Читать книгу Goldstück-Variationen - Michael Klonovsky - Страница 19

24. Januar

Оглавление

Überall ist Letztes.


Ein Freund leidet an einer mysteriösen Nervenerkrankung und muss nach ärztlichem Ratschluss auf Alkoholika verzichten, was dem Whisky-Zechpartner eine reizende Anekdote entlockte: Ein Winzer wird mit einer akuten Sehschwäche beim Arzt vorstellig. Der Doktor erkundigt sich: »Nun einmal Hand aufs Herz, wieviel Wein trinken Sie am Tag?« So um die vier Liter, erklärt der Weinbauer. Da werde er sich wohl erheblich einschränken müssen, mahnt der Arzt, sonst drohe ihm ein weiterer Verlust der Sehkraft, vielleicht sogar die Erblindung. »Ach wissen Sie, Herr Doktor«, versetzt der wackere Winzersmann, »gesehen habe ich in meinem Leben genug, aber getrunken noch lange nicht.«


Erinnern Sie sich noch an die westweltweite Empörung, als Donald Trump das Schreckenswort »shithole country« über die Lippen ließ? Nichts illustriert den Grad der öffentlichen Verlogenheit eindrucksvoller als der Dauereinsatz der ehrenamtlichen Gesinnungspolizei gegen Worte bei völliger Gleichgültigkeit gegenüber den Zuständen. Über den Einsatz einer karitativen Organisation in Haiti ist zu lesen:

»Ihr Pendeln zwischen dem Kinderkrankenhaus St. Damian in Tabarre als ihrem Einsatzort und ihrem Übernachtungscamp sei nur unter lückenloser bewaffneter Bewachung von Tür zu Tür möglich gewesen. Die Fenster der Busse seien sogar geschwärzt, um keinen Einblick auf die Hautfarbe der Fahrgäste zuzulassen. Immer wieder würden Menschen in ihrem Auto während der Fahrt von Überholern erschossen, ausgeraubt und weggeworfen. (…) Dank Spendengeldern war es möglich, 15 erschossenen, teilweise aufgeschlitzten Kindern, die in einem ausrangierten Bus aufgefunden worden waren, wenigstens ein gemeinsames Erdloch zu ersparen und in einzelnen Pappsärgen eine Bestattung zu geben. Im General Hospital hatte man die Leichname von Babys tiefgefroren, damit sie am Silvestertag beerdigt werden konnten.«

Wahrscheinlich hat der böse Donald sogar untertrieben. Aber nein: Trump hat Jehova gesagt! Trump hat Jehova gesagt! Steinigt ihn!


Apropos Trump. Ein Jahr ist er im Amt, und ich kann mich nicht entsinnen, einen einzigen positiven Satz über ihn in den Wahrheits- und Qualitätsmedien gelesen oder erlauscht zu haben. Ich verehre und bewundere diesen Mann grenzenlos. Trump hat die Heuchelei in der Politik beendet und sagt einfach, was er meint. Er ist eine Mischung aus Parsifal und Rienzi. Er hält seine politischen Versprechen. Er macht eine vernünftige Wirtschaftspolitik. Er holt Jobs nach Amerika zurück. Er hat die Einwanderung stark reduziert. Er hat Merkel so behandelt, wie es ihr gebührt. Seine Reden sind glänzend. Aber am meisten beneide ich ihn dafür, dass er den Hass der Journalisten – was eine Mehrheit der Journalisten hasst, ist fast immer lobenswert –, der Schauspieler, der geisteswissenschaftlichen Fakultäten, der Modemacher, der Neocons, der Transatlantiker, der Wall Street-Gauner sowie der globalen Linksschickeria auf sich vereint. Dieser Kerl hat wirklich Mumm. – Man lässt im Gespräch mit einem Unbekannten seinen Namen fallen und weiß drei Sekunden später, ob sich eine Fortsetzung der Unterhaltung lohnt. Wie freue ich mich auf seine Wiederwahl!


Die Buntheit erreicht immer mehr Klassenzimmer. Auf der Webseite des Aufklärungs- und Rechtleitungskanals Kika können die Schüler jetzt mit Hilfe eines Memory-Spiels testen, wie gut sie über die verschiedene Form der Brüste ihrer Mitschülerinnen, Lehrerinnen, Mütter, Omas, Kanzlerinnen und Tanten Bescheid wissen. »Glockenform«, »Tropfenform« (mein Favorit!), »die längliche Brust«, die »Ost-West-Brust« (die hat nichts mit Ost-Mädels zu tun, die in den Westen ausgewandert sind, sondern mit einer solchen hat man es zu schaffen, »wenn die Brustwarzen nach außen zeigen», sofern die Trägerin einen in Nord-Süd-Richtung anmacht). Und nun, liebe Kinder, fragen wir Fatima nach ihrer Brustform! Oder ihre Brüder! Vielleicht verraten sie uns dann sogar noch ihre Haarfarbe.


Der Deutsche hat im Stahlbad der Vergangenheitsbewältigung lernen müssen, dass die deutsche Schuld unsühnbar ist und niemals endet, er selber aber diesen Sachverhalt besser nicht thematisieren sollte. Der deutsche Protestantismus wiederum steht vor der Situation, dass seine Vertreter und Theologen nicht mehr an Gott (und auch nicht wirklich an die Göttin) glauben, weshalb sie mehrere Substitute eingeführt haben: das Weltklima etwa oder den Flüchtling, pardon: Geflüchteten. Der Unterschied zum alten Gott besteht darin, dass die neuen Gegenstände der Anbetung gerettet werden müssen. An den Erlöser, also daran, dass Gott seinen Sohn geopfert hat, um alle Schuld der Menschen auf sich nehmen und damit alle Menschenopfer zu beenden, glauben die meisten Protestanten ebenfalls nicht mehr, nicht mal Mad. Käßmann, wenn sie einen geschnasselt hat, weshalb dieser Zerknirschungskult keinen transzendenten Ausweg mehr kennt und seine Betreiber sich an sich selbst und ihresgleichen abarbeiten müssen. (Dass auf dem Stuhl Petri ein Protestant sitzt, wird Klio als Lutherjahr-Gag in ihr ewiges Buch notieren.)

Damit ist der Protestantismus zu guter letzt völlig autoaggressiv und unterwerfungsbereit geworden. Da die deutsche Schuld unendlich und unsühnbar ist, muss das deutsche Volk aufgelöst werden – hier kommen die Linken und die Grünen mit ins Spiel, mit denen sich der ungläubige Protestant bekanntlich bestens versteht –, was einzig auf dem Weg der Masseneinwanderung eines Tages gelingen kann. Am Altar des Multikulturalismus bringen diese guten deutschen Deutschlandüberwinder täglich Menschenopfer dar, indem sie immer mehr Migranten ins Land holen, die diesen Job erledigen. Über die Opfer darf weder von den Falschen getrauert werden, noch darf man falsche Schlüsse aus ihrem Ableben ziehen, vor allem eben nicht den Schluss, dass man den Täterimport vielleicht stoppen sollte.

Thorsten Hinz schreibt in der aktuellen Jungen Freiheit dazu: »Die aus der Schuldversessenheit resultierenden Opfer, die kaltschnäuzig in Kauf genommen, möglicherweise sogar eingepreist werden, sind Stationen auf dem Weg zur Unterwerfung. Die schuldtheologisch grundierte Politik wird sukzessive zur untergeordneten, funktionalen Größe einer archaischen Kulturmechanik, die die Lebenswelt Deutschlands und der westeuropäischen Länder mehr und mehr durchdringt. Der Lynchmob, der sich rudelweise um den einzelnen Indigenen sammelt, um ihn zu demütigen, zu verletzen oder zu töten, weiß genau, welche Stellung und Funktion ihm zukommt. Er nennt ihn verächtlich: ›Du Opfer!‹«

Dass nun ausgerechnet auch immer mehr Juden den neuen Herren der Straße zum Opfer fallen – in Frankreich, wo man ein bisschen weiter ist mit Le grand remplacement, insbesondere –, ist eben Künstler- bzw. Theologenpech.

Goldstück-Variationen

Подняться наверх