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1.1. Das Sorgerechtverfahren

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Das Sorgerechtsverfahren ist eigentlich recht einfach aufgebaut. Es gibt nur eine handvoll Paragraphen, eine Handvoll Entscheidungen. Nur diese muss man kennen - als Richter, Anwalt, Jugendamtler. Natürlich gibt es da noch eine Handvoll Verhaltensweisen und Verfahrensnormen. Und ein wenig Psychologie und Pädagogik. Und trotzdem ist das meiste recht übersichtlich und einfach.

Zudem besteht die sogenannte Amtsermittlungspflicht. Im normalen Zivilprozess gilt das Darlegungsprinzip, nur das, was vorgetragen und unter Beweis gestellt ist, muss und darf der Richter berücksichtigen.

Im Familienverfahren ist dies anders. Dort muss der Richter selbst alle notwendigen Beweise erheben und ermitteln, bis er zu einem Ergebnis kommt. Man muss keine Beweisanträge stellen, man muss auch keine Anträge stellen. Diese vermeindliche Arbeitserleichterung für Betroffene führt aber oft dazu, dass sich Anwälte blind hierauf verlassen und nur das nötigste Schreiben. Es sei tunlichst jedem angeraten, soviel Beweisanträge wie möglich, und zwar in einer formellen Form angelehnt an den strafrechtlichen Beweisantrag zu stellen, damit die Hürden für das Gericht, diese Anträge nicht zu beachten, hoch sind. Man benennt also

Beweistatsache

Zum Beweis der Tatsache, dass ich mein Kind nicht geschlagen habe am 01.01.2020 “,

Zeugenmittel

„benenne ich Michael Langhans als Zeuge”,

Inhalt

„der Zeuge Langhans wird belegen, dass es am 01.01.2020 zwischen 10 Uhr und 14 Uhr anders als vom Jugendamt geschildert keinen Streit und keine tätliche Auseinandersetzung gab

und warum dies für das Verfahren relevant ist

„damit wird die anonyme Aussage des Jugendamtes widerlegt”,

„die Aussage des Kinderarztes beweist, dass keine Kindswohlgefährdung vorliegt”,

“die Behauptungen des Kindsvaters werden damit als falsch belegt”.

Die Verfahren im Sorgerechtsbereich können vom Gericht von Amts wegen eingeleitet werden (wenn es von Gefahren für ein Kind erfährt), auf Anregung oder Antrag eines Elternteils/beider Eltern oder von einem Dritten, insbesondere dem Jugendamt.

Das Gericht kann sowohl quasi sofort in einer einstweiligen Anordnung entscheiden oder in einer Hauptsache. Erstere fordert geringeren Beweismaßstäbe, geringere Beweiswahrscheinlichkeiten. Letztere fordert zwar auch nicht den Vollbeweis einer Gefahr für das Kind, es reichen hier gewisse Wahrscheinlichkeiten. Trotzdem sollte Eure Strategie darauf angelegt sein, jeden Beweis zu entkräften, und zwar vollständig.

Ich würde immer Beweisurkunden vorlegen, also schriftliche Zeugenaussagen, da solche Beweismittel berücksichtigt werden müssen, während über eine Zeugenanhörung das Gericht entscheidet.

Klassisches Beweismittel ist das Sachverständigengutachten zu der Frage, welche Entscheidung dem Kindeswohl am Besten dient. Hier solltet ihr sorgfältig die Beweisfrage prüfen, ob diese ergebnisoffen ist. Der Sachverständige muss sich an den Beweisbeschluss halten, er kann niemals darüber hinaus gehen.

An einem Gutachten muss man nicht teilnehmen. Denn hierzu, für eine solche Pflicht, gibt es keine gesetzliche Grundlage. Trotzdem gibt es Fälle, in denen man an einem Gutachten nur schwer vorbeikommt: Wenn Eltern über ein Kind streiten, muss der Richter entscheiden, wo es dem Kind besser gehen wird.

Dies ist zwar grundsätzlich auch ohne ein Gutachten möglich, aber das Gutachten ist für einen Richter schön bequem: Das Verfahren löst sich quasi von alleine.

Auch wo es Beweise für Misshandlungen gibt, mag ein Gutachten die Möglichkeit sein, diese Vorwürfe für die Zukunft zu entkräften.

Kämpft man gegen das Amt, ist es wichtig, dass Eltern zusammenhalten. Denn wenn sich Eltern untereinander streiten, freut sich in der Regel das Jugendamt als Drittes. Da werden Türen für Inobhutnahmen geöffnet, die vorher nicht da waren. Also Vorsicht! Wenn sich zwei streiten, kann es sein, dass am Ende beide Eltern ohne Kind dastehen.

Das FamFG Verfahren ist einfach strukturiert: Hauptsache endet mit Beschluss, dagegen gibt es die Beschwerde. Eine Revision ist nur möglich, wenn vom OLG zugelassen.

Für das Beschwerdeverfahren ist das Oberlandesgericht zuständig und trotzdem gibt es keinen Anwaltszwang - im Sorgerecht.

Nach der Beschwerde stehen nur noch die Wege zum BVerfG und danach dem EGMR offen oder zur UN.

Im einstweiligen Verfahren um das Sorgerecht (nicht bei Umgang!) kommt es drauf an, ob das Gericht ohne Anhörung oder mit entschieden hat. Nach Anhörung der Eltern entscheidet es per Beschluss und es bleibt in Sorgerechtssachen die Beschwerde zum OLG. Entschied es ohne Anhörung, muss diese auf Antrag nachgeholt werden, danach kann ggf. Beschwerde erhoben werden. Das Gesetz sieht vor, dass das Gericht über die Rechtsschutzmöglichkeiten aufklärt, aber das geschieht oft genug falsch.

Das Kind hat ab 14 Jahren eigene Rechte. Es kann einen eigenen Anwalt beauftragen und am Verfahren teilnehmen. Sein Wille ist ein gewichtiges Argument. Hierüber werden Kinder selten aufgeklärt. Auch für kleinere Kinder können Eltern einen Anwalt dem Kind besorgen, dann ist man nicht von den vom Gericht benannten Verfahrensbeistand abhängig, der vielleicht dem Richter gefallen will. Ich habe es in der Vergangenheit erlebt, dass Verfahrensbeistände keine neuen Aufträge bekamen, weil sie anderer Meinung als der Richter/die Richter waren. Statt also einen Beistand ablösen zu lassen, ist es einfach einen eigenen Anwalt zu besorgen. So löst man das Problem der Voreingenommenheit elegant.

Man kann beinahe jederzeit eine Abänderung einer falschen oder richtigen Entscheidung beantragen. Freilich muss man schon eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse belegen, es reicht nicht aus mit der bisherigen Entscheidung unzufrieden zu sein. Freilich kann eine solche Änderung auch neue Beweismittel sein, die in der Vergangenheit übersehen wurden oder falsch bewertet wurden. Inzident muss dann auch der alte Beschluss geprüft werden. Das wollen Richter aber ungern tun. Hier muss man am Ball bleiben.

Entscheidungen hat der Gerichtsvollzieher auf Auftrag des Gerichtes zu vollstrecken, nicht das Jugendamt. Daher darf auch die Polizei nur unterstützen, nicht ein Kind angreifen. Wir alle kennen die Videos, in denen das nicht eingehalten wird. Das ergibt sich aus den Landespolizeirechten. Denn erstens ist Amtshilfe nur möglich, wenn die Behörde (hier die Justiz) selbst personell nicht in der Lage zur Klärung ist (Justizwachtmeister). Zweitens ist nun mal nach dem Gesetz der Gerichtsvollzieher der vollstreckende. Und drittens ist leider auch die Polizei nicht in der Lage, ein Kind schonend mitzunehmen, dazu bräuchte es wenn dann Pädagogen oder Psychologen.

Formell müssen Beschlüsse zugestellt werden, vor Wirksamkeit und in manchen Fällen auch erst danach. Gewalt gegen Eltern und das Kind muss ebenso genehmigt werden wie Betreten eines oder mehrerer Häuser. All das sind Fehlerquellen, die passieren. Das Kind muss dem Ergänzungspfleger ausgehändigt werden, ist der nicht da darf das Kind nicht weggenommen werden. Teils gibt es hier landesspezifische Regeln, die vorgehen.

Obwohl das Sorgerecht einfach ist, steckt der Teufel im Detail. Im Zweifel nehmt einen guten Juristen. Und hütet Euch vor allzu tollen Beratern, die ohne irgendeine Qualifikation die Hand aufhalten.

Natürlich sind mancherlei Berater gut, aber einige eben auch nur Schaumschläger, die mehr schaden als nutzen. Was nichts kostet, ist auch nichts wert, sagt man in meiner bayrischen Heimat. Wer also kein Geld investieren will, in die Rückholung seiner Kinder, hat schon fast verloren.

Denn es gibt viele Möglichkeiten und Unterstützungen für Eltern, ich erinnere hier nur an das Elternschutzkonzept, das Activinews begründet hat. Aber wenn sich Profis eben engagieren, kostet das eben auch – wie bei Waschmaschinenreparaturen und Co.

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