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Kapitel 5 Geheimsache
ОглавлениеSky-Base Arcturus, Sky-Navy High-Command
Der hohe Rat Mbuto Sangales war ein sehr beschäftigter Mann. Er vertrat nicht nur seine Heimatwelt im Rat des Direktorats, sondern war auch ein engagierter Vertreter des freien Handels. Immer wieder flog er zu den Niederlassungen der Freihändler und hörte sich an, was diese zu sagen hatten. Dabei ging es dann um die Steuern und Zölle, die vom Direktorat oder den jeweiligen Siedlungswelten erhoben wurden, und um Konzessionen oder Vorteile, welche die großen Handelshäuser angeblich oder real genossen. Außerdem suchte Sangales die verschiedensten Welten auf, um mit den Wählern zu sprechen und so zu erfahren, was diese bewegte. Für ihn war dies eine fundamentale Aufgabe, denn das Direktorat war ein freiwilliger Zusammenschluss der besiedelten Welten, bei dem diese sehr auf ihre Eigenständigkeit bedacht waren. Vor vielen Jahren hatte die Unzufriedenheit einiger Welten zum kolonialen Krieg und Sturz der Solaren Föderation geführt. Dem Direktorat sollte dies keinesfalls geschehen. Der hohe Rat war die demokratisch gewählte Vertretung der verbündeten Welten und er verabschiedete die Direktiven, die das friedliche Zusammenleben der Gemeinschaft regelten.
Das Direktorat hatte seinen parlamentarischen Sitz auf dem solaren Mars. Hier wurden im Verwaltungszentrum die Gelder verwaltet, die durch Steuern, Zölle, Lizenzen und Gebühren eingenommen wurden. Mit ihnen wurden alle Leistungen der öffentlichen Hand finanziert und ebenso die gemeinsamen Streitkräfte.
Viele Jahre waren die Streitkräfte ein Reibungspunkt im hohen Rat und innerhalb der Bevölkerungen der Welten gewesen. Erst der Kontakt mit den friedlichen Hanari hatte den endgültigen Beweis erbracht, dass die Menschen im Weltraum nicht die einzige intelligente Spezies waren. Nun war man auch den Norsun und den Negaruyen begegnet und musste erkennen, dass Frieden keineswegs selbstverständlich war. Plötzlich genossen Sky-Navy und Sky-Cavalry einen weitaus höheren Stellenwert im Bewusstsein der Menschen.
Alle Welten schrieen förmlich nach dem Schutz durch die Flotte. Doch wie konnte man diesen gewährleisten, wo es im Weltraum doch keine festen Grenzen gab, die man hätte verteidigen können? Mit ihrem augenblicklichen Bestand hätte die Navy nur relativ wenige Systeme und auch nur mit einer Handvoll Schiffe bewachen können, während ein Angreifer an beliebigem Ort mit voller Stärke angreifen konnte.
Es gab nur zwei Möglichkeiten, dieser Gefahr zu begegnen. Man benötigte bessere Scanner als Vorwarnsystem und man benötigte mehr Schiffe. Bedeutend mehr Schiffe.
So war Sangales auch unermüdlich dabei, für die Streitkräfte zu werben und sich für deren Ausbau einzusetzen. Dabei koordinierte sich der hochrangige Politiker immer wieder mit dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte und war so ein häufiger Gast im High-Command der Sky-Base Arcturus.
Auch bei diesem Besuch reiste er mit einem Langstrecken-FLV an. John Redfeather hatte den hohen Rat über das Angebot der großen Mutter der Norsun informiert und so war Sangales in Begleitung zweier weiterer Ratsmitglieder angereist, um die erforderlichen Entscheidungen treffen zu können.
Der hohe Rat Lambert war ebenfalls ein strikter Befürworter des Ausbaus der Streitkräfte. Dies konnte kaum verwundern, da sein Bruder einem großen Konzern vorstand, der viele Ausrüstungsgüter für den Bau der Schiffe und die Truppen produzierte.
Ratsherr Kenduke war hingegen das Musterbeispiel eines Politikers, der jede Meinung vertrat, so lange diese nur seiner Wiederwahl nutzte.
Die drei hohen Räte hörten sich an, was ihnen der Hoch-Admiral berichtete, gefolgt von den Meinungen ibn Faheds und jener der wissenschaftlichen Hoch-Koordinatorin. Letztere endete gerade, als sich auch schon Kenduke zu Wort meldete, der mit sichtlich wachsender Erregung zugehört hatte.
„Ich kann mich der Meinung des Hoch-Generals nur anschließen … Dieser Handel ist viel zu gefährlich. Die Abgabe auch nur eines einzigen neuen Tiefenraum-Scanners würde uns jedes noch so geringen taktischen Vorteils berauben. Nein, ich kann diesem Handel keineswegs zustimmen.“
Lambert wiegte den Kopf. „Ich sehe es nicht ganz so dramatisch, werter Kollege. Wenn ich die Mentalität der Norsun richtig einschätze, dann werden sie die beiden Geräte, die wir ihnen im Technologietransfer anbieten, vordringlich zum Schutz ihrer sogenannten großen Mutter verwenden. Sie geht ihnen ja über alles. Also schätze ich, dass sie den weitreichenden Scanner auf der Heimatwelt der Oberherrin nutzen werden. Ich gehe zudem davon aus, dass sich diese Heimatwelt tief im Herzen des Norsun-Territoriums und somit entsprechend weit entfernt von unseren Grenzen befindet. Das einzige Gerät, mit dem die Insekten unsere Schiffsbewegungen vielleicht beobachten können, wird dann das kleinere Gerät mit seinen fünfzig Lichtjahren Reichweite sein. Wahrscheinlich an Bord ihres Flaggschiffes, damit der Flottenbefehlshaber diesen Vorteil nutzen kann.“ Lambert lächelte. „Nun, so würde ich das jedenfalls handhaben, aber ich muss zugeben, ich bin kein Militärfachmann und kein Stratege.“
Redfeather erwiderte das Lächeln. „Dennoch stimme ich Ihnen völlig zu, hoher Rat. Womit wir zur Kernfrage zurückkommen … Gehen wir einen Bündnisvertrag mit den Norsun ein und stimmen wir dem Technologietransfer zu?“
„Wobei es sich ja nicht wirklich um einen Technologietransfer handelt“, schaltete sich Candice Bergner ein. „Bitte bedenken Sie, Gentlemen, dass wir den Norsun zwei fertige Geräte liefern, die sie, mangels Hiromata, nicht nachbauen können. Wir bekommen hingegen vollständige Konstruktionspläne, mit denen wir beliebig viele Anlagen zur Erzeugung der formbaren goldenen Energie bauen können.“
Sangales bewies, dass er weiter dachte und ebenfalls ein Lockangebot befürchtete. „Die große Mutter kann sich denken, wie verlockend ihr Angebot für uns ist. Hoch-Koordinatorin Bergner, Sie werden viel Verantwortung auf sich nehmen müssen, denn eins muss uns allen bewusst sein … Die Norsun werden uns keinesfalls alle Feinheiten ihrer Energietechnik offenbaren. Schließlich werden sie nicht riskieren, dass wir in die Lage versetzt werden, ihren besten Schutz ohne Probleme zu überwinden und zugleich unsere Schiffe mit ihrer Technologie zu schützen. Nein, man wird wesentliche Details weglassen und ich vermute, dass in den Konstruktionsplänen eine Falltüre enthalten ist. Genauer gesagt, eine Hintertür.“
Die Hoch-Koordinatorin lachte leise. „Sie denken dabei sicher an eine Hintertür, wie sie bei Programmierern üblich ist, nicht wahr? Kommt man nicht mehr auf den üblichen Wegen in das Programm eines Systems hinein, so schaffen sich viele Programmierer eine Hintertür, indem sie eine Befehlszeile in das Programm einbauen, das ihnen den Zugriff erlaubt.“
„Etwas in der Art“, stimmte Sangales zu.
„Ich verstehe“, meinte der Hoch-General missmutig. „Etwas in der Art, dass die Norsun eine Art Code senden, mit dem sie unsere Schutzschirme dann via Fernsteuerung abschalten könnten.“
Ibn Fahed stieß einen leisen Pfiff aus. „Das wäre höchst hinterhältig und derartiges wäre wohl ganz nach dem Geschmack von Gordon-Gor.“
„Ich werde ein Auge darauf halten“, versicherte die Hoch-Koordinatorin. „Was allerdings nicht leicht ist, da es sich um eine uns unbekannte Technologie handelt.“
„Wenn ein Mensch eine Chance hat, eine solche Hintertür zu entdecken, wenn sie denn existiert, dann sind Sie es, Hoch-Koordinatorin.“
„Herzlichen Dank, hoher Rat. Ich weiß durchaus, welches Ei Sie mir da ins Nest legen“, seufzte sie. „Aber ich werde mein Bestes tun und glücklicherweise habe ich sehr kompetente Mitarbeiter.“
„Da es um einen Vertrag mit den Norsun geht, ist es unabdingbar, dass er von Mitgliedern des hohen Rates ausgearbeitet und unterzeichnet wird“, sagte Sangales mit ruhiger Stimme. „Wobei Ihnen klar sein dürfte, dass die hohen Räte Lambert, Kenduke und ich zu der menschlichen Delegation gehören.“ Er ignorierte die plötzliche Blässe von Kenduke. „Womit wir zum nächsten Punkt kommen, nämlich, wo das erneute Treffen mit den Norsun stattfinden soll. Die große Mutter hatte Einwände gegen Arcturus?“
„Gordon-Gor hat ihr sicher von dem Medienrummel bei seinem ersten Aufenthalt bei uns berichtet. Ein erneuter Besuch der Norsun wird nicht geheim bleiben. Wir haben Tausende von Zivilisten in der Basis, darunter etliche Medienvertreter, die sich natürlich für die Vorgänge am Hauptliegeplatz der Navy interessieren. Die Ankunft eines Hantelschiffes lässt sich nicht verbergen. Dank des Nullzeit-Antriebs wird es spätestens acht Stunden später von Reportern wimmeln“, erklärte die Hoch-Koordinatorin. „Ich fürchte, das wird für alle Basen, Stationen oder Welten zutreffen, für die wir ein solches Zusammentreffen planen. Die große Mutter scheint einen Treffpunkt zu bevorzugen, bei dem unsere Zusammenkunft jedoch geheim bleibt.“
„Dann bleibt wohl nur ein Rendezvous im Raum“, seufzte Redfeather. „Zwei Schiffe, die sich irgendwo treffen. Damit könnten wir Anonymität und Sicherheit garantieren.“
„Wenn ich unseren Freund Sker-Lotar richtig verstanden habe, dann will Gordon-Gor ein solches Arrangement nicht, aus welchem Grund auch immer.“
„Und wenn ich unseren Freund Sker-Lotar richtig verstanden habe, dann hat Gordon-Gor bei diesem Treffen nicht viel zu melden“, hielt Redfeather dagegen. „Er ist bei dem Zusammentreffen mit zwei kleinen Müttern kaum mehr als nur der Transporteur.“
„So einfach ist es leider nicht“, widersprach die Hoch-Koordinatorin. „Er ist auch für die Sicherheit verantwortlich.“
„Dann sollte er erst recht von einem Schlachtschiff als Treffpunkt überzeugt sein.“
Der hohe Rat Lambert hatte bislang schweigend zugehört, doch nun kam ihm eine Idee. Er erinnerte sich an ein Gespräch mit seinem Bruder, das kurz vor seinem Abflug zur Sky-Base stattgefunden hatte und in dem dieser sich über eine abgelegene Raumstation und deren hohe Kosten beklagt hatte. „Wie wäre es mit einer abgelegenen Raumstation?“
„Abgelegene Raumstation?“, hakte ibn Fahed irritiert nach.
„Es gibt eine Reihe abgelegener Raumstationen, die früher von großer Bedeutung für den Handel waren, die aber jetzt, wegen des Nullzeit-Antriebs, kaum noch angeflogen werden.“
In den Augen des Hoch-Generals blitzte es auf. „Sprechen Sie vom Outer-Rim, Ratsherr Lambert?“
Das düstere Gesicht von John Redfeather hellte sich auf. „Das Outer-Rim … Natürlich. Das war ein Handelsnetzwerk aus vierzig oder fünfzig Stationen. Die meisten hat man inzwischen, glaube ich, dicht gemacht.“
Lambert nickte. „Der Unterhalt ist einfach zu teuer, da sie kaum noch angeflogen werden, wie ich ja bereits erwähnte. Wenn ich richtig informiert bin, dann sind siebzehn noch in Betrieb. Ich weiß es zufällig, da einige im Besitz des Konzerns meines Bruders sind.“
„Hm, ein glücklicher Zufall, jetzt, da wir nach einem geeigneten Treffpunkt suchen“, stimmte Redfeather mit spöttischem Unterton zu.
„Mein Bruder beschwerte sich mir gegenüber über die Unrentabilität einer der alten Stationen, die im Outer-Rim liegt. Übrigens nahe der Grenze zu den Norsun.“
„Ein wahrhaft glückhafter Zufall“, meinte ibn Fahed ironisch. „Das könnte ein Fingerzeig Allahs sein. Um welche Station handelt es sich?“
„Outer-Rim-Station 47.“