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Kapitel 3 Ein überraschendes Angebot
ОглавлениеSky-Base Arcturus, Offiziers-Quartiere
Sker-Lotar war ein Überlebender.
Sein Schiff war von einem Zersetzer der Negaruyen getroffen worden und hatte auf dem Wrack-Planeten notlanden müssen. Dort waren die Überlebenden gejagt worden und Sker-Lotar gehörte zu jenen, die von der Besatzung des Tarnkreuzers D.S. Blackwing hatten gerettet werden können. Sker-Lotar war bei den Menschen geblieben. Als Wissenschaftler interessierte er sich brennend für das ihm fremde Volk, dessen Vergangenheit, seine technischen Kenntnisse und seine Kultur. Er empfand Sympathie für die Menschen und dies machte es ihm zunehmend schwierig, bei ihnen zu bleiben, denn seine Loyalität gehörte natürlich dem eigenen Volk, den insektoiden Norsun. Er wusste, dass die Menschen die gleiche Wissbegierde wie er selbst empfanden, doch in vielen Dingen sah er sich außerstande, ihre Fragen zu beantworten. Vor allem dann, wenn es um Informationen ging, die für die Menschen von militärischem Nutzen sein konnten.
Inzwischen bestand ein Bündnis zwischen den Menschen und den Norsun. Ein Bündnis, welches sich unlängst in der Schlacht gegen den gemeinsamen Feind bewährt hatte. Dabei war es gelungen, die gewaltige Schiffsbauwerft der menschenähnlichen Negaruyen zu vernichten. Ein Erfolg, der die Gemeinsamkeiten der beiden Bündnispartner betonte und zugleich offenbarte, wie fragil dieser Bund in Wahrheit war.
Sker-Lotar musste erleben, dass Höchst-Wort Gordon-Gor, kommandierender Admiral der Flotte der großen Mutter aller Norsun, den Menschen nicht immer die Wahrheit gesagt hatte. Ja, dass der Befehlshaber durchaus bereit war, die Menschen und ihre Schiffe zu opfern, wenn er sich dadurch einen taktischen Vorteil versprach. Im Grunde war dieses Verhalten für den hohen Kommandeur vollkommen normal, denn ebenso großzügig ging er mit dem Leben und den Schiffen seines eigenen Volkes um. Doch während die Norsun es als Selbstverständlichkeit hinnahmen, im Interesse ihres Volkes in den Opfertod zu gehen, so galt dies nicht für die Menschen und dieser Umstand war Sker-Lotar durchaus bewusst. So, wie Gordon-Gor den Menschen manches Wissen vorenthielt, so versuchten die Menschen ihrerseits, ihre wahren Fähigkeiten und technischen Errungenschaften vor den Norsun zu verschleiern.
Dieses gegenseitige Verhalten stellte die Loyalität von Sker-Lotar auf eine zunehmend harte Probe. Seine Integrität dem eigenen Volk gegenüber kollidierte immer öfter mit der Sympathie, die ihn mit den Menschen verband. Inzwischen war auch das Leben unter ihnen komplizierter und sogar gefährlich geworden.
Als er zur Sky-Base Arcturus gebracht wurde, dem High-Command von Hoch-Admiral John Redfeather und der Hauptliegeplatz der Sky-Navy, da hatte nur eine geringe Anzahl an Menschen von seiner Anwesenheit gewusst. Es war auch recht einfach gewesen, diese geheim zu halten. Sker-Lotar verhüllte seinen Körper einfach mit einer langen Kutte und zog die Kapuze so weit über seinen Schädel, dass kaum mehr etwas von ihm zu erkennen war. Außerhalb der ihm zugewiesenen Räume wurde er stets von zwei ausgewählten Sky-Troopern in zivil begleitet, die ihn vor zu neugierigen Blicken und Fragen schützten. Auf diese Weise war Sker-Lotar lange unerkannt geblieben, obwohl die Menschheit längst von der Existenz seines Volkes wusste.
In den ersten Begegnungen war es zu erbitterten Kämpfen gekommen und wäre die Anwesenheit des Wissenden zu früh bekannt geworden, so hätte dies prekäre Folgen haben können, da sich die Versuche einer friedlichen Kontaktaufnahme zu den Norsun überaus schwierig gestalteten. Zu ihrem Erfolg hatte Sker-Lotar wesentlich beigetragen, denn ihm war zu verdanken, dass man inzwischen über tragbare Übersetzungsgeräte und entsprechende Programme für die Tetroniken verfügte, so dann nun eine Verständigung möglich war.
Jetzt war es sogar zu einem Bündnis gekommen. Eine Delegation der Norsun, unter Führung des Höchst-Wortes Gordon-Gor war auf der Sky-Base Arcturus erschienen und die Reaktion der Medien und in der Bevölkerung der besiedelten Welten war enorm.
Genau hier begannen nun die aktuellen Schwierigkeiten und die Gefährdung des Wissenden. Er konnte sich kaum noch aus seinem Quartier wagen, wollte er keine Aufmerksamkeit erregen. Die Menschheit wollte mehr über die Norsun erfahren und da sie nun von der Anwesenheit Sker-Lotars auf der Sky-Base wusste, wollte sie es von diesem in Erfahrung bringen. Begeisterung über den Kontakt mischte sich jedoch bei manchen Menschen mit Fremdenhass. Bei einigen von ihnen mit gutem Grund, hatten sie doch in den Kämpfen Angehörige oder Freunde verloren. So musste man befürchten, dass es zu Gewalt kam, wenn man Sker-Lotar erkannte.
Dann war da noch die andere Gefahr. Eine, der man kaum begegnen konnte.
Vor Jahren war es den menschenähnlichen Negaruyen gelungen, Angehörige ihres Volkes genetisch und operativ zu verändern, so dass sie sich kaum mehr von Menschen unterschieden. Die Veränderung der sogenannten Infiltratoren war so gut, dass sie selbst bei einem oberflächlichen DNA-Scanning nicht bemerkt wurde. Der schlichte Scan, bei dem man die Identität über die Absonderungen der Haut, zum Beispiel am Finger oder Schweiß des Gesichts feststellte, versagte in der Enttarnung der veränderten Negaruyen. Erst die langwierigere Überprüfung der Gen-Sequenzen in einer Blutprobe brachte die Wahrheit ans Licht.
In den Jahren waren die Infiltratoren in verschiedene Positionen vorgedrungen. Sie arbeiteten als einfache Händler, als Dockarbeiter oder in anderen Funktionen, unerkannt und emsig damit beschäftigt, Informationen zusammenzutragen und an die verborgene Welt ihres Volkes zu übermitteln. Sie waren darin so erfolgreich, dass sie bis in die Reihen der Sky-Navy eingedrungen waren. Ihre Gefährlichkeit wurde erst durch den Angriff der Negaruyen auf die Sky-Base Rigel entdeckt.
Inzwischen wurden alle Angehörigen der Streitkräfte einem Tiefen-Scan unterzogen, bei dem auch die genetische Analyse einer Blutprobe eingebunden war. Tatsächlich waren so eine Handvoll der Eindringlinge entdeckt worden, die man, so man sie lebend gefangen nehmen konnte, intensiv befragte. Doch alle diesbezüglichen Methoden und sogar die Anwendung von Drogen hatten bislang versagt. Zwei der Befragten hatten zudem einfach aufgehört, zu leben. Man war sich sicher, dass die Infiltratoren psychisch konditioniert waren und irgendetwas in ihrem Gehirn vor sich ging, das alle Lebensfunktionen erlöschen ließ, wenn die Betreffenden dies gezielt wünschten. So entschloss man sich, die überlebenden Gefangenen im Kälteschlaf zu halten, bis man vielleicht doch eine erfolgversprechende Methode entdeckte, an ihr Wissen zu gelangen.
Man war sich inzwischen relativ sicher, dass es keine Infiltratoren mehr in den Reihen der Streitkräfte gab, doch wie viele von ihnen sich noch unter der zivilen Bevölkerung verbargen, konnte niemand einschätzen. Es mochte eine Handvoll sein, vielleicht aber auch Tausende. Und jeder Einzelne von ihnen würde wohl bereitwillig sein Leben opfern, wenn er Sker-Lotar töten konnte, denn der Wissende war das Bindeglied zwischen den Völkern des neuen Bundes.
Die Unterbringung des Wissenden war großzügig. Im Bereich der Offiziers-Quartiere der riesigen Arcturus-Basis gab es Suiten, die für hochrangige Gäste gedacht waren. Sie umfassten einen Wohn- und einen Schlafbereich sowie einen Hygieneraum und sie verfügten stets über den Luxus einer großen Sichtluke in den Raum hinaus.
So konnte Sker-Lotar den Anblick der Sterne genießen und sah sogar einen Teil der Pylone, an denen die Schiffe der Sky-Navy vor Anker lagen oder an denen zivile Fracht- und Passagierschiffe andockten. Ein Anblick, der in dem Wissenden widerstreitende Empfindungen auslöste, den er einerseits genoss, der ihm andererseits auch das Gefühl der Isolation vermittelte und ihm deutlich machte, dass er ein Fremder unter Fremden war.
Seinen zögernder Entschluss, nun doch, trotz seines Wissendrangs, zu seinem Volk zurückzukehren, hatte er jedoch aufgeben müssen. Vor einigen Tagen war ihm eine Botschaft der großen Mutter aller Norsun übermittelt worden, in der sie es begrüßte, ihn, Sker-Lotar, als Vermittler zu den Menschen zu wissen. Er wusste, dass ihm damit jeder Rückweg verboten war, es sei denn, die große Mutter änderte ihre Meinung. Nun war er gezwungen, unter den Menschen zu leben. Er fand ein wenig Trost in der Tatsache, dass ihm einige dieser Menschen inzwischen näher gekommen waren. Sie waren zwar keine Eier seines Stammes und doch fühlte er sich ihnen zunehmend verbunden.
Die Norsun waren durchaus gefühlsbetonte Wesen, doch sie standen seit fast tausend Jahren im Krieg gegen die Negaruyen. Den Erfordernissen des Sieges wurden persönliche Bedürfnisse nachgeordnet. Es hatte Sker-Lotar daher überrascht, dass die große Mutter bereitwillig zugestimmt hatte, ihm Dinge senden zu lassen, die ihn an seine Heimatwelt erinnerten. Wohl nicht ohne den Hintergedanken, dass dies seine Loyalität stärkte. Wer nun das Quartier des Wissenden betrat, erhielt einen kleinen Einblick in das Leben der Insektoiden.
Statt der üblichen gemütlichen Sitzgruppe fand man hier zwar den gewohnten Multifunktionstisch mit eingebautem Medienzentrum und Holo-Projektor, doch er war von den typischen Sitzmöbeln der Norsun umgeben. Vereinfacht handelte es sich um gepolsterte Querstangen mit einer Rückenlehne, so dass der Stachel am hinteren Unterleib bequem Raum fand.
An einer Wand hingen dreidimensionale Bilder von seiner Heimatwelt. Eine zeigte den Sternenhimmel über der Hauptstadt und die große Mutter aller Norsun hatte es erst freigegeben, als man ihr versicherte, die dort sichtbaren Sternkonstellationen erlaubten den Menschen keine Rückschlüsse auf die Position im Weltraum.
Drei Skulpturen zeugten von der Kunst seines Volkes und die große Mutter hatte ihm großzügig eine Reliquie geschenkt: ein winziges Stück der Schale des „Ersten Eis“, aus dem, der alten Legende zur Folge, der erste Norsun ausgebrütet worden sein sollte. Ein Kristallgefäß mit komplizierten Sicherungsmaßnahmen schützte das Fragment, welches nur wenige Millimeter maß.
Sker-Lotar war Wissenschaftler genug, um lieber nicht nachzurechnen, wie groß das Ei ursprünglich gewesen sein mochte, um die Herkunft so vieler kursierender Reliquien zu sein, oder um zu hinterfragen, wer wohl das Ei gelegt und ausgebrütet haben mochte. Zugleich war er dem Glauben an die große Mutter so sehr verbunden, dass er die Ehre dieser Gabe sehr wohl zu schätzen wusste.
Sein neues Bett, aus der Fertigung geschickter Norsun, wies das erforderliche Loch auf und der Wissende konnte seinen Stachel angenehm hängen lassen, während er die Rückenlage genoss. Ein großer Fortschritt, denn auf dem Polsterbett der Menschen hatte er die Seitenlage oder Bauchlage wählen müssen. Eine Umgewöhnung, die ihm sehr schwer gefallen war, und doch hatte er den Menschen gegenüber nie den Wunsch geäußert, die bequeme Öffnung zu schaffen. Irgendwie hätte ihm dies das Gefühl vermittelt, er fände sich mit einem unbegrenzten Verbleib bei den Großnasen ab.
Großnasen … Flachschlitznasen … Die üblichen Bezeichnungen seines Volkes für die Menschen und die Negaruyen. Wenn man von den Augen und den offensichtlichen Charakterzügen absah, waren die Nasen das einzige Unterscheidungsmerkmal zwischen diesen Völkern. Sker-Lotar empfand die Ähnlichkeit, auch die genetische, überaus verblüffend und gelegentlich fragte er sich, ob nicht eines der Völker in Wahrheit von dem anderen abstammte. Es mochte durchaus sein und die Folgen waren gefährlich, denn wenn sich eine Abstammung abzeichnete, dann würde die große Mutter nicht zögern, die Menschen unerbittlich als Feinde anzusehen. Zu groß war der Hass, der sich in so vielen Generationen ins Bewusstsein der Norsun geprägt hatte.
Ja, es gab ein Bündnis zwischen Menschen und Norsun, doch es war ein Bündnis ohne festes Fundament. Schon ein kleiner Vorfall konnte ausreichen, dass die Verbündeten zu Feinden wurden. Eine gefährliche Situation, denn Sker-Lotar schätzte die Menschen anders ein, als dies bei den Verantwortlichen seines Volkes der Fall war. Sie sahen die Verbündeten als unterlegenes Hilfsvolk an, aber der Wissende empfand Furcht bei der Vorstellung, beide Nasen könnten sich gegen die Norsun verbünden.
Im Kampf gegen die Werft Tensa und bei den Gesprächen zwischen Hoch-Admiral Redfeather und Höchst-Wort Gordon-Gor hatte Sker-Lotar bemerkt, dass den Menschen aufgefallen war, dass es Gordon-Gor in manchen Dingen nicht mit der Wahrheit hielt und dass die Menschen sich ihrerseits revanchierten. Sie hatten Gordon-Gor falsche Informationen über die Leistung ihrer Nullzeit-Antriebe und die ihrer neuen Nullzeit-Scanner gegeben. Damit war Sker-Lotars Gewissen auf eine harte Probe gestellt worden. Er hatte sich zum Schweigen entschlossen, denn die Falschinformationen wären erst dann von Belang, wenn es erneut zu Kämpfen zwischen ihren eigenen Völkern kommen sollte. Der Wissende war sich sicher, dass die Menschen einen solchen Konflikt unter allen Umständen vermeiden wollten. Sie waren klug genug, um zu erkennen, dass sie dem gewaltigen Reich der großen Mutter und dessen erdrückender Übermacht nicht dauerhaft widerstehen könnten.
Diese innere Zerrissenheit beschäftigte den Wissenschaftler zutiefst und an diesem Tag sollte dies noch gesteigert werden.
Die Sympathie, die ihm von einem großen Teil der Menschen entgegenschlug, machte es ihm noch schwerer. Obwohl er auf eine für viele Großnasen verstörende Weise fremdartig war, denn er erinnerte sie an aufrecht gehende Stechinsekten ihrer Ursprungswelt, schienen sie ihn zu mögen. Der Grund hierfür war äußerst banal: Einem Medienteam war aufgefallen, dass der Norsun Orangensaft besonders schätzte. Es besaß auf ihn keine berauschende Wirkung, aber einen Geschmack, den er als einzigartig bezeichnete. Wobei Sker-Lotar auf Nachfragen gerne beteuerte, dass er sich als Insektenwesen, welches sich mit Säften auskennen musste, wohl ein Urteil erlauben könne.
Ein findiger Safthersteller bot sein Produkt inzwischen als „Sker-Lotars Bester“ an und das Getränk fand enormen Absatz. Vor allem bei den kleinen Brütlingen der Menschenwesen. Commodore Faso, der Adjutant von Hoch-Admiral Redfeather und oft ein hilfreicher Berater für Sker-Lotar, hatte den Norsun über menschliche Gepflogenheiten aufgeklärt und die Sympathien für ihn stiegen weiter an, als Sker-Lotar von dem Safthersteller verlangte, dass er einen Teil des Erlöses für mildtätige Zwecke zu spenden habe.
Ja, viele Menschen mochten den Wissenden trotz oder gerade wegen seines fremdartigen Aussehens. Es gab Gerüchte, dass sich ein bekannter Spielwarenhersteller mit dem Gedanken an eine Sker-Lotar-Puppe beschäftigte.
Diese Umstände ließen in dem Gelehrten zunehmend die Frage aufkommen, ob er sich den Menschen inzwischen nicht auf eine Weise verbunden fühlte, die einer allmählichen Assimilation entsprach. So musste er seine Loyalität immer öfter auf den Prüfstein stellen.
An diesem Tag galt dies auf besondere Weise, denn zum ersten Mal erhielt er eine Nachricht, die direkt von der Heimat der großen Mutter stammte. Zu ihren großzügigen Gaben gehörte auch ein Kommunikationsgerät. Es erlaubte die Verbindung von Sker-Lotar mit einer Sprecherin der obersten Gebieterin aller Stämme. Natürlich war das Gerät an die großen Antennen und Empfangsgeräte der Menschen gekoppelt und es bestand die Wahrscheinlichkeit, dass diese den Wunsch verspürten, die Botschaften mitzuhören, deren Inhalt für sie sicherlich interessant war. Doch hier verstanden es die Norsun, ihre Geheimnisse zu wahren: Sker-Lotar hatte ihnen die Kenntnis der Basissprache vermittelt, die von allen Stämmen des Volkes beherrscht wurde, aber es gab eine Vielzahl regionaler Idiome, die von dem Übersetzungsgerät nicht verarbeitet werden konnten.
Gelegentlich erfreute sich Sker-Lotar an dem Gedanken, dass die Botschaften der großen Mutter für die Menschen ein Geheimnis waren, welches sie nicht enträtseln konnten. Zumal es ihnen auch nicht möglich war, sich nach dem gesprochenen Idiom zu erkundigen, hätten sie damit doch zugegeben, als heimliche Lauscher zuzuhören.
Als die Ankündigung einer persönlichen Nachricht übermittelt wurde, brach der Wissende seinen Spaziergang in der Einkaufspassage der Sky-Base ab und eilte, in Begleitung seiner Eskorte, zu seinem Quartier. Während diese vor der Tür blieb, aktivierte der Wissende das Gerät und lauschte mit zunehmendem Erstaunen den Worten der großen Mutter.
Als die Nachricht endete, saß er für eine Weile benommen in einem der Polster. Schließlich aktivierte er den Kommunikator, den er am Handgelenk trug und bat den Hoch-Admiral um eine Zusammenkunft mit den führenden Kräften des High-Command der menschlichen Streitkräfte.
Eine gute halbe Stunde später versammelte man sich im Büro des Befehlshabers.
Der Raum lag im Halbdunkel und das wenige Licht fiel durch die große Panoramascheibe an der Außenwand ein oder wurde von der indirekten Beleuchtung der Vitrinen erzeugt, in denen der Hoch-Admiral einige wertvolle Papierbücher und die große Federhaube aufbewahrte. Sie erinnerte daran, dass er nicht nur der Befehlshaber der Streitkräfte war, sondern zugleich der gewählte Häuptling der indianischen Ur-Bevölkerung des Erdkontinents Amerika, die inzwischen weit verstreut auf den Welten des Direktorats lebte.
Neben John Redfeather waren auch Hoch-General Omar ibn Fahed, Kommandeur der Raumkavallerie und ihrer Sky-Troopers, Commodore Faso und die wissenschaftliche Hoch-Koordinatorin Candice Bergner anwesend.
Sker-Lotar hatte die Nachricht der großen Mutter mit seinen eigenen Worten neu formuliert, ohne deren Inhalt dadurch zu verfälschen. Er wollte und musste vermeiden, dass es den Menschen durch eine wortgetreue Übersetzung allmählich gelang, das regionale Idiom zu entschlüsseln.
John Redfeather blickte vom dem Ausdruck des Textes auf. „Das ist ernst gemeint?“
„Die große Mutter aller Stämme macht keine scherzhaften Scherze, Höchst-Wort John Redfeather.“
Der Angesprochene sah die anderen an und stand sichtlich unter dem Eindruck dessen, was er da gelesen hatte. „Wenn das stimmt, was hier steht … Nein, Sker-Lotar, warte, ich bin mir sicher, dass wir den Worten eurer großen Mutter vertrauen können“, sagte Redfeather rasch. Er hatte am Zittern der Kopffühler des Wissenden erkannt, wie sehr diesen jeder Zweifel an der Herrin aller Norsun erregte und wollte ihn rasch wieder beruhigen. „Es ist nur so, Sker-Lotar, dass dies ein sehr überraschendes und überwältigendes Angebot ist.“
Der Wissende knickte seine Fühler zustimmend nach vorne. „Es ist ein Zeichen der verbindlichen Verbundenheit zwischen den Eiern der großen Mutter und dem Volk der großnasigen Menschenwesen. Eine sehr festigende Festigung unseres Bundes.“
„Mit einem klitzekleinen Haken“, murmelte Omar ibn Fahed. „Die große Dame ist offensichtlich auf unsere neuen Tiefenraum-Nullzeit-Scanner aus.“
„Was man ihr nicht verdenken kann“, fügte Candice Bergner mit sichtlichem Stolz hinzu, da sie wesentlich zur Entwicklung des neuen Gerätes beigetragen hatte.
Obwohl es noch immer das bewährte Radar gab, benutzte man in der interstellaren Raumfahrt hochentwickelte Scanner, die mit überlichtschnellen Impulsen arbeiteten. Es gab kaum einen Unterschied in ihren Leistungen, gleichgültig, ob sie von den Menschen, den Norsun oder den Negaruyen erbaut wurden. Doch selbst überlichtschnelle Scanner waren kaum in der Lage, die ebenfalls überlichtschnellen Bewegungen von Raumschiffen zu verfolgen, und wenn sie dies taten, so benötigten die Impulse doch Zeit, um ein Objekt zu erreichen und von diesem zum Sender reflektiert zu werden. Entfernte sich ein überlichtschnelles Objekt, so konnte es kaum noch erfasst werden, flog es hingegen auf einen zu, so konnte es, im schlimmsten Fall, gleichzeitig mit den abgestrahlten Impulsen eintreffen, so dass es praktisch keine Vorwarnzeit gab.
Vor einigen Monaten war es den Forschern des Direktorats gelungen, die Besonderheiten der Hiromata-Kristalle zur Verstärkung der Scanner zu nutzen. Die Hiromata-Nullzeit-Scanner arbeiteten, ebenso wie der Hiromata-Nullzeitantrieb, ohne jeglichen Zeitverlust. Noch immer war niemand in der Lage zu erklären, warum und wie ein Hiromata-Kristall diesen Effekt bewirkte, doch nun verfügte die Menschheit über Scanner, die jedes Objekt im Umkreis von rund fünfzig Lichtjahren ohne Zeitverlust anzeigen konnten. Die einzige Einschränkung war, wie bei allen Ortungsgeräten, dass sich ein Objekt zufällig im Ortungsschatten eines anderen befand und damit nicht erkannt werden konnte.
Während die Suche nach der verborgenen Heimatwelt der Negaruyen lief, war Professor Bergner eine enorme Weiterentwicklung gelungen: der sogenannte Tiefenraum-Scanner, dessen Reichweite dreihundert Lichtjahre betrug.
Dies gab den Menschen einen enormen Vorteil gegenüber den Norsun und den Negaruyen.
Bei den gemeinsamen Einsätzen war den Insektoiden die Existenz des neuen Tiefenraum-Scanners nicht verborgen geblieben. Nun äußerte die große Mutter den verständlichen Wunsch, dass die Menschen ihrem Volk diese neue Technologie verfügbar machten. Ganz offensichtlich war ihr der Wert dieser Erfindung bewusst, denn im Gegenzug bot sie den Menschen die Technologie der formbaren goldenen Energie an, mit der die Norsun jene golden schimmernden Energiewände aufbauten, mit denen sie ihre Schiffe schützten. Sie machte sie nicht unzerstörbar, bewirkte aber eine deutliche Erhöhung des Schutzes gegen Energie- oder Projektilwaffen.
Das Angebot stellte John Redfeather und die Menschheit vor ein Dilemma. Der Hoch-Admiral war sich darüber im Klaren, dass der vorgeschlagene Handel sehr wohl abgewogen werden musste. „Sker-Lotar, dieses überwältigende Angebot ist ebenso großzügig wie überraschend. Du hast sicherlich Verständnis dafür, dass wir uns hierüber erst einmal beraten müssen.“
Sker-Lotar war sich ebenso bewusst, welche Auswirkungen ein solcher Technologie-Transfer haben konnte, und verstand, was sein Gegenüber bewegte. In der gemeinsamen Schlacht gegen die Negaruyen bei Tensa waren die Menschen keineswegs als gleichberechtigte Bündnispartner behandelt worden. Höchst-Wort Gordon-Gor hatte versucht, die Sky-Navy zu übervorteilen, und nun musste Redfeather befürchten, dass dies auch für den vorgeschlagenen Handel galt. Inzwischen hatte der Wissende genug von der Kultur der Menschen gelernt, um zu wissen, was ibn Fahed mit dem Begriff des „Hakens“ meinte.
„Sker-Lotar hat verstehendes Verständnis für Bedürftigkeit nach beratender Beratung“, sagte er und erhob sich. Er deutete eine höfliche Verbeugung an. „Sker-Lotar geben zeitliche Zeit. Höchst-Wort John Redfeather mag Wissenden erneut zu sich rufen, wenn gemeinschaftliches Gespräch über handelnden Handel.“
„Wir danken dir für dein Verständnis“, versicherte Redfeather. „Ich werde dich verständigen, wenn wir uns beraten haben.“
Der Norsun knickte die Fühler nach vorne und verließ den Raum.
John Redfeather starrte seufzend auf den Ausdruck. „Grundgütiger, das ist ein teuflisches Angebot.“
Omar ibn Fahed blickte zur geschlossenen Tür, als wolle er sich vergewissern, dass der Wissende tatsächlich gegangen war. „Bei Allah, mein Freund, ich muss dir zustimmen. Die Kenntnisse über die goldenen Energieschirme der Norsun könnten wir sehr gut gebrauchen. Unsere Schiffe sind nur durch ihre Panzerung aus Tri-Stahl und die Zwischenschichten aus Bauschaum geschützt. So solide sich diese Rumpfpanzerung auch immer wieder erweist, so hat sie doch ihre Schwächen. Massiver Beschuss mit Projektilwaffen oder den Energiegeschützen unserer Gegner können ihnen mächtig zusetzen. Das haben uns die Verluste in der Schlacht um Tensa nur zu deutlich gezeigt.“
„Das Problem der Energiewände der Norsun besteht darin, dass sie ein Schiff nicht gleichzeitig nach allen Seiten schützen können. Ist wohl technisch bedingt“, fügte die Hoch-Koordinatorin hinzu. „Und sie sind nicht unüberwindlich.“
Ibn Fahed grinste. „Man kann sie durch massiven Beschuss überlasten und unsere Nullzeit-Railguns haben schon gar kein Problem mit ihnen.“
„Nur dass der Feind nicht über unsere Nullzeit-Rails verfügt“, wandte Faso ein. „Und selbst wenn die goldene Energie nicht nach allen Seiten schützen kann … Solche Schirmfelder sind eine harte Nuss für jeden Angreifer und schwer zu knacken. Es sei denn, er greift von allen Seiten an oder verfügt über Waffen ähnlich unserer Rails.“
John Redfeather stieß ein ärgerliches Knurren aus. „Dennoch ist unbestreitbar, dass diese Technologie für uns einen enormen Fortschritt und Schutzzuwachs für unsere Schiffe bedeuten würde.“
„Würde?“ Bergner sah den Admiral abschätzend an. „Ich merke schon, dass du im Zweifel bist, ob wir diesen Tauschhandel durchführen sollen. Dabei sagst du selbst, dass …“
„Candice, es geht um unsere Tiefenraum-Scanner.“ Der Hoch-Admiral seufzte und schenkte sich Kaffee nach. „Die neuen Scanner sind mit ihrer enormen Reichweite der einzige wirkliche Vorteil, den wir gegenüber den Norsun haben. Wir alle hier wissen doch sehr genau, wie gefährlich und unsicher unser Bündnis mit den Norsun ist. Sicher, die Negaruyen sind unser gemeinsamer Feind, aber es kann doch keinen Zweifel geben, dass die Norsun eine sehr gefährliche Rasse sind. In der Geschichte ihrer Raumfahrt sind sie drei anderen raumfahrenden Völkern begegnet und sie haben diese entweder ausgerottet oder versklavt. Als wir mit Höchst-Wort Gordon-Gor in unserer Einkaufspassage waren und er dabei die Schwinge der Hanari sah, die dort zur Dekoration hängt, da hat er nach unserem Verhältnis zu den Hanari gefragt.“
„Ja, ich erinnere mich“, gab Bergner düster zu. „Er war wohl irritiert, dass wir die Hanari aus Todesgefahr retteten und dann auch noch als Freunde betrachten, statt sie zu versklaven.“
„Solange wir die Negaruyen als gemeinsamen Feind haben, solange sind wir für die Norsun nützlich“, fuhr Redfeather fort, „doch was ist, wenn die Negaruyen besiegt wurden? Dann brauchen die Norsun uns nicht mehr und wir müssen uns ernsthaft mit dem Gedanken befassen, was sie dann mit uns vorhaben.“
„Nichts Gutes, fürchte ich“, gab Commodore Faso zu.
„Immerhin haben wir schnell reagiert und ich denke, es ist uns gelungen, diesen Gordon-Gor zu täuschen. Wir haben die Angabe für die Aufladezeit unserer Nullzeit-Antriebe heraufgesetzt und darauf hingewiesen, dass wir nur wenige der Nullzeit-Scanner besitzen, da wir über zu wenige Hiromata-Kristalle verfügen.“
„Wobei es Sker-Lotar und dem alten Norsun-Admiral, den wir im Rylon-System aus dem Kälteschlaf erweckt hatten, allerdings auffiel, dass wir das Höchst-Wort ein wenig beschwindelt haben.“ Redfeather legte die Finderspitzen aneinander und schien einen Moment in Gedanken versunken. „Immerhin scheinen die beiden darüber geschwiegen zu haben, aus welchem Grund auch immer.“
„Auf diese Karte sollten wir setzen.“ Faso, lange bewährter Adjutant des Hoch-Admirals, beugte sich ein wenig vor und nahm den Ausdruck an sich. „Dieses Angebot können wir einfach nicht ausschlagen. Die Technologie der formbaren goldenen Energie bedeutet ja nicht nur, dass wir künftig unsere Schiffe besser schützen können, sondern ebenso, dass wir Einblick in die Schutzmaßnahmen der Norsun erhalten. Bei einem möglichen Konflikt wäre dies von immenser Bedeutung.“
„Die große Mutter ist nicht dumm und wird sich das ebenfalls denken können.“ Der Hoch-Admiral stieß einen Laut aus, der einem Knurren ähnelte. „Ich vermute, da ist ein Haken an der Sache. Candice, Sie werden die Unterlagen, die wir zur goldenen Energie erhalten, sehr sorgfältig auf Fallstricke untersuchen müssen. Ich bin mir sicher, dass uns die Norsun keineswegs alle Erkenntnisse verfügbar machen werden. Das würden wir, an deren Stelle, auch nicht tun.“ Er lächelte versonnen. „Wir befinden uns wohl in dem, was man als Zwickmühle bezeichnen könnte.“
„Nun, vielleicht kann ich da mit einem Vorschlag helfen.“ Faso legte den Ausdruck auf den Tisch und lehnte sich in die Polster zurück. „Die Norsun wissen, dass unsere Dreihundert-Lichtjahre-Tiefenraum-Scanner Prototypen sind, die wir entwickelt haben, um dem Schiffsverkehr der Negaruyen auf die Spur zu kommen und so deren verborgene Heimatwelt zu entdecken. Es wäre doch durchaus glaubhaft, wenn wir behaupten, dass unsere beiden Prototypen der Belastung nicht standgehalten haben und durchgebrannt sind. Zumindest könnten die Norsun nicht das Gegenteil beweisen.“
Ibn Fahed grinste und sah den Commodore wohlwollend an. „Sprechen Sie weiter, Faso, wir sind ganz Ohr.“
„Nun, ich stelle mir das so vor, dass wir behaupten, diese leistungsstarken Scanner würden die Kristalle überfordern und zerstören, was wir natürlich nicht riskieren können. Aber wir wären in der Lage, eine Handvoll schwächerer Tiefenraum-Scanner mit reduzierter Leistung zu bauen. Nur eine Handvoll, so dass die große Mutter verstehen wird, dass wir ihr nur einen oder höchstens zwei davon abgeben können.“
Candice Bergner musterte Faso forschend. „Und welche Leistung würden Sie sich da vorstellen, Commodore? Zwischen dreißig und dreihundert Lichtjahren liegt ja eine enorme Spanne.“
„Nun, wenn die große Mutter anbeißen soll, dann sollte es auch ein entsprechend großes Appetithäppchen sein“, antwortete Faso lächelnd. „Einen Langstrecken-Scanner mit, sagen wir mal, einhundert Lichtjahren und einen mit fünfzig. Das ist ein enormer Zugewinn für die Norsun und wir bleiben immer noch im Vorteil, da die Dreihunderter ja bestens funktionieren.“
„Das könnte ein für uns akzeptabler Weg sein, wenn die Norsun dem zustimmen.“ Redfeather blickte zur Tür. „Allerdings sollten wir unseren Freund Sker-Lotar darüber nicht ins Vertrauen ziehen. Ich mag den Burschen irgendwie, aber ich will sein Gewissen und seine Loyalität nicht zu sehr auf die Probe stellen.“
„Sker-Lotar wird unsere Angaben akzeptieren“, meinte Candice Bergner. „Er hat bei seinen Forschungen ja schon mitbekommen, wie verzweifelt wir nach Vorkommen von Hiromata-Kristallen suchen. Es dürfte ihm glaubwürdig erschienen.“
Der Hoch-Admiral nickte. „Sicher. Ich muss zugeben, dass mir solche Winkelzüge nicht liegen, aber es führt wohl kein Weg daran vorbei. Schön, rufen wir Sker-Lotar wieder herein. Er hat ja noch einiges mitzuteilen, falls wir dem Angebot der großen Mutter zustimmen.“
Wenig später trat der Wissende wieder ein. John Redfeather übernahm es, ihm das Gegenangebot der Menschen zu unterbreiten und zu erklären, warum man dem Wunsch der großen Mutter nicht ganz entsprechen könne. Jeder der Menschen bedauerte in diesen Momenten, die Mimik eines Norsun nicht fehlerfrei deuten zu können. Sie mussten sich mit der zustimmenden Bewegung der Fühler und den Worten Sker-Lotars begnügen.
„Dies erscheint mit von akzeptabler Akzeptanz“, sagte der Wissende. „Die beiden Tiefenraum-Geräte sind für die große Mutter von großer bedeutsamer Bedeutung. Zum ersten Mal wird sie alle Schiffsbewegungen um die Heimatwelt in Echtzeit verfolgend verfolgen können.“
„Es freut uns, wenn ein solcher Handel zu beiderseitiger Zufriedenheit geschlossen werden kann“, sagte Redfeather artig. „So wird das Bündnis gefestigt.“
„Dies ist die Hoffnung der großen Mutter“, versicherte Sker-Lotar. Er zögerte kurz. „Das Wort der großen Mutter ist stets vertrauensvoll vertrauenswürdig.“
Commodore Faso lächelte sanft. „Unser wissender Freund betont dies auf eigenartige Weise. Gibt es Worte, denn man nicht vertrauen kann?“
Die Fühler des Norsun zitterten unmerklich. „Wissender nicht wissen“, wich er einer direkten Antwort aus. „Menschenwesen sollten bedenken ruhmreichen Kampf um Tensa.“
„Ich vermute unser Freund denkt dabei besonders an unser geschätztes Höchst-Wort Gordon-Gor“, sagte Faso leise.
Sker-Lotar schwieg und die anderen wollten ihn nicht zu einem weiteren Kommentar drängen. Sie wussten inzwischen, dass die Norsun zwar in einer strikt reglementierten Gesellschaft lebten, in der alles dem Interesse des Volkes untergeordnet war, unter der Oberfläche jedoch die gleichen Eigeninteressen und Eifersüchteleien brodeln konnten, wie dies bei den Menschen der Fall war. Während des Einsatzes gegen die Raumwerft Tensa war ihnen sehr wohl aufgefallen, dass Höchst-Wort Gordon-Gor den aus dem Kälteschlaf erweckten alten Norsun-Admiral Surus-Galmon sehr geringschätzig behandelt hatte. Er kreidete dem Alten die einst verlorene Schlacht im Rylon-System an, obwohl er selbst bei Tensa nur um Haaresbreite einer vernichtenden Niederlage entgangen war. Das und die Tatsache, dass Gordon-Gor den Menschen wichtige Informationen vorenthalten hatte, bewirkte bei dem Wissenden eine erkennbar distanzierte Haltung gegenüber dem neuen Oberbefehlshaber der Norsun-Flotte.
„Gordon-Gor wird kommen zu schließen bindenden Bund zwischen Menschenwesen und großer Mutter“, fuhr der Wissende fort. „Er wird jedoch nicht das Wort sprechen. Große Mutter sagt, dass kleine Mütter kommen und sprechen das Wort. Gordon-Gor wird sie zum Verhandlungsort bringen.“
Omar ibn Fahed nickte. „Das ist gut. Wir konnten zwei kleinen Müttern der Norsun in sehr gefährlichen Situationen beistehen. In ihnen haben wir sicher wichtige Fürsprecherinnen. Eine von ihnen bezeichnet uns sogar mit dem Ehrentitel ‚Hüter des Eis‘. Das kann uns bei den Verhandlungen mit der großen Mutter von Nutzen sein. Vor allem wenn man bedenkt, dass dieser Gordon-Gor ganz sicher nicht zu unseren Freunden gehört.“
„Wortsprechen von kleinen Müttern ist sehr schwergewichtig“, meldete sich Sker-Lotar wieder zu Wort. Gordon-Gor ist nur Bringer der kleinen Mütter. Sein Wort ist bei den Verhandlungen von unbedeutender Bedeutungslosigkeit.“
„Ich bin mir sicher, Sker-Lotar, dass dich diese Tatsache ebenso erfreut wie uns“, meinte John Redfeather auflachend. „Wir scheinen Gordon-Gor das gleiche Maß an Sympathie entgegenzubringen. Schön, wir sollten uns nun um die Vorbereitungen kümmern. Es ist einiges zu tun. Erinnern wir uns an das Aufsehen in den Medien, die schon der erste Besuch der Norsun hervorgerufen hat. Diesmal dürfte er noch ungleich größer werden. Immerhin war die Folge der ersten Zusammenkunft, dass wir anschließend gemeinsam in den Krieg zogen.“
„Nicht Arcturus. Arcturus nicht sicherliche Sicherheit.“
Aller Blicke richteten sich überrascht auf den Wissenden. „Nicht sicher?“, fragte Hoch-General ibn Fahed nach. „Grundgütiger, Sker-Lotar, hier liegen derzeit mindestens zwei Dutzend Kreuzer und vier Trägerschlachtschiffe vor Anker. Dazu sind hier die fünfte und neunte Raumkavallerie stationiert. Wenn es einen sicheren Ort im Direktorat gibt, dann die Sky-Base Arcturus. Zudem ist sie das High-Command und Befehlszentrum unserer Streitkräfte.“
„Große Mutter sagen Sky-Base Arcturus nicht sicherliche Sicherheit“, beharrte der Wissende.
Commander Faso zuckte mit den Schultern. „Wir sollten den Wunsch der großen Mutter respektieren. Immerhin wird sie unser Gast sein.“
„Nicht die große Mutter selbst, aber die von ihr erwählte Delegation“, korrigierte Redfeather.
Ibn Fahed klatschte in die Hände. „Suchen wir halt ein anderes lauschiges Plätzchen für unser verschwiegenes Zusammentreffen.“
„Zuerst werde ich den hohen Rat auf dem Mars informieren. Letztlich steht das Militär ja unter seinem Befehl. Dieser Bündnisvertrag und der Technologiehandel sind von solcher Bedeutung, dass der hohe Rat das entscheidende Wort hat. Ich werde den hohen Rat Mbuto Sangales kontaktieren. Ich bin mir sicher, er wird dem Handel zustimmen.“