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Blende - Ein sonniger Tag

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Das Fenster seiner winzigen Zelle liegt nach Westen hin. Zwischen dem Sonnenuntergang und Mario steht, wie ein bedrohlicher Berg, kaum 70 Meter entfernt ein wuchtiger Stahlbetonbunker, zwölf Stockwerk hoch. Den kennt Mario auch gut von innen. Aus den schmalen Luftschlitzen der doppelvergitterten Fenster, davor graue Betonsichtblenden, dringt das Rufen und Schreien der lebendig Begrabene. Es ist ein Sprachgewimmel wie beim Turmbau von Babel. Auf dem Dach ein vergitterter große „Vogelkäfig“ für die vom Gesetz vorgeschrieben einstündige Freistunde in „frischer Luft“. Hier kommen die gefährlichen Gangster mit akuter Fluchtgefahr hin. Mario hat dort oben so manche Runde gedreht.

Abfall fliegt aus dem zehnten Stock, Wasser wird Kübelweise hinterhergeschüttet. Es sieht aus, als weinte der Beton.

Der Himmel im Westen leuchtet vom letzten Abendrot. Je länger Mario aus dem Fenster und auf den nun scheinwerfermäßig angestrahlten Bau mit den scharfen Kanten schaut, desto melancholischer wird ihm zumute. All die armen Seelen. Das Schlagen der Zellentüren aus Stahlblech. Das Klirren der großen Schlüssel in den langen hallenden Gängen. Die Fangnetze zwischen den, in der Mitte offenen Stockwerken. Sie sollen verhindern, dass sich ein Gefangener zu Tode stürzt oder gestürzt wird.


Aber am grausamsten waren für ihn all die schrecklichen Geräusche, Stimmen, Vibrationen, die sich dort in dem Bunker verselbstständigten und ein Eigenleben führten. Nie war es still. Rufe, ein Stöhnen, ein Schrei war immer zu vernehmen. Und Mario war dort. Knapp vier Monate seines Lebens musste er sie aushalten. Im Nachhinein kann er von sich behaupten, dass er sie sogar ganz gut durchgestanden hat. Sein Wille wurde trainiert.

Aber er möchte diese Situation nie, nie wieder erleben. Seine jetzige Situation ist immer noch traurig genug. Heute hätte er gerne einen Brief bekommen. Aber alles was er erhielt, war die Frankfurter Rundschau. Und da stand wie jeden Tag gar nichts Schönes drin.


Und was machst du im Moment so?

Ich? Ich bin freischaffender Künstler -, eh ne, Knastler.

Das meint, ich schaffe mich langsam frei. –

Am Ende bleibt das Lachen - Teil II

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