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Der Kreisel aus dem Nirgendwo

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Es war einer dieser wunderbaren fast mystischen Herbsttage, eigentlich sogar mehr ein verspäteter Sommertag. Die Sonne verstrahlte Wogen glühender Wonne.

Ein munterer Bergbach plätscherte durch sein holpriges Bett und spendete jedem Kühlung, der eine Hand oder ein Bein darin eintauchte.

Er wurde geschmückt von vielfarbigen, surrenden Libellen, die an seinen ruhigeren Stellen dicht über dem Wasser schwebten und in vielen Farben schimmerten.

Der Duft von aromatischer Waldluft und eigenwilliges Raunen umhüllten ebenfalls den Bach. Gibt es Schöneres für die Sinne als dieses Zusammenspiel natürlicher Vollendung?

Gerade schlenderten zwei Teenager am Rande dieses wunderschönen Gewässers entlang. Sie gingen zwischen dem fast goldigen Gras auf einem leicht ausgetretenen Pfad.

Der Junge war um die 16 Jahre alt, das Mädchen wirkte etwas jünger. Das Wasser brodelte und rauschte in hastiger Manier über die abgeschliffenen Steine.

Die Freundin des Wanderers schien stark von dem aktuell beliebten Vampir- und Hexenkult infiziert zu sein. Sie war recht stark geschminkt und trug trotz der für diese Jahreszeit ungewöhnlichen Hitze schwarze Kleidung und sehr auffälligen Fantasyschmuck.

Von den drei ledernen Ketten war eine mit Federn, eine andere mit einem eisernen Kreuz und die dritte mit einem großen schwarzen, in Silber eingefassten Stein verziert. Die Ohren waren mit jeweils drei schwarzen Ringen gepierct, von denen die Untersten am größten waren. An diesen baumelte wiederum eine eiserne Rune.

Am Halsausschnitt lugte der Ausschnitt einer frischen, mystischen Tätowierung hervor, deren Rest sich unter der dunklen Bluse verbarg. War es ein Pentagramm? Der umliegende Bereich war von den frischen Nadelstichen noch stark gerötet. Der neue Körperschmuck war erst wenige Tage alt.

Die langen Haare klebten an dem schwitzenden Hals und bildeten einen Gegensatz zur auffällig hellen Haut des geheimnisvollen Mädchens. Das Gesicht wurde von wenigen Sommersprossen geziert. Diese schufen den Ausgleich zwischen den widersprüchlichen Farbtönen von Haar und Haut.

Hätte man das Mädchen gefragt, ob sie an Werwölfe, Zauberer oder Elfen glaubte, würde sie diese Frage sicher bejahen, denn sie besaß etwas Indianerblut, was ihre Gesichtsform aber kaum verriet. Das war in dieser Gegend nicht so ungewöhnlich. Die Black Hills verbargen so manches Geheimnis und waren heiliges Indianerland. Legenden und Mythen hielten sich hartnäckig und wurden gern abends am Lagerfeuer von Mund zu Mund weitergereicht. Noch immer gaben die Lakota-Indianer ihren uralten Anspruch auf diese Berge nicht auf. Sie lebten jedoch inzwischen überwiegend in Reservaten außerhalb des Gebirges. Nur einige wenige siedelten als Einsiedler oder als lebende Darsteller in einem kleinen Gebiet, das als Museum für die alte Kultur Touristen anlockte.

Der junge Engel der Nacht wirkte schön, kess, offen als auch geheimnisvoll zugleich und war eines dieser Wesen, von denen Jungen oft ein ganzes Leben träumen, auch wenn die Liebe unerwidert bleibt.

Sein Begleiter wirkte dagegen unauffällig, hatte braunes Haar und war bloß mit Jeans, rotem Shirt und Sandalen gekleidet. Doch auch er versprühte eine besondere Aura.

Trotz des äußerlichen Kontrastes schienen beide gute Freunde zu sein. Landschaft, Herbsttag und die zwei Wanderer wirkten auf besondere Weise miteinander verbunden.

Die Schmalheit des Weges zwang für einen Moment das Pärchen hintereinander zu schlendern.

„Wo warst du die letzte Woche, Bella?“, wandte sich der Bursche an das Mädchen.

„Das ist eine absolut verrückte Geschichte!“, sprudelte es aus dieser heraus.

„Man munkelt, dass deine Urgroßtante gestorben ist!“

„Gestorben und doch nicht!“ Die Hübsche gab sich doppeldeutig.

„Was bedeutet das?“

„Versprich mir Lex, dass du es niemandem erzählst!“, bat Bella geheimnisvoll.

„Kein Ding!“

Seine Begleiterin vertraute ihm.

„Vor drei Tagen fuhren wir zur Beerdigung unserer Urgroßtante in die Berge. Ihr Tod war nicht verwunderlich, da sie weit über einhundert Jahre alt war. Sie lebte dort ganz einsam mit einem schwarzen Ziegenbock in in einem uralten Blockhaus. Es steht auf heiligem Indianerboden und gehörte früher einem berühmten Medizinmann.“

„Mein Beileid!“

„Außer uns hat sie keine Verwandten mehr. Also organisierten wir ihre Beerdigung nach alter indianischer Sitte auf dem Indianerfriedhof.

„Ihr habt sie auf einem Ast festgebunden?“, erkundigte sich ihr Begleiter.

„Ja, wie sonst. Urgroßtante Gaya soll angeblich so etwas wie eine Hexe gewesen sein.“

Alex lachte kurz.

„Wow, das nennt man Verwandtschaft!“

„Die Nacht verbrachten wir in ihrer Hütte. Mein Gott, dort war es richtig gruselig. Sie hatte da so uralte Sachen dort, richtiges Hexenzeug. Ihre schwarze Ziege, also der Bock, weinte sogar!“

„So ein Quatsch!“

„Ich habe es selbst gesehen!“, erboste sich Bella.

Ihr Begleiter stieß einen Stein in die Luft. Er flog einige Meter weit.

„Okay, ich glaube dir!“, beschwichtigte der Junge. Er wollte das hübsche Mädchen nicht verärgern.

„In der Nacht hörten wir vor der Hütte Geräusche. Mama griff sich ein Messer, da sie befürchtete, dass sich vielleicht ein Wolf verirrt hätte. Knarrend öffnete sich dann die Tür. Mir standen die Haare zu Berge.“

„Wieso?“, Alex war voller Neugier.

„Die uralte Gaya stand vollkommen verschmutzt auf wackligen Beinen in der Tür.“

„Nein! Sie war also nur scheintot!“, stieß der Junge hervor.

„Nenn es, wie du willst. Wir fürchteten einen Geist zu sehen. Sie sagte: Ich kann nicht sterben, bevor ich meinen Liebsten noch einmal gesehen habe!“

„Sie war sicher nur durchgedreht, weil ihr sie lebendig begraben habt!“, wandte Lex ein.

Bella war in Eifer.

„Im heiligen Indianerland passieren manchmal werkwürdige Sachen. Es wird erzählt, dass sie sich als blutjunges Ding über beide Ohren in einen Jungen aus Manhattan verliebt hat, der zu einem Blutsauger wurde.“

„Was sind das für fantastische Geschichten!“

Seine Begleiterin lachte jetzt. „Angeblich wurde er von Werwölfen gebissen und sein Geist ist seitdem auf der Suche nach einer Hexe, die ihn erlöst.“

„Die Indianer und ihre Märchen! Hauptsache deine Urgroßtante lebt, denn das bedeutet, dass auch du ein langes Leben haben wirst. Ihr seid schließlich verwandt!“, verkündete er scheinbar weise.

Nach einer Weile des Nachdenkens fügte er hinzu: „Sonst hättet ihr sie sogar ermordet. Das wäre eine Sünde.“

Das vorn gehende Mädchen lachte unerwartet auf.

„Was ist jetzt?“, erkundigte sich ihr Begleiter.

„Lex, weißt du eigentlich, dass ich in Wirklichkeit Medo heiße?“

„Ja, schon immer. Das heißt auf Lakota-Sprache Die Prophetin. Den Namen hat man dir gegeben, weil es unter deinen Vorfahren angeblich Hexen gab. Alle außer deiner Mutter nennen dich aber Bella, weil dein Vater es so wollte. Seine Vorfahren stammen aus Italien.“

Das Mädchen stichelte mit fröhlichem Gesicht weiter: „Du scheinst ja einiges über mich zu wissen, aber wusstest du auch, dass unter Wyatts Vorfahren ein Werwolf war?“

„Wundert mich überhaupt nicht!“, stieß der Junge auflachend hervor.

„Wie der und sein Zwillingsbruder sich benehmen, kann das durchaus wahr sein. Wer behauptet so etwas?“, hakte er nach.

„Er hat es gestern Cassy erzählt. Wollte anscheinend etwas bei ihr angeben. Seine Familie stammt zur Hälfte auch von den Lakota-Indianern. Seine Vorfahren wohnten früher ganz in der Nähe meiner Urgroßtante. Es sollen üble Burchen gewesen sein, die der Stamm sogar ausgestoßen hat. Cassy will es jetzt natürlich genau wissen. Du kennst ja ihr besonderes Interesse an Vampiren und Werwölfen. Sein Vater leitet jetzt ein Casino im Indianerreservat. Er hat deswegen extra eine Lakota geheiratet. Komisch, dass wir jetzt alle hier in Deadwood leben.“

„So?!“, stellte der Junge nur fest.

„Ich soll das für Cassy herausfinden und Wyatt oder Ian küssen! Was hältst du davon?“

„Was?“ Der Junge lief feuerrot an.

Es entstand eine dieser unglücklichen Pausen, in denen das fehlte, was jeder erwartete und trotzdem keiner auszusprechen wagte. Doch am Ende waren Neugier und Entsetzen zu groß und er rang sich zu weiteren Worten durch.

Es entstand eine dieser unglücklichen Pausen, in denen das fehlte, was jeder erwartete und trotzdem keiner auszusprechen wagte. Doch am Ende waren Neugier und Entsetzen zu groß und er rang sich zu weiteren Worten durch.

„Warum denn das?“, stotterte ihr Begleiter gequält.

Bella merkte wohl, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte und erklärte deswegen: „Der Kuss soll einer Hexe angeblich verraten, ob der andere verflucht ist. Ein Hexenkuss aus Liebe soll sogar einen Fluch aufheben können.“

„Ich verstehe“, stammelte Lex, doch allzu klar war ihm das Ganze nicht.

„Das ist auch wieder so ein Indianermärchen. Du bist angeblich ja eine Hexe. Wirst du es machen?“

„Glaubst du das?“, fragte das Mädchen schnippisch.

Sie war wohl etwas gekränkt, weil ihr Freund ihre Hexenfähigkeiten nicht ernst nahm.

Deswegen haute sie noch tiefer in die gleiche Kerbe: „Ich weiß es noch nicht. Einerseits kann ich weder Wyatt noch Ian richtig leiden, andererseits ist Cassy meine beste Freundin. Was, wenn das Gerücht wirklich stimmt?“

Der Junge murmelte etwas Unverständliches und wandte sich ab. Sein Gesicht glühte. Tränen traten in seine Augen, die der hübschen Bella die wahren Gefühle ihres Begleiters verraten hätten. Doch sie bemerkte es nicht.

Eine Weile gingen beide schweigend weiter am Fluss entlang. Bella als Erste und Lex hinter ihr. Plötzlich hielt er im Gang inne.

„Bella, komm mal her! So etwas hast du noch nicht gesehen!“

Bella blickte zurück. Dabei entblößte sich ein weiterer Teil ihrer Tätowierung. Ja, es war ein Pentagramm. Kurz darauf rann ein Schweißtropfen von ihrem Haaransatz hinunter und verlieh der Schwärze des Tatoos noch mehr Glanz, so wie Firnis es bei wertvollen Gemälden tut.

Lex wies auf etwas am Rand des Baches, das nur wenig aus der Erde hervorragte. Bella war der Gegenstand durch das Gespräch offenbar entgangen. Beide näherten sich neugierig dem ungewöhnlichen Objekt.

Es war weder materiell noch immateriell, weder farbig noch farblos, weder sichtbar noch unsichtbar, eigentlich nicht mit menschlichen Worten zu beschreiben. War es ein farbiger Wirbel, der sich kreiselhaft drehte?

„Was ist das?“, fragte Bella.

Der Junge nahm einen der herumliegenden Stöcke und stocherte damit eifrig aufgeweichte Erde und Flusskiesel beiseite, um mehr vom Gegenstand zum Vorschein zu bringen.

Mit jedem freigelegten Stück stieg die Verblüffung der beiden an.

„Ich zieh es raus!“, sagte Lex energisch.

„Lieber nicht!“, hauchte Bella warnend.

Auf ihrem hellen Gesicht waren rötliche Verfärbungen, die ihre empor prickelnde Aufregung verdeutlichten.

Währenddessen gluckste das Wasser über die größeren Steine des Bachbettes. Dieser Laut ließ den Moment noch unheimlicher erscheinen.

Das undefinierbare Etwas war ihr nicht geheuer. Es sah für sie aus, als stammte es aus einer anderen, mystischen Welt. Je näher man ihm kam, um so eigenartiger wirkte das Ding. Gleichzeitig veränderten sich Raum und Zeit auf unerklärliche Weise. Leise Gesänge und sirenenhafte Stimmen erschollen. Die Gegenwart schien deutlich langsamer abzulaufen. Die Hitze wich einer unnatürlichen Kühle. Bella fröstelte sogar plötzlich.

Ihr Begleiter lachte jedoch in typischer Bubenmanier auf und machte sich seinen Mut demonstrierend ans Werk.

Er griff zu, um das seltsame Ding endgültig aus dem Sand und den Kieseln zu befreien.

„Lex, nein!“, schrie Bella entsetzt.

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