Читать книгу Psychotherapie und Coaching mit PEP - Michael Bohne - Страница 11
3.Die Säkularisierung der Klopftechniken und die Wiedereinschaltung des eigenen Gehirns
ОглавлениеIrgendwann, als ich realisierte, wie viele ansonsten gut ausgebildete und erfahrene Kollegen die Erklärungen der Energetischen Psychologie nicht verstanden und die Klopftechniken nicht gut in ihre Arbeit integriert bekamen, stellte ich also nach und nach die Erklärungsmodelle, die Begrifflichkeiten, ja das gesamte Konzept der Energetischen Psychologie infrage. Ich untersuchte von nun an, welche Interventionstools wirklich wichtig waren und auf welche man getrost verzichten konnte. Wenn sich durch das Klopfen bei den Klienten nichts veränderte, beobachtete ich nun genau, woran es denn eigentlich lag, dass der Klient vom Klopfen der Körperpunkte nicht profitieren konnte, und stieß auf eine Reihe psychodynamisch-systemischer Blockaden, die ich als die Big-Five-Lösungsblockaden beschrieben habe (siehe S. 62 und Bohne 2020a). Ab diesem Zeitpunkt überprüfte ich gemeinsam mit meinen Workshopteilnehmern viele Interventionstools der Energetischen Psychologie auf ihre Nützlichkeit und Integrierbarkeit. Was keine Integrationstauglichkeit hatte, wurde über Bord geworfen. Somit ist die Weiterentwicklung der Energetischen Psychologie zur PEP im Grunde das Ergebnis einer kollektiven Intelligenzanstrengung. Nicht ich habe mir am Schreibtisch ausgedacht, was man ändern müsste, sondern ich habe einfach zugehört und beobachtet, was die Kollegen in den Workshops angemerkt haben, was sich gut vermitteln und integrieren ließ und was nicht, was notwendig ist und was überflüssig. Interaktive Methodenentwicklung durch Schwarmintelligenz sozusagen.
Zunächst flog natürlich der Muskeltest raus, da er für Ungeübte die bereits beschriebenen (Bohne 2020a) Unzulänglichkeiten und Gefahren beinhaltete und ohnehin nur ein binäres Ja oder Nein zutage förderte. Die Testsätze, die in Verbindung mit ihm häufig genutzt wurden, waren jedoch sehr interessante Probebohrungen in das Un- bzw. Vorbewusste, sodass ich mit ihnen als Basis den Kognitions-Kongruenz-Test (KKT) entwickelte, ein psychodiagnostisches Vorgehen zum Aufspüren vor- und unbewusster Anteile, die einer Lösung im Wege stehen, einen Ökocheck sozusagen (siehe S. 80).
Insgesamt wurde auch deutlich, dass es vielen energieorientierten Vertretern der Klopftechnik irgendwie wichtig zu sein scheint, dass das Klopfen nicht viel mit Psychotherapie zu tun habe und dass es sich aus ihrer Sicht um eine energetische Methode handele. Es fiel mir auch auf, dass einige Klopfanwender meine zunehmende Skepsis, ob es sich tatsächlich um energetische Wirkkomponenten handele, die am Werke sind, ablehnten, weil sie sie verunsicherte bzw. sie ihnen gar nicht so lieb war. Das Energetische fasziniert, nicht zuletzt, da die Themen Energie und erneuerbare Energien zwei Megathemen unserer Zeit sind. Die historischen Wurzeln der Energetischen Psychologie bis ins alte China hinein befriedigten bei vielen Anwendern ein Bedürfnis nach Verbundenheit mit den Vorfahren und gaben und geben Halt in einer immer komplexer und wurzelloser werdenden Zeit. Somit liegt es nah, dass sich die Energetische Psychologie für manche Anwender zu einer neuen, ganzheitlichen, quantenphysikalisch untermauerten und energiepolitisch korrekten Weltanschauung (ja teilweise Religion) entwickelte.
Deshalb wurde bislang wenig reflektiert, dass eigentlich viel mehr dafür spricht, dass es sich beim Klopfen und bei den Selbstakzeptanzaffirmationen um eine interessante und geschickte neuronale Stimulation der emotionsverarbeitenden Hirnareale bzw. eine Verstörung emotionaler Erregungsmuster durch eine Stimulation körperlicher, emotionaler und gedanklicher Netzwerke handelt. Aber vielleicht wirkt diese Erklärung ja auch einfach zu unromantisch oder zu säkularisiert. Mir war und ist es im Grunde egal, ob es nun die Balancierung der sogenannten Energiebahnen ist, die für die Wirkung verantwortlich ist, oder irgendeine raffinierte Kombination verschiedener neuronaler Stimuli. Es bleibt zu hoffen, dass die Psychotherapieforschung sich des Themas noch mehr annimmt, als dies bislang geschehen ist.