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Iulianos I. (361–363)

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Iulianos in Gallien

Flavius Claudius Iulianus, Sohn der arianischgläubigen Basilina und des Iulius Constantius, war der letzte männliche Spross aus der Familie des Konstantinos (* 331 oder 332); sein Vater wurde 337 bei den Familiensäuberungen getötet, Iulianos aus Mitleid verschont. Von allen öffentlichen Ämtern ferngehalten, erhielt er auf Betreiben Konstantinos’ II. eine umfassende Erziehung. Zunächst ging er bei Eusebios von Nikomedeia in die Schule, bei dem Christen Mardonios lernte er die antike Literatur und die pagane Götterwelt kennen. Nach dem Tod des Eusebios 342 musste er sich sechs Jahre lang in Macellum, einer kaiserlichen Domäne in Kappadokien aufhalten, wo er durch den arianischen Bischof Georgios von Lykopolis mit dem Neuplatonismus vertraut gemacht wurde. Weitere bekannte Lehrer von ihm waren Nikokles, Hekebolios und vor allem Libanios. Ab 351 konnte er sich freier bewegen, als sein Halbbruder Gallus zum caesar der östlichen Reichsteile bestimmt wurde. 354 wurde Julian an den Hof in Mailand zitiert, wo ihm Umsturzversuche mit Gallus vorgeworfen wurden. Durch die Fürsprache der Kaiserin Eusebia kam er frei und reiste nach Athen, wo er nicht nur die eleusinischen Mysterien, sondern auch Basileios den Großen und Gregor von Nazianz kennenlernte. Am 6. November 355 wurde er als caesar des Westens eingesetzt. Rasch machte er sich einen Namen durch die Befriedung der Rheingrenze, 357 besiegte er etwa die Alamannen bei Straßburg. Er kümmerte sich um die Wiederherstellung der Infrastruktur und um die Straffung der Verwaltung. Zum Ende der 350er-Jahre war die Herrschaft in Gallien wiederhergestellt, die Gebiete rechts des Rheines aber waren germanisch.

Im Osten hatte Konstantios II. große Probleme, sich gegen die Perser durchzusetzen. Die ständigen Verluste machte die Entsendung von Hilfskontingenten aus anderen Reichsteilen notwendig. Iulianos schickte sich an, dem Anliegen Konstantios’ nachzukommen. Man rief ihn in Paris zum augustus aus (Schilderhebung und Aufsetzung des Wendelrings, torques). Iulianos berichtete von diesen Vorgängen Konstantios und bat ihn um Anerkennung als iunior augustus und den Verzicht auf Truppenentsendungen. Konstantios verlangte die bedingungslose Unterordnung Iulianos’, worauf ihn seine Soldaten erneut zum augustus ausriefen; er fühlte sich nun gedrängt, Richtung Osten zu ziehen. Nach Militäroperationen gegen die rechtsrheinischen Alamannen (unter Vadomar) machte sich Iulianos donauabwärts nach Sirmium auf. Am 3. November 361 erreichte ihn die Nachricht vom Tod des Konstantios, der ihn zum Nachfolger bestimmt hatte. Iulianos zog in Konstantinopel ein (11. Dezember) und ließ die Leichenfeier für seinen Kollegen abhalten (Beisetzung im Mausoleum des Konstantinos). Dem Senat gestattete er, Konstantios vergöttlichen zu lassen (Apotheose), was den Verstorbenen sicher gestört hätte, war er doch vor seinem Tod getauft worden. Iulianos machte sich engagiert an die Neugestaltung des Gemeinwesens. Ideologisch orientierte er sich an den stoischen Kaisern Mark Aurel und Trajan, was sich auch darin zeigte, dass er einen Bart trug. Das Hofzeremoniell wurde vereinfacht, und die Distanz zwischen Herrschendem und Beherrschten versuchte er durch häufigen Kontakt mit der Bevölkerung zu verringern. Durch seine hellenophile Einstellung förderte er die Eigenständigkeit der Städte und damit eine Dezentralisierung.

Religionspolitik

Iulianos entwickelte eine eigene Theologie, die vor allem aus neuplatonischem Gedankengut gespeist, aber auch von christlichen Vorstellungen verbrämt war. Der Polytheismus wurde verteidigt, da seit dem Beginn der Welt die alten Götter verehrt worden wären. Im Zentrum seines Gedankengebäudes stand die Sonne (Helios), womit er auch die christlichen Anhänger erreichen wollte. Er stellte hohe sittliche Ansprüche an die heidnischen Priester.

Rhetorenedikt

Am 17. Juni 362 wurde das sogenannte Rhetorenedikt (Codex Theodosianus 13, 3, 5) ausgegeben, in dem der moralische Lebenswandel der magistri und doctores besonders betont wurde, die rhetorische Ausbildung an zweiter Stelle stand. Befunden über eine Anstellung wurde von der städtischen Kurie und in letzter Instanz vom Kaiser. Durch ein Begleitschreiben Iulianos’ wird die Brisanz dieses Erlasses deutlich: Ein Lehrer sei nur dann ehrenwert, wenn seine Aussagen seinen inneren Überzeugungen entsprächen. Christen sollten in ihren Kirchen die Evangelien auslegen, ein Lehrer, der nicht an die alten Götter glaube und etwa Homer interpretiere, sei nicht glaubwürdig. Schroffe Kritik kam aus christlichen Kreisen, aber auch Historiker wie Ammianus Marcellinus hatten dagegen Vorbehalte. Das Edikt wurde nie außer Kraft gesetzt, sowohl im Codex Theodosianus als auch im Codex Iustinianus wurde es als geltendes Recht weiter tradiert.

Antiocheia

Nur kurz während seiner Regierungszeit hielt sich Iulianos in Konstantinopel auf. Schon im Sommer 362 reiste er über das durch ein Erdbeben zerstörte Nikomedeia nach Antiocheia am Fluss Orontes, um dort den Rhetor Libanios zu treffen und einen Einsatz gegen die Perser vorzubereiten. Antiocheia war eine christlich dominierte Stadt, in der unterschiedliche religiöse Strömungen existierten.

Sein unkaiserliches Auftreten stieß bald auf Unverständnis. Dazu kam, dass in der Stadt die Getreidespeicher leer waren und wenig dagegen unternommen werden konnte. Religiöse Spannungen traten hinzu: Sein Halbbruder Gallus hatte das Apollonheiligtum (Orakel) in Daphne bei Antiocheia in eine christliche Kirche umwandeln lassen, wo der Bischof und Märtyrer Babylas bestattet wurde. Iulianos veranlasste eine Entfernung seines Sarkophags (die erste Reliquientranslation!), da der Märtyrer die Orakelfunktion des paganen Heiligtums störte. Iulianos verarbeitete die Stimmung gegen ihn in seinem satirischen Werk Misopōgōn („Barthasser“).

Nach der Überwinterung in Antiocheia brach Iulianos mit 65000 Soldaten nach Mesopotamien auf – er hatte sich entschieden, den Frieden mit den Persern nicht durch Gold zu erkaufen. Seinen Feldherrn Prokopios schickte er nach Nisibis, während er selbst entlang der linken Euphratseite nach Ktesiphon zog. Dort erlangte er zwar einen entscheidenden Sieg, belagerte die Stadt aber nicht weiter, sondern entschloss sich zur Umkehr. In einem Scharmützel mit den Persern wurde er verwundet und starb, mit ihm der letzte männliche Vertreter der konstantinischen Dynastie. In Tarsos wurde er wie der letzte Christenverfolger Maximinus Daia beigesetzt, im 7. Jahrhundert wurden seine Gebeine in das von Iustinianos errichtete Heroon nach Konstantinopel überführt. Iulianos’ Tod bedeutete einen Schock für die Mittelmeerwelt, christliche Kreise waren erleichtert, während die Heiden zutiefst betroffen waren.

Das Byzantinische Reich

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