Читать книгу Abgründe - Melia Rosta - Страница 7
Оглавление3. Kapitel
Schon als ich mich zwischen den Stühlen durchdrängelte, hörte ich aus dem Separee ein Kichern und Gekreische und dazwischen Noels sonore Stimme. Irgendetwas stimmte nicht. Dann erreichte ich die Trennwand und erstarrte.
Noel saß neben einem fremden Mädchen!
„Hallo Nina“, begrüßte er mich wie eine flüchtige Bekannte. In seinem Gesicht war keine Regung zu sehen, kein bisschen Verlegenheit – nichts! Ich starrte ihn nur ungläubig an.
„Darf ich dir meine neue Freundin vorstellen?“, sagte er ganz lässig, legte den Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich.
„Hallo“, grüßte mich das Mädchen und kicherte.
„Hallo“, erwiderte ich mechanisch.
„Du heißt Sabine, oder?“, fragte Noel sie. „Noel und Sabine – das passt doch unheimlich gut zusammen! Findest du nicht auch, Nina?“ Er sah mich lachend an.
Ich fühlte mich, als würde man mir mit glühenden Zangen die Haut abziehen. Nur mit Mühe konnte ich meine Tränen zurückhalten. Noel bemerkte das natürlich.
„Setz dich doch zu uns!“, forderte er mich mit seinem charmantesten Lächeln auf.
Wie betäubt setzte ich mich den beiden gegenüber. Leandro brachte mir eine Cola mit Schuss und konnte sich ein dummes Grinsen nicht verkneifen, als er die Situation begriff.
„Hattest du heute einen schlechten Tag? Du siehst irgendwie bedrückt aus“, bemerkte Noel.
„Nein, ich glaube eher, es waren fünf schlechte Tage“, antwortete ich beherrscht.
„Ach, wirklich?“, fragte er unschuldig. Mir war, als risse er mir die Eingeweide heraus.
„Ich denke schon.“ Mein Herz klopfte bis zum Hals.
„Man soll sich nie Hoffnungen machen wegen etwas, das man noch nicht besitzt! Vor allem wenn man Versprechen nicht einhält und sich über die Wünsche des anderen ohne nachzudenken hinwegsetzt!“ Er schaute mich eindringlich an.
Mir wurde übel. „Jetzt nur nicht losheulen!“, hämmerte es in meinem Kopf. Ich holte tief Luft.
„Wer sagt denn, dass ich mir Hoffnungen gemacht habe? Ich hatte nur vor fünf Tagen eine völlig misslungene Nacht mit irgendeinem großkotzigen Typ, der außer einem gewaltigen Schwanz nicht viel vorzuweisen hat“, hörte ich mich sagen.
Noels Lächeln erstarrte zu Eis. Mein Herz sprang fast aus der Brust. Ich war zu weit gegangen! Unser Wiedersehen hatte ich mir anders vorgestellt!
Noel umklammerte sein Pilsglas, als würde er es mit der bloßen Hand zerquetschen wollen. Doch dann beugte er sich zu Sabine, küsste sie leidenschaftlich auf den Mund und ließ mich dabei nicht aus den Augen. Als er sich an meinem Entsetzen lange genug geweidet hatte, schloss er die Augen und schob ihr die Zunge zwischen die Zähne.
Das war zu viel für mich! Ich flüchtete auf die Toilette, lehnte mich an die kühle, gekachelte Wand des Waschraumes und ließ meinen Tränen freien Lauf. Ich hatte ihn verloren!
Die Nacht mit mir bedeutete ihm nichts! Er hatte mich benutzt und einfach weggeworfen. Noch nie hatte mich ein Mann nach einer Liebesnacht so behandelt. Was hatte ich getan? Noel hatte mich offenbar endgültig fallen gelassen!
Das schmerzte so sehr, dass ich fürchtete, es würde mich auseinanderreißen. Ich schluchzte hemmungslos und ertrank fast in meinen Tränen!
Als die Türe aufging und Sabine reinkam, war es ganz aus. Ich schaffte es gerade noch zur Kloschüssel und übergab mich. Nicht nur, dass ich das vor meiner Nebenbuhlerin tat – jetzt würde bestimmt auch Noel von meiner Verzweiflung erfahren! Es war so demütigend.
Nach einer Stunde auf dem Klo und einem Meer von Tränen fühlte ich mich völlig leer und erschöpft. Doch ich wollte niemandem und erst recht Noel nicht die Genugtuung geben, mich so zu sehen! Ich wusch mir das Gesicht und schminkte mich neu.