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Unser Leben in der Ablenkungsökonomie
ОглавлениеMein Problem bestand damals darin, dass ich zu viel tat– und das meiste davon im Alleingang. Später erkannte ich, dass sich auf alles zu fokussieren in Wirklichkeit bedeutet, dass man gar keinen Fokus hat. Es ist fast unmöglich, irgendetwas von Bedeutung zu erreichen, wenn man durch eine endlose Litanei von Aufgaben und Notfällen rennt. Und doch verbringen viele von uns genauso ihre Tage, Wochen, Monate und Jahre– manchmal sogar ihr ganzes Leben.
Eigentlich sollten wir es inzwischen besser wissen. Seit Jahrzehnten leben und handeln wir in einer sogenannten Informationsökonomie. In den Jahren 1969 und 1970 sponserten die Johns Hopkins University und die Brookings Institution eine Reihe von Konferenzen über die Auswirkungen der Informationstechnologie. Einer der Redner, Herbert Simon, war ein Professor für Informatik und Psychologie an der Carnegie Mellon University. Später erhielt er für seine wirtschaftswissenschaftliche Arbeit den Nobelpreis. In seinem Vortrag warnte er davor, dass das Wachstum der Informationen zu einer Belastung werden könnte. Warum? „Informationen verbrauchen die Aufmerksamkeit ihrer Empfänger“, erklärte er, und „eine Fülle von Informationen schafft ein Aufmerksamkeitsdefizit.“1
Informationen sind nicht länger ein knappes Gut. Nun ist es Aufmerksamkeit. Tatsächlich wird in einer Welt, in der Informationen frei verfügbar sind, Aufmerksamkeit zu einer der wertvollsten Ressourcen der Arbeitswelt. Doch für die meisten von uns ist die Arbeit gerade der Ort, an dem sie am wenigsten zu finden ist. In Wahrheit leben und arbeiten wir in einer Ablenkungsökonomie. Wie der Journalist Oliver Burkeman sagt: „Ihre Aufmerksamkeit wird den ganzen Tag über von Spam-Mails überschwemmt.“2 Den ständigen Fluss von Inputs und Unterbrechungen einzudämmen, kann uns tatsächlich wie ein Ding der Unmöglichkeit erscheinen.
Denken Sie zum Beispiel an E-Mails. Insgesamt werden pro Minute über 200 Millionen E-Mails verschickt.3 Einige von uns beginnen ihren Arbeitstag mit einigen hundert ungelesenen Mails, während gerade hunderte weitere auf dem Weg sind.4 Doch damit nicht genug. Nehmen Sie dazu all die Daten-Feeds, Telefonanrufe, Texte, Drop-in-Besuche, Sofortnachrichten, pausenlose Meetings und unvorhergesehene Probleme, von denen unsere Telefone, Computer, Tablets und unsere Arbeitsplätze überschwemmt werden. Untersuchungen zeigen, dass wir im Durchschnitt alle drei Minuten unterbrochen oder abgelenkt werden.5 „Obwohl die digitale Technologie zu erheblichen Produktivitätssteigerungen geführt hat“, meint Rachel Emma Silverman vom Wall Street Journal, „scheint der moderne Arbeitsalltag wie geschaffen dafür, den individuellen Fokus zu zerstören.“6
Wir alle haben das schon erlebt. Unsere Geräte, Apps und Tools lassen uns glauben, dass wir Zeit sparen und hyperproduktiv sind. In Wirklichkeit vertrödeln die meisten von uns den Tag damit, Aktivitäten mit wenig Wert nachzugehen. Wir investieren unsere Zeit nicht in große und wichtige Projekte. Stattdessen werden wir von winzigen Aufgaben tyrannisiert. Zwei Arbeitsprozess-Berater stellten fest, dass „etwa die Hälfte der Arbeit, die Menschen leisten, nicht dazu beiträgt, dass die Organisationen, für die sie arbeiten, ihre Ziele erreichen.“ Mit anderen Worten: Die Hälfte allen Aufwands und aller investierten Stunden bringen dem Unternehmen gar nichts im Gegenzug für all die Hektik. Sie nennen das „Scheinarbeit“7. Wir tun mehr und gewinnen weniger, was eine große Lücke zwischen dem entstehen lässt, was wir erreichen wollen, und dem, was wir tatsächlich erreichen.