Читать книгу Unternehmensbewertung case by case - Michael Hommel - Страница 50
b) m = branchenspezifische Kennzahl
ОглавлениеDer Rückgriff auf einen branchensignifikanten Durchschnittsmultiplikator ist insofern sinnvoll, als sich eine Relation zwischen der finanziellen Kennzahl, die nicht der Einzahlungsüberschuss ist, und dem Unternehmenswert nur bei vergleichbaren Produktionsstrukturen und den daraus entstehenden Ausgaben herstellen lässt; denn ein Unternehmen, das einen hohen Kapital- und Materialeinsatz erfordert (wie z.B. ein Supermarkt), wird nach Abzug der Ausgaben pro Euro Umsatz eine geringere Umsatzrentabilität aufweisen als ein im Vergleich relativ kostenarmes Unternehmen (wie z.B. ein Architekturbüro). Dafür wird es aber häufig einen deutlich höheren Jahresumsatz erwirtschaften. Der Multiplikator muss diesen branchenspezifischen Besonderheiten gerecht werden, damit er zu aussagekräftigen Unternehmenswerten gelangt.
Die Fokussierung auf die Chancen- und Risikostruktur der Branche hat entscheidende Nachteile. Gesucht ist als Referenzmaßstab nicht eine andere Mittelanlage in der gleichen Branche, sondern die bestmögliche Alternativanlage des Käufers oder Verkäufers. Diese kann – und wird – aber regelmäßig außerhalb der Branche zu suchen sein, denn die Entscheidungsalternative besteht in den seltensten Fällen darin, entweder das eine oder das andere Branchenunternehmen zu kaufen bzw. den für das Unternehmen erzielten Verkaufspreis in der Branche zu reinvestieren.
Eine Gleichsetzung der in der Branche vorzufindenden Kennzahlenrelation unterdrückt zudem die betriebsindividuellen Besonderheiten des zu bewertenden Unternehmens. Kostete das Vergleichsunternehmen bei einem Jahresumsatz von 1 Mio. Euro das Zehnfache, nämlich 10 Mio. Euro, so ist bei dem zu bewertenden Unternehmen, das einen Umsatz von 500 000 Euro erwirtschaftet, nur bzw. allenfalls dann ein zehnfacher Unternehmenswert zu erwarten, wenn sämtliche Produktionsfaktoren (wie z.B. Maschinen, Mitarbeiter, Management) weitgehend identische Ertragspotenziale versprechen und gleichermaßen leistungsfähig sind. Der Branchenindikator vernachlässigt aber die individuelle Struktur des zu bewertenden Unternehmens sowie die Abhängigkeit des zukünftigen Erfolgs von der Geschäftsleitung.105 Unabhängig von der Problematik, dass für den deutschen Wirtschaftsraum eine allgemein akzeptierte Klassifikation der Unternehmen nicht vorhanden ist106 und die eindeutige Zuweisung eines Unternehmens zu einer Branche diffizil erscheint, ist daher zu bezweifeln, ob gerade das zu bewertende Unternehmen eng mit dem Branchendurchschnitt korreliert.107