei an der Poollandschaft und auch an der kleinen Strohhütte mit den Massageliegen ... Beiläufig fiel mir auf, dass wir doch nicht die einzigen Gäste waren. Unser Weg führte uns aber in einen ruhigen, abgelegenen Teil der Anlage, wo keine anderen Leute mehr hinkamen. Sogar der Sandstrand erstreckte sich hier als eigene kleine Badebucht getrennt vom Rest des Resorts. Und als wir die letzten Büsche und Palmen hinter uns gelassen hatten, lag die pompöse Villa vor uns, in der Santiago für die nächsten Tage logieren sollte.

Sie war riesig und modern, aus edlem Holz und Bambus, viel Glas und Chrom. Die Konstruktion stand auf Stelzen, halb am Ufer und zur Hälfte ins Meer hineingebaut. Ich vermutete einen Pool auf der Vorderseite, aber man konnte von außen nicht viel sehen. Neben der Villa gab es noch zwei weitere Bungalows, die viel kleiner waren. Edward erklärte uns, dass wir vorerst hier bleiben und erst bei der Anreise der Hochzeitsgäste zu Santiago in die Villa übersiedeln würden. Alice und ich sollten uns ein Zimmer teilen, genau wie Natalie und Lilienné.

In unserem Bungalow erhielten wir eine kurze Führung und Einweisung von der netten Hotelangestellten, danach verpasste uns Edward Ausgangsverbot und ließ uns allein, um die anderen beiden Mädchen in ihr Zimmer zu begleiten.

Mein Blick fiel als erstes auf das Sofa im Wohnbereich und ich fragte mich, ob Edward in der Nacht hier schlafen würde. Für Alice und mich war wohl das große Himmelbett im Nebenzimmer gedacht. Ich mochte den Stil der Möbel.

Plötzlich rief mich Alice zum Fenster und wir beobachteten, wie Ronan unsere Männer, eskortiert von einigen Angestellten, zur großen Villa führte. Offenbar legte er Wert darauf, Santiago persönlich seine Unterkunft zu zeigen.

»Ich hüpf schnell unter die Dusche«, informierte ich Alice, denn ich wollte mir den Stress und die Anstrengung der Reise vom Leib waschen. Alice öffnete inzwischen unser Gepäck und begann auszuräumen. Irgendjemand hatte auf Ivory in weiser Voraussicht, dass wir jeweils zu zweit in einem Zimmer schlafen würden, einen Koffer für uns gepackt. Die ganze Kleidung darin war doppelt, wie für Zwillinge.

Als ich wiederkam, hatte sie bereits alles sortiert und Edward war noch nicht zurück, also schlüpfte ich in einen weißen Bikini, während Alice sich ins Bad zurückzog. Vermutlich war es uns nicht mal erlaubt, eigenmächtig zu duschen, dachte ich. Mit einem flauen Gefühl im Magen und einem Anflug von schlechtem Gewissen setzte ich mich auf unser Bett. Ich sah eine Speisekarte, eine Fernbedienung und ein Telefon auf meinem Nachttisch ... als es an unserer Tür klopfte.

Alice war zuerst dort, sie hatte schnell ein weißes Handtuch übergeworfen, vermutlich in der Annahme, es wäre Edward ... doch es war Ronan.

»Hi«, raunte er freundlich. »Ich wollte nur sehen, ob alles in Ordnung ist ...«

»Ja«, entgegnete Alice, leicht erschrocken, und trat einen Schritt zur Seite.

Daraufhin kam er herein. »Wir hatten noch nicht das Vergnügen«, schmeichelte er, küsste angedeutet ihre Hand und bedachte sie mit einem gewinnenden Lächeln.

Mit dem gleichen gewinnenden Lächeln kam er anschließend auf mich zu. Ich hatte Angst, er könnte jetzt vielleicht einen Fehler machen ... vor Alice ... und blieb wie versteinert auf der Bettkante sitzen.

»Falls Sie noch irgendwelche Wünsche haben, können Sie mich gern jederzeit anrufen«, erklärte er und legte seine Visitenkarte vor mir auf den Nachttisch. Und ... als hätte er es absichtlich getan, fiel sie auf den Boden. Er ging unvermittelt in die Knie, um sie aufzuheben ... doch bevor er wieder aufstand, nahm er meine Hand und küsste sie ebenfalls. »Es freut mich sehr«, raunte er leise. Gleichzeitig schenkte er mir von unten herauf einen Blick, der mich tief berührte. Ich spürte, wie ich auf der Stelle rot anlief und konnte nicht antworten. Es war, als ob all die Erinnerungen an meinen letzten Aufenthalt hier und die Gefühle, die ich für Ronan empfunden hatte, mich nun in einem Schwung geballt erreicht hätten!

Ronan stand wieder auf und begann etwas über den Zimmerservice, die Restaurants und besondere Dienstleistungen zu erzählen, die das Hotel zu bieten hatte. Alles rieselte nur an mir vorbei. Ich glaubte auch zu hören, dass er über Ebbe, Flut, den Mond und die Sterne sprach ... aber vielleicht fantasierte ich in diesen Punkten. Alice gelang es, zwischendurch eine sinnvolle Frage zu stellen. Ich hingegen erwachte erst da wieder, als er mir seine Hand entgegenstreckte ... »Vielleicht sollte ich einer der beiden Damen noch schnell den Whirlpool auf der Terrasse erklären«, schlug er vor.

Bereitwillig stand ich auf und folgte ihm. Ich wusste, dass es nur ein Vorwand war, aber er hatte sich so geschickt ausgedrückt, dass Alice tatsächlich im Zimmer blieb.

Ronan bat mich auf der Terrasse zur Seite, sodass man uns von innen nicht beobachten konnte. »Ich freue mich wirklich, dich zu sehen«, flüsterte er.

Ich nickte betroffen.

»Warum bist du zu ihm zurückgegangen?!«, raunte er vorwurfsvoll.

»Ich freue mich auch so sehr, dich zu sehen«, hauchte ich.

Ronan lächelte ... »Bist du glücklich?«

Eine heiklere Frage hätte er mir wohl nicht stellen können. Unwillkürlich schossen mir Tränen in die Augen. Ich presste meine Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf.

Ich sah, wie das Lächeln aus seinem Gesicht verschwand. »Zahira ... Ich weiß, dass du hier nicht leicht weg kannst, aber ich möchte dich sehen ... Ruf mich an oder komm zu mir, ich bin die ganze Zeit im Resort, meistens an der Rezeption oder im Penthouse. Meine Angestellten wissen immer, wo ich bin.«

Ich nickte.

Er streichelte über meine Haare und ließ eine dünne Strähne davon ganz langsam zwischen seinen Fingern hindurchgleiten ... als wäre das das Einzige, was er von mir berühren durfte. Danach erklärte er mir, dass er jetzt besser gehen würde, da er auch im zweiten VIP-Bungalow noch nach dem Rechten sehen musste. Zum Abschied drückte er zärtlich meine Hand und die kleine Berührung brachte meinen Herzschlag endgültig aus dem Gleichgewicht.

Dann verließ er unser Appartement.

Ich seufzte schwer. Nun war mein Gefühlschaos perfekt.

***

Edward verbrachte die Nacht bei Lilienné und Natalie. Er hatte eine Art Babyfon installiert, wodurch er beide Bungalows gleichzeitig überwachen konnte. Alice und ich hätten uns weder über unerlaubte Dinge unterhalten noch unbemerkt aus dem Zimmer stehlen können. Aber Alice war für mich ohnehin nur mit größter Vorsicht zu genießen. Sie war so tief in Santiagos Bann gefangen, dass sie vermutlich auch bei offenen Türen keinen Schritt über die Schwelle gewagt hätte. Und ein Geheimnis, das sich irgendwann vielleicht gegen ihn richten könnte, konnte ich ihr dadurch erst recht nicht anvertrauen. Also behielt ich all meine Gefühle und Sorgen für mich. Und ich ertrug auch schweigend, dass man uns am nächsten Tag wie Tiere im Zoo behandelte.

Edward ließ uns vom Zimmerservice zwei Mahlzeiten bringen. Die restliche Zeit versperrte er unsere Türen und Fenster mit extra Codeschlössern, die er selbst mitgebracht hatte, und ließ uns allein. Er musste an wichtigen Besprechungen für die Hochzeit teilnehmen.

Erst am darauffolgenden Tag durften wir wieder an die Sonne. Die anderen Männer fuhren mit einer großen Yacht aus. Edward blieb bei uns und wir hatten es Lilienné zu verdanken, dass wir Ausgang bekamen. Ihr war der Whirlpool auf unserer Terrasse zu langweilig und Edward hatte bei Santiago durchgesetzt, dass wir an den großen Pool in der Nähe des Hotelgebäudes durften.

Wir konnten uns frei bewegen, in der Sonne liegen, an der Bar etwas trinken oder schwimmen gehen, solange wir in Edwards Sichtweite blieben. Mehrmals sah ich Ronan, wie er sich mit Gästen vor dem Restaurant unterhielt. Und zweimal sah ich auch seine Söhne. Den einen mit Anzug und Laptop, und den anderen in Freizeitkleidung in der Tauchschule.

Ich war gerade aus dem Pool geklettert, als Ronan wieder in Richtung Rezeption ging. Sehnsüchtig verfolgte ich ihn mit meinen Blicken, und diesmal beschloss ich, ihm nachzugehen. Die Situation war günstig, denn Edward war mit den anderen Mädchen noch im Wasser. Trotzdem meldete ich mich artig bei ihm ab ...

»Ich muss zur Toilette«, informierte ich ihn, als er für mich an den Rand des Beckens kam. Daraufhin packte er mich grob am Handgelenk. »Fünf Minuten, Zahira. Wenn du länger brauchst, bleibst du morgen den ganzen Tag gefesselt in deinem Zimmer!«

Ich nickte.

Eilig machte ich mich auf den Weg zur Toilette und bog ungesehen zur Rezeption ab. Ich war dankbar, dass ich keine High Heels anhatte, auch wenn es sich nicht unbedingt schickte, barfuß und im Bikini die Empfangshalle zu betreten.

Leider konnte ich Ronan nirgends finden ...

»Ich hätte gern Mr Defoe gesprochen«, bat ich aufgeregt eine Angestellte an der Rezeption.

»Ist es dringend?«, fragte sie.

»Ja, sehr ...«, entgegnete ich.

Daraufhin sah sie mich entschuldigend an. »Mr Defoe hat gerade eine Telefonkonferenz, aber vielleicht kann Misses Defoe Ihnen helfen ...«

Ich fühlte, wie mein Herzschlag kurz aussetzte, doch ehe ich reagieren konnte, stand plötzlich »Misses Defoe« vor mir. Und das war definitiv nicht seine Mutter!

Sie war bildhübsch, dunkelhaarig, vielleicht Mitte dreißig, und lächelte freundlich. »Geben Sie der jungen Dame bitte einen Bademantel«, wies sie ihre Kollegin an, griff selbst ins Regal und kurz darauf bedeckte weiches Frottee meinen halbnackten Körper.

»Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie nun wieder lächelnd.

War das seine Schwester? Sah sie ihm ähnlich? Ich wollte nicht daran denken, dass er in der Zwischenzeit womöglich geheiratet haben könnte. Warum hätte er dann gesagt, er würde sich freuen, mich zu sehen?

»Ich komme ein anderes Mal wieder«, sagte ich. »Ich muss mit ihm persönlich sprechen.«

Mrs Defoe zögerte. Sie sah mich an und es schien, als konnte sie meine Verzweiflung erkennen und Schlüsse daraus ziehen. »Nein, warten Sie ...«, meinte sie plötzlich und ging nach hinten ins Büro.

Ich dachte bloß noch daran, dass ich keine Zeit mehr hatte. Doch sie kam mit Ronan zurück. Er hielt mir die Tür auf und bat mich zu sich ins Büro. Und während ich eintrat, schickte er zwei andere Damen aus dem Raum, damit wir ungestört waren.

»Ich wollte nicht, dass du das so erfährst!«, sagte er leise.

»Du bist verheiratet?«, hauchte ich entsetzt.

»Nein!« Er lächelte kurz. »Belinda ist meine Ex-Frau. Sie ist jeden Sommer für einen Monat hier, weil sie ihre Kinder sehen möchte. Du weißt doch, dass Leon und Patrick bei mir leben.«

Belinda ... Ich nickte, aber ich fühlte nur bedingt eine Erleichterung und konnte nicht antworten.

Ronan seufzte. »Hast du gedacht, ich hätte dir etwas verschwiegen?«

»Nein«, antwortete ich. »Ich weiß auch nicht ...«

»Du hast dich erschrocken«, hauchte er.

Ich lächelte beschämt. »Vielleicht.«

Er presste seine Lippen aufeinander und nickte. »Wie hast du dich am Pool überhaupt davonstehlen können?«

»Ich kann nur fünf Minuten!«, sagte ich. »Und die sind eigentlich schon vorüber. Wenn ich zu spät komme, habe ich morgen den ganzen Tag Hausarrest!«

Ronan sah mich an, als wollte ich ihn auf den Arm nehmen.

»Aber es ist egal«, fügte ich hinzu. »Mach, dass es länger dauert und ich bleibe morgen in meinem Zimmer.«

Amüsiert zog er eine Augenbraue hoch. »Was soll länger dauern?«

Ich zuckte ratlos mit den Schultern. »Ich weiß auch nicht.«

Er lächelte, löste sich von der Schreibtischkante, an die wir uns gelehnt hatten, und kam vor mich. »Zahira, wir müssen reden ...«

»Nicht jetzt, später ...«, flüsterte ich und legte sehnsüchtig meine Hände auf seine Brust. Aber ich fühlte mich so klein, ohne Schuhe, und erinnerte mich an unseren ersten Kuss in der Strandhütte. Damals war es ein Massagetisch gewesen, aber nun hatten wir einen Schreibtisch. Ich schlüpfte aus meinem Bademantel und kniete mich auf die Tischplatte.

Ronan lächelte, nahm mein Gesicht in seine Hände und begann mich zu küssen. Ich öffnete meine Knie, um ihm noch näher zu sein. Mein nackter Bauch schmiegte sich an sein weißes Hemd und meine Begierde war wie damals überwältigend. Ronan küsste wundervoll.

Ich hob meine Hände und fasste ihm in den Nacken, streichelte durch seine Haare und über sein Gesicht. Er sollte sehen, dass ich mich geändert hatte. Ich hatte keine Scheu mehr, ihn zu berühren. Im Gegenteil. Es war berauschend. Ronan hatte ebenfalls eine Hand in meinen Haaren vergraben, während er mit seiner anderen über meinen Körper streichelte. Seine Zunge in meinem Mund war vorsichtig und liebevoll, dennoch spürte ich seine Leidenschaft, wie sie durch meinen ganzen Körper strömte. Ich rutschte fast vom Tisch und musste schließlich meine Beine um seine Hüften schlingen, gleichzeitig hielt ich mich an seinem Nacken fest. Er trug mein ganzes Gewicht, aber er hörte nicht auf, mich intensiv zu küssen. Ich spürte, wie ich feucht wurde und dass auch er erregt war. Seine Härte presste deutlich gegen mein Höschen. Ich war versucht, mich daran zu reiben, doch ich tat es nicht und hielt still. Seine Küsse waren erregend genug, alles an ihm schmeckte und roch nach Sex und zum ersten Mal fühlte ich mich bereit, mit ihm zu schlafen, aber ich war mir nicht sicher, wie weit wir hier in seinem Büro gehen konnten.

Langsam trennte auch er sich von meinen Lippen. Ich keuchte und stöhnte sehnsüchtig und fühlte, wie ich innerlich bebte. Jeder Zentimeter, den sein Mund sich von meinem entfernte, schmerzte. Auch Ronan war außer Atem. Wehmütig streichelte ich durch seine Haare und über seine Wangen. Seine Augen waren glasig, sinnlich erregt. All meine Begierde gehörte ihm.

»Ich will Santiago verlassen ...«, keuchte ich mit gebrochener Stimme. »Und ich will nie wieder zu ihm zurückkehren.«

»Dann bleib bei mir«, hauchte Ronan.

Ich hatte so sehr gehofft, dass er das sagen würde. Glücklich nickte ich.

Ronan nickte ebenfalls und sein Blick war wertschätzend und voller Stolz. Er wusste, was eine solche Entscheidung für mich bedeutete. Gerührt schmiegte ich mein Gesicht an seinen Hals und klammerte mich an ihm fest. Ich hatte schon genug Kämpfe mit ihm ausgefochten, in denen er gesehen hatte, wie unverwüstlich die Ketten waren, mit denen mich Santiago an sich gebunden hatte. Beschützend legte er eine Hand in meine Haare und ich hörte sein Herz aufgeregt schlagen, seine Lungen pumpten kräftig nach Luft und seine Haut duftete wie mein Himmelreich.

»Wie willst du ihm das erklären?«, flüsterte Ronan.

»Auf keinen Fall vor der Hochzeit«, hauchte ich. »Am besten erst kurz vor der Abreise.«

»Warum so lange warten? Je eher du von ihm weg bist, desto besser.«

Bestürzt sah ich an. »Wie stellst du dir das vor? Ich kann ihm doch jetzt nicht sagen, dass ich ihn verlasse und mit dir zusammensein will. Dann lässt er aus verletztem Stolz die Hochzeit hier platzen. Das kann ich David nicht antun!«

Ronan legte eine Hand auf meine Schulter, um mich zu beruhigen. »Du sollst ihm ja gar nichts von mir sagen! Wenn du mit ihm Schluss machst, bringe ich dich für ein paar Tage in ein anderes Hotel. Er wird denken, du wärst abgereist.«

»Das kann ich nicht«, entgegnete ich. »Ich möchte auch bei der Hochzeit dabei sein. Bitte! Ich kann mich vorher nicht von ihm trennen.«

Ronan nickte. »Das heißt, ich soll dir eine Woche lang mit ihm zusehen?«

»Es gibt nicht viel zu sehen«, sagte ich. »Er ist nur mit David beschäftigt. Wir wohnen nicht mal zusammen!«

Ronan zischte. »In vier Tagen übersiedelt ihr alle zu ihm in die Villa! Und, glaube mir, ich weiß ansatzweise, was bei seinem Junggesellenabschied alles geplant ist!«

»Ronan, bitte ...«, flehte ich ihn an. »Es ist für mich auch nicht leicht, aber lass es uns wenigstens versuchen. Es liegt mir so viel daran. Ich möchte dabei sein, wenn er David das Ja-Wort gibt.«

Widerstrebend nickte Ronan.

»Ich muss gehen«, hauchte ich und küsste ihn auf die Wange. »Edward wird jeden Moment hier aufkreuzen! Ich bin viel zu spät dran!«

»Brauchst du ein Alibi?«, fragte er.

»Ja«, sagte ich. »Ein gutes!«

»Ich kann dir eine meiner Angestellten mitgeben, sie wird aussagen, was du willst.«

»Nein, danke, ich mach das schon allein«, verweigerte ich. Ich wollte ihn da nicht mit reinziehen. »Und noch etwas ...« Ich streichelte Ronan über die Wange und kam ihm noch einmal nahe, um die Eindringlichkeit meiner Worte zu unterstreichen. »Falls du doch etwas zu sehen bekommst, bitte versuch nicht, mich zu retten. David ist Arzt. Mir passiert nichts. Aber ich könnte es mir nie verzeihen, wenn du etwas tust, wodurch diese Hochzeit hier platzt!«

Ronan nickte.

»Danke«, hauchte ich und küsste ihn auf den Mund.

Ich streifte den Bademantel über und huschte durch die Rezeption hinaus ins Freie. Am Pool bemerkte ich, dass alle Mädchen sich bereits abgetrocknet und auf Liegen verteilt hatten. Edward hatte ein Hemd übergezogen und wollte offenbar gerade aufbrechen, um mich zu suchen. Nun warf er sein Handy wieder in die Badetasche und blickte demonstrativ auf die Uhr. »Warst du shoppen?«, fragte er zynisch, als er meinen Bademantel sah.

»Nein, eine Frau an der Rezeption hat ihn mir gegeben, als ich zur Toilette wollte.«

»Und weiter?«

»Nichts weiter«, sagte ich.

Edward lächelte. »Du warst fünfzehn Minuten weg!«

Ich seufzte. »Ich musste zuerst an der Rezeption warten, dann hab ich auf der Toilette länger gebraucht.«

Er starrte mich wortlos an ...

»Es tut mir leid«, hauchte ich.

»Ich hatte dich gewarnt!«, fauchte er.

Meine Entschuldigung war vergeblich. Am nächsten Tag, nach dem Frühstück, holte Edward mich wieder ins Bett, um mich zu fesseln ...

***

Ich hatte noch mein Nachthemd an, als er mit einem Seil meine Handgelenke und mit einem zweiten meine Füße zusammenband. Er meinte, zur Toilette könne ich gehen, wenn ich kleine Schritte machte. Mehr wäre nicht notwendig.

Als alle fort waren, stellte ich fest, dass er mir auch die Fernbedienungen für TV und Klimaanlage weggenommen hatte. Dafür stand das Babyfon drohend und aktiviert neben meinem Bett. Ich setzte mich auf und dachte an Ronan ...

An der Terrassentür hing ein Codeschloss und auch die Eingangstür war verriegelt.

Verglichen mit meinem Verlies auf Ivory geradezu ein Luxus-Gefängnis, dachte ich und suchte nach einer Beschäftigung, um mir die Zeit und meine sehnsüchtigen Gedanken zu vertreiben. Schließlich hatte ich die Idee, mich im Badezimmer zu schminken. Mit gefesselten Händen etwas Farbe in mein Gesicht zu zaubern, wäre bestimmt eine Aufgabe, die mich fordern und ablenken würde.

Doch so weit kam es nicht, denn auf dem Weg dorthin machte ich einen dummen Fehler. Ich vergaß das Frühstück und hüpfte, anstelle mich mit endlos vielen kleinen Schritten aufzuhalten. Und als ich im Badezimmer ankam, war mir plötzlich unsäglich schlecht. Ich hatte das Gefühl, mein Magen würde sich umstülpen und in meinem Gehirn wütete eine Schwindelattacke, als hätte ich eine Fahrt in der Achterbahn hinter mir. Gerade schaffte ich es noch, vor der Toilette niederzuknien und meine Haare aus dem Geschehen zu halten, als ich mich übergeben musste.

Danach war mir jegliche Lust auf Schminkexperimente vergangen. Ich war erschöpft und mein Kreislauf im Keller. Trotzdem putzte ich noch schnell meine Zähne und machte mich frisch, bevor ich mich wieder hinlegte.

Benommen blickte ich an die Decke, in meinem Magen und in meinem Kopf drehte sich alles ... bis ich endlich einschlafen konnte.

Als ich wieder erwachte, lag ich auf der Seite. Ich hatte das Gefühl, mich mehrere Stunden erholt zu haben – Schwindel und Übelkeit waren verflogen. Dennoch bildete ich mir ein, nicht von selbst erwacht zu sein, und plötzlich erinnerte ich mich an ein Geräusch, dass ich kurz zuvor gehört hatte. Ein dumpfes Klopfen. Beschwerlich drehte ich mich zur anderen Seite und erblickte Ronan auf meiner Terrasse!

Er wandte mir den Rücken zu, doch während ich mich aufsetzte, trat er an die Scheibe heran. Er sah mich und lächelte gezwungen. Vermutlich wusste er bereits, dass alle Türen verschlossen waren und man nicht zu mir ins Zimmer gelangen konnte. Ich stellte meine Füße auf den Boden und es tat mir unsagbar leid, dass ich ihm das antun musste ... Bestimmt war es eine Qual für ihn, mir zuzusehen, wie ich mit gefesselten Händen und Füßen mit Babyschritten auf ihn zu schlich. Aber hüpften traute ich mich nicht mehr.

Als ich schließlich vor ihm stand, suchte er sichtlich nach Beherrschung. Dann nahm er sein Handy und deutete auf mein Telefon.

Ich erschrak. Er durfte auf keinen Fall hier anrufen! Das Babyfon! Panisch schüttelte ich den Kopf und presste einen Zeigefinger auf meine Lippen.

Ronan verstand es zum Glück und steckte das Handy wieder weg. Ich wollte lächeln, aber ich schaffte es nicht. Die Traurigkeit darüber, dass er mich nicht in seine Arme schließen konnte, war viel zu groß. Und ich wusste ja, dass es nur an mir lag ... Schuldbewusst senkte ich meinen Blick.

Ronan legte seine Hand auf das Glas, als könnte er mein Gesicht berühren. Wie gern hätte ich es ihm nachgemacht, aber mit dieser Fesselung war das unmöglich. Also sah ich ihn sehnsüchtig an und küsste seine Finger durch die Glasscheibe ... Im selben Moment streifte mich ein heftiges Déjà-vu! Rund um mich wurde es schlagartig dunkel, als hätte jemand das Licht ausgeknipst. Ich schwankte und musste mich schnell auf den Boden setzen, bevor etwas passierte.

Als ich mich wieder erholt hatte, beobachtete ich, wie Ronan telefonierte. Er schritt mit dem Handy auf der Terrasse auf und ab und blickte mehrmals in eine bestimmte Richtung neben dem Bungalow. Danach kam er wieder zu mir. Er setzte sich auf den Boden und lehnte sich mit dem Rücken an eine Holzwand.

Ich krabbelte näher zu ihm.

Ronan tippte in sein Handy und zeigte mir auf dem Display: »Ich bleibe bei dir!«

Er wollte doch nicht etwa hier auf dem Boden bei mir sitzen bleiben?!

»Hab keine Angst«, schrieb er weiter, »meine Angestellten werden mich warnen, falls jemand kommt.«

Ich nickte, leicht beschämt. Dann zog ich vom Sofa ein großes Kissen zu mir auf den Boden und setzte mich darauf.

Ronan sah mich an und lächelte. Er tippte in sein Handy und zeigte es mir: »Ich hatte mir solche Sorgen um dich gemacht. Du hast mir gefehlt. Ich könnte dich ewig ansehen.«

Ich seufzte. Er musste aufhören, mir nette Dinge zu schreiben. Wenn ich sie nicht erwidern konnte, machten sie mich nur traurig.

Vermutlich hatte er das auch gerade mitbekommen, denn nun schrieb er etwas anderes: »Ich muss dir etwas beichten ...«

Überrascht sah ich ihn an.

»Ich möchte nicht, dass du verärgert bist, weil du es von jemand anderem erfährst«, fuhr er fort.

Unweigerlich dachte ich schon wieder an eine andere Frau.

Doch er schrieb: »Du bist nicht ganz zufällig hier.«

Ich nickte wissend. War das alles? Offenbar meinte er die Einladung, die er an Santiago geschickt hatte.

»Du weißt es schon?«, fragte Ronan.

Ich nickte.

»Und du bist nicht sauer?«, hakte er nach.

Natürlich war ich nicht sauer, dass er Santiago eingeladen hatte. Ich fragte mich bloß, wie er sich hatte sicher sein können, dass ich mitkommen würde. Aber das konnte ich ihn durch die Scheibe nicht fragen. Die Unterhaltung war äußerst einseitig. Ich sah ihn an und deutete: »Nein.«

Ronan schien erleichtert. Doch dann schrieb er etwas höchst Seltsames: »David hat ein gutes Herz. Ich hab größte Achtung vor ihm.«

Jetzt wusste ich tatsächlich nicht mehr, wovon er sprach. David?!

Ronan tippte weiter in sein Handy: »Ich möchte dich glücklich machen, Zahira.«

Ein kurzes Strahlen lief über mein Gesicht. Ich wollte ihn auch glücklich machen ... Es war die reinste Folter hinter dieser Scheibe sitzen zu müssen, während er auf der anderen Seite war. Edward wusste ja gar nicht, wie hart er mich wirklich bestrafte. Traurig senkte ich meinen Blick und seufzte.

Ronan lehnte sich zurück, und es hatte den Anschein, als wollte er noch länger bleiben. Also ließ ich mich seitlich auf das Kissen sinken und streckte mich neben Ronan aus. Ich drehte mich zu ihm und berührte an so vielen Punkten wie möglich die Glasscheibe, als wäre sie sein Körper. Ronan legte eine Hand auf den Boden, direkt vor mein Gesicht, und er machte mit seinen Fingern eine Bewegung, als würde er mich an der Stirn streicheln. Ich schloss meine Augen und genoss es einfach nur, in seiner Nähe zu sein.

Er blieb ewig lange und geduldig bei mir sitzen. Immer, wenn ich zwischendurch meine Augen öffnete, war er noch da. Jedes Mal. Immer wieder. Bis ich irgendwann einschlief.

Als Edward mich weckte, war Ronan fort.

Time of Lust | Band 4 | Geliebter Schmerz | Roman

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