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28. Januar

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Auf Befehl der Liebsten Teilnahme am Semperopernball in Dresden. Ambivalente Eindrücke. Eigentlich eine reizende Veranstaltung. Wenn sich tausend Frauen in Abendkleider und tausend Männern in Smoking oder Frack hüllen, um miteinander Walzer zu tanzen, ist das eine löbliche Unternehmung. Zumal Hunderte noch auf dem Vorplatz bis weit nach Mitternacht mittanzten, zuletzt, als ein unbarmherziger Dauerregen eingesetzt hatte, unter Schirmen, ein pittoresker Anblick: immer je ein Paar und ein Schirm drehten sich im Scheinwerferlicht unter Regenschauern im Kreise … Rein ästhetisch war das Level hoch, viel höher, als ich erwartet hatte; die meisten Mädels und Damen trugen geschmackvolle Kleider, kaum ein Gesicht war von Botox entstellt, ganz anders als ich es von Bogenhausener und Grünwalder Schickeriaschachteln kenne, und die Herren, die es ohnehin leichter haben, erschienen (mit Ausnahme der allzeit fröhlichen Pfeife Johannes B. Kerner) formell gekleidet. Mein Favorit war ein kahlköpfiger ungefähr Endfünfziger, der einen Frack trug, gelbe Schuhe, ein Umhängetäschchen und eine auffällige Tätowierung aus drei ineinander übergehenden Sternen am Hals.

Die Veranstaltung zerfiel in zwei Teile. Der offizielle oder Showteil bestand in der – von einzelnen Musikeinlagen unterbrochenen – Verleihung des St. Georgs-Ordens (warum heißt das eigentlich »Verleihung«? Müssen die das Ding wieder zurückgeben?). Dieser unterschied sich wenig von einer Bambi-Veranstaltung oder Goldenen Kamera, die übliche Selbstfeier der Schickeria. Der Orden zeigt neben dem Wahlspruch Adverso Flumine (»Gegen den Strom«) das Bildnis des Heiligen Georg zu Pferde, mit ihm sollen also Persönlichkeiten ausgezeichnet werden, die »gegen den Strom schwimmen«, und so war es ja auch. Sigmar Gabriel etwa bekam ihn eingehändigt, und der ist gegen den Strom bis an die Spitze der Oppositionspartei SPD und sogar des Auswärtigen Amts geschwommen. Oder Veronica Ferres, die sich und ihrer Familie in der Dankesrede bescheinigte, es habe ihnen »an Mut nie gefehlt«; sie schwimmt also gleich mit der ganzen Mischpoche gegen den Strom. Schauspieler reden zu hören, wenn sie einmal nicht etwas sprechen, das ihnen jemand aufgeschrieben hat, ist fast immer ein Gedicht! In den Jahren davor hatte Til Schweiger diesen Orden bekommen, Thomas Gottschalk, André Rieu, Peter Maffay und andere couragierte Gegen-den-Strom-Schwimmer, auch veritable Weltveredler wie der Ex-Maoist und Eurokrat Manuel Barroso, der inzwischen den Zielhafen jedes gegenstrebigen linken Lebensplans erreicht hat: Goldman Sachs.

Dann begann der Tanzteil, in allen Etagen, Haupt- und Nebensälen, und siehe, alles war gut.

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