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PROLOG
ОглавлениеMonika Faller, ein hübsches junges Mädchen, lebte mit ihren einundzwanzig Jahren bereits in ihrem eigenen Haus in Luxus, denn seit ihrem siebzehnten Lebensjahr war sie Vollwaise, da ihre Eltern damals bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Seitdem lebte sie allein in ihrem Elternhaus in der Nähe von München.
Eigentlich hatte es den Anschein, dass alles für Monika geregelt sei, aber so war es nicht, denn sie entwickelte sich zu einem sehr schwierigen sozialen Fall.
Monika hatte nie den Tod ihrer Eltern so ganz verkraftet. Als sie dann in der elften Klasse ihr Abitur abbrach und das Gymnasium mit der mittleren Reife verließ, dachten alle, sie würde irgendwo eine Lehre beginnen. Aber dazu hatte sie keine Lust und lebte fortan diverse Exzesse durch.
Erst kam der Alkohol, danach hatte sie auch mal Berührung mit Drogen. Glücklicherweise ging es ihr nach dem ersten Versuch so schlecht, dass sie es dann bleiben ließ.
Dann durchlebte sie mit diversen Partnern sexuelle Exzesse, was sie auch nicht zu befriedigen schien.
In der Folge zog sich Monika immer mehr zurück und ging nur noch selten aus. Alkohol und Sex waren nun etwas seltener ihre Begleiter. Allerdings neigte sich allmählich das Geld, welches ihr ihre Eltern hinterlassen hatten, dem Ende entgegen, sodass sie wusste: Es muss etwas geschehen.
Da die Jahre des Nichtstuns ihre Spuren hinterlassen hatten, war es schwer, in das »normale« Leben zurückzufinden.
Monika sah atemberaubend aus und hätte sicher sofort eine Lehre beginnen können, aber sie wählte einen leichteren und gefährlicheren Weg, nämlich den illegaler Geschäfte.
Zu Beginn stand sie nur Schmiere, allerdings bekam sie hierfür auch nur wenig vergütet, sodass sie fortan mutiger direkt an einigen Raubzügen teilnahm. Der Verdienst war zwar nun gut, aber das Risiko, erwischt zu werden, wurde immer höher.
Einmal wurde ein Komplize geschnappt, doch zum Glück für sie hielt er dicht und verriet sie nicht. Allerdings gab ihr das zu denken, weshalb sie daraufhin überlegte, mit den Einbrüchen aufzuhören.
Als Monika einmal durch einen Rummel schlenderte, wurde sie auf eine Wahrsagerin aufmerksam und betrat ihr Zelt.
Auf die Frage, was die Zukunft für sie bringen würde, antwortete die Wahrsagerin, nachdem sie in ihre Karten gesehen hatte, und verwirrte Monika noch mehr: »Ich sehe dich einen Baum pflanzen, der dein Leben völlig verändern wird. Am Ende dieser Veränderung steht ein großer Wohlstand und das totale Glück in einer Beziehung.«
»In welchem Zeitraum findet diese Veränderung statt?«
Auf diese Frage schaute die Wahrsagerin nochmals in die Karten, schüttelte allerdings leicht ihre grauen langen Locken und sagte: »Normalerweise sehe ich Karten, die auf einen Zeitraum hindeuten, aber in deinem Fall kann ich hierzu keinerlei Angaben machen. Tut mir leid! Jetzt bekomme ich von dir dreißig Euro.«
Monika verließ verwirrt das Zelt und schlenderte noch etwas über den Jahrmarkt. Sie aß an einem Stand eine Fischsemmel, kaufte sich noch eine Tüte gebrannte Mandeln und ging dann in Richtung ihres Zuhauses.
Unterwegs kam sie noch an einem Baumarkt vorbei und erinnerte sich noch an die Worte der Wahrsagerin: »Ich sehe dich einen Baum pflanzen.«
Eigentlich Blödsinn, aber was soll es. Die Alte hat nicht gesagt, wie groß der sein soll, und rechts hinten im Garten wollte ich sowieso etwas Grünes haben. Also warum nicht einen kleinen Baum?, dachte sie und betrat den Baumarkt.
Im Gartenbereich erstand sie dann einen kleinen Apfelbaum im Topf. Es war eigentlich ein mickriges kleines Gewächs, aber das Bild auf dem Etikett, welches am Baum hing, hatte ihr gefallen, und außerdem war dieses Bäumchen nicht allzu schwer, denn Monika besaß keinen Führerschein und auch kein Auto. So blieb ihr nichts anderes übrig, als es nach Hause zu tragen.
Dort angekommen, stellte sie es in den Garten an den Platz, an dem sie die Pflanzung vorgesehen hatte. Danach ging sie ins Haus, schnappte sich eine Flasche Rotwein und ein Glas, setzte sich in ihren Lieblingssessel und grübelte. Der Satz der Wahrsagerin ließ sie einfach nicht mehr los. Was hatte das alles zu bedeuten? Fragen, auf die Monika im Moment keine Antwort wusste.
Der Abend verging, die Nacht war zu kurz, denn Monika konnte erst spät einschlafen. Kaum wach, waren die gleichen Gedanken wieder da. Nachdem sie sich angezogen hatte, ging Monika ohne Frühstück in den Garten. Dort begab sie sich in die alte Gartenhütte und holte sich einen verrosteten Spaten. Damit begann sie, ein Loch an der Stelle auszuheben, an der später der Baum stehen sollte. Doch der Boden war trocken und dementsprechend knochenhart, weshalb Monika große Mühe hatte, viel mehr als die Grassoden auszuheben.
»So wird das nichts!«, rief plötzlich jemand in Monikas Rücken.
Erschrocken drehte sie sich um und sah Markus Wenger, einen jungen Mann aus der Gegend, der früher im Gymnasium eine Klasse über ihr war und nun irgendetwas studierte. Genau wusste sie es aber nicht. Markus lehnte an ihrem Zaun und sah sie direkt an.
»Hallo, Markus, statt deiner blöden Bemerkungen könntest du mir ruhig helfen, diesen Baum in den Boden zu bekommen«, raunzte Monika ihn leicht unfreundlich an.
»Okay, ich helfe dir gerne, habe aber wenig Zeit, weil ich meinen Bus erreichen muss. Ich sollte heute mal pünktlich in der Uni sein, damit ich einen Schein ablegen kann«, bekam sie von Markus als Antwort.
Er betrat den Garten und fragte: »Hast du einen Pickel? Denn einen so harten Boden musst du vorher mit dem Pickel lockern, sonst wirst du nie fertig.«
»Wenn so etwas da ist, dann in der Hütte da«, antwortete Monika und deutete auf die alte Gartenhütte.
Markus tat, wie geheißen, und kam bereits kurz darauf mit einem Pickel heraus. »Mit dem sollte es gehen«, meinte er, »und damit dein Baum wachsen kann, solltest du ein großes Loch graben, damit der Baum genügend Platz hat, um starke Wurzeln zu bilden.«
Gesagt, getan. Markus lockerte mit dem Pickel mit einigen kräftigen Hieben den Boden um das kleine Loch herum und sagte dann entschuldigend: »Es war sehr schön, dich einmal wieder wiedergetroffen zu haben. Ich hätte dir auch gerne weitergeholfen, aber ich muss wirklich los jetzt.« Er sah zerknirscht zu Monika. »Wenn der Baum bis heute Nachmittag warten kann, dann helfe ich dir gern später weiter«, fuhr Markus fort.
Monika lächelte zum ersten Mal und sagte: »Ich versuche mein Glück mit dem Pickel, aber es wäre schön, wenn du auf deinem Nachhauseweg bei mir vorbeischauen würdest, falls ich doch nicht klargekommen bin.«
»Klar, mache ich gerne, also bis heute Nachmittag so gegen vier. Pass mit dem Pickel auf, mit dem kann man sich auch verletzen!«, fügte Markus noch hinzu und war danach schon wieder verschwunden.
Voller Elan arbeitete Monika weiter an dem Loch für ihr Bäumchen, und mit der Spitzhacke schaffte sie es auch nach fast drei Stunden, ein tiefes und genügend breites Loch zu graben. Als sie mit dem Spaten den letzten Rest an lockerer Erde entfernen wollte, sah sie in dem Loch etwas glitzern. Neugierig griff Monika hinein und bekam eine Kette zu fassen. Als sie daran zog, löste sich neben einem Stück silbriger Kette auch noch ein Klumpen Dreck.
Da nun endgültig ihre Neugier geweckt war, nahm Monika den Dreckklumpen und löste den Schmutz mit den Händen. Zum Vorschein kam ein ebenfalls silbriger Anhänger, den sie erst mal beiseitelegte und den Boden des Loches noch genauer untersuchte. Aber nachdem sie dort nichts mehr fand, pflanzte sie ihr Bäumchen, verfüllte den Boden und die Ränder um den Wurzelballen mit lockerer Erde und goss die frische Pflanzung gut ein. Danach schnappte sie sich den Anhänger und ging zurück ins Haus, wo sie auch noch den letzten Dreck von der Kette und dem Anhänger beseitigte und sich die Hände wusch. Vorsichtig trocknete sie diesen ab und betrachtete ihn genauer.
Der Anhänger war wohl aus Silber. Er schien sehr alt zu sein und hatte neben kunstvollen Verzierungen in der Mitte eine von sonderbaren Schriftzeichen umrahmte ovale freie Fläche.
Monika setzte sich mit dem Anhänger an ihren Computer und versuchte, diese Schriftzeichen zu finden, um mehr über diesen Anhänger in Erfahrung zu bringen. Nach einer intensiven Suche konnte sie einige Schriftzeichen identifizieren. Diese wiesen eindeutig auf einen keltischen oder germanischen Ursprung hin, weshalb in Monika die Vermutung aufkam, dass der Anhänger zweitausend Jahre oder älter sein könnte. Zudem fand sie Gefallen an diesem Schmuckstück und hängte sich dieses um.
Der Anhänger hing nun perfekt zwischen ihren kleinen festen sportlichen Brüsten. Als sich Monika in einem Spiegel betrachtete, gefiel ihr, was sie dort sah. Ihr nun neues Lieblings-Schmuckstück nahm sie dann nur ab, als sie in die Dusche stieg, denn sie hatte stark geschwitzt während der Gartenarbeit.
Gut gelaunt duschte Monika und zog sich um. Zum einen freute sie sich über das Schmuckstück und zum anderen auf den vereinbarten Besuch von Markus.
Nachdem sie das Haus aufgeräumt hatte, goss sie noch einmal ihr Bäumchen und machte es sich auf ihrer Terrasse gemütlich. Sie legte sich in die Sonne, um etwas Farbe zu bekommen, und schlief auf ihrer Sonnenliege ein. Die für sie harte Arbeit und der Hochsommertag taten ihr Übriges.
Im Traum befand sich Monika plötzlich in einer völlig anderen Welt. Allerdings waren ihre Gedanken absolut klar, denn sie wusste genau, dass sie nicht hierhin gehörte.
Aber sie war nun mal hier und ging auf eine kleine Hütte zu, welche sie von dem Hügel, auf dem sie stand, sehen konnte. Als sie der Hütte näherkam, welche vom Baustil her eher einer Behausung aus der Steinzeit glich, öffnete sich die Holztüre, und eine alte Frau trat heraus und winkte ihr zu …
Abrupt wurde Monika aus ihrem Traum gerissen und war wieder wach.
Was war das denn? Alles war so klar, so real, dachte Monika, als sie sich ihr T-Shirt wieder überstreifte, von der Liege aufstand und ins Haus ging. In der Küche trank sie erst mal etwas. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es schon bald vier Uhr nachmittags war und Markus kommen wollte. Monika zog sich schnell etwas Hübsches an und besorgte sich zwei Straßen weiter vom Bäcker etwas Gebäck für den Kaffee.
Wenig später erschien Markus, und sie verbrachten einen gemütlichen Nachmittag bei Kaffee und Gebäck sowie einer angeregten Unterhaltung. Monika fühlte sich dabei sehr wohl und vergaß kurz den ungewöhnlichen Traum.