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2.

Die Jahre vergingen, aus den Kindern waren junge Männer geworden. Ein Ereignis, das ihnen sehr nahe ging, verursachte einen Riss in der Familie. Die Mutter war nach kurzer Leidenszeit an Krebs verstorben. Das sorglose Leben, ohne materielle Entbehrungen im Schutz der Familie, hatte sich verändert. Tage nach der Beerdigung bat der Vater seine Söhne ins Herrenzimmer, um die Zukunft der Familie zu besprechen. Sie hatten es sich bequem gemacht und warteten auf den Vater. Der Raum wurde von einer langen Bücherwand beherrscht, mit mächtigen, ledernen, antiquiert wirkenden Sitzgelegenheiten. Da hatten sie sich selten aufgehalten. Kalter Zigarrenrauch lastete auf den übrigen Gegenständen. Jagdtrophäen schmückten eine ganze Zimmerbreite, in einer Ecke stand ein eingestaubtes Klavier. Die beiden jungen Männer erinnerten sich noch gut daran, wenn der Vater seine Männerriege einmal im Monat einlud, oft Herren aus Kultur und Wirtschaft, was sich natürlich auf die Möglichkeit einer proviziellen Kleinstadt bezog. Für Bernd Gruber war das ein Versuch, einflussreich in den verschiedenen Gremien mitzuwirken. Für die jungen Leute waren das Relikte vergangener Zeiten. Nach dem Tod der Schwiegereltern ließen diese feuchten Geselligkeiten nach und nun, nach dem Tod seiner Frau, war daran nicht mehr zu denken. Sein Ehrgeiz war nicht mehr nötig und auch nicht erwünscht. Zudem machte ihm seine Gesundheit Probleme. Er hatte, im wahrsten Sinne des Wortes, Haare lassen müssen. Hager und leicht gebeugt kam er und setzte sich zu seinen Kindern. Ein Hausmädchen brachte Kaffee und Gebäck und verließ geräuschlos das Zimmer.

„Ich habe Euch hierher gebeten, um Grundsätzliches für die Familie und unsere Zukunft zu erörtern. Nach der schmerzlichen Zeit, die hinter uns liegt, dem Verlust eurer Mutter, denke ich daran, kürzer zu treten. Der wirtschaftliche Erfolg kann nicht alles sein. Man ist dem Schicksal ausgeliefert, dreht sich hilflos im Kreis und findet keinen Ausweg. Ich werde mich aus dem Betieb zurückziehen.Ich weiß die Fabrik in guten Händen. Beide habt Ihr euren Abschluss in der Tasche und ich frage euch, was wollt Ihr machen?“

Es entstand eine längere Pause, die beide nutzten, um sich mit ihrem Kaffee zu beschäftigen. Bernd Gruber sah seine Söhne fragend an und wartete auf Antwort. Der Ältere gab sich einen Ruck und sagte: „Auf ein Studium habe ich keine Lust, ich denke an eine kaufmännische Ausbildung.“

„Warum nicht“, meinte sein Vater und wandte sich an Eugen, der mit seinen großen Händen die kleine Kaffeetasse behutsam zum Mund führte, als habe er Angst, sie fallen zu lassen.

„Ja, Vater, ich möchte Jura studieren, dieses Fach hat immer Zukunft.“

„Sicher, sicher“, der Alte war vom Entschluss seines Jüngsten über alle Maßen angetan.

Endlich einen Akademiker in der Familie zu haben, war schon immer seine Hoffnung und dann noch einen Juristen. Er glaubte Ärzte und Juristen hätten einen besonderen Stellenwert in der Gesellschaft. Dass das elitäre Getue von einigen dieser Berufsgruppe zum Himmel stank, wusste er, doch es störte ihn nicht. Seine verstorbene Frau Brigitte hätte sich über die Söhne gefreut und sicher ihre Berufswünsche unterstützt. Werner sah zum Vater: „Ich möchte gerne meine Ausbildung in unserem Betrieb machen. Was meinst Du, Vater?“

„Ja, ja, mein Junge. Du hast den Arbeitsplatz vor der Tür und bist hier bestens aufgehoben.“

Eugen hielt sich etwas zurück. Seit dem Tod der Mutter war er ruhiger und besonnener geworden. Seine impulsive, humorige Art, die ihn bei den Mitschülern so beliebt machte, war einer Ruhe und Nachdenklichkeit gewichen. Er hatte ein besonders inniges Verhältnis zur Mutter gehabt. Oft gab es heftige Auseinandersetzungen zwischen ihm und dem Vater. Der meinte, er sei äußerlich aus der Art geschlagen, während sein Bruder den Vater nicht verleugnen konnte. Eugen hatte immer wieder Meinungsverschiedenheiten mit dem Vater, er konnte sich das nicht erklären. In letzter Zeit hatte das nachgelassen und er ging ihm oft aus dem Weg. In der Familie waren die Reibereien nichts Ungewöhnliches.

Wende auf Russisch

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