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DIE AUSBILDUNG

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Am nächsten Morgen pünktlich um acht Uhr war Muriel wieder da. Nach einem gemeinsamen Kaffee wollte Monika noch duschen, um vollends wach zu werden. Sie hatte zwar, wie vorhergesagt, nicht geträumt, oder zumindest wusste sie nichts mehr, aber dennoch hatte sie schlecht geschlafen, da sie das gestern Gehörte noch in Gedanken verarbeiten musste. Während sie duschte, dachte Monika daran, was wohl heute auf sie zukommen würde, als plötzlich Muriel das Wasser eiskalt drehte.

»Kindchen, das ist gesund und stärkt die Abwehrkräfte deines Körpers. Während deiner Ausbildung werden wir deinen Körper und deinen Geist trainieren, denn beides muss absolut fit sein, willst du die Prüfungen, die kommen werden, meistern.«

Monika schrie erschrocken auf, als sie das eiskalte Wasser auf ihrem Körper spürte. Aber nach dem ersten Schock hielt sie es doch aus und duschte tatsächlich eiskalt zu Ende.

Später, nachdem sie sich angezogen hatte, begab sich Monika wieder zu Muriel ins Wohnzimmer und schrie erschrocken auf, als sie neben Muriel plötzlich noch einen Mann sitzen sah. »Wer ist das denn und was macht der in meinem Haus?«

»Nur ruhig, Kindchen, das ist Eberon, mein Assistent. Er wird dein Fitness- und Kampftraining übernehmen, denn dafür bin ich mittlerweile zu alt«, antwortete Muriel geduldig.

Eberon stand auf, ging auf Monika zu und fasste ihr plötzlich an den Oberschenkel. »Schlank ist sie ja, aber ihre Muskeln sind schwach. Das wird viel Arbeit«, resümierte er.

»Ja, stimmt, schlank ist sie und schön«, fiel ihm Muriel ins Wort. »In so manch einer Situation wird das wohl helfen. So was kann man nicht trainieren. Ihre Brüste sind zwar etwas klein, größere erzielen bei den Männern eine bessere Wirkung, aber dafür hilft das wiederum beim Training, denn dort stören große nur.«

»Na toll, habt ihr sonst noch etwas an mir auszusetzen? Ich dachte, ihr wollt mich fit machen, aber stattdessen begutachtet ihr mich, als ob ich eine Ware sei«, maulte Monika leicht gekränkt.

»Gut, Schluss jetzt mit dem Geplänkel! Hier ist dein Stundenplan fürs Erste. Dein Tag beginnt mit dem Sonnenaufgang. Nach dem Aufstehen läufst du mit Eberon mindestens zwanzig Kilometer. Wenn ihr zurück seid, machst du einhundert Liegestütze oder hackst Holz, wenn du später etwas fitter bist. Danach gibt es Frühstück, das ich dir zubereiten werde. Nach dem Duschen und Umziehen beginnen wir mit der Schule über Runen. Erst die Theorie und später die verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten. Das wird etwa drei Stunden dauern. Du wirst von mir persönlich unterrichtet. Hinterher übernimmt wieder Eberon das Kampftraining im Garten. Bei schlechtem Wetter werden wir auch mal in deinen Keller gehen. Ich habe da deinen Hobbyraum entdeckt«, erläuterte Muriel.

»Toll, Muriel, du scheinst dich ja in meinem Haus auszukennen«, maulte Monika sichtlich geschockt wegen des straffen Zeitplanes, der viel Schweiß versprach. Und es störte sie, dass sich Muriel wohl ohne ihre Erlaubnis im Haus umgesehen hatte.

»Ja, und noch eines: Eberon und ich werden von jetzt an bei dir wohnen. Ich selbst nehme dein Schlafzimmer, Eberon dein Gästezimmer, und du schläfst im Garten«, fügte Muriel hinzu.

»Im Garten!? Seid ihr irre? Ich schlafe doch nicht im Garten! Und übrigens, wann habe ich mal frei?«, schrie Monika entrüstet.

»Das Schlafen im Freien härtet ab, Kindchen. Das wirst du brauchen«, entgegnete Muriel und fuhr fort: »Frei wirst du nie haben, denn die Zeit, die uns zur Verfügung steht, dich fit zu bekommen, ist auf ein Jahr gerechnet vom ersten Anlegen des Anhängers. Also sind jetzt bereits vier Tage vergangen.«

»Und wann kann ich mal ausgehen? Mich mit meinen Freunden treffen, etwas Zwischenmenschliches erleben? Ihr könnt mich nicht ein ganzes Jahr hier einsperren!«, echauffierte sich Monika.

»Also eine kurze Freizeit könnten wird dir vielleicht gewähren, wenn du gute Fortschritte machst. Vorher sicher nicht, denn du musst dir immer bewusst sein: Bist du nicht gut vorbereitet, wirst du scheitern, und das bedeutet deinen Tod. Ich habe es dir erklärt«, antwortete Muriel. »So und nun solltest du mit Eberon laufen gehen. Ich hole in der Zwischenzeit einige Dinge, die ich brauche, um mich hier gut einzurichten.«

Wie »befohlen«, zog sich Monika um und ging mit Eberon ein erstes Mal laufen. Sie schaffte natürlich die zwanzig Kilometer nicht und stand nach gut der Hälfte der Strecke am Straßenrand und übergab sich.

So wie an diesem Tag erging es Monika die nächsten Tage auch. Sie quälte sich durch die ersten Wochen und war jedes Mal froh, nach dem Fitnesstraining mit Muriel einiges über die Runen und die Welt zu erfahren, in die sie während ihrer Träume eintauchen würde.

Die Wochen vergingen und auch die Monate. Zu Beginn war es Sommer gewesen und für Monika kein Problem, im Garten zu schlafen. Allerdings war der Sommer bald vorbei, die Nächte wurden spürbar kälter, und auch der Regen machte ihr sehr zu schaffen. Völlig durchnässt wachte sie nun des Öfteren mitten in der Nacht auf und fror erbärmlich. Ihre Bitten, im Haus schlafen zu dürfen, wurden mit der Begründung abgelehnt, es sei gut für sie, draußen zu schlafen; das würde sie abhärten.

Nach drei Monaten zeigte das Training eine erste Wirkung. Monika lief nun locker die geforderte Strecke, wurde wesentlich kräftiger und konnte bereits die geforderten einhundert Liegestütze mühelos absolvieren.

Das erste Mal war sie nach vierzehn Versuchen zusammengebrochen, aber nun war das alles kein Problem mehr.

Eberon zog nun das Training an. Er erhöhte spürbar die Laufgeschwindigkeit und begann neben einem intensivierten Krafttraining auch mit Kampfübungen. Zu Beginn zeigte er Monika Nahkampftechniken, aber danach folgten Übungen mit dem Messer, dem Bogen und letztendlich mit einem Schwert.

Auch hier war der Anfang schwer, sodass sich Monika etliche blaue Flecken und Schrammen holte, aber sie stellte sich bald als sehr talentiert beim Bogenschießen heraus und wurde auch rasant besser beim Umgang mit dem Messer.

Nach insgesamt fünf Monaten bemerkte Monika an sich deutliche Veränderungen. Sie war – Dank ihrer nun sehr guten Kondition – deutlich kräftiger, was man an ihren trainierten Muskeln, die sich nun klar unter der Haut spannten, erkennen konnte. Auch die Nächte meisterte sie nun ohne Probleme, obwohl mittlerweile der Winter Einzug gehalten hatte. Eberon und Muriel zeigten sich nun zunehmend zufriedener mit Monikas Fortschritten. Monika schaffte es nun sogar, Eberon regelmäßig im Zwanzig-Kilometer-Lauf zu schlagen. Zu Beginn des Trainings hatte Monika stark abgenommen, aber nun zeigte die Waage wieder ihr altes Gewicht. Sie hatte fast zehn Kilo an Muskelmasse hinzugewonnen.

Nun war es an der Zeit für Muriel, Monika in ihren Träumen die Welt der Runen zu zeigen und ihr dort vieles zu erklären, da diese Welt sich doch sehr von der modernen Welt Münchens des einundzwanzigsten Jahrhunderts unterschied.

So vergingen die weiteren Monate, in denen Monika noch fitter und stärker wurde und zunehmend alle gezeigten Kampftechniken beherrschte. Sie kannte nun alles über die Runen und war bereits Dutzende Male in deren Welt, die eine Mischung aus Antike, Mittelalter und Märchenwelt war, gewesen und die ihr nun nicht mehr fremd war.

Während der theoretische Unterricht nun zum Ende kam, wurden das Fitness- sowie das Kampftraining nun nochmals verschärft.

Als der Sommer auch wieder Einzug hielt, näherte sich auch der Jahrestag, an dem Monika den Anhänger fand. Inzwischen verband Monika eine richtige Freundschaft mit Muriel und Eberon.

Etwa einen Monat, bevor das Vorbereitungsjahr zu Ende ging, verabschiedete sich Eberon während eines gemeinsamen Abendessens von Monika mit den Worten: »So, liebe Monika, nun muss ich euch verlassen. Ich kann dir nichts mehr beibringen. Übe weiter und denke an deine Deckung beim Schwertkampf. Ich bin wirklich sehr stolz auf dich, was aus dir geworden ist, vor allem, wenn ich an unsere Anfänge zurückdenke. Ich wünsche dir alles Gute und viel Glück bei deinen anstehenden Prüfungen!«

Daraufhin standen beide vom Esstisch auf, Eberon musterte Monika nochmals lächelnd, und nach einer letzten herzlichen Umarmung verließ er das Haus.

Muriel intensivierte nun ihre gemeinsamen Besuche in der Traumwelt. Eines Tages wurden sie dort von Räubern überfallen, wobei es für Monika ein Leichtes war, diese in die Flucht zu schlagen. Doch leider hinterließ die kleine Auseinandersetzung einen Kratzer an Monikas Bein. Als sie wieder aufwachte, zuckte sie während des Aufstehens schmerzhaft zusammen. Dann erst bemerkte Monika die Verletzung. Damit war für sie nun der letzte Beweis erbracht, dass alles wahr war, was Muriel ihr prophezeit hatte. Die Verletzung war nicht schlimm und heilte in den kommenden Tagen.

Der Runenanhänger

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