Читать книгу Fight #2 - Gerechtigkeit in deinen Händen - Melanie Weber-Tilse, Alisha Mc Shaw - Страница 5

Avery

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Keine schlafenden Hunde wecken

Müde strich ich mir durch die Haare und sagte mir immer wieder, dass ich gerne ein Cop war. War ich eigentlich auch. Bis man mich versetzt hatte, und meine verdammten männlichen Kollegen meinten, mich nicht ernst nehmen zu müssen.

Ich hatte Jahre in der Sitte gearbeitet und nun saß ich hier in der Mordkommission und alles, was ich mir mühsam aufgebaut hatte, war nichtig. Frustriert seufzte ich auf. Seit Nathan und Aidan, ehemalige Kollegen aus der Abteilung, nicht mehr hier arbeiteten, hatte sich vieles geändert. Nathan, ein absolut fähiger Detective, mit dem ich immer gerne zusammengearbeitet hatte, wenn die Sitte eingeschaltet worden war, arbeitete mittlerweile als Sicherheitschef für einen der reichsten Männer in New York, Michael Thompson.

Und Aidan, der Mistkerl, war nach einem Undercovereinsatz in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen worden und ich hatte noch nicht einmal die Chance, mich von dem jungen Lümmel zu verabschieden. Dabei hatte gerade er mir immer wieder geholfen, wenn ich zu den Kids auf der Straße durchdringen musste. Dem aufbrausenden Polizisten hatte ich wirklich viel zu verdanken.

Nun saß ich allerdings hier und füllte eine der zu besetzenden Stellen aus. Neue Kollegen waren dazugekommen, Frischfleisch, die meinten, sich mir gegenüber wie die letzten Neandertaler benehmen zu müssen. Und das musste ich mir mit meinen 33 Jahren bieten lassen? Ja, musst du, wies ich mich selbst zurecht. Denn ich hatte nie den Ehrgeiz besessen, Detective zu werden. Stattdessen war ich weiterhin Polizistin und die jungen Detectives hatten mehr zu sagen als ich.

Somit saß ich an einem beschissenen Samstagabend auf dem Revier und hatte den Papierkram übernommen … übernehmen müssen. Denn Mister Obercool Flynn, der neue arrogante Arsch am Mordkommissionshimmel, war der Meinung, dass es unter seiner Würde war. Ich hatte mich, obwohl er bestimmt fünf Jahre jünger war als ich, das erste Mal nicht getraut, gegen einen männlichen Kollegen zu behaupten. Er hatte etwas in seinem Blick, was mich frösteln ließ.

Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinen trüben Gedanken und ich zuckte zusammen. Nicht die Tatsache, dass ich angerufen wurde, sondern auf welchem Handy es klingelte, ließ mir einen Schauer den Rücken hinablaufen. Ich hatte ein Telefon für ganz spezielle Notfälle und diese Nummer kannten wirklich nur eine Handvoll Menschen. Hektisch kramte ich es hervor. Irritiert, weil es keine der gespeicherten Nummern war, schaute ich auf das Display. Keiner, der diese Nummer hatte, würde sie rausgeben … auf jeden Fall nicht leichtfertig. Entweder war einer meiner Kontakte der Meinung gewesen, dass jemand meiner Hilfe bedurfte, oder aber die Nummer war nicht freiwillig rausgegeben worden.

Ich nahm das Gespräch an, »Hallo?«, und musste erst einmal den Hörer vom Ohr reißen, weil direkt danach ein lautes Poltern zu hören war, welches mein Trommelfell schmerzhaft schwingen ließ. Eine männliche Stimme fluchte im Hintergrund. »Hallo, wer ist denn da?«, versuchte ich, auf mich aufmerksam zu machen.

Schweres Atmen war zu hören, dann erklang eine tiefe männliche Stimme an meinem Ohr. Fuck, wer war das? Vor allen Dingen, was war mit dem Mann los? Nach den ersten Sätzen, die so viele Schimpfwörter und Flüche enthielten, dass es jedem anderen die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte, kapierte ich, dass Aidan, dieser verdammte Arsch, meine Nummer irgendeinem besoffenen Kerl gegeben hatte.

Doch irgendetwas zwang mich, das Gespräch nicht zu beenden. Der Mann war stockbesoffen, aber seine Stimme enthielt eine Traurigkeit, die mich weiter den Hörer ans Ohr pressen ließ.

Als er endlich seinen Namen nannte, entfuhr mir ebenfalls ein Fluch. Ich wusste natürlich, wer Dog war, Aidan hatte mir so oft von dem Boxtrainer vorgeschwärmt, dass es mir schon zum Hals heraushing. Doch jetzt hatte ich dessen Stimme in meinem Ohr und merkte, wie verzweifelt der Kerl war. Warum hatte Aidan ihm meine Nummer gegeben? Was war hier los?

Sein »Er hat geschrieben, dass ich Ihnen vertrauen kann«, ließ mich fast aus der Haut fahren. Wenn man mir nicht vertrauen konnte, wem dann? Was sollte die Scheiße?

Ich versuchte herauszubekommen, was er wollte und beim Wort Blut schrillten sämtliche Alarmglocken los. Hatte er jemanden umgebracht und ich sollte das Ganze diskret regeln, oder was dachte er sich?

Nur mit Mühe bekam ich herausgekitzelt, wo er sich befand und es dauerte einige Sekunden, bis mir Dogs richtiger Name einfiel. Blitzschnell flogen meine Finger über die Tastatur, um in Erfahrung zu bringen, wo sein Trailer stand.

Mittlerweile hatte dieser allerdings für sich beschlossen, dass es eine absolut hirnrissige Idee gewesen war, mich anzurufen, wobei ich ihm da wirklich zu gerne zugestimmt hätte. Stattdessen saß ich nur fünf Minuten später in meinem Wagen und brauste mit Höchstgeschwindigkeit zu Dogs Adresse.

Sein Wohnwagen stand in der Nähe der Halle, wo er sicherlich auch Aidan trainiert hatte. Ich parkte und sah, dass noch Licht brannte. Schnell war ich an seiner Tür und klopfte laut.

»Dog?«, rief ich und war froh, dass sonst keine Menschenseele hier wohnte. »Hallo? Machen Sie verdammt noch mal die Tür auf!«

Endlich hörte ich schwere Schritte und dann dauerte es Minuten, bis er die Tür geöffnet bekommen hatte. Als er diese aufriss und nach hinten schwankte, war ich mit einem Satz bei ihm und versuchte, den verdammt großen und breiten Kerl aufzufangen. Das Unterfangen war von Anfang an zum Scheitern verurteilt und er riss mich mit sich. Wenigsten seinen Fall konnte ich ein wenig abmildern und dann lag ich auf ihm. Sein Atem, der nach Alkohol stank und sicher einen Elefanten narkotisieren konnte, schlug mir entgegen.

»Du gehst aber ran, Lady! Aber Dog nimmt nur von hinten. Stellungswechsel!«

Zum Glück verlangsamte ihn der Alkohol und ließ ihn recht unkoordiniert nach mir greifen, sodass ich mich ihm entziehen konnte, bevor er noch meinte, mich in die richtige Position für einen Fick von hinten bringen zu können.

Ich rappelte mich auf und ließ ihn auf allen vieren zurück, brachte mich aber außer Reichweite seiner Hände, denn immer noch versuchte er, mich am Fuß zu erwischen.

»Herrgott noch mal, Dog«, rief ich so laut, dass er zusammenzuckte, innehielt und mich aus roten Augen anstarrte. »Harper. Ich bin Avery Harper und keine deiner … deiner … ach egal. Du hast mich angerufen.«

Ganz langsam sackten meine Worte zu ihm durch und seine Augen wurden größer. »Du bist ein Cop?«

Ich stöhnte auf. Typisch Mann. Nur weil ich gut aussah, meinten sie, mich über einen Kamm scheren und als total ungeeignet für den Job als Polizistin ansehen zu müssen.

»Ja, ich bin ein Cop. Wo ist das Blut? Ist jemand verletzt … oder sogar tot?« Auch wenn mir die Fragen unter den Nägeln brannten, stellte ich sie langsam, damit er mich verstand. Immer noch hockte er auf dem Boden und schien nicht fassen zu können, wer oder was ich war. Dann zeigte er mit einem leichten Nicken zum Tisch und ich sah den aufgeklappten Laptop und einige Unterlagen, die daneben lagen.

Mit einem Blick erkannte ich auf dem Computer Bilder von einem Unfallort mit zwei Leichen. Das Datum lag 15 Jahre zurück und ich hätte fast erleichtert aufgeatmet, dass er keine echte Leiche oder einen Verletzten gemeint hatte.

»Okay, das hat noch Zeit. Hier stirbt keiner in den nächsten Minuten. Du allerdings musst ins Bett.«

Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht und seine Augen glitten über meinen Körper. Ich stöhnte laut auf. »Ohne mich! Los, hoch mit dir, Dario.« Das Nennen seines richtigen Vornamens schien ihn endlich vom Gedanken, mich unbedingt nehmen zu wollen, abzulenken.

Er brummelte und versuchte, aufzustehen. Nach einigen Versuchen fluchte ich laut und hielt ihm die Hand entgegen. Jetzt war ich auf seine stattliche Figur vorbereitet und schaffte es irgendwie, ihn hoch zu zerren, dann stützte er sich schwer auf mir ab. Heilige Scheiße, wenn der mich jetzt unter sich begrub, war ich verloren. Ich schliff ihn zu seinem großen Bett und er ließ sich einfach nach hinten fallen. Super, somit blieb die ganze Arbeit an mir hängen, wobei ich ihn auch einfach so liegen lassen konnte.

Doch mein blödes Gewissen ließ das nicht zu. Ich machte mich an die Schnürung seiner Boots und war nach dem zweiten Stiefel klitschnass geschwitzt. Das Hemd würde ich ihm anlassen, aber die Jeans … Grollend und mit spitzen Fingern begann ich, die Hose aufzuknöpfen.

Obwohl er stark alkoholisiert war, sah ich seine Hand nicht kommen. Blitzschnell lag diese an meinem Gelenk und hielt mich fest. Sein Blick war schon fast wütend auf mich gerichtet. »Nur blasen, es wird nicht auf mir gesessen.«

Verdutzt hielt ich inne, dann lachte ich. »Meinst du wirklich, dass ich dir in deinem Zustand einen blase? Du hast doch echt ‘nen Knall, Mann.«

Er grinste breit. »Nüchtern aber schon?«, fragte er.

»Nicht in deinen feuchtesten Träumen«, knurrte ich. »Und nun halt still, ansonsten kannst du dich alleine ausziehen.«

»Schade«, nuschelte er und ließ mich widerstrebend los. Doch jetzt beobachtete er jede meiner Bewegungen. Endlich hatte ich die Jeans komplett aufgeknöpft, fasste beherzt zu und zog sie ihm über die Hüfte herunter.

Sein tiefes Lachen ließ mich Dog wütend anfunkeln. Dieser … »Du Arschloch«, fauchte ich und wollte mich aufrichten, doch wieder war er schneller und griff nach meiner Hand. Dieser verdammte Mistkerl hatte keine Unterhose an und sein Schwanz stand, obwohl er betrunken war, hart und steil ab.

Er wollte spielen? Konnte er haben. Ich rutschte langsam auf ihn und das Lachen verging ihm. »Du möchtest ficken, Dog? Dann nach meinen Regeln.«

Er presste die Zähne fest aufeinander und zog seine Hand zurück, als habe er sich verbrannt.

»Geht doch«, grinste nun ich und stand wieder auf. Wobei ich gestehen musste, dass seine stattliche Größe … ich schüttelte ganz schnell den Gedanken ab, zog ihm die Jeans endlich komplett aus und nachdem er sich irgendwie aufs Bett hochgeschoben hatte, schmiss ich ihm die Decke über den Körper. Keine zwei Sekunden später schnarchte er so laut, dass ich Bedenken hatte, ob die Wände das aushielten.

Ich wandte mich ab und wollte den Trailer schon wieder verlassen, als mein Blick am Tisch hängen blieb. Langsam ging ich näher und blickte auf die Diashow, die auf dem Laptop ablief. Sie zeigte zwei Leichen. Eine Frau und ein Kind, die erschossen worden waren. Ich kannte solche Bilder und trotzdem traf es mich immer wieder, wenn ich sah, dass ein Kind involviert gewesen war. Vor allen Dingen hatte man die zwei regelrecht durchsiebt und das Blut um ihre Körper wies darauf hin, dass es nur so aus ihnen herausgeflossen war.

Die Akten, die neben dem PC lagen, machten mich neugierig und als ich die erste öffnete, keuchte ich auf. Fuck, das auf den Bildern waren Dogs Frau und sein Sohn. Ich schlug mir die Hand vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien. Ich wusste nicht wirklich, was solch ein Verlust bedeutete, aber in etwa konnte ich es mir vorstellen. Nun wunderte es mich nicht mehr, dass Dario stockbesoffen im Bett lag und Aidan ihm meine Nummer gegeben hatte. Ich blätterte die Akte durch, die sehr dünn war. Der kurzgehaltene Bericht beschrieb einen Bandenkrieg, in den die beiden geraten waren und der Autopsiebericht bestätigte, dass die beiden durch die Schüsse verstorben waren. Das letzte Blatt, eine interne Nachricht, ließ mich jedoch stutzen. In fast unleserlicher Schrift stand dort: Der Vorfall wird nicht weiter untersucht, die Akte wird geschlossen.«

Bitte? Seit wann wurde das so gehandhabt? Wenngleich sie in einen Bandenkrieg geraten waren, hätte geklärt werden müssen, wie genau das passiert war, wer beteiligt gewesen war, wenigstens eine Befragung hätte erfolgen müssen. Nichts von dem, was man hätte machen müssen, war passiert. Verdammt, hier war etwas ganz gewaltig faul. Vor allen Dingen aber, wo hatte Dog die Unterlagen her? Von Aidan? Ich musste morgen dringend im Revier ins Archiv und mir anschauen, was ich dort für Unterlagen fand. Vielleicht war in einer der Kisten noch etwas zu finden. Heute jedoch konnte ich hier nichts mehr ausrichten und auch ins Archiv kam ich nur, wenn es ein Notfall war. Doch im Moment wollte ich keine schlafenden Hunde wecken. Kurz lachte ich bei dem Gedanken auf. Wie passend.

Ich ließ Dario einen Zettel mit einer kurzen Nachricht auf dem Tisch liegen und klappte den Laptop zu, bevor ich ging. Er sollte nicht gleich am nächsten Morgen auf die schrecklichen Bilder schauen müssen.

Fight #2 - Gerechtigkeit in deinen Händen

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